Wer ist berechtigt, eine Moderatorin zu benoten?
Die Medien, die Fachpresse, die Kommunikatonsberater oder
das Publikum? Bei den Medien ist es aus unserer Sicht in erster Linie
das Publikum. Bei der ARD Moderatorin Sabine Christiansen sind die
Noten des Publikums gut:
Laut einer repräsentativen Umfrage für die ARD ist
Sabine Christiansen die sympathischste Polit-Talkerin.
Hinsichtlich Gesprächsführung schneidet sie aber
beim Publikum schlechter ab, als ihre Konkurrenten Pleitgen,
Friedman, Illner, Elsner oder Böhme.
21% der Befragten beanstanden, dass Sabine Christiansen die Gäste
zu lange reden lässt.
30% finden sogar, sie habe die Diskussion nicht im Griff,
(bei Fritz Pleitgen finden das nur 2%).
Nach Ansicht der Zuschauer ist der WDR-Intendant und ARD
-Presseclub"-Gastgeber der glaubwürdigste und kompetenteste
Gesprächsleiter.
Christiansen wird vom Publikum zugebilligt, dass sie das Interesse
für ein Thema zu wecken versteht. Das Publikum fand vor allem
das Interview mit Stoiber zu abgehoben.
Es bezeichnete die Moderatrin als verkniffen. Journalisten beurteilen
Christiansen als souverän, sie sei hartnäckig und mutig.
Stoiber habe sie so aus der Fassung gebracht, dass der Kanzlerkandidat
Christiansen plötzlich mit "Frau Merkel" ansprach.
Anderseits hat Sabine Christiansen einen geringen Sympathie-Faktor.
Grund: Die Journalistin wirke unterkühlt.
Nach einer Umfrage unter 1000 Bundesbürgern
Quelle setzte sich Christiansen mit 55 Prozent Zustimmung weit von der
Konkurrenz ab. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der
Programmzeitschrift "TV Today", die Forsa unter 1002 Bundesbürgern ab 14 Jahren
durchführte (Mehrfachnennung möglich). Besonders beliebt ist Christiansen
bei Zuschauern ab 50 Jahren (62 Prozent).
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Obwohl wir der Beurteilung des Publikums grösstes Gewicht beimessen,
haben wir 10 Sendungen der Moderatorin unter die Lupe genommen um
Christiansens Gesprächs und
Moderationstechnik zu analysieren.
- Die Moderatorin wirkt immer noch über weite Strecken
hektisch und irgendwie unsicher.
- Wir haben festgestellt, dass Sabine Christiansen heute
die Teilnehmenenden weniger unterbricht als früher und
zum Teil auch weniger nervös moderiert.
- Wir empfanden Sabine Christiansen als gefühlskalt.
Die Empathie, das einfühlende Verstehen fehlt.
Personen, die vor allem sich selbst in den Mittelpunkt stellen
weil sie sich zu wichtig nehmen oder oder zu ehrgeizig sind,
wirken ebenso distanziert.
- Christiansen kontrolliert ihre Körperprache bewusst.
Meist sitzt sie in starrer Position, oft stark zurückgelehnt
oder überkontrolliert mit Blickkontakt konstant dem Sprechenden
zugewendet und beherrschter Mimik.
- Sabine Christiansen moderiert aus unserer Sicht zu verbissen,
und ist der Selbstdarstellung verhaftet.
Man hat bei der Moderation das Gefühl,
dass die Journalistin "ich" - nicht "du" orientiert ist.
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Bei der Moderation nach dem Erfurter Drama kamen am Anfang der
Sendung klare, eindeutige Fragen. Doch verlor die Moderatorin
bald den roten Faden, sprach undeutlich und fahrig, machte
zu viele unzulässige Satzbrüche, wirkte wirr und
staccatohaft.
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Wir haben beim Verhalten der Moderatorin unseren deutschen Beobachter gebeten,
Christiansen zu kommentierten:
Gedanken von Hans-M. Hofmann zur Talk-Sendung zum "Erfurt"- Thema:
Der Fernsehzuschauer hat das dringende Bedürfnis, das Recht sogar,
über alle öffentlichen Ereignisse angemessen, zeitnah und
ausführlich informiert zu werden.
Er erhofft, dass die wichtigsten Themen drüber hinaus noch
für ihn aufbereitet werden, sei es z.B. durch höchstinformative
Spielerbefragungen am Ende eines Fussballspieles, sei es durch -
übertragene - Gespräche zwischen parteinahen Redakteuren und
Politkern, wo der unbedarfte Zuschauer erfährt, dass an die Partei
gezahlten Schmiergelder natürlich keine solchen, sondern rein
zweckfreie Spenden waren. Oder sei es durch eine Unterhaltungssendung
(engl. Talk-Show), in der, von einer Koryphäe geleitet, eine
kompetent Runde Themen wie die Tragödie durch den massenmordenden
Amokläufer in Ehrfurt allgemeinverständlich und tief ergriffen
darlegt. Zu den herausragenden Persönlichkeiten des (very-small)
Talkes im Fernsehen gehört meines Wissens Sabine Christiansen,
deren Gesprächsrunden stets und unterhaltend anspruchvollste
Themen behandeln, und deren Gäste mit der Lupe ausgesucht werden.
so auch bei ihrer Veranstaltung, die diese Talk-Mistress der
Katastrophe in Erfurt gewidmet hat.
Sehr einfühlsam, für jedermann leicht erkennbar sichtlich bewegt, las
sie vom Teleprompter eine kurze Einführung ab, und stellte ihre
Gäste vor, die alle, mit einer Ausnahme ernst wirkten, und
einen guten Abend wünschten. Alle Teilnehmer, ebenfalls mit einer
Ausnahme, waren dem Ernst des Themas entsprechend, dunkel gekleidet,
und trugen dermassen ergriffene und starre Mienen, dass diese ihren
Ernst und ihre Betroffenheit sehr gut übermittelten. Sabine
Christiansen selbst, im schwarzen Hosenanzug, dezent frisiert und sehr bleich
geschminkt, übertraf ihre Gäste noch an sichtbarer Betroffenenheit.
Dies gelang ihr durch eine Mimik, deren Ausdruckskraft an Buster
Keaton und Pinoccio erinnerte. Auch sonst versagte sie sich,
zumindest anfangs, jede Geste, und sass steif mit fest überkreuzten
Beinen und an den Armlehnen fixierten Händen, wenn auch leicht
vorgebeugt. Im Verlaufe der Unterhaltungssendung lockerte sie sich
aber dann wesentlich, und sass mit im Schoss verkrampften Händen,
wie es vermutlich ihre Art ist, und wie es der Ernst und die Würde
des Themas erforderte. Bei gelegentlichen Eingriffen, wohl ihre
Art der Moderation, die sie durch erhobenen Zeigefinger oder sinnlose
hölzerne Hand- und Armbewegungen unterstrich, und um
Sprecherlaubnis zu erteilen oder zu beenden, lockerte sie die
tiefbetroffene, innerlich bewegt Runde wesentlich auf.
Die Frage, ob über eine Tragödie, die unmittelbar zuvor 17 Tote
Menschen das Leben genommen hat, eine Unterhaltungssendung - wenn auch
unter dem Mäntelchen der Informationspflicht - veranstaltet werden musste,
ist eindeutig mit Nein zu beantworten, selbst dann, wenn durch
übertriebene maskenstarrende Gesichter der Talk-Mistress und ihrer
Gäste und noch so dunkle Kleidung Mitgefühl geheuchelt wird.
Man kann über Geschmack nicht streiten.
Man hat ihn oder hat ihn nicht. Sabine Christiansen hat ihn
ganz offensichtlich nicht, trotz ihrer möglichen fachlichen Qualitäten.
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Der Autor von "Banalisierte Tragik" in der NZZ vom 3. Mai teilt die Ansicht
von Hans-M. Hofmann. Dort wird ausführlich beschrieben, wie das Fernsehen
redet, auch wenn es nichts zu sagen gibt. Wir zitieren:
"So machten sich die Moderatoren an das, was sie immer gern und
reichlich anbieten: Ursachenforschung war angesagt zu einem Zeitpunkt, an dem
kaum jemand genau wusste, was genau geschehen war."
Angesichts der Nachrichtenlage wäre äusserste Zurückhaltung angebracht
gewesen. Weil der Tathergang offensichtlich schwer zu ermitteln war,
hätten sich die Medien nur mit dem Nötigsten bescheiden müssen.
Doch was taten die Moderatoren? Sie banalisierten die Tragik.
Nach unseren persönlichen Analysen zeigten sich zu viele
gravierende Mängel in der Gesprächsführung.
Sabine Christiansen liess sich früher laufend korrigieren,
vor allem von Ihrem ehemaligen Gatten. Wir wissen, dass sie -während
ungezählter Sendungen - über ihren "Ohrwurm" -
zur Verbesserung ihres Verhaltens - konkrete Anweisungen erhielt.
Nach der Aera als erfolgreiche Ansagerin war die Journalistin
als Gesprächsleiterin in der neuen anspruchsvolleren politischen
Sendung recht stark gefordert, möglicherweise sogar überfordert.
Dank der permanenten Verbesserungen und dem jahrelangen
"On the job" - Training konnte sich Christiansen im Laufe der Zeit
-trotz der Kritik- erfolgreich behaupten und ihre
Sendung ist heute kaum mehr wegzudenken.
Was wir bei den Sendungen beanstanden mussten, sind folgende
konkreten Punkte:
- Die Fragetechnik lässt zu wünschen übrig.
Die Einleitungen vor der Frage sind meist zu lange.
Dies verwirrt.
Missachtung der Regel:
- Es werden zu viele Frageketten gebildet.
Sabine Christiansen stellt oft unterschiedliche Fragen
hintereinander. Missachtung der Regel:
Stelle nur eine Frage auf einmal.
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Aktuell vom 12/10/2001
- Teilnehmer können oft zu lange drauflosreden,
auch dann, wenn ein Sprecher den roten Faden längst verloren hat.
Missachtung der Regel:
Langredner sind zu unterbrechen.
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- Bei aufschlussreichen Begründungen, schneidet
Sabine Christiansen das Wort oft im falschen Augenblick ab.
Die Zuschauer haben dann das Gefühl: Die Journalistin hört
gar nicht zu. Missachtung der Regel:
Moderieren heisst, aktiv zuhören können.
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z.B. eine Aussage mit eigenen Worten wiederholen (paraphrasieren,
zusammenfassen) oder den Teilnehmer zum Weiterreden animieren.
- Sabine Christiansen reagiert zu hektisch und zu schnell.
Es gibt kaum Sprech- oder Denkpausen. Die Moderatorin wirkt
dadurch ungeduldig. Die Pausentechnik macht uns oft deutlich, ob
jemand überlegen ist.
- Die Antworten werden zu oft gewertet, anstatt das
Gespräch mit Gedankenanstössen zu moderieren.
Missachtung der Regel:
Ein Moderator darf nicht werten.
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- Bei allen Sendungen stellten wir fest: Sabine Christiansen kann es
leider nicht lassen, zu viele eigene Statements abzugeben. Als ob sie
damit beweisen müsste, dass sie gut vorbereitet ist. Dazu kommt,
dass sie wertet und zu oft mitdiskutiert. Westerwelle (FDP) brachte es
auf den Punkt, als es nach einer langen Analyse Christiansens, ruhig konterte:
"Ihre Zahlen und Analysen beeindrucken mich, Frau Christiansen,
doch wissen wir wir schon, was wir tun." Christiansen schloss nämlich
ihren Kurzvortrag mit der Bemerkung die FDP wisse nicht, was sie wolle.
Eine Frage fehlte.
Beim professionellen Moderieren hätte Sabine Christiansen
- ohne selbst zu werten - einfach fragen können:
"Weiss die FDP was sie tut, Herr Westerwelle?"
Missachtung der Regel:
Wer moderiert, diskutiert nicht mit.
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Portrait von Sabine Christiansen:
Quelle.
Lebenslauf
- 1957 in Praetz geboren.
- 1983-85 Journalistische Ausbildung beim Norddeutschen Rundfunk Hamburg.
- 1985 Freie Mitarbeiterin Hörfunk/Fernsehen/Filmberichterstattung.
- 1985-87 Redakteurin und Moderatorin im Landesfunkhaus Hamburg.
- 1987-97 Redakteurin ARD-aktuell, Moderatorin der "Tagesthemen".
- Seit 1997 Leitung der ARD Sendung "Sabine Christiansen".
Bücher
- 1990 Gesprächsbuch mit Prof. Dr. Karl Carstens -(erschienen im W. J. Siedler-Verlag)
- 1993 ARD-Fernseh-Dokumentationsreihe "Bericht: Sabine Christiansen"
- 1994 "Hoffnung hat viele Gesichter" (erschienen im ECON-Verlag)
- 1994 ARD-Fernseh-Feature "Gott und die Welt" "N-3-Reportage" diverse
- 1999 "Trendwende" (erschienen im LÜBBE-Verlag) ARD-Fernsehdokumentationen
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Auszeichnungen
- Adolf-Grimme-Preis
- Goldene Kamera
- Bambi
- Bayerischer Fernsehpreis
- Preis der Religionen
- Goldener Löwe RTL (Redaktion Tagesthemen)
- "Deutsche Frau des Jahres", 1999
- Courage-Preis, 2001
- Ritter der Ehrenlegion, 2002
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Nach den ersten Sendungen formierten sich die Kritiker der Moderatorin.
Sie bemängelten früher den weichen, nachgiebigen Moderationsstil.
Sabine Christiansen liess sich jedoch nie beirren. Sie korrigierte umgehend
ihren Moderationsstil - möglicherweise zu krass.
Schon bei den Tagesthemen beteiligten sich selbst ihre Kollegen
an einer öffentlichen Schelte und äusserten grosse Zweifel
am Können ihrer Kollegin. Auch damals setzte sich Christiansen als "Miss
Tagesthemen" durch, so wie heute bei ihrer eigenen Talk-Sendung.
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Beobachtungsaufgabe.
Es lohnt sich, die aufgelisteten Beobachtungspunkte auf andere Journalisten
zu übertragen. Analysieren heisst wahrnehmen und beschreiben.
Konkrete beschreibende Beobachtungen und Vergleiche sind
dabei hilfreich. Wir empfehlen
einen Vergleich mit Sandra Maischberger vorzunehmen, die in der täglichen
T-NV Sendung "Maischberger" zu sehen ist.
(Maischberger nahm bei der oben genannten Umfrage nach Sabine Christiansen und
Gabi Bauer den dritten Platz ein). Maischberger unterscheidet sich in den
beleuchteten Beobachtungspunkten:
- Fragelänge
- Fragetechnik
- Pausentechnik
- Unterbrechungstaktik
- einfühlende Verstehen (emotionale Komponente)
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- aktives Zuhören
- persönlichen Kommentare
- Werten
- Geduld
- Körpersprache
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stark von Christiansen. Vor allem hinsichtlich Gesprächsführung
bestehen grosse Unterschiede. Dank gezieltem Beobachten kann rhetorisch
viel gelernt und die Wahrnehmngsfähigkeit geschärft werden.
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