Frühere Fälle
Eine Liste von Aktuell Artikeln zur Krisenkommunikation finden Sie
hier. Siehe auch die Artikel
Im Falle von Skyguide
erlebten wir schon einmal, wie sich die Führungsverantwortlichen
unterschiedlich zu Wort meldeten. Die Koordination der Botschaften
fehlte. Die Folgen des Hin- und Her waren gravierend.
Auch nach der Bluttat bei der ZKB
(siehe "Bei Krisen versagen viele Chefs"),
fehlte das Informationsmanagement.
Fragen
Zu viele Fragen blieben offen oder wurden zum Teil gegensätzlich
beantwortet. Beispielsweise:
Erteilte die Bazl (Bundesmt für Zivilluftfahrt) eine
Bewilligung für den Ballonbetrieb?
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Wenn das Bazl den Hiflyer tatsächlich den
"Schaustellergeschäften" zugewiesen haben sollte, stünde er
unter dem Gesetz über das Gewerbe der Reisenden vom 23. März
01. Dann hätte aber der Hilflyer gleich wie die von Schaustellern
betriebenen Fahrgeschäfte eine Bewilligung aufgrund eines
Sicherheitsnachweises und periodischer Überprüfung durch dem
TÙV haben müssen. Dies fand Peter Howald, Präsident
des Schaustellerverbandes Schweiz.
Der Verkehrshausdirektor Daniel Suter liess aber verlauten:
"Der Kanton hat die Bau- und das Bazl die Betriebsbewilligung erteilt."
Nach Suter haben die Gegebenheiten dem bewilligten Zustand durchaus
entsprochen. Er fand: Der Fesselballon gehöre zu den Luftfahrzeugen
besonderer Art. Laut der entsprechenden Verordnung würden
Freiluftballons nicht im Luftfahrzeugregister eingetragen. Deshalb
sei das Bazl nicht verpflichtet, deren Lufttüchtigkeit zu
überprüfen.
Weshalb verlangte das Bazl eine Haftpflichtversicherung im Umfang
von einer Million Franken und die Zusicherung, dass die Vorgaben des
britischen Herstellers eingehalten worden sind?
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Am 27. Juli 04 machte der neue Präsident des Verkehrshauses,
Franz Steinegger, im "Blick" eine weitere vorschnelle Aussage:
"Der Unfall hat mich betroffen gemacht. Aber deswegen den Ausbau Strategie
des Verkehrshauses zu wechseln , halte ich eine Schnapsidee....für
mich ist der Hiflyer nicht gestorben." Erstaunlich: Steinegger
sagte dies, bevor er sich in Luzern ein Bild von der Sachlage machen
konnte. Gleichentags war zu erfahren, dass das Bundesamt für
Zivilluftfahrt dem Verkehrshaus Luzern ab sofort die Bewilligung zum
Betrieb des Hiflyer entzog.
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Steinegger hatte es schon als Expokrisenmanager
verstanden, geschickt mit beschönigenden Informationen umzugehen. Er verstand
es damals, einen finanziellen Misserfolg in einen Erfolg umzumünzen.
Die Frage ist sicherlich berechtigt:
Wie kann eine Bewilligung entzogen werden, die nie erteilt werden musste?
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Nach vier Tagen mangelt es an befriedigenden Antworten zu wichtigen
Fragen noch immer:
- Welche Qualifikationen musste der Pilot erfüllen?
- Traf den Piloten die Hauptschuld?
- Wurde wegen der vorliegenden Wetterprognose vom Flug abgeraten?
- Weshalb lag der Bretterboden nicht auf einem stabilen Gitterroost?
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Der Bazl Prüfungsexperte Herbert Scholl, der den Hiflyer in
die Schweiz gebracht hatte, fand auf die Gitterroostfrage im "Blick" vom
27. Juli 2004 eine bedenkliche Antwort:
"Zusätzliche Gitterroste würden die Nutzlast reduzieren. Damit
könnten weniger Passagiere aufgenommen werden, was die
Wirtschaftlichkeit verschlechterte."
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Die Aussage unterstreicht den Vorwurf, dass
Wirtschaftlichkeit wichtiger als Sicherheit gewesen war.
Empfehlungen missachtet?
Der "Tagesanzeiger" recherchierte und fand heraus:
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- Der englische Hersteller der Ballon-Anlage schreibt auf seiner Webseite,
dass sich im Umkreis von 25 Metern vom Ballon keine hohen Gebäude oder
ander Ballone befinden sollten, da sich der Ballon bei Wind bewegen könne.
In einer Höhe von 120 Metern könne er sich bis zu 75 Meter vom
Zentrum entfernen.
- Die Entfernung zwischen dem Hiflyer und dem Restaurant des Verkehrshauses
beträgt jedoch weniger als 25 Meter, wie Verkehrshaus-Direktor
Daniel Suter in der "Tagesschau" von SF DRS sagte:
- Das Restaurant und die Hiflyer-Anlage wurden laut Suter von den
Behörden gleichzeitig bewilligt. Zum einen habe das Verkehrshaus eine
Baubewilligung des Kantons erhalten, zum andern eine Betriebsbewilligung
des Bundesamtes für Zivilluftfahrt.
- Das BAZL knüpfte angeblich die Bewilligung an die Auflage, dass
das Verkehrshaus die Bedingungen des Herstellers einhält, wie seine
Sprecherin Célestine Perissinotto in der "Tagesschau" sagte.
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Endlich klare Informationen
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Vier Tage nach dem Unfall folgten endlich klare Informationen ohne
Mutmassungen:
Das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
(Uvek) wurde beauftragt, den Vorfall zu untersuchen. Die Abklärungen
sollen zeigen, ob seitens des Bundes Handlungsbedarf besteht.
Das heisst, dass
das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) ersucht wurde,
möglichst rasch den genauen Hergang und die Ursache des Unfalls
zu klären. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wurde beauftragt,
die sicherheitsrelevanten rechtlichen Bestimmungen für Fahrten mit
Fesselballonen und deren Vollzug zu prüfen.
Das Bazl soll laut Mitteilung des Uvek insbesondere auch die heutige
Verteilung der Verantwortlichkeit auf die Behörden des Bundes und der
Kantone sowie auf die Hersteller und Betreiber von Fesselballon-Anlagen
kritisch unter die Lupe nehmen.
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Schadenersatzforderungen?
Bis zum 27. Juni sind beim Verkehrshaus noch keine Forderungen auf
Schadenersatz eingegangen.
Das Museum bot unmittelbar nach dem Unglück den betroffenen indischen
Touristen Hilfe an und ermöglichte ihnen den Aufenthalt in Luzern.
Verkehrshaus-Direktor Daniel Suter betonte, dass es dabei um eine
unmittelbare Hilfe und nicht um juristische Ansprüche oder
Schadenersatzforderungen gehe.
Verkehrshaus ist abgesichert
Solche Forderungen, so Suter, müssten von Seiten der betroffenen
Touristen an den Reiseveranstalter gerichtet werden. Dabei geht
es um Ansprüche im Zusammenhang mit dem Reiseabbruch und der
Rückreise. Der Reiseveranstalter, in diesem Fall Thomas Cook,
kann dann vom Verkehrshaus Regress verlangen.
Laut Daniel Suter ist das Verkehrshaus für diesen Fall gerüstet
und verfügt über die entsprechende Versicherungsdeckung. Das
Prozedere sei mit der Versicherung bereits durchgespielt worden.
Der Reiseleiter will klagen
Ein Reiseleiter der indischen Touristen trägt sich mit dem Gedanken
einer Schadensersatzklage. Gegenüber der Nachrichtenagentur SDA
erklärte er heute Dienstag, er spreche im Namen der 22 Touristen,
die beim Unglück zusammen mit ihm im Hiflyer waren.
Die meisten der Passagiere im Fesselballon seien traumatisiert, sagte der
Reiseleiter. Viele von ihnen litten immer noch unter Schlafstörungen.
Über die Höhe der Forderung wollte er keine Angaben machen. Er
sei nicht vertraut mit den rechtlichen Möglichkeiten in der Schweiz.
Strafverfahren gegen Unbekannt
Die Bundesanwaltschaft hat nach dem Unglück des Fesselballons
Hiflyer im Verkehrshaus Luzern ein Strafverfahren gegen Unbekannt
eröffnet. Es bestehe der Verdacht auf fahrlässige Tötung
und fahrlässige schwere Körperverletzung. Gleichzeitig
veranlasste das zuständige Departement in Bern eine Untersuchung.
Spätes Eingestehen von Fehlern
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Erst am 1. August gestand das Bazl, Fehler gemacht zu haben.
Erst nach einer Woche bestätigte sich, dass die geschilderten
Bedenken berechtigt waren. Widersprüchliche Aussagen machen Medien
immer hellhörig.
Recherchen des Sonntagblick ergaben, dass die Behauptung des Bazl -
sie hätten bei diesem Ballon keine Aufsichtspflicht gehabt - nicht
stimmen konnte.
Obschon dies vom Bazl immer bestritten wurde (mit der Begründung: Das
Luftfahrzeug sei eine besondere Kategorie), musste nun Bazl Sprecherin
Perissinotto doch zugeben, dass das Bazl eine Bewilligung erteilt
hatte und damit auch die Pflicht zur Kontrolle und Aufsicht verbunden
gewesen sei.
Medienmitteilungen der Kapo Luzern
(
Quelle):
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Erkenntnis:
Beschönigungen und Selbstschutzbehauptungen lohnen sich nie!
Viele Führungskräfte rechtfertigen sich nachträglich
nachdem die Fehler analysiert worden sind:
- Dass es leicht sein, von aussen das Verhalten nach
einem Unfall zu kritisieren.
- Wenn man in einer Krise stecke, sei alles viel schwieriger als
im Lehrbuch.
- Der Zeitdruck stresse.
- Es wird betont, dass in der Hektik Fehler vorprogrammiert
seien.
Wir finden:
Eben, weil in Krisensituationen alles hektischer ist,
weil alle gestresst sind, und bei Überraschungen die banalsten Fehler
gemacht werden können, müssen Krisensituationen vorher
praktisch durchgespielt werden
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Urs Hürlimann, der Kommandant der Kantonspolizei Zug,
hätte bei der Krisensituation in Zug kaum so überlegt reagieren
können, hätte er nicht seine Checkliste zur Hand nehmen
können. Krisensituationen wurden von ihm antizipiert. Frau Tschanz
hatte auch deshalb Erfolg, weil sie den Absturz eines Grossraumflugzeuges
in zwei internen Veranstaltungen auf oberster Führungsebene schon vor
dem Absturz konkret geübt hatte.
Wer das richtige Verhalten nicht "trainiert", wird in den ersten Minuten
weniger gelassen handeln und mehr Fehler machen. Der Kontakt mit den
Journalisten kann durch Training im Mediensimulator ritualisiert werden,
damit während der ersten Sekunden all die "klassischen" Fehler
vermieden werden können, die wir in all unseren Beiträgen
ausführlich beschrieben haben.
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