An der Podiumsveranstaltung der Radio und Fernsehgenossenschaft
Zürich vom 15. Januar erzählte im Diskussionsteil
ein Vater, dass er mit seinen Töchtern im Teenageralter
"Big Brother" angeschaut habe.
Erstaunlicherweise habe er dabei feststellen können, dass die Töchter beim
Betrachten immerhin etwas gelernt haben: Sie hätten gesehen, welches
Benehmen sich der im Container eingeschlossenen wie auswirke. Die
Erkenntnis, dass sich gutes Benehmen lohne, hätte nachhaltige
Wirkung gehabt.
Tatsächlich ermöglicht die Sendung "Big-Brother" gleichsam einen
Anschauungsunterricht zu den Kommunikationsphänomen:
Wirkung des Verhaltens (Benimm- und Mentalitätsverhalten)
und macht bewusst, dass sich das, wie geredet wird oft prägender
ist, als das, was gesagt wird.
An der Podiumsveranstaltung in Zürich wurden leider die
moralischen und ethischen Bedenken der Sendung kaum beleuchtet.
Jedenfalls fand die Mehrheit der Podiumsteilnehmer, die Würde
der Teilnehmer im Container werde nicht missbraucht.
Lediglich der Medienredaktor der NZZ, Rainer Stalder betonte, das
"zur Schau stellen von Intimem" vor der Kamera irritiere.
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Während den 105 Tagen verfolgten unter der Woche
durchschnittlich 254'200 Zuschauer aller Altersgruppen
die täglichen Highlights aus dem Big Brother-Haus in
Glattfelden und deren Wiederholung. In der Zielgruppe der
15-49-jährigen lag der durchschnittliche Marktanteil
der Erstausstrahlung bei 22 Prozent, bei den 15-24 jährigen
gar bei 30 Prozent.
Quelle
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Der Erfolg der Sendung hinsichtlich Einschaltquoten
basiert sehr wahrscheinlich darauf, dass
die Sendung den Anschein von
Authentizität erweckt und die Situationen nicht inszeniert wirken.
Fachleute wissen zwar, dass viele angeblich nicht inszenierte Abläufe
sehr wohl vorbereitet und intern abgesprochen sind.
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Ein Punkt beim Projekt "Big Brother" darf gewiss nicht ausgeklammert bleiben:
Es betrifft die bewusste Auswahl von Teilnehmern, die über keinerlei
Erfahrung im Umgang mit Medien haben.
Tatsächlich garantiert die bewusste Auswahl von jungen Teilnehmern, dass
keine der Auserwählten über eigene Erfahrung verfügen,
was so ein Experiment mit den permanenten Begleitern Mikrofon und
Kamera mit sich bringt und somit völlig naiv und unvorbereitet
in das Experiment einsteigen. Diese bewusste Regel als - Voraussetzung -
garantiert den Erfolg. Denn: Die Bereitschaft, sich mit allen Gefühlen
unbeschwert zu outen, ist erwünscht. An der notwendigen Zahl von
"Versuchskaninchen" mangelt es nie. Denn sie selber sehen nur den
grossen Erfolg. Sie wissen: Die Medienpräsenz allein genügt schon,
um bekannt und berühmt zu werden. Sie wissen, dass auch ein
vorzeitiges Aussteigen aus Erfolg bringen kann. Dass aber das
Verhalten (auch nachts im Schlafzimmer) und die vielen
unbedachten Äusserungen nachhaltige Auswirkungen im Bekannten und
Freundeskreis haben können - Ähnlich wie es bei den gegenseitigen
Beschimpfungen vor laufender Kamera bei
Talksendungen zu sehen ist -
das erleben die Betroffenen bei "Big Brother" ebenfalls erst im Nachhinein. Es
gibt bei diesen Sendungen keine psychologische Nachbetreuung.
(Den Personen wird jedoch von Journalisten noch
nachgestöbert).
Es würde sich gewiss lohnen, einmal alle Folgeschäden der
Verhaltensweisen mit all den negativen Auswirkungen im Alltag
wissenschaftlich zu beleuchten.
Aber eine solche Untersuchung wäre nicht Einschaltquotenträchtig.
Apropos Quoten: Leider gibt es Medienschaffende, die sind so
quotensüchtig, dass scheinbar jedes Mittel diesen Zweck heiligt.
Für sie gilt unter Anderem der Spruch: Quoten durch Zoten.
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