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Eine Betrachtung zur EXPO 02 als Kommunikationslandschaft |
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Wir haben bei Kommunikationsprozessen immer wieder betont, dass Gegensätze unter einen Hut gebracht werden müssen. (Siehe Balance artikel). Der Expobesuch hat uns nachträglich positiv überrascht. Uns überzeugte die konsequente Umsetzung eines durchdachten roten Fadens. Wer es sich leisten konnte, alle Arteplages zu besuchen, konnte folgende Gegensatze mit allen Sinnen erleben und darüber nachdenken:
Diese klare Struktur hat uns beeindruckt und ist eine Bereicherung für alle, die sich mit Kommunikationsprozessen auseinandersetzen. Nachdem verschiedene Mängel der ersten Planungen korrigiert werden konnten, kann der Besuch der Expo mit gutem Gewissen empfohlen werden. Die Expo 02 ist nicht ohne Geburtswehen entstanden. Blenden wir zurück: |
Am 22. Oktober 99 beleuchteten wir in einem Zeitungsbeitrag über die EXPO 01, die drei Aspekte des magischen Dreieckes Qualität - Kosten - Termine, die bei jeder Projektplanung berücksichtigt werden müssen. Wir beanstandeten damals, dass bei der Planung der EXPO 01 zwei dieser zwingenden Eckwerte negiert worden waren: Die Kosten- und Terminfragen. Für uns war es damals völlig unverständlich, dass ein weiterer wichtiger Aspekte bei allen Kommunikationsprozessen, nämlich - die Adressaten - in der Anfangsphase der Planung übergangen worden sind. Beim ersten EXPO-Konzept fehlte eindeutig das Eingehen auf die Bedürfnisse der Bevölkerung.
interessierte die visionären Planerinnen vorerst nicht. Bei Kommunikationsprozessen ist es aber eine Todsünde, wenn die Rezipienten unberücksichtigt bleiben. ![]() Die kreativen Macher setzten all ihre Kräfte ein, damit die EXPO zu keinem OLMA - Bratwurstfest (Volksfest) verkommt. ![]() ![]() Wer sich jedoch mit Kreativitätsprozessen auseinandersetzt, der weiss, dass sich nur aus dem Mix zwischen Chaos und Ordnung etwas Neues realisieren lässt. Die Schöpfer der ersten Stunde verblieben leider lange in esoterischen Visionen und Experimenten. Ordnung, Management, Planung - vor allem aber die Finanzplanung - wurden (bewusst?) vernachlässigt. Anstatt einer "Landesausstellung für alle" entstand nach und nach eine Ausstellung für eine elitäre Schar Kulturschaffender. Eine Expo der Kulturesotheriker? |
![]() Wir vertraten deshalb 1998 die Meinung, dieses USA Modell könnte auch in der Schweiz Schule machen. Firmen hätten ein Thema bearbeiten können - nach dem Konzept der EXPOmacher. z.B. Möbel Pfister: Möbel der Zukunft usw. Dank Werbung wäre dies kostengünstig gewesen. |
Doch die Schöpfer der ersten Stunde zogen es vor, Wirtschaft und Werbung als Fremdkörper zu betrachten. Es dauerte viel zu lang, bis erkannt wurde, dass eine Brücke zu Volk und Wirtschaft notwendig ist. Trotz Bedenken, trotz zahlreicher Pleiten und Pannen wurde der Weg der Egomaniker nur leicht modifiziert weiterbeschritten. Ein Zurück gab es für die Verantwortlichen nicht mehr. Beinahe wäre das ganze Projekt gescheitert. Die EXPO musste wohl oder übel um ein Jahr verschoben werden. Manager wurden geholt, um die Sache wieder ins Lot zu bringen. Köpfe rollten. Krisenmanagement war gefragt und ersetzte das fehlende Projektmanagement. Das Parlament schluckte notgedrungen verschiedene "bittere Pillen". Alle Wirren und Probleme wurden hierauf dank fünf Finanzspritzen überstanden. Franz Steinegger musste das Szepter übernehmen. Die ehemalige EXPO 01 konnte endlich als erfolgversprechende Expo 02 gefeiert werden. |
![]() Uns schwebte damals eine Standortbestimmung des Landes vor. Eine Chance, über die Schweiz von gestern, heute und morgen nachzudenken. "Sowohl - als auch" anstatt "Entweder - oder" Bestehendes und Neues- Rückblick und Visionen; verschiedenste Gegensätze hätten unter einem Hut Platz finden können. Eine progressive Volks- EXPO für alle wäre 1999 ohne weiteres noch umsetzbar gewesen. Die Expo als Kommunikationslandschaft eines Landes: Eine EXPO als Dialogplattform für alle. Für:
Sogar mit einem aufwendigen Riesenmonument, das für kommende Generationen als Erinnerung an diese Standortbestimmung stehen geblieben wäre und nicht abgerissen werden muss. Wir hatten diese Gedanken 1999 veröffentlicht und auch Franz Steinegger schriftlich zukommen lassen. Am 19. Oktober 99 erhielten wir ein Antwortschreiben von J. Matyassy, mit dem Hinweis, dass Franz Steinegger unsere Anregungen in seine Überlegungen einbeziehen werde. Doch wurde uns noch geschrieben: "Es ist allerdings anzunehmen, dass sich das Projekt Expo 02 inhaltlich weitgehend auf die geleisteten Vorarbeiten abstützen wird." Damit war klar, dass niemand mehr an eine grosse Korrektur dachte. |
Heute könnten Sie als Internetleser denken, wir wären nun enttäuscht, weil die EXPO nicht mehr im Sinne dieses Dialoges umgestaltet werden konnte. Wir sind alles andere als enttäuscht! Wir sind eher im positiven Sinn ent - täuscht im Sinne von: Die Täuschung wich. Die jetzige Expo demonstriert nämlich offen und ehrlich den heutigen Zeitgeist. Die Ausstellung gaukelt dem Volk nichts vor. Die EXPO 02 widerspiegelt recht anschaulich die aktuelle Stimmung in unserem Lande. Dank des Verzichts auf Täuschungen (Ent-Täuschung) veranschaulicht uns die Expo 02, welche Mentalität derzeit dominiert. Sie zeigt die Lust am Leben und am Geniessen und das Bedürftnis zur Selbstverwirklichung. |
Rückblickend vermittelte jede Landesausstellung ein situationsgemässes Stimmungsbarometer:
Dazu einige Beispiele:
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![]() Das Spektakel war nur für eine kleine abgehobene Schicht gedacht, die den Sinn der beabsichtigten Provokation richtig einzuordnen verstand. | ||||||||||||||||||||
![]() Die Abfallbehälter können nicht - wie verlangt - richtig sortiert werden. Anscheinend wäre der Aufwand zu gross gewesen. An Abfallkübeln mangelt es generell. Die Expo wiederspiegelt damit sehr anschaulich unser derzeitiges Dilemma, wenn es um konkreten Umweltschutz geht. | ||||||||||||||||||||
![]() Die abstrakten Beiträge blieben für die meisten ein Rätsel. Bei vielen Stationen müssen nachträglich Führer eingesetzt werden, die den irritierten Zuschauern erklären, was der Sinn der Exponate bedeutet. Ohne zusätzliche Erläuterungen und Erklärungen bleiben leider viele Objekte und Installationen unverständlich (beispielsweise Pinocchio).
Doch die EXPO 02 täuscht uns nichts vor: Sie verdeutlicht, dass wir uns gegenseitig selten verstehen und viele Menschen, (so wie die Kulturschaffenden und das Publikum) unverständlich miteinander kommunizieren. Das Schauspielhaus Zürich setzte ähnliche Signale. Den Machern ging es nie darum, verstanden zu werden. Die EXPO verdeutlicht, dass es in unserem Land mit dem gegenseitigen "Verstehen wollen" schlecht bestellt ist. In Kommunikationsseminaren gilt zwar die Regel:
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![]() Botschafter Borer wurde oft gelobt, weil er das Image der Schweiz in Deutschland dank der Auftritte seiner Frau Shawne Fielding verändern konnte. Auch in diesem Fall stellte sich die Frage, ob die Texanerin tatsächlich das Schweizerbild so wiedergegeben hatte, wie es ist? Wenn die Schweiz als unschweizerisch dargestellt werden müsste, dann hätten die Schöpferinnen der EXPO ihr Ziel erreicht. Expo - sei Dank. Jede Landesausstellung vermittelt eine Momentaufnahme der jeweiligen Stimmung eines Landes. Die Expo 02 leistete mit der heutigen Präsentation mit ihrer Eindeutigkeit einen wertvollen Beitrag zur Überdenkung des Zeitgeistes 02 in unserem Land. Die jetzige Landesausstellung wird bestimmt nachträglich einen grossen Erfolg buchen. Die Zuschauerzahlen steigen jedenfalls erfreulich stark. Die Werbung funktioniert und an Attraktionen mangelt es nicht. Über die Kosten wird sich bestimmt später niemand mehr negativ äussern. Wenn die EXPO 02 zum Nachdenken anregen konnte, hat sich der Aufwand trotz aller Pannen und Mängel gelohnt. Franz Steinegger korrigierte übrigens nachträglich zahlreiche Beanstandungen. So wurden auch noch einige Schweizerfahnen gehisst. Die Gastwirte wurden ebenfalls gebeten, sich an die Preisabmachungen zu halten.
Damit wird genau das bestätigt: Die Landesausstellung 02 widerspiegelt den aktuellen Zeitgeist! Wir wünschen einen besinnlichen EXPO aufenthalt. |
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Nachtrag vom 23. August: Grössere Kosten rhetorisch gut verkauft.
Wie vorauszusehen war, will die EXPO Leitung nochmals 70 Mio Franken als
zusätzlichen Nachtragskredit. Die Begründung war
rhetorisch geschickt: Managementfehler wurden
bei allen Begründungen ausgeklammert. Es wurde betont:
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Nachtrag vom 22. Sept, 2002, Expokosten Die zu hohen Expokosten und die damit verbundenen Nachtragskredite geben weiter Diskussionsstoff. Die Gründe Fraktion der Parlamentes fordert eine Parlamentarische Untersuchungskommissioen zur EXPO- Finanzierung. Sie wollen wissen, wer die Verantwortung für das Finanzdebakel trägt. Es ist bekannt geworden, dass die Expo auch nach der Schliessung noch weiterhin Löhne von gegen neun Millionen Franken zahlen muss. Die Verträge für das Direktorium laufen nach Torschluss noch ein Jahr, weiter. Kritiker finden, es brauche zur Ausarbeitung der Schlussberichte kein volles Salair mehr. Dass der EXPO Präsident sich seine Arbeit mit 750'000 Franken entschädigen lassen kann, ist für viele unverständlich. Nach Sonntags Zeitung vom 22. September, beanstandeten Politiker, dass eine Erfolgskomponente ins Salair hätte eingebaut werden sollen. Steinegger will auf seine "Entschädigung" trotz der prekären Finanzsituation nicht verzichten. Der EXPO Präsident hatte die Funktion im Nebenamt übernommen. Alle wissen, dass dieses Nebenamt auch als Ehrenamt ein Sprungbrett für weitere attraktive Jobs gewesen wäre. Bereits wird Steinegger nälich als Bundesratskandidat gehandelt. Es fragt sich deshalb ob die Rechnung für den FDP Nationalrat auf? Die Salaire zahlreicher Expo-Exponenten sind immer noch nicht - so wie bei Franz Steinegger - offen gelegt. |
Nachtrag vom 22. Oktober: Stimmen zum Ende der Expo Zum Torschluss der Expo 2002 wurden erste Untersuchungen veröffentlicht, die zum Ziel gehabt hatten, herauszufinden, wie die Besucher die Landesausstellung beurteilt haben. Die Stimmen waren zum Teil recht kritisch:
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Nachtrag vom 10. Mai 2003. Arroganz? ![]() |
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Nachtrag vom 23. Juni 05: Gründe für zu teure Expo seien mangelhafte Vorbereitung, Zweckoptimismus und zu wenig genutzte Einsparungsmöglichkeiten. |
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