Zum Umgang mit Information
Nachdem bis zum heutigen Tage die Information lawinenartig zu
einer Informationsflut angewachsen ist, ist der Umgang mit der
Informationsfülle zu einem wichtigen Zeitproblem
geworden. Eine zentrale Frage ist: Wie soll man in einer Zeit
informieren, wenn viele damit kämpfen,
die Informationsflut zu bewältigen?
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von Marcus Knill
Informieren und Information
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Information spielt im
journalistischen Bereich, wie auch bei
Führungsprozessen,
eine zentrale Rolle. Wir sprechen heute von Informationsgesellschaft und
Informationszeitalter, Informatik ist eine eigene Wissenschaft geworden.
Information ist nicht mehr nur mit zwei Worten zu umschreiben wie im Jahre 1909,
als sich in Meyers Grossem Konversationslexikon lediglich der Eintrag
"Information (lat.): Unterweisung, Auskunft" befand.
Die Definition von "Information" unter formalen Gesichtspunkten ist
klar definiert (Shannon 1948). Für Mathematiker ist der Begriff
für eine beliebig zusammengesetzte Kette von Buchstaben genau so
anwendbar, wie für einen Satz aus "Schillers Tell".
Die Wichtigkeit der Information in der heutigen Zeit ist jedermann
tagtäglich klar. Auch Sicherheitspolitisch ist man sich der Wichtigkeit
bewusst: Es heisst, dass der erste Weltkrieg der Krieg
der Chemiker war (Gas), der zweite Weltkrieg der Krieg der Physiker (Atombombe)
war und der dritte der Krieg der Mathematiker (Information) sein wird.
(Zitat: S. Sing, "The Code book", Doubleday, 1999).
Es zeigt sich in der Praxis, dass die
Übermittlungsform (Zeichen, Worte, Bilder oder Töne) bei
der Information keine so grosse Bedeutung hat. Zentraler ist der Inhalt,
d.h. die Frage: Wie soll man informieren?
Wichtige Punkte sind:
1) Der Sender hat in der Regel eine Absicht.
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Ein Informant will in der Regel
beim Empfänger etwas bewirken. Information als Nachricht soll andere
dazu bringen, sich nach der Nachricht zu richten.
Das führt auf die Verantwortung des Informanten, zu
Themenkreise wie
Manipulation oder
Desinformation.
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2) Der Adressat ist vorgeprägt.
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Wer informieren muss, weiss: Die Adressaten sind stets präformiert
das heisst vorgeprägt. Sie können die subjektive Sicht nie
vollständig ablegen.
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3) Die Information muss an den Empfänger angepasst sein.
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Bei der Information in der alltäglichen
Kommunikationslandschaft ist die Information erst dann
brauchbar, wenn die Aussage vom Sender und Empfänger
möglichst analog aufgefasst wird. Stichworte sind
die Wahl der Sprachebene und die Zusammensetzung des
Publikums.
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4) Die Information hat Informationskonkurrenz.
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Information kann in der Informationskonkurrenz untergehen,
gar nicht beim Empfänger ankommen oder wird vom Empfänger
bewusst ausgefiltert. Prägnante, originelle, aktuelle und
qualitativ hochstehende Information ist deshalb gefragt.
Mehr über den Aspekt der Informationsflut im nächster
Abschnitt.
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Weitere Stichworte von der Informationsseite
Führen-aber wie .
- Teilprobleme der Information
- Informationsbeschaffung
- Informationsauswertung
- Informationsverbreitung
- Störfelder erkennen
- Informationsschwemme
- Informationsdefizit
- Zuviel Bekanntes
- Zuviel Neues
- Falsche Sprachebene
- Einseitig
- Unbeabsichtigte Wirkung
- Informieren aber wie?
- Fakten von Kommentar trennen
- Quellen angeben
- Sprache anpassen
- An Vertrautes anknüpfen
- Klar und verständlich
- Bildhaft
- Zur richtigen Zeit
- Wichtig beim Informieren
- Wahrheit
- Transparenz
- Verständlichkeit
- Dosierung
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Mehr im Buch: "Informieren -aber wie?", 1984.
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Die Gesamtheit des menschlichen Wissens verdoppelt sich ungefähr
alle fünf Jahre, wobei sich diese Verdoppelungszeit
ständig verkleinert. An der Wende vom 19. auf das
20. Jahrhundert betrug diese Rate noch ungefähr 50 Jahre. Jeden Tag
wurden 1995 auf der Weit 7000 Artikel veröffentlicht und 300 Millionen
Zeitschriften sowie 250 000 Bücher gedruckt,
während es bereits 640 Millionen Radio und Fernsehgeräte gab.
Während der letzten Jahre kam es mit dem Aufkommen des Satellitenfernsehens
und dem Internet zu einer zusätzlichen Explosion.
Laut einer am 11. Juni 2000 veröffentlichten
Studie (3,142 Leute wurden vom 20. April 2000 - 13. Mai 2000 befragt)
informieren sich ein Drittel der Amerikanischen Bevölkerung mindestens
einmal pro Woche per Internetnachrichten im Vergleich zu einem Fünftel
vor 2 Jahren. Seit 1996 hat sich die Anzahl Leute verdoppelt, die das Internet
benützen. Ein Drittel (30%) fühlen sich von zuviel
Information überfüttert, vor 5 Jahren waren das noch 23%.
Während in den 70'er Jahren die Zeitschriften vom Fernsehen bedrängt
wurden, haben nun ihrerseits die Rundfunkmedien ernsthafte Konkurrenz
vom Internet: Während 1997 noch 4 von 10 Leute sich regelmässig
von Fernsehabendprogrammen informierten, machten das im Jahre 2000 nur noch
3 von 10 Personen.
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Die Aufnahmekapazität des Gehirns ist begrenzt und reagiert
zwangsläufig mit Erschöpfungsanzeichen. Fachleute reden von einer
Informationsasthenie (Informationserschöpfung).
Die Explosion der
Megabitbombe würde gegen eine Informationsbarriere stossen,
behauptet Stanislaw Lem im Buch "Summa Technologia".
Wir ertrinken gleichsam in einer Informationsflut. Dass das Angebot
an Informationen sich weiterhin galoppierend (exponentiell) vergrössern wird,
ist unbestritten. Jedenfalls ist heute schon die Menschheit von einem
"Halo" in Gestalt von Pseudo- und Quasiwissenschaften umgeben, die sich
überall einer beachtlichen Popularität erfreut.
Anspruchsvolle Informationen werden kaum noch verdaut. Höchstens
3-5% der zugestellten Informationsflut beachten wir. Der Rest verrottet auf
dem Informationsmüll. Die Lösung unsere Mitarbeiter noch
mehr mit Informationsbroschüren, internen
Zeitschriften, e-mails und Faxblättern zu beliefern (weil die
Informationen angeblich nicht mehr aufgenommen werden) taugt nicht mehr.
Im Gegenteil: Alle gutgemeinten
Bemühungen im Kampf gegen das Informationsdefizit sind letztlich
kontraproduktiv. Die Informationsflut wächst damit zusätzlich.
Wir stecken in einem Dilemma bei der Informationsüberflutung.
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Der durchschnittliche Mensch rettet sich zwar vor der
Informationsschwemme
durch gezielte Reduktion und bewusstes Abblocken:
- Blockzeiten gegen telefonische Anrufe
- Werbeverzichtkleber auf Briefkasten
- Einbau von Lärmvorhängen bei Kopfhörern
- Beiseiteschieben von Zeitschriften und Büchern
- Hinausschieben von Terminen und Pendenzen
- Abschotten (z.B. durch Abschirmen mit Sekretärin)
- Pager oder Telefon werden durch passivere Kommunikationsmittel
wie voice mail und e-mail ersetzt.
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Viele suchen sich zu helfen mit bewusstem filtrieren
der Informationen. Alles wird zwangsläufig eliminiert, was
nicht unbedingt nötig ist.
Der Mensch wird gleichsam dickhäutiger und
immun gegen Inhalte, die schockieren oder Gefühle verletzen.
Die Informationsfülle ist aber auch eine Chance:
1) Der Informant kann aktiv werden.
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Erwünschte Informationen können z.B. per Internet
gezielt abgerufen werden und nach einem bestimmten Informationsprofil
gesammelt werden.
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2) Die Information wird zuverlässiger.
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Informationen können global
abgerufen und verglichen werden. Es wird schwieriger
einen aktiven Empfänger zu manipulieren.
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3) Der Informant wird mündiger.
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Für den Informationskonsumenten wird die Frage relevant:
"Welche Informationen brauche ich tatsächlich?". Qualitativ minderwertige
Information wird er oder sie zuerst ausfiltern.
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Qualitative und Quantitative Information
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"Die grosse Tragödie unserer Gesellschaft ist, dass wir
quantitativ über- und qualitativ unterinformiert sind.
Wir wissen bedeutend mehr als unsere Vorfahren, doch wir
wissen es bedeutend weniger gut. Wir müssen besser
informiert werden im wahrsten Sinne des Wortes:
auf bessere Weise, nicht durch mehr Information.
Zu oft geht das Spektakuläre dem Wesentlichen vor,
das Wichtige wird von Unfällen und Verbrechen
überlagert, das Bedeutsame vom Sensationellen
verdrängt. Überbordende Quantität und
unzureichende Qualität bewirken eine
ernsthafte Desinformation die viele Leute daran hindert,
klarzusehen und Zusammenhänge richtig zu erkennen"
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P. Lévy, Informationschef Europarat
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Informationsflut und Medien
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"Wir leben in einem Zeitalter, indem die überflüssigen
Ideen überhand nehmen und die notwendigen Gedanken ausbleiben."
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| Jourbert |
Der heutige Mensch nimmt pro Tag doppelt soviel Information auf, wie
ein durchschnittliches Gehirn in dieser Zeitspanne verarbeiten kann.
Auch grosse Ereignisse werden bald wieder vergessen. Eine
Sensation verdrängt die Nächste aus unserem Gedächtnis.
Die Informationslawine wächst. Der Durchschnittsschweizer
erhält täglich soviel Zeitungsmaterial, dass er 22 Stunden
darin lesen könnte. Die heutigen Fernsehkanäle erlaubten in
24 Stunden mindestens 120 Stunden Fernsehen. Der Erwachsene nimmt
täglich je nach Beruf bis zu 30'000 Worte an Gedrucktem, aus dem
Radio und aus dem Fernsehen auf.
Folge: Von 100 angebotenen Informationen gehen 98 verloren und
nur 2 kommen an.
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Vom Bring - zum Holprinzip
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Es lohnt sich, sich von Zeit zu Zeit konkret zu überlegen,
wo wie und in welcher Dosierung man informiert werden will.
Als Denkanstöss dazu hilft es, sich ein persönliches
Informationsprofil zu erstellen:
- Durch welche Informationskanäle werde ich
im Moment beruflich und privat informiert?
- Welche Informationsbereiche unterscheide ich sowohl beruflich
als auch privat?
- Welche Information brauche ich tatsächlich?
- Was sind meine ständigen Informationsquellen?
- Welches ist die wertvollste Informationsquelle, die ich anzapfen kann?
- Wie kann ich vermehrt aktiv Information holen, statt mir die
Information nur bringen zu lassen?
- Welche Informationskanäle und Techniken kann ich mehr ausbauen?
- Welche Informationskanäle und Techniken kann ich abbauen?
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Es lohnt sich, Ihr interne Informationskonzept von
K+K überprüfen zu lassen. Wir beraten Sie gerne,
wo und wie Sie die Informationslawine eindämmen
können oder mit welchen Tools sich Wichtiges
vom Unwichtigen trennen lässt. In der Praxis zeigt
sich vielerorts: Dringliches und Wichtiges wird
nicht rechtzeitig erkannt. Schon eine kurze
Standortbestimmung macht sich bezahlt.
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Arbeitsplatz Die Info-Lawine
Ständig neue E-Mails und Faxe, dazu Stapel von Post: Wie man die
tägliche Informationsflut eindämmt.
Papierberge bewegen sich wie Wanderdünen über den Schreibtisch,
Mail-Ordner wachsen ins Monströse - viele Menschen können
die Informationsmengen, die sich an ihrem Arbeitsplatz ansammeln, nicht
bewältigen. Der Schweizer Kommunikationsberater Marcus Knill sucht
nach Abhilfe.
SZ: Poststapel, Mailbox, Faxflut - wie viel Zeit verbringen
Büroarbeiter täglich mit dem Sichten von Information?
Knill: Zu viel, nach unserer Erfahrung braucht man mehr als zwei
Stunden, um sich aus der Lawine zu wühlen. Schliesslich muss man
alle Nachrichten lesen - es könnte ja etwas Wichtiges dabei sein.
SZ: Einen hohen Anteil hat die interne Firmenkommunikation. Wie lässt
sich die hausgemachte Flut eindämmen?
Knill: Indem man zuerst eine Bestandsaufnahme macht. Wo und wie wird
informiert? In Sitzungen, per E-Mail, in der Hauszeitung, auf Charts?
Dann sollte man sich fragen, ob alle Informationen bei denen landen,
die sie betreffen. Man hört ja auch immer wieder von Mitarbeitern,
die sich nicht ausreichend informiert fühlen und darüber klagen,
etwa von anstehenden Veränderungen im Betrieb aus der Presse erfahren
zu haben.
SZ: Aber es geht ja eher um das Zuviel.
Knill: Und deshalb lautet die wichtigste Frage: Bei wie vielen Adressaten
landen Informationen, obwohl diese gar nichts damit anfangen können?
"Information ist Chefsache."
SZ: Ist es denn nicht nachvollziehbar, dass eine Assistentin E-Mails
lieber an alle weiterleitet, als sie mühevoll zu bewerten und
zuzuordnen?
Knill: Information ist Chefsache. Ein gutes Informationsmanagement
muss von höchster Stelle eingeleitet werden. Ein funktionierendes
Intranet wirkt zum Beispiel Wunder. Allerdings muss man bereit sein,
jemanden zu benennen, der sich ausschliesslich mit dem Selektieren,
Dosieren und Reduzieren von Nachrichten beschäftigt.
SZ: Wie luxuriös.
Knill: Rechnet sich aber, weil es Zeit spart. Wir haben gerade eine
Firma beraten, die eine Viertelstelle für Informationsmanagement
eingerichtet hat. Der neue Mitarbeiter hat das Informationssystem so
strukturiert, dass jetzt alle Kollegen die Nachrichten, die für sie
wirklich wichtig sind, selber einholen müssen. Dazu können
sie sich an Stellen bedienen, die im Intranet oder am Schwarzen Brett
eigens für ihre Bedürfnisse eingerichtet sind. So entsteht
gezielte Information anstelle von überbordender Quantität,
die auf Dauer ja sogar desinformiert, weil es für den Empfänger
immer schwieriger wird, Zusammenhänge zu erkennen.
SZ: Dass Informationsmanagement betriebswirtschaftlich sinnvoll ist,
leuchtet ein. Wie aber überzeugt man einen Mitarbeiter, der es
womöglich geniesst, sich hin und wieder zu verzetteln?
Knill: Ein guter Betrieb bringt seine Leute dazu, dass sie sich nicht
langweilen wollen. Ausserdem: Gute Information macht mehr Lust als
schlechte.
Interview: Jutta Göricke