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www.rhetorik.ch aktuell: (25. April 2003)

Medien als Angstmacher?



Die Viruserkrankung SARS hat weltweit Angst ausgelöst. Bilder von Menschen mit Mundschutz, Warnungen der Weltgesundheitsorganisation und verschleiernde Informationspolitik in China hat zu Verhalten geführt, die in der Weltwirtschaft spürbar sind. Obwohl das Risiko einer Erkrankung minim ist, spielt die Psychlogie und die Medienwirkung eine wichtige Rolle. Todesfälle in einer Stadt können deren Wirtschaft beeinträchtigen, wie momentan der Fall Toronto zeigt.


Nach Kurt Imhof einem Medien-Soziologen in Zürich - wird die SARS-Panikmache vor allem durch die Medien dramatisiert. Gefördert wird dieser Prozess durch den permanenten Wettbewerb der Aufmerksamkeit.
Ein Zitat aus einer US Zeitung:

Die SARS Panik ist gefährlicher als SARS selbst.




Während Gesundheitsbehörden informieren müssen, nutzen die Medien die Situation der Angst gerne aus. In Krisensituationen oder bei aussergewöhnlichen Vorkommnissen spielen Medien eine zentralen Rolle. Auch Gesundheitsbehörden sind bei Epidemien auf Medien angewiesen. Dank der Massenmedien kann grossflächig informiert werden. Menschen lassen sich sogar durch sachliche Aufklärung beruhigen.
Neues, Ungewöhnliches, Sensationelles gehört seit jeher bei Medien zu den gefragtesten Themen (siehe Klatsch) als neue überraschende Krankheit hat einen hohen Nachrichtenwert:
  • Die Thematik ist aussergewöhnlich.
  • Dass die Ansteckung durch gewönliche menschliche Kontakte passiert, ist besonders beängstigend.
  • Die Krankheit interessiert die Bevölkerung.
  • Die Gefahr einer Epidemie hat eine starke Dramaturgie.




Diese Umstände bergen jedoch die Gefahr der Dramatisierung in sich. Ob sich die Medien bewusst sind, dass Panikmache kontraproduktiv ist? Angst war seit jeher ein schlechter Ratgeber. Angst engt ein. Die SARS Angstmache wirkt sich bereits heute negativ auf die Wirtschaft, den Fremdenverkehr und Fluggesellschaften aus.
Nach den zahlreichen angstschürenden Berichten lassen sich auch viele Einwohner in der Schweiz auf Sars testen. Obwohl in der Schweiz noch keine akute Gefahr besteht, nur ein Fall vermutet wir und noch keine eindeutigen Tests existieren. Die unterschiedlichen Medienberichte haben die Öffentlichkeit verunsichert.



Nach dem Irak-Loch ist es zwar verständlich, dass das Sars-Thema den Medien gelegen kommt. Medienverantwortung wahrnehmen, will aber nie heissen Themen zu verschweigen oder zu beschönigen. Sachliche Information hat aber auch nichts mit dem Hochspielen einer panikmachenden Thematik zu tun. Sachliche Information bedeutet, Fakten zu beschreiben, komplexe Sachverhalte verständlich und transparent machen. Probleme müssten eingeordnet werden können.

Fazit: Medien können Themen verstärken aber auch klären. Medien müssen sich bewusst bleiben, dass sie die öffentliche Stimmung beeinflussen. Medienberichte - vor allem die vermittelten Bilder - prägen die öffentliche Meinung. Siehe Massenmedien. Sowohl das Unterdrücken von Information (wie Anfangs in China geschehen), als auch Überinformation bergen Gefahren. Das Finden der richtigen Balance ist ist eine Herausforderung für die Medien.




  • Statistik SARS Fälle (25. April, 2003). Quelle: WHO 4,649 Fälle mit 274 Toten in 26 Ländern davon in China: 115, Hong Kong: 115, Singapore: 19, Canada: 16, Vietnam: 5, Thailand: 2, Malaysia: 2, Philippinen: 2.
  • Vergleich mit anderen Erkrankungen. (Quelle WHO) Mehr als 3000 Kinder sterben jeden Tag an Malaria. Die "Masern", eine Haupttodesursache für Kinder, infiziert 30 Millionen Kinder pro Jahr und tötet davon 800'000 pro Jahr. "Grippe" tötet 250'000 and 500'000 pro Jahr. "Gelbes Fieber" und "Japanische Encephalitis" das durch tropische Moskitos übertragen wird, tötet über 10'000 Leute pro Jahr. Das "Lassa Fieber" wird von einer Maus übertragen und tötet 70'000 pro Jahr in Westafrika. Der SARS Virus ist global, weil der Mensch selbst der Verbreiter ist.
  • Reale Gefahr gering Richard Tedder vom University College London: Die Chance im Zug oder Bus von der falschen Person angehustet zu werden, ist verschwindend klein. Die Chance ist viel grösser, wegen Geldes niedergestochen zu werden.
  • In Hong Kong, "der Stadt der Angst" tragen alle Menschen Masken. Bars und Restaurants sind leer. Im Lift oder Bus schaut jederman nervös auf den andern. Ein Hong Konger Gesundheitsspezialst, der die Spitäler mit erkrankten SARS Patienten besucht hatte und die Leute überzeugen wollte, dass die Gefahren der neusten Lungenerzündung gering sind, erkrankte selbst. Der Virus hat seit Mitte März 30 Leute in Hong Kong getötet. Ein Viertel der Erkrankten sind im Gesundheitswesen tätig. Meldungen wonach auch Flugpersonal krank geworden ist hat die Angst vor dem Fliegen nach HongKong erhöht.
  • China In China wurden 28 seitige Brochuren verteilt mit dem Titel "Sars ist nicht schlimm". Paradoxerweise haben solche Informationsaktionen noch mehr Angst verursacht. Anfangs wurde die Anzahl Erkrankungen verschwiegen, die Situation heruntergespielt. Peking hat am 25. April 4000 Leute in Quarantäne gestellt. In Peking beginnen Leute Reis, Salz und Öl zu hamstern. Die Preise steigen.
  • Schwarzer Humor von Hong Konger Beamten: die einzige Hoffnung der Regierung, eine Konkursepidemie zu verhindern sei, einen SARS Kranken vors Konkursbüro zu stellen, und ihn dort husten zu lassen.
  • Schaden in Kanada. Mit bisher 16 SARS-Toten ist Kanada der einzige Staat ausserhalb Asiens, in dem Menschen an der Lungenkrankheit gestorben sind. Der wirtschaftliche Schaden nimmt zu. In Kanada ist nach Aussage vieler Politiker der Schaden bereits schlimmer als der nach dem 11. September.
  • Universitäten in den USA sind nervös. Eine SARS Ausbruch in einer Uni hätte katastrophale Folgen und den Namen der Institution stigmatisieren. Reisestipendien und Studentenaustausche in die betroffenen Gebiete werden gestrichen.
  • Geschichte SARS soll zuerst in der Guangdong Provinz in China aufgetaucht sein. Im November 2002 hat die Region mit einem Ausbruch von SARS gekäpft aber bis Februar 2003 wusste niemand ausserhalb China davon. Am 11. März 2003 kam eine erste Warnung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Am 24. April wurden Peking, Hong Kong, Chinas Shanxi Provinz, China's Guangdong Provinz und Toronto auf die Gefahrenliste getan.
  • Symptome von SARS: Hauptsymptom: Hohes Fieber über 38 C. Trockener Husten, kurzer Atem oder Atemschwierigkeiten. Oft mit anderen Symptomen wie Kopfweh, muskelschmerzen, Appetitlosigkeit, Ausschlag oder Durchfall. Diese Symptome können mit gewöhnlicher Erkältung verwechselt werden.
  • Die Sterblichkeitsrate von SARS wurde zuerst mit 3 Prozent angegeben. Die WHO spricht nun von 5.9 Prozent. Der "New Scientist" gar von 10 Prozent. Grund der erhöhten Prozentzahlen: am Anfang, mit weniger Diagnoseerfahrung wurden auch andere Erkrankungen als SARS erkannt.
  • Mutationen Einige Experten warnen, dass der Virus in geährlichere Formen mutieren könnte und schliesslich Millionen töten könnte. Es gibt dazu jedoch noch keine Hinweise. Einige Experten sagen dass die Sars Wirkung ähnlich zur 1918 Grippe Epidemie sein könnte, die 50 Millionen Menschen getötet hat, oder die HIV Krise.
  • Albträume Als Albtraum wurden Erkrankungen an der Börse genannt: das könnte eine Schliessung der Börse zur Folge haben. Noch unklar ist, wesshalb sich der Virus in den USA nicht so verbreitet. Es wurde spekuliert, dass viele Amerikaner immun seien.
  • Hoffnung Vietnam scheint das erste Land zu sein, in dem SARS eingedämmt werden konnte. Seit 17 Tagen gibt es dort keine neuen Fälle.




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