Zur Arena Sendung vom 11. Juni.
Das Verhalten der Alt- Bundesrätin wurde nun auch im Schweizer
Fernsehen DRS zum nationalen Thema. Die Vertreter der CVP und Ruth Metzler
lehnten es ab, an der Arena Diskussion teilzunehmen. Sie streckten den
Kopf in den Sand. Dies zeigt einmal mehr, dass die abgewählte
Bundesrätin schweigt, wenn sie etwas sagen müsste, anderseits
schreibt oder redet, wenn sie besser schweigen sollte.
In der Gesprächsrunde wurden die bekannten Vorwürfe
wiederholt, wie:
- Die Alt-Bundesrätin hätte mit ihrer Abrechnung zuwarten
sollen.
- Das Buch sei zu stark auf die eigene Person bezogen.
- Jegliche selbstkritischen Gedanken fehlten.
- Die Bundesrätin sei schlecht beraten worden.
- Die Fehlerzuweisungen, die Seitenhiebe wären alles andere
als clever.
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Anderseits gab es auch Voten für die Haltung der Bundesrätin:
- Sie habe aus psychohygienischen Gründen die Geschehnisse
veröffentlichen müssen.
- Solche Bücher sollten vermehrt geschrieben werden. Sie
führten zu Denkanstössen.
- Das Buch sei notwendig gewesen.
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Bei der Auseinandersetzung zum Fall Metzler in der Arena waren aber auch
neue Gedanken zu hören:
- Frau Metzler habe das Pech gehabt, bei den Wahlen die dritte Person
zu sein.
- Sie sei als junge attraktive Frau besonders ausgestellt gewesen.
- Es habe ihr vor allem an den notwendigen Seilschaften gefehlt.
- Als Quereinsteigerin habe sie sich auf dem politischen Parkett noch
nicht ausgekannt: Wer die ritualisierten Spiele mitspielt und die
Netzwerke pflegt, der könne nicht so leicht weggewischt werden.
Ruth Metzler legte tatsächlich wenig Wert auf diese Netzwerke,
Sie hätte dafür die notwenige Zeit aufwenden müssen.
Bei wichtigen Gesprächen fehlte sie, vielleicht, weil sie glaubte,
wichtig sei nur die Arbeit. Nur der Job sei gut zu machen.
Es genügt angeblich nicht, nur sich selbst gegenüber treu zu
bleiben. Eine Politikerin ist stets auf den Rückhalt der Partei
angewiesen.
- Es kam immer wieder zum Ausdruck:
Ruth Metzlers Hauptfehler sei es gewesen, viel zu wenig in das besagte
Netzwerk investiert zu haben. Sie habe sich zu wenig um die Wiederwahl
gekümmert und wichtige Veranstaltungen gemieden.
- Mehrere Diskutanten waren sich einig: Ruth Metzler glaubte gar nicht an eine Abwahl.
- Es war eindeutig eine politische Abwahl und keine Geschlechterwahl.
(Frauenwahl)
- Die SP Frauen unterstützten Frau Metzler nicht.
- Ruth Metzler hatte keinen Rückhalt in der eigenen Partei. Sie
vertrat eher linke Anliegen, wie:
Erleichterte Einbürgerung, Legalisierung der weichen Drogen,
Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Paare usw.
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Nur ein bisschen Abrechnung im Buch
Gibt es nur ein paar Seiten mit persönlicher Abrechnungen?
Esther Girsberger, die ebenfalls von einer Topposition "weggewählt"
worden war (sie war Chefredaktorin des Tagesanzeigers), verteidigte Ruth
Metzler immer wieder und wies darauf hin, dass viele Kritiker das Buch
der ehemaligen Bundesrätin gar nicht ganz gelesen hätten.
Im Buch gebe es nur wenige Seiten mit Abrechnungscharakter. Deshalb
dürfe nicht behauptet werden, das Buch sei eine Abrechnung mit
Seitenhieben. Die veröffentlichten Stellen mit persönlichen
Angriffen mit Rachecharakter würden nur bei 5-10 Prozent liegen.
Mit Girsbergers Argumentation haben wir Mühe.
Wir stellen immer wieder fest, dass
allein schon ein einziges falsches Wort - zur falschen Zeit - am falschen
Ort eine Lawine der Empörung auslösen kann.
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Angenommen, Ruth Metzler hätte nur ein paar unbedachte Sätze,
zum falschen Zeitpunkt im falschen Medium veröffentlicht, wäre
dies gravierend und zu viel.
Frau Girsberger geben wir zu bedenken, dass es nicht um die Anzahl der
unbedachten Worte, wie "Ich bin erpresst worden" geht.
Wer sich mit Kommunikationphänomenen befasst, weiss:
Es geht vor allem um die Wirkung, die unsere Worte auslösen.
Stossen Worte, Sätze oder ganze Passagen auf Unverständnis,
so ist meist der Sender schuld.
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Bucherfolg
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Metzlers Buch soll sich nach NZZ gut verkaufen.
Marcel Steiner vom Appenzeller Verlag meldete am Freitag,
dass die Erstauflage von 20'000 Exemplaren nach vier Tagen
Verkauf schon vergriffen ist.
NZZ: "Gekauft wird das Buch, heisst es in den Buchhandlungen
übereinstimmend, vor allem von Frauen über 40.
Das Erstlingswerk von Ruth Metzler-Arnold übertrifft nicht nur
kommerziell alle Erwartungen, sondern auch politisch.
"Kommst du im Buch auch vor?",
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lautet die Frage der Woche unter den Parlamentariern
im Bundeshaus. Und die Zeitungskommentatoren sind sich einig wie
selten: Metzler erweise sich als schlechte Verliererin, ihr Werk
sei eine Abrechnung mit der CVP, zudem sei es pures Eigenlob."
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Alpenbitter
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Markus Häfliger weiss in der NZZ auch, dass unter den
CVP-Parlamentariern sich plötzlich
ein Metzler Fan befindet: Nationalrat Arthur Loepfe, wie Metzler aus
Appenzell Innerrhoden, ist bisher zwar nicht speziell als ihr Supporter
aufgefallen. Doch Loepfe sitzt im Verwaltungsrat der Firma Ebneter &
Co., die Appenzeller Alpenbitter herstellt. Aus Freude über die
Gratiswerbung mit "Grissini und Alpenbitter" hat Loepfe Metzler spontan
ein Dutzend Flaschen geschenkt. Dass seine Partei unter diesem Titel
schlecht wegkommt, lässt Loepfe kalt:
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Verabschiedung Metzlers
Nachtrag vom 13. Juni: CVP verabschiedet Bundesrätin in Minne
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An ihrem ersten politischen Auftritt seit ihrer Nicht-Wiederwahl
in den Bundesrat sagte sie, die CVP müsse sich erneuern und
sich als Partei der Gesellschaft profilieren.
Beim Abschied an der Delegiertenversammlung in Schaffhausen gab
es warmen Applaus für Metzler. Deiss begrüsste Metzler,
wie wenn nichts gewesen wäre.
In Schaffhausen war nichts mehr von Unstimmigkeiten zu sehen oder zu
hören. Die NZZ am Sonntag schreibt: "Echte Versöhnung, Heuchelei
oder von beidem etwas?" Nach einer Woche mit Schuldzuweisungen hat die CVP
die Verabschiedung in Minne über die Bühne gebracht. Der Sturm,
den der Fall Metzler ausgelöst hatte, ist in der Öffentlichkeit
noch nicht vorbei."
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Zu einem Vorwurf Metzlers
Die unbeirrbare Alt-Bundesrätin wirft in ihrem Buch dem ehemaligen
Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung eine Straftat vor
- nämlich eine Amtsgeheimnisverletzung. Unter Berufung auf einen
Tessiner Journalisten schreibt Metzler, Piller habe 2002 im Zusammenhang
mit der Senkung des Mindestzinssatzes mehreren Journalisten ihren
vertraulichen Antrag an den Bundesrat gezeigt "und ihnen Kopien gegeben".
Piller wehrt sich vehement gegen diesen Vorwurf. Metzlers Aussage sei
"jenseits von gut und böse". Er kenne nicht einmal den fraglichen
Journalisten.
"Dass eine ehemalige Justizministerin einen solchen Vorwurf in die Welt
setzt, ohne mir Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben, ärgert
mich masslos."
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Wir meinen, dass dies genau sine der unbedachten Passagen in Metzlers
Buch sein könnte mit der sie sich geschadet hat.
Wenngleich Ruth Metzler dank des Wirbels-
rund um das Buch - die erste Auflage des Buches bereits vom Tisch hat,
so ist der Schaden des vorschnellen Urteilens noch nicht ausgestanden.
Es ist nicht auszuschliessen, dass Ruth Metzler mit ihren Verlautbarungen
zahlreicher Internas ebenfalls Amtgeheimnisverletzung vorgeworfen
werden könnte.
Der Fall Metzler macht uns eine Erkenntnis bei Kommunikationsprozessen
bewusst. Die Sonntagszeitung vom 13. Juni veröffentlichte eine
aufschlussreiche Zusammenstellung.
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Sie veranschaulicht uns, dass sich die Wahrheit nicht finden lässt,
wenn wir nur eine Seite anhören. Das Buch der abgewählten
Bundesrätin ist jedenfalls für uns eine Sicht der Dinge. Vor
dem Urteil lohnt es sich immer, Sachverhalte
von verschiedenen Seiten beleuchten zu lassen.
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Gedankensplitter aus der Presse
Nachdem mehrere Tage der Fall Metzler in allen Medien thematisiert worden
war, gestatten wir uns noch einige Gedankensplitter aus dem Pressewald:
- Nach den harten Vorwürfen zelebrierte Ruth Metzler und die CVP die
Versöhnung, als hätte die Ex-Bundesrätin ihr Buch nie
geschrieben (SonntagsZeitung)
- Ein Stück weit verstehe ich den Aerger von Ruth Metzler-Arnold.
Ein guter Ratgeber ist aber Aerger nicht, vorab nicht für magistrale
Bücherschreiber. (Iwan Rickenbacher, Kommunikationsberater)
- Die CVP hat in Schaffhausen den Appenzeller Alpenbitter zum
honigsüssen Softdrink umfunktioniert. (SonntagsBlick)
- Francesco Benini schieb in einer Glosse (NZZ am Sonntag):
"Ich Ruth"
"Es ist mühsam mit den Medien. Sie ziehen mich schon wieder durch den
Dreck. Es ist nicht fair, wenn man jetzt sagt, ich sei unfähig zu
Selbstkritik. Ich schreibe doch klipp und klar, dass ich zu schnell war
für das Parlament. Zum Beispiel bin ich nach der BVG- Sonderdebatte
extrem schnell in die Tauchferien geflogen. Ueberhaupt war ich mehr als
alle anderen Bundesräte mit dem Helikopter unterwegs... Ich habe
als Bundesrätin alle Volksabstimmungen gewonnen, aber dann bin ich
auf zwei Probleme gestossen, die nicht lösbar sind. Das eine heisst
Philipp Stähelin und das andere Jean-Michel Cina. Es liegt mir fern,
schmutzige Wäsche zu waschen, das ist nicht mein Stil. Darum will
ich nichts Schlechtes über Stähelin und Cina sagen. Ausser
vielleicht, dass sie unfähig sind und mich erpresst haben....
Ich bin wahrscheinlich das beste Bundesratsmitglied, das dieses Land je
hatte. Ich finde es nicht gut, dass das bisher niemand gemerkt hat."
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