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Wer sich mit Manipulation auseinandersetzt, sollte sich auch
mit Beeinflussungstechniken vertraut machen. Wie werden Mitmenschen, Zuhörer und wir selber beeinflusst, überzeugt oder manipuliert? Ob wir es wahr haben wollen oder nicht: Es gibt keine Immunität gegen Beeinflussung. Aber: je mehr wir über Beeinflussungstechniken wissen, umso mehr können wir ihr widerstehen. |
Was heisst "beeinflussen"? |
Wer beeinflusst oder Einfluss ausübt, kann Meinungen, Einstellungen,
Entscheide, oder Handlungen so beeinflussen, dass Gedanken verändert,
stabilisiert oder neu gebildet werden. Das Spektrum vom Begriff "Beeinflussen", der ethymologisch von "Den Fluss von Ideen oder Gedanken in die Gedankenwelt einer anderen Person einfliessen zu lassen" stammt, reicht von "Einfluss geltend machen" bis hin zur "Suggestion", "Manipulation" oder "Propaganda", Beeinflussungsarten, bei denen Personen gegen ihren Willen beeinflusst werden. Wir wollen einigen der gängisten Beeinflussungsstrategien nachgehen, wohlwissend, dass alle Beeinflussungstechniken für hilfreiche ("gute") oder fragwürdige Inhalte angewendet, respektive missbraucht werden können. |
Das Beeinflussungsfeld |
Wir werden von den verschiedensten Seiten beeinflusst: zum Beispiel durch
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Beeinflussungsmechanismen |
Einfluss wird genommen zum Beispiel durch
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Überzeugungspyramide: |
Beim Beeinflussen durch "Überzeugen", "Verkaufen" und "Sich-durchsetzen"
lohnt es sich, das Schwergewicht der Ausbildung auf die Förderung
der kommunikativen Kompetenz zu legen. Die "Überzeugungspyramide" veranschaulicht, dass wir in diesen Bereichen der Beeinflussung in erster Linie über unsere Persönlichkeit und zu einem recht grossen Teil auch mit unserer Stimme überzeugen. Die geringste Bedeutung hat erstaunlicherweise der Inhalt der Aussage. |
Personen überzeugen vor allem durch Persönlichkeit und Stimme. Wer eine gesunde, natürliche und selbstsichere Ausdrucksfähigkeit hat, beeinflusst mit weniger Aufwand. |
Widerstände beseitigen - dann beeinflussen |
Widerstände lassen sich rascher beseitigen, wenn wir es verstehen, andere gedanklich auf unsere Idee zu bringen. |
Wiederholungstechnik ist ein fundamantales Beeinflussungsmittel |
Die Wiederholung hat einen grossen Verstärker-effekt. Auch bei der Autosuggestion beeinflusst das Wiederholen von Wortinhalten. |
Wortwahl |
Begriffe, Formulierungen, Worte können so gewählt werden,
dass sie stärker beeinflussen. Therapeuten, Ärzte und Erzieher nutzen die Kraft des Wortes. P. Watzlawick erwähnt im Buch "Die Möglichkeit des Andersseins" (Bern, 1986, 3. Auflage), ein erstaunliches Phänomen: einem Kind wird mit Worten Warzen entfernt, indem mit einem Geldstück die Warzen abgekauft werden. Die völlig absurde Aussage löst pyschosomatische Reaktionen aus (Blutgefässe verengen sich - die Wucherung stirbt ab). Mit dem Geldstück wird das Eigentumsrecht angemeldet. Jedenfalls funktioniert dieses Phänomen in der Regel. |
Wortmanipulationen |
Es gibt im Alltag unzählige verbale Beeinflussungsmöglichkeiten
in der Form von Wortmanipulationen oder Euphemismen:
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Verdächtige Ausdrücke: ein Beispiel |
Schönste Umschreibungen können in Werbekatalogen
gefunden werden.
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Ein Beispiel von bewusster Wortmanipulation aus der amerikanischen Politik finden Sie hier . In diesem Zusammenhang weisen wir auch auf die Rhetorikseite über Unredliche Methoden hin. |
Unsicherheit kann Glaubwürdigkeit erhöhen |
Die Glaubwüdigkeit von Aussagen kann manchmal dadurch erhöht werden, indem bewusst Unsicherheit signalisiert wird. Das nicht so sichere, geschliffene Reden und das Suchen nach Worten wirkt manchmal glaubwürdiger, als ein perfektes Beeinflussungsvotum. |
Suggestive Wirkung von Bildern |
Nicht nur beim autogenen Training, auch bei der Hypnotherapie sind
bildhafte Sprachformen sehr wirkungsvoll. Wer bildhaft spricht,
spricht eindringlicher. Die Bilder werden im Langzeitgedächtnis
verankert. Wort und Bild - d.h rechte und linke Hirnhälfte -
werden gekoppelt.
Beispiel: Es ist erwiesen, dass sich blosse Schilderung von
wuchernden Fettzellen beeinflussend auswirkt, z.B:
Eine derartige ausführliche bildhafte Schilderung kann bei einem fettleibigen Menschen, unerwarteterweise zu einer Verhaltensänderung führen, wengleich die Schilderung medizinisch völlig unkorrekt ist. Die Suggestion des Bildes auf das Verhalten ist erstaunlich. Politiker, Sektenprediger nutzen das Beeinflussungshilfsmittel bildhafte Überzeugungsmagie mit grossem Erfolg.
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Unser Handeln und Verhalten ist bedürftnisorientiert |
Ebenfalls aus der Motivationsforschung, Werbung, Verkaufspsychologie
und Propaganda ist das Grundmodell AIDA bekannt:
Durch den richtigen Einsatz der Bedürftnisse kann der Mensch von aussen gesteuert werden.
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Qualitative und quantitative Information |
"Die grosse Tragödie unserer Gesellschaft ist, dass wir quantitativ über - und qualitativ unterinformiert sind. Wir wissen bedeutend mehr als unsere Vorfahren, doch wir wissen es bedeutend weniger gut, Wir müssen besser informiert werden im wahren Sinne des Wortes: auf bessere Weise, nicht durch mehr Informationen. Zu oft geht das Spektakuläre dem Wesentlichen vor, das Wichtige wird von Unfällen und Verbrechen überlagert, das Bedeutsame vom Sensationellen verdrängt. Überbordende Quantität und unzureichende Qualität bewirken eine ernsthafte Desinformation der Information, die viele Leute daran hindert, klarzusehen und Zusammenhänge richtig zu erkennen." P.Lévy (Informationschef Europarat) |
Auch quantitative Resultate können
gesteuert präsentiert werden. Ein Beispiel:
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Zum Informieren |
Informieren hat nicht nur die Bedeutung von
"unterrichten" oder sich "Kenntnis zu verschaffen
über irgend etwas". Informieren hat auch etwas zu
tun mit in-formare - etwas formen. Wer informiert,
der kann beeinflussen, formen, etwas in eine bestimmte
Form bringen, indem er es auch in einer bestimmten Form
vermittelt (Nachricht jemanden nach etwas richten).
Wenngleich wir davon ausgehen können, dass jeder
Mensch geprägt ist und dazu neigt,
eher das zu glauben, was seine Meinung bestätigt, so
lässt er sich trotzdem von Inhalten beeinflussen, die ihm
vorgelegt werden. Gedanken lassen sich allein schon insofern steuern, als der Informant darüber bestimmt, was wir denken oder reden sollen. Er bestimmt das Denktraktandum. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn z.B. bei Jugendlichen, die sich dauernd mit dem Thema Drogen auseinandersetzen müssen, plötzlich auch mit Drogen experimentiert wird. Das gedankliche Fokussieren hat allmählich unbewusst Interesse und Neugierde geweckt. Die Medien, welche die Themen und Bilder auswählen und bestimmen können, verfügen über ein grosses Machtmittel im Bereich Beeinflussung. Dann, wenn Information zur Desinformation wird, gilt es bei Beeinflussungsprozessen wachsam zu sein. Vorab dann, wenn der Informierende übertreibt, bewusst verknappt (Themen ausklammert) überbewertet, verdreht oder absichtlich oder unabsichtlich verfälscht. In Krisen- und Kriegssituationen hat sich bestätigt, wie wichtig Informationen als Beeinflussungselemente sind (2. Weltkrieg, Vietnamkrieg, Golfkrieg usw.) Wer informiert und wer informiert wird, muss sich ferner damit abfinden: Jedermann ist präformiert, das heisst geprägt, und kann das Subjektive nie vollständig ablegen. |
Desinformation |
Auf der Suche sind nach konkreten Antworten auf die
Frage, wie zu informieren (siehe mehr im Buch
M. Knill, "Informieren - aber wie", Huber 1984) muss auch ein Blick
auf Desinformationtechniken geworfen werden. Desinformation meint den Akt, eine Information zu unterdrücken, die Bedeutung einer Information herunterzuspielen, oder deren Sinn zu verändern -, dies bewirkt eine Desinformation. Beim Traktandieren eines Themas kann Informationen durch Auswahl gewichtet werden indem bewusst Themen selektioniert werden. Punkte der Desinformation sind:
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Woran ist Propaganda erkennbar? |
Die typischen Beeinflussungstechniken bei der Propaganda
Systemveränderer nutzten labile Situationen der Orientierungslosigkeit. Weltverbesserer müssten gleichsam destabilisieren, bevor sie beeinflussen. Rattenfänger verstanden und verstehen es immer wieder, in Zeiten der Not ihre Heilslehre zu verkünden! Denn die Beeinflussung gelingt nach einer Destabilisierung am besten. In den schlimmeren Zeiten der Rezession und Arbeitslosigkeit haben angebliche Retter mit einfachen Rezepten Hochkonjunktur. Vor dem zweiten Weltkrieg verstand es Hitler, die Krisensituation als Nährboden seiner Heilslehre zu nutzen. Er versprach Arbeit, Brot und Stabilität (Ruhe und Ordnung). Die Beeinflussung der Massen gelang nachhaltig. Psychologen, die bei Firmen wichtige Neuerungen einführen wollen, wenden ebenfalls die Destabilisierungstheorie an. Bevor die Neuerungen eingeführt werden, muss der ganze Betrieb destabilisiert werden (neues Logo, neue Räumlichkeiten, neue Strukturen usw.). Dank der gezielten Destabilisierung ist es dann leicht, die Belegschaft so zu beeinflussen, dass die stabilen Neuerungen akzeptiert werden. Wenn eine Meinung von einer (angeblichen) Mehrheit getragen wird, überzeugt sie. Wer beeinflussen will, tut gut daran, seine Aussage so zu verkaufen, als ob die Mehrheit damit einverstanden sei. Zum Beispiel mit gezielter Leserbriefauswahl - oder entsprechendem Bildmaterial. Bei eigenen Veranstaltungen können Claqueure organisiert werden (Lachmaschinen bei Filmen, Publikumsauswahl bei elektronischen Medien). Bei der Bilderauswahl könnten bevorzugte Anlässe so wiedergegeben werden, dass der Betrachter das Gefühl hat, die Veranstaltung sei von der Masse getragen. Bei unerwünschten Veranstaltungen hingegen, könnten die Mitläufer eher unterschlagen werden (mit entsprechendem Blickwinkel). Die Angst, mit seiner Meinung allein dazustehen Lind zum Aussenseiter zu werden, ist grösser, als die eigene Ueberzeugung oder der Wunsch nach Wahrheit. Wer in der Minderheit ist, tendiert eher zum Schweigen. |
Mehrheitsmeinung |
Wenn eine Meinung mehrfach unwidersprochen angehört wurde, glaubt
man sie, auch wenn sie nicht einleuchtet. Wenn viele einer Meinung sind,
stellt man lieber seine eigene zurück! Wer es versteht, eine
Minderheitsmeinung als Mehrheitsmeinung darzustellen, der könnte
letztlich eine Minderheitsmeinung in eine Mehrheitsmeinung umfunktionieren.
Sektenmitglieder gingen in Jonestown gemeinsam mit der Gruppe in den Tod. Nicht nur diese bekannte Tragödie veranschaulicht das gedankenlose Einwilligen in ein sinnloses Geschehen. Politiker, Agitatoren und Bandmanager wissen die Massenphänomene geschickt zu nutzen. Um Massen zu beeinflussen, gab es nicht nur die bekannten Claqueure . Es gab früher auch Pleureusen . (die auf Kommando schluchzten) oder Bisseurs (die bis d.h. Wiederholungen herbeiriefen und "encore" schrien. Als Vorläufer der Lachkonserven (Film, TV, Radio) gab es auch den Rieur (der wegen des ansteckenden Lachens angestellt wurde). Bezahlt wurde früher nach offiziellen Ansätzen, pro Applaus oder pro Zwischenruf. Die Manipulatoren im Publikum werden auch bösartig "das Klatschvieh" genannt. Auch heute werden Massen mit angeblich ungestellten Interviews oder mit gezielt aufgebotenen Zuschauergruppen beeinflusst. Die Beeinflussung erfolgt lediglich weniger plump. Leute, die Vertrauen ausstrahlen, wirken beeinflussender. Sie überzeugen nachhaltiger. Anerkannte Schauspieler, Künstler, Filmstars, Dichter, bekannte Aerzte und unumstrittene Denker d.h. Menschen, denen wir positive Gefühle entgegen bringen, haben eine besonders starke Einflussgrösse. Dieses Phänomen wird bei der Werbung und bei Abstimmungskampagnen genutzt. |
Positive Gefühle |
Wenn jemand positive Gefühle auf sich zieht, übernehmen
wir dessen Meinung leichter. Diese Person beeinflusst uns besonders
stark. Experten beeinflussen leichter (Expertengläubigkeit).
Mit der Milgram Studie (Stanley Milgram 1965: Im Film "Obedience".
Pensilvenia University) bewies der Wissenschaftler Milgram,
wie leichtgläubig und gehorsam Menschen gegenüber
angeblichen Experten sind:
Die Werbung hat sich dieses Beeinflussungsphänomen der Expertengläubigkeit zunutze gemacht. Pseudo-Aerzte, Pseudo-Krankenschwestern, Richter, die von Schauspielern imitiert weren, werben erfolgreich für Produkte. Die Rechnung geht auf: Wir lassen uns immer wieder von gespielten Autoritäten beeinflussen. |
Zum Beeinflussungsfaktor Angst |
Im Alltag dominieren drei typische Angstvorstellungen. Mit diesen
Angstbildern lassen sich Verhaltensänderungen beeinflussen:
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Zur Manipulation |
Manipulation ist ein uraltes Mittel der Beeinflussung. Sie wurde
seit je von allen Kulturen bis zum heutigen Tag angewendet. Bei der Manipulation geht es um bewusste oder unbewusste Lenkung. Manipulierte Darstellungen basieren auf eigenen Zielvorstellungen. Es passiert nicht nur Politikern oder Journalisten, dass Informationen verfäschte, auswählt, verschwiegen oder nur einseitig weitergegeben werden. Zur Manipulation und Beeinflussung gehört aber auch der Adressat, der durch Kenntnis der Manipulationstechniken und Schärfen seiner Kritikfähigkeit viel dazu beitragen kann, nicht manipuliert zu werden.
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Mit prozessorientierten Übungen bei K-K werden Sie befähigt, Beeinflussungsmechanismen nicht nur zu erkennen. Sie lernen, allfälligen subtilen, unredlichen Manipulationstechniken situationsgerecht zu begegnen. |
Dieser Beitrag wurde 1992 geschrieben und ist seit 2005 hier online. Inzwischen kann man im Internet ein Fülle von Artikeln und Bücher zum Thema finden. Wer diese Beiträge, Aufsätze und Bücher überfliegt, wird feststellen, dass "alten" Erkenntnisse -Ich hatte sie im Studium und bei Weiterbildungsseminaren erworben - nach wie vor aktuell bleiben und dass in diesem Bereich der angewandten Psychologie das Rad nicht neu erfoden werden kann. Hier sind ein paar neue Links, die es 2005 noch nicht oder noch nicht in der jetzigen Ausführlichkeit gab: |
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