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www.rhetorik.ch aktuell: (17. März - 18. April, 2002)


Kommt es zum Eigentor?

(Fortsetzung von Aktuell 25. Mai, 2001, und Aktuell vom 2. März 2002 ).
Siehe hier für die Fortsetzung: Aktuell 23. April .

Sepp Blatter Bisher konnte Blatter mit seinen geschickten Ausweichtechniken alle Angreifer ausgedribbeln. Es sah ganz so aus, als ob Blatters Rechnung dank dieser Taktik aufgehen würde. In den früheren Aktuellbeiträgen vom 25. Mai, 2001 und 2. März, 2002 ) hatten wir zum Teil Blatters Antworten wortwörtlich aufgeführt, um die rhetorischen Ausweichtechniken zu illustrieren.

Die Situation hatte sich in den letzten Tagen für Blatter wieder etwas zugespitzt: Blatter geriet in der Sonntagspresse vom 10. März erneut in die Schlagzeilen. Unter dem Titel:
"Sepp stopft seinen Gegnern den Mund" wird beschrieben, wie der Fussballkönig die Attacken aus seinem Exekutivkomitee parieren will. Die interne Buchprüfungskommission, die überraschend angeordnet wurde, sieht Blatter nicht als eine Untersuchung. Die Korruptionsvorwürfe schmetterte er erneut ab:

"Dieses Thema ist erledigt!"


Blatter hatte das Exekutivkomitee mit ihren Gattinnen ins Restaurant Sonnenburg eingeladen. Sein Trinkspruch war

"Ein Tisch, eine Familie!"
Dann knallte Blatter mit der Peitsche:

"Wenn die Anfeindungen kein Ende nehmen, wird die Basis einen ausserordentlichen FIFA-Kongress einberufen, damit das aufhört!"


Issa Hayatou Ist nun alles wieder im Butter? Blatter steht trotz allem mit dem Rücken zur Wand. Issa Hayatou könnte nämlich zum FIFA-Präsidenten gewählt werden. Es könnte auch sein, dass noch weiter Zeugen für die Wahlbestechung gefunden werden. Die Geschichte scheint noch nicht ganz ausgestanden. Blatter muss auf der Hut bleiben, damit er nicht ein Eigencoal schiesst.
In einem Interview im "Sonntagsblick" bestätigt Blatter einmal mehr seine bekannte Ausweichtaktik. In allen Antworten haben wir bis anhin von Joseph Blatter nie gehört, dass die finanzielle Situation bei der FIFA in Ordnung sei. Hier der protkollierte Dialog aus dem ZeitungsInterview: Der BLICK Journalist Christoph Graf fragt wortwörtlich:

"Die Zweifel der finanziellen Situation der FIFA sind noch nicht beseitigt."


Blatter antwortet:

"Ich denke doch, dass ich Überzeugungskraft geleistet habe. Wenn ich höre, die FIFA verliere mit dem ISL-Konkurs über 600 Millionen Franken, dann ist das absurd. Jener Vertrag über die Marketingrechte war ja bloss 230 Millionen wert. Es geht hier doch nur um eine Kampagnen gegen mich."


Blatter weist nur auf die falschen Zahlen hin. Er sagt lediglich, er habe Überzeugungsarbeit geleistet. Dass alles rechtens ist, sagt er nicht. Als Beweis, dass er unschuldig ist, genügt für Blatter die Aussage:

"Alles ist nur eine Kampagne."


Weiter fragte der Journalist:

"Wollen Sie nicht, dass die Korruptionsvorwürfe gegen ihren Wahlhelfer Mohamed Bin Hammann genau abgeklärt werden?"


Blatter:

"Das sollen die Afrikaner selber tun, aber ich möchte jenen, die meine Wahl anzweifeln, keine Plattform mehr geben. Das Exekutivkomitee hat gegenüber Bin Hammann übrigens ein Votum der Solidarität ausgesprochen."


Weshalb will Blatter die Angelegenheit nicht untersuchen lassen?

Frank A Meyer In der jetzigen heiklen Situation hat nun Blatter die Gelegenheit, dank den Medien, die Flucht nach vorne anzutreten. Und zwar ohne heikle Fragen, denn Frank A. Meyer bietet Sepp Blatter eine Plattform im Sendegefäss VIS A VIS vom Schweizer Fernsehen. In der Ankündigung stand zwar im TELE: "Der FIFA Präsident werde angefochten und Sepp Blatter stehe heute unter politischem Druck." Die Sache sieht aber eher nach einem Auftritt in einem Schonraum aus: Frank A. Meyer will dieses Gespräch führen, ohne die heikle FIFA-Thematik anzusprechen. Meyers Bregründung war, er wolle nur über den Menschen Blatter reden. Meyer schrieb dazu im TELE:

"Ich habe Sepp Blatter vor Jahren im Hotel "Regent" in Hongkong kennengelernt. Der Mann hat mir mächtig imponiert. Und wir haben uns ausgezeichnet verstanden. Daraufhin dachte ich immer, er müsste einmal zu mir in die Sendung kommen."


Angesprochen, ob er für dieses Gespräch nicht einen heiklen Zeitpunkt gewählt habe, meint Meyer cool:

"Nein. Er ist jetzt einfach von hohem Interesse und topaktuell, wenngleich ich nicht über Fussball und FIFA Interna sprechen möchte."


Bestimmt hätte sich der wendige Blatter bei einem kritisches Interview nicht freiwillig zur Verfügung gestellt. Dies leuchtet ein. Frank A. Meyer weiss aber als Journalist, dass ihm ein Mann, der im Rampenlicht steht, gute Einschaltquoten bringt. Erstaunlich ist, dass in dieser heissen Phase dem Fussballkönig ein Sendegefäss zur Verfügung gestellt wird, ohne die FIFA-Thematik anzusprechen. Dieses Thema, interessiert heute die Öffentlichkeit und müsste in diesem persönlichen Gespräch auch Platz finden. Dieser Modus des Ausklammerns ist sonst beim Fernsehen nicht üblich. Ein VIS A VIS Gespräch braucht kein Verhör zu sein. Aber ein Profi-Journalist sollte ein brennendes Thema nicht a priori ausblenden. Ein Gespräch mit dem Fussballkönig ohne die Thematik FIFA anzusprechen wäre keine journalistischen Meisterleistung. Ob Mayer nur durch diese Sonderregelung überhaupt zu einem Gespräch kam?

Uns hätte bei einem normalen VIS A VIS Gespräch vor allem interessiert, ob Blatter wiederum mit seinen gekonnten Ausweichstrategien operiert hätte. Bei einem Gespräch, das nur "Sonnenschein" garantiert, wird Blatter kaum in eine anspruchsvolle Situation kommen.


Nachtrag 20. März:
Wir haben nun das VIS A VIS Gespräch visioniert. Obschon Frank A. Meyer angekündigt hatte, er werde im Blatter-Gespräch die Thematik FIFA und Fussball bewusst ausklammern, sah sich der Journalist doch gezwungen, diese Thematik proforma ansprechen. Blatter sagte immer von sich selbst: "Mein Leben ist Fussball" Es hätte deshalb niemand verstanden, wenn das Thema FIFA einfach weggelassen worden wäre. Weil inzwischen bereits bekannt geworden ist, dass es bei den kommenden Wahlen zu einer echten Gegenkandidatur kommen wird, eröffnete Meyer sein Gespräch mit einer angeblich kritischen Frage.
(Wir wissen jedoch von Frank A. Meyer, dass er die erste Frage immer dem Gast bekannt gibt und sich daran hält, weil damit das Gespäch sofort in Fahrt komme.) Der Journalist fragte:

"Sitzen Sie in einem Jahr immer noch auf dem Präsidentenstuhl?"


Blatter war sich seiner Sache sicher und signalisierte locker, dass er alle Stürme überstehen werde. Das unkritische Gespräch lief hernach - wie prognostiziert - problemlos über die Bühne.

Den Beitrag haben wir in den letzten Tagen verschiedenen Adressaten vorgeführt, um zu erfahren, wie Blatter in diesem Gespräch am Bildschirm gewirkt hat.
Die Betrachter, die alle die Vorgeschichte nicht kannten, spürten, dass der Journalist vom Gegenüber angetan war und der Moderator selbst die Korruptions- und Bestechungsgeschichte ausräumte, indem er sagte, die Angelegenheit sei bekanntlich heute geklärt.
Die offenen Finanzprobleme schob Blatter nur mit einer Bemerkung von sich. Er habe selbst eine interne Buchprüfung angeordnet und das Resultat werde man dann sehen. Lediglich ein Widerspruch wurde von den Videobetrachtern entdeckt: Zuerst sagte nämlich Blatter, alle Vorwürfe würden ihm nur nur bis zu seinen Ohren gehen, aber nicht weiter. Später gab jedoch Blatter zu, dass ihm die Vorwürfe etwas ausmachen.
Im Laufe des Gesprächs sammelte Blatter immer mehr Pluspunkte. Damit ging dem Fussballkönig die Rechnung auf. Dank seinem Medienauftritt konnte der wendige und stets geschickt taktierende Walliser diese einmalige Plattform erfolgreich nutzen. Der Journalist hatte dabei sein Ziel ebenfalls erreicht (Einschaltquote!), ohne Blatter verärgert zu haben. Konnte dank dem Verteidiger Meyer das Eigentor (vorläufig?) verhindert werden? Der Match ist sicher noch nicht abgepfiffen.




Nachtrag 8.April:
Chung Mong Joon Fifa Vize Präsident Chung Mong Joon macht gegen den Verbandspräsidenten Sepp Blatter Stimmung.
Inzwischen hat übrigens Blatter seinen Lohn bekannt gegeben. Er erhält 2 Millionen Franken pro Jahr. Aufschlusssreich ist wiederum seine Antwort:

"Nach Abzug der Steuern bleiben 1,2 bis 1,4 Mio Franken".


Erst wer es nachrechnet, merkt, dass dies ein Total von 2 Millionen + Spesen ergibt. Wir haben schon in frueheren Antworten gelesen, dass Blatter das Wort "Salär" nicht mag.

"Ich spreche von einer Entschädigung nicht von einem Salär"


meint er wiederum und findet diese Entschädigung für angemessen. Übertriebene Bescheidenheit ist nicht Sache des 66-jährigen Wallisers, denn er erhält mehr als der UNO Generalsekretär Annan oder der US Prässident George Bush. Blatter meint heute:

"Ich habe nichts zu verbergen".


Tatsächlich! Er war bis jetzt nur ausgewichen mit seinen Antworten macht aber immer noch den Eindruck, er habe doch etwas zu verbergen.


Nachtrag vom 19. April: Blatter gegen Zen-Ruffinen
Michel Zen-Ruffinen Machdem der Fifa Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen jahrelang harmonisch mit Sepp Blatter zusammengearbeitet hatte, greift nun seinen Chef an.
Michael Zen-Ruffinen schoss gegen seinen Boss, weil er festgestellt hat, dass finanziell nicht alles korrekt gelaufen sei und er nicht von einem Skandal weggespült werden möchte.
In "Le Temps" schrieb Zen-Ruffinen "Ich könnte einige delikate Elemente enthüllen...". Sepp Blatter hatte nämlich letzte Woche die Rechnungsprüfungskommission suspendiert, welche die Finanzlage der FIFA nach dem Zusammenbruch von ISL untersuchen sollte. Zen-Ruffinen ist der Ansicht, dass der Ausschuss nur deshalb suspendiert worden wäre, damit er keine Zeugenaussage mehr machen könne.
Es wird interessant sein, mitzuverfolgen, wie Sepp Blatter nun reagieren wird. Im Mai wird sich Blatter für die Wiederwahl stellen müssen.

Fortsetzung: Aktuell 5. Mai .


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