Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (19. Nov, 2009)

Die Schweinegrippe ist in den Medien

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Der erste Todesfall in den Medien: 18. November, das gesundheitlich schwer vorbelastet war.
Bundesrat Didier Burckhalter informiert zu den Impfstoff-Engpässen. 19. November
BAG Direktor Thomas Zeltner bei der Pressekonferenz vom 19. November
Blick Schlagzeile vom 19. November: 3 Tote.
Die Vogelgrippe blieb aus, die wesentlich mildere und im Allgemeinen ungefährlich verlaufende Schweinegrippe ist dafür in den Medien. Eine "Blick" Schlagzeile vom 19. November lautete: "Schon 3 Tote". Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat am 19. November im Medienzentrum eine Konferenz abgehalten.
Washington Post vom 19. November: Zwei Drittel der von einer Washington-Post-ABC Studie Befragten werden sich nicht impfen lassen. 36 Prozent finden die Warnungen übertrieben. 33 Prozent sind nicht überzeugt, dass die Impfung sicher ist.
Man zählt die Toten der normalen Grippe nicht. Die Schweinegrippeverlauf ist im Allgemeinen weniger gefährlich als die normale Grippe (sie trifft aber vor allem Jüngere). Man kann es als Marketing oder PR Coup des H1N1 Virus betrachten: Die Schweine Grippe ist wieder in den Medien. Die saisonale Grippe, die jährlich zu Tausenden von Toten führt hat dagegen medienmässig keine Chance. Ist es der Name "H1N1", oder die Assoziation mit der vorher schon einmal gemachten Vogelgrippe? Sicher ist, dass der Gewinner der Hysterie die Pharmaindustrie ist. Milliarden werden für Impfungen ausgegeben. Es sind gute Zeit für Firmen wie Hoffmann-La Roche.


Positiv kann man bei der ganzen Aktion sehen, dass ein "Testlauf" für einen potentiell schlimmeren Virus gemacht wird. Die Krise wird geübt! Andererseits ist auch die Gefahr, dass die Bevölkerung die Warnungen nicht mehr ernst nimmt, wenn es einmal ernst wird.

Obwohl die Krisen, Führungs und Informationsstrukturen durch die jetzigen H1N1 Pandemie getestet werden, wäre Hysterie eine Hypothek für einen wirklichen Ernstfall.


Informationsseite des BAG
Tagesanzeiger vom 19. November, 2009
Aus dem Tagi:

Gesundheitsapostel ohne Rezept Von David Vonplon Wenige Wochen vor seinem Rücktritt macht BAG-Direktor Thomas Zeltner eine schlechte Figur. Das Chaos bei der Schweinegrippe-Impfung und die unablässige Kritik scheinen nicht spurlos an ihm vorbeizugehen. "Als hätte er ein Dutzend verschiedene Kommunikationsleute hinter sich": BAG-Chef Thomas Zeltner. Seine Mitarbeiter hätten derzeit grosse Belastungen zu bewältigen, klagte der Chef des Bundesamtes für Gesundheit, Thomas Zeltner, gestern vor den Medien. Wie die Ärzte müssten sie nun auch am Wochenende arbeiten. Dies teilte er der Nation mit, kaum hatte er über den Tod eines Kleinkinds an der Schweinegrippe informiert. Ein nebensächlicher kommunikativer Lapsus. Aber einer, der symptomatisch für Zeltner ist: Wenn er spricht, und das tut er derzeit auf allen Kanälen, schafft er es selten, den richtigen Ton zu treffen. Seit wegen der Schweinegrippe pausenlos Kritik auf ihn hinunterprasselt, wirkt er wenig souverän.
"Zeltner strahlt keine Sicherheit aus", kritisiert Marcus Knill, Experte für Medienrhetorik. Bei seinen letzten Medienauftritten habe er unfokussiert und ängstlich gewirkt.
"BAG hat Informationsgrippe"
Im Juli hatte Zeltner in düstersten Bildern die Gefahren der Pandemie an die Wand gemalt. Es sei nun wichtig, dass Ärzte und Spitäler gut vorbereitet seien, um eine grosse Anzahl Fälle zu versorgen, sagte der BAG-Direktor. In einer millionenteuren Werbekampagne wandten sich die Behörden ans Volk und rieten, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Als die Schweinegrippe sich auszubreiten begann, war es sein Amt, das nicht bereit war: Die Impfstoffe waren nicht da. Zugleich beklagten sich Ärzte aus verschiedenen Kantonen über die mangelnde Kommunikation der Behörden. "Das BAG hat die Informationsgrippe", erklärt PR-Fachmann Klaus J. Stöhlker. Hat Zeltner die Kritik der letzten Woche müde gemacht? Der 62-jährige Jurist und Mediziner tritt Ende Jahr nach 18 Jahren im Amt zurück. Fürchtet er, dass die Schweinegrippe ihm einen unrühmlichen Abgang bescheren könnte? Selbst seine Kritiker attestieren Zeltner ansonsten, er sei dossierfest und kompetent. Mit kontroversen Aussagen hat er immer wieder Debatten ausgelöst und es in den vergangenen Jahren verstanden, grossen Druck auszuhalten. Kritik musste er sich von allen Seiten anhören: von den Ärzten und Krankenkassen, denen seine Reformen zu weit gingen, von der Weltgesundheitsbehörde, weil er für einen straffreien Konsum von Cannabis eintrat.

Als "Gesundheits-Taliban" verunglimpft
Und schliesslich von bürgerlichen Politikern, die ihn als "Gesundheits-Taliban" verunglimpften und von den Rauchern, die "seinen missionarischen Eifer" geisselten. Als ihm SVP-Nationalrat Peter Spuhler wegen seines ständigen "Rufs nach Verboten". vergangenes Jahr den "rostigen Paragrafen" überreichte, nahm es Zeltner mit Humor und erklärte: "Ein BAG-Direktor, der dünnhäutig ist, ist fehl am Platz." Genau diesen Eindruck macht Zeltner nun aber: Trotz der chaotischen Informationspolitik des BAG räumte er Fehler nicht oder zu spät ein.
"Es wäre besser gewesen frühzeitig zuzugeben, dass man überrascht wurde", findet Knill. Statt in der Krise Klarheit und Eindeutigkeit zu vermitteln, werde die Bevölkerung von einer Fülle von Informationen erschlagen, die sich teilweise widersprechen. Auf den Kommunikationsexperten wirkt Zeltner wie ein hilfloses Kind, dem man eingebleut hat, es müsse ruhig und klar sprechen.
Nachtrag: Der Blick: die halbe Schweiz wartet auf Impfstoff.



Grippefälle in der Schweiz bis November 2009. Quelle Siehe auch Grippe Trend in der Schweiz auf Google.org.



Rhetorik.ch 1998-2011 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com