Das einst erfolgreiche TF Format "Big Brother" ist
sowohl in Deutschland als
auch in auch in England zu Ende.
Was kommt als nächstes in der Reality Soap Sparte?
Der Schweizer Privatsender "3+" will in seiner Doku Soap "Jung, wild, sexy".
das typische Ausgangsverhalten der Schweizer Jugend "hautnah" dokumentieren.
In der neuen Reality Show begleiten Kameras Jugendliche zu wilden Partys in Dorfdiscos und Grossstadtclubs.
Nun erheben Protagonisten der neuen Sendung Vorwürfe gegen
das Konzept und geben zu, dass ihr Verhalten nur gespielt sei:
"Es ist alles gefaked" - Im Alltag würden sie sich nie so verhalten,
wie vor der Kamera. Die Sendung werde gesteuert: "Uns wird gesagt, in welche Richtung es geht".
Die Jugendlichen wurden wohl nicht für das
Medienexperiment vorbereitet. Wenn der Produktionsleiter perverse
Sprüche mit Lob honoriert, beeinflusst dies das Verhalten der
Akteure. Die Jugendlichen sind sich auch nicht bewusst, was für Folgen ihre
derben Sprüche haben können. So sagte beispielsweise Güney vor der Kamera:
"Ich denke nicht viel über Frauen nach. Ich ficke sie und lasse
sie wieder nach Hause gehen."
Dieser Spruch vor Mikrofon und Kamera hatte negative Folgen:
Der Lehrmeister will Güney nach der Lehre im Betrieb nicht weiter
beschäftigen.
Immer wieder sehen wir, dass sich die Jugendlichen über die Folgen
des unbedachte Verhalten vor Medien nicht bewusst sind.
Jugendliche müssten auch auch über die Folgen von "unsafem"
Verhaltens vor Mikrofon und Kamera aufgeklärt werden.
Von Big Brother
"Jung, wild, sexy"
"3+" selbst schreibt zur Sendung:
Das junge
Schweizer Fernsehen zeigt, was sich an wilden Partys in Dorfdiscos und
Grossstadtclubs wirklich abspielt: wer mit wem die ersten Sommerflirts
erlebt, wie die junge Burschen mit Nebenbuhlern umgehen, warum die
Mädchen sich die Drinks lieber spendieren lassen, wer die heissesten
Tanzeinlagen beherrscht, wie die Jungs Trinkspiele überstehen und
was sie wirklich über ihre nächtlichen Clubbekanntschaften
denken. In der neuen Sendung wird auch festgehalten, was vor und nach
den durchzechten Nächten alles passiert: wie die Teenies ihre
nächtlichen Abenteuer planen, wie sich die Mädels vor den
Parties rausputzen und was die jungen Burschen alles machen um den
anderen Geschlecht zu gefallen.
Wenn "Jung, Wild & Sexy" auf 3+ läuft, gibt es auf Facebook kein
anderes Thema mehr: Die Teilnehmer sind in kürzester Zeit zu
Schweizer TV-Stars avanciert. Dies liegt in erster Linie an den mal
lustigen, mal peinlichen Sprüchen der Jugendlichen aus dem Aargau,
aus Basel und aus Luzern. Die besten Zitate der ersten beiden Folgen:
Güney: "Ich denk nid zvil no überä Frau. Ich figg si
und denn losi wider heimägoo." Cyril: "Klar lang ich dä
Pringles a d'Brüscht, wänn sichs ergit, klar. Ran an
die Möpse." Dave: "Ich hanen verwütscht uf em WC Kokain
z'nee. Also ich han so wisses Pulver xee." Tobi: "Villicht isches
Puderzucker xi. Villicht ischer jo zuckerchrank." Kasi: "Ich han
scho zwei Wuchä keini me knallt. Wär schomol wieder Zyt.
Und Sex mit de Ex isch immer no s'Beschte. Voll isi, oder?" Susi:
"Männer im Usgang wönd nur Frauä ufrissä, schnell
ä Nummere schiebe und denn sinds wider weg." Franceso: "Für
mich isch au kai Problem drei Frau heizbringä." Cyril: "Für
was bruuchsch ä richtigi Fründin? Die choschtet nu!" Tobi:
"Muäsch halt nöd immer nu di Arbetslosä mitheineh."
Tobi: "Bouland ischs wichtigschtä! Mitem Geld vom Vater chaschders
Füdlä butzä!" Cyril: "Klar isches schön wennsi
chli Gäld hätt. Aber Holz vorem Huus, da längt!"
Susi: "Säged am Kasi än scheiss vefiggtä gruäss."
Francisco: "Die isch wüäscht. Winä Wuäschti." Tobi:
"Dä läbt noch am Motto: Hosä abä Bei breit." Gabriel:
"Sichr stönd Frauä druf, wenntne richtig driirammsch. Denn
gspüre si di au." Tobi: "Ich halte mich an Kodex." Cyril: "Wenn
i gnuäg trunkä han, goht mehr dä Kodeggs am Arsch vrbi."
Gabriel: "Ich bin kainä wo nur ä halb Stund figgät. Ich
bin ainä wo gärn lang figgät." Tobi: "Äs goht eifach
nöd, das d'Mädels nöd under Kontrollä sind." Kasi:
"Lieber gosch schnell hei go wichsä, als das ä Nummerä
schiebsch ohne Kondom." Gabriel: "Min Köörper isch sehr grosse
Vorteil, mis marggante Gsicht, min muskulöse Köörper."
Cyril: : "S'geilscht isch wenn diä Frauä alli nass sind und
füächt. Vollgasparat!" Dave: "Schumpaarty wär wideremol
öppis tolls. Bin jo no niä xi. D'Wiiber stönd doch
uf Schuumpartis." Gabriel: "D'Frauä im Fame sind huärä
spitz. Und das ischs wichtigschte." Francisco: "Frauä stön nid
so uf Schliimschissär, wi söll i sagä, Heimlifaisser. Di
stönd eifach uf richtigi Männer." Francisco: "Du xeesch us
wiänä spitza Siäch. Du häsch sicher ä Lattä
indr Hose." Güney: "Jo, scho settere Stund!" Francisco: "Vilicht
sterb ich morn, drum willi hüt guet usgseh." Gabriel: "Die Fraue
sind alli voll di Bitschs. Diä sind alli voll uf Periodä!"
Tobi: "Me xeets am Dave nöd aa, aber au är schloot gern
mol dri."
Laut "SonntagsZeitung" vom 7. November perlt die Kritik an der Sendung
"Jung, wild & überdreht" ab. Die Sendung profitiert von der hohen
Einschaltquote und die Jugendlichen hoffen dank der provokativen Auftritte
zum PromiStaus zu mutieren. Aus der SonntagsZeitung:
"Jung, Wild & Sexy" (3+): Die Schweizer Ausgeh-Jugend feiert, bechert -
und macht vor den Kameras künstlich einen drauf.
Die Sex- und Saufsendung auf 3+ soll eine Mogelpackung sein. Doch das
stört die Fangemeinden solcher Doku-Soaps nicht.
Zurzeit bricht die Party-Dokusoap "Jung, wild & sexy" auf 3+ alle
Rekorde: 37,4 Prozent Marktanteil bei den 15- bis 24-Jährigen,
Berichterstattung an allen Fronten, Kultstatus bei den Jugendlichen in der
ganzen Schweiz und jetzt schon Hunderte von Anmeldungen von jugendlichen
Cliquen, die bei der nächsten Staffel dabei sein wollen ....
"Einzelne Protagonisten sind über Nacht bekannt geworden"
Und als Lohn für die Performance winkt der schnelle Ruhm: "Einzelne
Protagonisten sind über Nacht bekannt geworden", sagt Dominik Kaiser,
"und werden nun an VIP-Partys eingeladen und von den Medien auf Schritt
und Tritt verfolgt".
Dieser Zuckerbrot-und-Peitschen-Effekt steht aber exemplarisch für
das Phänomen der Fake-Sendungen mit Reality-Charakter. Sie wurden
in Amerika erfunden und feiern dort mit Formaten wie "Jersey Shore" oder
"The Hills" Grosserfolge. Es gibt sie auch in Deutschland, dort allerdings
nochmals eine Spur trashiger. Zuerst wars "Big Brother", dann "Richterin
Barbara Salesch" bis hin zu Sendungen wie "Frauentausch" oder "X-Diaries
- Love, Sun & Fun". Und nun eben auch in der Schweiz mit "Jung, wild &
sexy", womit auf dieses Sendungskonzept vor allem "jung" zutrifft.
Favorit ist Cyril, der rothaarige Verlierertyp aus dem Aargau.
Wenn Kasi, der Luzerner Lokalmatador, seinem Freund Julien gesteht,
dass er während einer zweiwöchigen Pause mit seiner Ex-Susi
(die wirklich Susi heisst) eine Affäre hatte und die andere jetzt
ein Kind erwarte: Dann ist das zwar theoretisch möglich, aber eben
doch nur Laientheater mit fragwürdigen empathischen Elementen. Denn
Susi, als sie es erfährt, verdrückt nur ein paar Tränchen,
lacht Minuten später wieder und macht sich mit ihren zwei Freundinnen
und der Konklusion "Männer sind einfach Arschlöcher!" von
dannen. Das ist das Holz, aus dem die Themen bei "Jung, wild & sexy"
geschnitzt sind.
Die Macher wissen, dass das Verwischen von Dokumentation und Unterhaltung
journalistisch gesehen der Transparenz bedarf. Konsumentenfeedback wie:
"Ich schaue die Sendung nicht, weil ich glaube, das sei echt. Das merkt
doch jeder, dass alles gespielt ist", ihm sei total egal, ob dort, wo Doku
draufsteht, auch Doku drin ist. Er gucke die Sendung mit seinen Freunden,
weil sie "es einfach grölig finden" bestätigen, dass das niemand
kümmert.
Die eitlen Dummen lassen sich meinst zum Affen machen. Sie sind stolz,
wenn sie 250 Facebook-Freunde mehr haben und der Auftritt, wie am letzten
Mittwoch in vier grossen Zürcher Bars sogar auf Grossleinwand
übertragen wird. Es ist nicht
verwunderlich, dass der Virus Mediengeilheit auch bei Jugendlichen
dazu führt, dass man das Gehirn ausschaltet, wenn die Kamera
läuft. Wir stellen dieses Phänomen auch bei gewissen Politkern
oder mediensüchtigen Promis fest.