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www.rhetorik.ch aktuell: (Ab 23. April, 2002)


Blatter kontert Vorwürfe von Zen-Ruffinen

(Fortsetzung von Aktuell 25. Mai, 2001, Aktuell vom 2. März 2002 und 17. März).
Siehe hier für die Fortsetzung: Aktuell 5. Mai .

Blatters Antworten während einer Medieninformation zur jüngsten Schlammschlacht, beinhalten rhetorisch interessante Elemente und Schulbeispiele von Ausweichtaktiken. In einer Richtigstellung kontert Blatter die Attacken seines ehemaligen Protégés, der ihm vorgeworfen hatte, er habe ihm einen Maulkorb verpasst. Blatter verweist in seiner Antwort auf seinen Brief vom 23. März an David Will, dem Vorsitzenden der internen Ad-hoc-Buchprüfungskommission (IAC). In diesem Schreiben kann gelesen werden, dass Blatter die Arbeit des Untersuchungsausschusses "in keiner Art und Weise behindern wollte". Diese schriftliche Antwort ist mehrdeutig: Blatter sagt nie eindeutig:

"Ich habe die Arbeit nie behindert".


sondern formuliert es flexibler mit

"Ich habe die Arbeit nur nicht behindern wollen".


Falls später nachgewiesen werden könnte, dass Blatter früher doch die Arbeit behindert hätte, so könnte Blatter keiner Lüge bezichtigt werden. Antwortete Blatter bewusst so raffiniert? Lohnte es sich, ihn hier wortwörtlich zu nehmen?
In einer zweiten Reaktion antworte Blatter auf die Vorwürfe von Zen-Ruffinen mit den Worten:

"Ich bin erstaunt, dass der Generalsekretär seinen Präsidenten erst während der Phase des Wahlkampfes in der Öffentlichkeit mit solchen Vorwürfen konfrontiert."


Wiederum wird uns das geschickte Antwortverhalten bewusst. Es fehlt eine klare Stellungnahme: Blatter vermeidet ein deutliches Dementi. Mit dieser Antwort signalisiert Blatter lediglich, dass die Vorwürfe ein bösartiges, inszeniertes Spiel sind. Er übergeht die Vorwürfe indem er die Art und Weise, wie die Anschuldigungen vom Generalsekretär vorgebracht worden sind kommentiert. Auch diese Blatteraussage ist eine geschickte Nichtantwort.
Nach der Aussprache zwischen FIFA-Präsident und Generalsekretär lernen wir nochmals Blatters klassische Ausweichtechnik kennen. Anstatt die Vorwürfe wie Wahlbetrug oder finanzielle Unregelmässigkeiten zu bestreiten, äusserte sich Blatter in verschiedenen Print-,Radio oder TV Medien wie folgt:

"Ich bin enttäuscht und traurig, dass jemand, den ich 14 Jahre wie einen Ziehsohn betrachtet habe, solche Vorwürfe öffentlich erhebt."


Blatter verlangte vom Gereralsekretär bis Dienstagabend 23. April entweder Beweise zu den Vorwürfen oder eine Entschuldigung.
Nach unserem Dafürhalten überzeugt diese Antwort Blatters genau so wenig, wie die früheren Antworten. Wir vermissen eindeutige Erklärungen:
  • Ich habe nie jemand bestochen.
  • Es ging alles mit rechten Dingen her und zu.
Einen der Vorwürfe bestreitet Blatter nicht: "Ich habe die Buchprüfungsgruppe aufgehoben. Doch werde er sie später wieder einsetzen." Ob er jedoch mit dieser Aufhebung Zen-Ruffinen an einer Zeugenaussage gehindert haben könnte, erfährt der Aussenstehende nicht.
Das Kapitel Blatter ist noch nicht zu Ende, zumahl die Wahlen der FIFA Präsidentenwahl schon vor der Tür stehen.

Die Stärke der FIFA, der Dachorganisation des Weltfussballs begründet sich darin, dass sie die Fussballweltmeisterschaft, den grössten Sportanlass der Welt kontrolliert. Nach FIFA sind an der letzten WM in 196 Ländern ein Total von 33 Milliarden Sendungen betrachtet worden. Das Finale zwischen Frankreich und Brasilien habe alleine 1 Milliarde Zuschauer gehabt. Wegen der Popularität der Sendungen kann die FIFA enorme Gebühren für die Fernsehrechte einnehmen. Nach dem Chef des Olympischen Kommites ist der FIFA Präsident der mächtigste Mann im Weltsport. Im Moment ist das Rennen um die Wahl vom 29. Mai im vollem Gange. Die Tage bis zur Wahl werden für Blatter haärter als erwartet.


Sepp Blatter Die Schaffhauser Nachrichten titelt das Verhalten Blatters am 23. April mit: Blatter bleibt gegen aussen sachlich.
Tatsächlich versteht es der FIFA-Präsident, mit seinen Antworten - trotz der geballten Ladung von Vorwürfen - , nie ins Fettnäpfchen zu treten. Im Gegensatz zu Borer dementiert er nur dort, wo etwas eindeutig belegt ist.
Trotz harten Auseinandersetzungen bewegt sich der FIFA Boss immer auf einem Terrain, das unangreifbar bleibt. Er geht nie aufs "dünne Eis", wo er einbrechen könnte. Die Aussage vom 22. April:

"Was im Fifa-Haus passiert, kann ich nicht tolerieren"

veranschaulicht einmal mehr Blatters Taktik: Auszuweichen. Gestern lieferte Blatter wiederum Beispiele von raffinierten "Nichtantworten": Zu den Finanzen:

"Die Buchprüfer beurteilten die finanzielle Situation als positiv".


Damit ist nicht gesagt, ob trotzdem Mängel vorhanden waren. Zum Verschwinden der Dokumente:
"Das ist die Zuständigkeit von einem Anderen."


Falls nachträglich nachgewiesen werden könnte, dass Blatter mitgemischelt hätte, könnte er sagen: Ich habe ja nur gesagt, ich sei nicht zuständig gewesen.
Den Vorwurf, dass 1998 nicht der Verbandspräsident die Stimme für Haiti abgab, sondern ein Mann aus Trinidad, kontert Blatter ebenfalls recht gelassen:

"Damals war Zen-Ruffinen verantwortlich für die Abwicklung der Wahl. Alle Mitglieder hatten 30 Tage für einen Rekurs gehabt. Das ist nicht passiert."


Selbst, wenn Blatter den Sachverhalt gekannt oder bei der Wahl die Finger mit im Spiel gehabt hätte, so sagt der FIFA-Präsident mit dieser Formulierung lediglich: Ich war für diese Sache gar nicht verantwortlich.
Trotz der Eskalation in den Medien steht Blatter noch nicht mit dem Rücken zur Wand. Dank der raffinierten Antworttaktik könnte er sogar unbeschadet der Schlammschlacht als "Saubermann" entsteigen. Jedenfalls hat Blatter bereits 23 von 51 Stimmen der afrikanischen Verbände für sich gewinnen können.




Wir wurden gefragt, ob so eine gerissene Art des Antwortens auch trainiert werden könnte. Wir vertreten die Meinung:

Abgefeimtheit und Durchtriebenheit kann, darf und muss nicht geschult werden!


Wir haben das Gefühl, dass vielen Menschen diese Fähigkeit gleichsam in die Wiege gelegt wurde. Wir wollten mit unserem Protokoll lediglich bewusst machen, wie Sepp Blatter dank einer raffinierten Ausweichtechnik alle Angriffe bisher erfolgreich kontern konnte. Bei ihm haben viele Beobachter sogar das Gefühl, dass der schlaue Fuchs genau weiss: Wer nicht konkret antwortet, fährt meist gut. Dank dieser Erfahrung fühlt sich Blatter vielleicht auch in der heutigen heissen Phase so überlegen. Er weiss genau, dass letztlich derjenige überlebt, der nie in eine Falle tritt. Wir haben zudem den Eindruck bekommen, der FIFA Präsident liebe harte Auseinandersetzungen. Dank solcher Fähigkeit konnten sich schon viele Politiker den Kopf im letzten Moment aus der Schlinge ziehen. Wir sind gespannt, ob bei Blatter die Rechnung auch jetzt aufgeht. Links zum Thema:


Nachtrag vom 25. April: Zen-Ruffinen bleibt hart Zen Ruffinen Der Generalsekretär des FIFA reicht zwar fristgerecht die von Blatter geforderte schriftliche Stellungnahme ein. Doch ist er nicht bereit, seine Vorwürfe zurückzunehmen. Zen-Ruffinen lieferte auch nicht die von Blatter geforderten Beweismittel. Die Fakten will er erst am 3. Mai an der Exekutivsitzung vorlegen. Blatter kann Zen-Ruffinen nicht entlassen und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf die Sitzung in neun Tagen zu warten. Die neuen Blatter-Antworten gehen in der gewohnten Manier weiter:

"Ich will mich nicht auf diese Konfliktstrategie einlassen."


In einer Beilage eines - an alle 51 europäischen Verbände gerichteten Schreibens - meint Blatter:

"Diejenigen, die mich seit fast 30 Jahren kennen, wissen ganz genau, dass die Bezichtigungen - Stimmenkauf, Aktenvernichtung, Vertuschung, diktatorische Führung - jeder Grundlage entbehren."


Für Blatter genügt dies als Beweis seiner Unschuld: Damit sagte er implizit: Ihr kennt mich schon 30 Jahre, deshalb bin ich unschuldig. Wiederum spielt Blatter mit Emotionen? Er zeigt sich betrübt über den Stil der Kampagne:

"Erstmals in meiner beruflichen Laufbahn bei der FIFA spüre ich das Bestreben, dass ein Gegner nicht nur geschlagen, sondern vernichtet werden soll. Der Präsident wurde in einem noch nie dagewesenen, niederträchtigen Stil bekämpft!"


Für Blatter geht es nicht an, dass jemand, der so lange im Amt ist, angegriffen wird. Blatter kontert die Angriffe mit:
  • Appelle an die Fairness
  • Appelle an die Emotionen "Einen Chef greift man nicht an!"
  • Reden wird doch lieber vom Fussball und den kommenden Weltmeisterschaften als von.....
  • Es gehört sich nicht, Ungereimtheiten nach aussen zu tragen: Interviewverbot für den Generalsekretär Blatter verlangt von einem Sekretär, dass er das Wort "secret" kennt.
  • Johansson (Uefa-Boss) beteiligt sich an einer "Rufmordkampagne". "Dies schadet nicht mir, sondern dem Fussball!"
  • Mit einem klarem Ultimatum: Schweig, beweise oder entschuldige Dich!
  • Spiel mit dem Mitleideffekt.


Nachtrag vom 25. April: Unstimmigkeiten zwischen Uefa und Fifa UEFA President Lennart Johansson Blatter zeigt sich trotz Rücktrittsforderung selbstssicher. Der Dringlichkeitsausschuss der Fifa unterstützte den Entscheid Blatters vom 11. April, die im März angesetzte Ad-hoc-Buchprüfungskommission wegen eines Verstrauensmissbrauchs vorläufig zu suspendieren. Diese Aussetzung wurde vom Dringlichkeitsausschuss bis zum 3. Mai verlängert.
Uefa Präsident Lennart Johansson teilte am 24. April mit, Blatter habe mit dieser Suspendierung gegen die Statuten verstossen. Auch der Dringlichkeitsausschuss der Fifa sei ebenso wenig befugt gewesen, die Buchprüfungskommission zu stoppen. In einem Frontalangriff forderte hierauf Johansson Blatter zum Rücktritt auf.

"Was hat die Fifa zu verbergen, wenn nicht einmal ein Vizepräsident Einsicht in die Bücher haben darf?"


In gewohnter Manier gibt sich Blatter selbstbewusst und gelassen. Er ist überzeugt, in Seoul wieder gewählt zu werden. Mit Selbstvertrauen wird er bestimmt auch heute beim Uefa Kongress in Stockholm auftreten.


Nachtrag vom 26. April: Nach dem 26. Uefa-Kongress in Stockholm: Blatter in Stockholm Die Rechnung scheint für Blatter aufzugehen. Zu Beginn der fast sechsstündigen Tagung galt die Aufmerksamkeit der Grussadresse des zuletzt auch noch im eigenen Fifa-Haus unter Beschuss geratenen Weltverbandspräsidenten. Blatter, der müder und angegriffener wirkte als üblich, trat vor den Repäsentanten des europäischen Fussballs den kolportierten Gerüchten entgegen. Er, Blatter, appelliere heute an die Einheit, die Solidarität und Demokratie, wo doch Dinge ausser Kontrolle zu geraten drohen. Dabei strapaziere er, was seinesgleichen gerne tut, die Begriffe von Fairness und von Fussballfamilie: Es gelte, die Probleme nicht nach aussen zu tragen und Verständigung statt Streit zu pflegen: Blatter:

"Lasst uns einen fairen Match austragen, einen Fuassballmatch, mit Fairness und lasst uns die Nationalen Fussballverbände über die Zukunft unseres Spiels entscheiden".


Erstaunlich war, dass Uefa Präsident Lennart Johansson seinen Zickzackkurs fortsetzte. Nach seinem jüngsten Frontalangriff schwenkte er wieder auf Beschwichtigungsformeln um. Die beiden Streithähne Johansson und Blatter gaben sich versöhnlich die Hand.
Für Blatter war Stockholm ein Punktesieg. Da die neugewählten Mitglieder eher zu den Blattertreuen gehören, steht das Mehrheitsverhältnis nun in der Fifa-Exekutive im Verhältnis 11:13 für Blatter.

"Ich freue mich auf diesen Ausgang und bin sehr zuversichtlich für die Präsidentschaftswahl in Seoul"


sagte der Fifa-Boss nach dem Kongress zu einem Journalisten.




Blatter und Zen Ruffinen Aktuell 4. Mai: Signale des Hasses Blatter und Zen--Ruffinen, die beiden Gegner, sassen in Zürich während der grössten Fifa-Schande nebeneinander Stuhl an Stuhl. Anwesende konnten miterleben wie der Körper selten lügen kann: Die beiden Kontrahenten singalisierten mit Blickkontakt, Verhalten, Gestik aber auch mit der Stimme, dass die Atmosphäre vergiftet war. Sepp Blatter drehte den Kopf nur selten Richtung Michael Zen-Ruffinen und der Generalsekretär blickte Blatter nie in die Augen. Das frostige Kommunikationklima zeigte sich ferner in den zusammengepressten Lippen und an der Handhaltung.
Wenn es für Zen-Ruffinen möglich gewesen wäre, er hätte bestimmt viel weiter weg vom Präsidenten Platz genommen. Auch Blatter wirkte verhalten und unverbindlich. Nur an jener Stelle, wo er seinen Gegner verächtlich als "Mister Clean" (Saubermann) bezeichnet hatte, wurde er etwas deutlicher. Zur Vorwurfsliste des Generalsekretärs sagte Blatter:
"Also Mister Clean, wenn diese Papiere hier auf dem Tisch das Evangelium bedeuten, müsste ich die Religion wechseln. Wenn wir uns gegenseitig geachtet hätten, könnte man die Papier weglassen. Es scheint, ich bin der böse Bube hier!"




Blatter geht auf die Vorwürfe nicht ein
An der 10 stündigen Marathonsitzung des Fifa-Exekutivkomitees in Zürich vom 3. Mai wurde Blatter von fünf Mitgliedern zum Rücktritt aufgefordert. Doch trat Blatter auf diese Forderung gar nicht ein. Letztlich sei er vom Kongress gewählt und könne auch nur von dem abgewählt werden.
Die Journalisten warteten in Zürich stundenlang auf das Resultat der langen Gespräche. Dass das Ergebnis dieser Marathonsitzung nicht allen 25 Exekutivkomiteemitglieder behagte, zeigte die Tatsache, dass am Ende nur noch 16 Teilnehmer anwesend waren. Acht Mitglieder reisten vorzeitig ab. Der abgereiste Südkoreaner wies in einem Communiqué den Vorwurf Blatters empört zurück, vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit weitergegeben zu haben.
Dies war der eigentliche Grund gewesen, weshalb Blatter die Ad-hoc-Kommission zur Überprüfung der Fifa-Finanzen (IAC) suspendiert hatte. In Zürich wurde nun beschlossen, dass diese Kommission ihre Aufgabe wieder aufnehmen könne - allerdings erst nach dem Kongress in Seoul. Diese Verzögerung kommt Blatter gelegen. Ist dies nur ein fragwürdiger Punktesieg? Sepp Blatters Begründung:

"Bis zur Weltmeisterschaft ist zu wenig Zeit für Untersuchungen."


Auch zu den Vorwürfen von Zen-Ruffinen antwortet Blatter nicht. Blatter kann mit seiner "Nichtantwort" wieder Zeit gewinnen. Er will erst nächste Woche - nach einem kurzen Abstecher nach China und Nordkorea - schriftlich auf die offenen Fragen antworten. Auf die Details der Anschuldigungen und Vorwürfe ging der Walliser in Zürich gar nicht ein. Seine clevere Antwort war:

"Ich bin nur dem Exekutivkomitee Rechenschaft schuldig!"


Erstmals erwähnte Blatter immerhin einen klaren Fall von Korruption:

"Es sind zwei Personen gekauft worden, um Dienstleistungen zu erbringen. allerdings nicht innerhalb der Fifa."


Nach der Sitzung verstand es Blatter wiederholt, in den Medien die gute finanzielle Situation der Fifa zu "verkaufen". Blatter betonte bei allen Interviews, dass er genügend Vertrauensbeweise für seine bisherige und kommende Arbeit erhalten habe. Die Antworttaktik Blatters hat sich bis heute bewährt.


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