Rhetorik.ch |
|
Knill.com |
---|
|
Zum Auftritt in der ARENA bei SF DRS vom Freitag dem 28. September: Wir haben Cortis Umgang mit den Medien bereits früher in verschiedenen Beiträgen beschrieben: Corti war in den letzten Monaten mehrmals gefordert, seine Stärke als Kommunikator unter Beweis stellen. Es ging darum Vertrauen bei Belegschaft, Aktionären, Kunden, Geldgebern und der Öffentlichkeit aufzubauen. Nach der längeren Pause betrachten wir hier erneut Mario Cortis Medienrhetorik. Wir beleuchten sein Kommunikationsverhalten an einem seiner wichtigsten Medienauftritte, den in der ARENA vom 28. September 2001. Ob es Corti gelingen wird, langfristig das Vertrauen aufbauen, werden die Resultate zeigen. Bisher war es Corti nicht gelungen, das marode Unternehmen zu sanieren. Die finanzielle Situation bei der Swissair hat sich unterdessen laufend verschlechtert und nahm nach den Einbussen nach dem 11. September dramatische Formen an. Der Swissair stand somit hinsichtlich Finanzen mit dem Rücken zur Wand. Es ging letztlich nur noch um die knallharte Überlebensfrage: Kann ein Konkurs noch abgewendet werden? In dieser prekären Situation wurde in einer Fernsehdiskussion ARENA der Themenkreis öffentlich diskutiert: "Ist die Swissair noch zu retten?" Mario Corti stellte sich dem Publikum und nahm an der Diskussionsrunde persönlich teil. Was wir positiv werten: In der Krisensituation stellte sich Corti den Medien. Er erkannte:
Mario Corti verstand es in der ARENA, schon in den ersten Sätzen seine Kernbotschaft zu platzieren: "Nach dem 11.9. erlitten alle Fluggesellschaften unvorhersehbare Einbussen. Die Swissair, die schon seit Monaten ums Überleben gekämpft hatte, kam mit den zusätzlichen Verlusten in einen unzumutbaren Schleuderkurs. Sie ist deshalb auf externe Hilfe angewiesen." Etwas später fügte Corti noch explizit bei: "Ich bin aus zwei Gründen hierher gekommen:
Corti nutzte das Medium Fernsehen als Möglichkeit, alle Mitarbeitenden direkt anzusprechen. Er wollte noch Verständnis für die ernste Situation wecken. Die vielgeschmähten elektronischen Medien sind in Notlagen immer eine wertvolle Hilfe. Aus unserer Sicht gelang es dem Swissairchef, in dieser heiklen Situation das Fernsehen geschickt zu nutzen. Medienrhetorisch fiel uns auf: Am Anfang wirkte Corti gefasst und bewusst (zu bewusst?) entspannt. Doch war doch das Unbehagen spürbar, hörbar und sichtbar: Es gab zwar eine Summe von Anzeichen "des Unwohlseins":
Die eingespielte Videossequenz mit Cortis früherer Behauptung: "Wir werden ohne Staatshilfe über die Runden kommen!" warf Corti nicht aus dem Konzept. Obwohl sich die verschiedenen Aussagen eindeutig widersprechen: Zum Beispiel:
Auch der jüngste Aussage Cortis, dass die Oktoberlöhne vielleicht nicht bezahlt werden könnten, erklärte er mit dem Hinweis, dass er stets der Wahrheit verpflichtet bleibe. Die Lage sei wirklich sehr prekär. Wenn keine Lösung gefunden würden, meinte er; so komme es auch bei der Bezahlung der Löhne zu ernsthaften Problemen. Die Antwort, was konkret getan werden könnte, um die riesige Schuldenlast zu tilgen, blieb an der Sendung offen.
Uebrigens: Bei den Printmedien hatte die Boulevardpresse hinsichtlich Sanierung einen aussergewöhlichen Vorschlag:
Früher haben die Versager-Verwaltungsräte grosse Geldbeträge kassiert, unabhängig von ihrer schlechten Leistung. Eine Wiedergutmachung mit angemessenen Rückzahlungen wäre demnach durchaus möglich. Es ist tatsächlich unverständlich, wenn sich die Versager in der heutigen schwierigen Situation, hinter einem "No-comment-verhalten" verstecken oder scheinbar nicht erreichbar sind. |
Nachtrag vom 2 Oktober, 2001 Die Würfel sind gefallen: Crossair übernimmt Swissair-Reste. Vorläufiges Ende einer Leidensgeschichte. Nach 70 Jahren existiert die Swissair nicht mehr. Die SAir beantragt für den Rest der Firmengruppe die Nachlassstundung. Insgesamt 2560 Arbeitsplätze gehen verloren. Corti wurde von den Ereignissen förmlich überrollt. Was er in der Arena noch gehofft hatte, ist heute bereits Makulatur. Der Bund engagiert sich nicht bei der neuen Lösung Die Grossbanken UBS und Credit Suisse Group übernehmen den Löwenanteil an der neuen Regionalfluggesellschaft. Die Swissair Group muss der Crossair zwei Drittel des Fluggeschäftes abtreten. SAir lines, Lightlease und die restleichen Teile der SAir Group werden zum Verkauf angeboten oder gehen in Konkurs. Der neue Kapitän der "neuen" Crossair heisst André Dosé. Corti ist nur noch Liquidator. Wir haben einige Interviews mit Corti nach der Liquidation an den Medien ebenfalls mitverfolgt. Wir stellten dabei fest, dass all die geschilderten Signale des Unwohlseins um ein Vielfaches verstärkt wurden. Cortis Sprechfluss war noch schlechter. Kein Satz ohne die störenden "Aehs" oder Stockungen. Zum Blickkontakt: Er wich den Journalisten aus. Wir sehen an diesem Beispiel. Der Körper kann nicht "lügen".
|
Rhetorik.ch | 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung | Knill.com |
---|