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www.rhetorik.ch aktuell: (6. Juni, 2004)

Schweigen kann Gold sein

1) 18. Mai: Zum Verhalten von Alt-Bundesrätin Metzler 2) 6. Juni: Schweigen kann Gold sein 3) 13. Juni: Zum Fall Metzler


Wir haben das Verhalten der Ex-Bundesrätin Metzler eingehend kommentiert und festgestellt, dass die junge Politikerin falsch beraten wurde mit den Verlautbarungen nach ihrem Rücktritt. Hätte Ruth Metzler vorerst einmal bewusst geschwiegen, hätte sie sich des Mitleideffektes gewiss sein können und die neu formulierte Abrechnung wäre auf Verständnis gestossen. Nachdem sich Ruth Metzler sehr schnell offensiv verhalten hatte (Interviews, Buchveröffentlichung und ihrem Beharren auf allen finanziellen Vorteilen), kam es immer wieder zu negativen Schlagzeilen. Im Sonntagblick vom 6. Juni folgte nun erneut eine negative Schlagzeile:

Metzler kassiert 100 000 Franken für ihr Buch.
Metzler im Zoo, Bundesratsreise 2001
Metzler im Jahre 2001 bei einer Bundesratsreise in Zürich. ( Quelle).


Im Text wird die Alt-Bundesrätin als Krämerseele bezeichnet, weil sie zum magistralen Gehalt noch diese 100'000.-- Fr auf die Kante legen will. Beanstandet wird der Umstand, dass die Steuerzahler das Buch mitfinanziert hatten. Grund: Vier Monate hatte sie den vom Bund bezahlten engsten Beraterdienst für das Buch in Anspruch genommen. Wir sind überzeugt, dass sich eine längere Phase des Schweigens mehrfach bezahlt gemacht hätte. Die zornigen Worte im Buch gegenüber Deiss und der CVP wirken einmal mehr kontraproduktiv. Die gnadenlose Abrechnung nach wenigen Wochen der Abwahl wertet die Bundesrätin bei der Bevölkerung noch mehr ab.

Nach einer Phase des Wartens und Schweigens hätte die abgewählte Bundesrätin ihre Worte sicherlich bedachter gewählt. Wer in der Phase der Enttäuschung des Frustes zurückschlägt, macht immer einen Fehler. Wir empfehlen deshalb bei ähnlichen Fällen:

Warten - überlegen - denken - überdenken und dann reden oder schreiben.




Metzler mit Kollegen am Rheinfall 2001
Metzler ist nicht zum ersten Mal in Schaffhausen. Hier an einem Bundesratsausflug am Rheinfall.
Die Medien stürzten sich verständlicherweise auf alle kernigen Aussagen wie:
  • Die Rede des Bundespräsidenten nach der Abwahl war "ein Dolchstoss in mein Herz" gewesen.
  • Metzler wirft Fraktionschef Cina wortwörtlich "Erpressung" vor. Die Alt-Bundesrätin steigert damit den Begriff "Komplott" des Journalisten Comina zu "Erpressung".
Metzlers Angriff kommt nach unserem Dafürhalten in einem ungünstigen Augenblick d.h. vor der Verabschiedung bei der CVP an der Delegiertenversammlung in Schaffhausen am 12. Juni.


Wir sind der Meinung, dass wir uns wehren dürfen. Es geht uns immer um ein bedachtes Kritisieren. Es bleibt nur zu hoffen, dass Ruth Metzler in Schaffhausen auf weitere unbedachte Angriffe verzichtet. Jedenfalls hat sie für den Anlass bereits Bedingungen gestellt. Bei der Würdigung will Metzler den Bundespräsidenten Deiss und den Fraktionschef Cina nicht mit dabei haben.
Die "NZZ" vom 21. Mai, 2004 schrieb unter dem Titel "Langerwarteter Abschied":

"Aber in diesem Fall heilt die Zeit keine Wunden, sondern lässt sie wohl eher weiter schwelen. Zumal Ruth Metzler selbst demnächst mit ihrer Sicht der Dinge, wie sie sich am 10. Dezember zugetragen haben sollen, aufwartet. Dass indes die Delegiertenversammlung am 12. Juni und damit ausgerechnet zwei Tage nach dem Erscheinen von "Grissini und Alpenbitter - Meine Jahre als Bundesrätin" stattfindet, dürfte der Parteispitze einmal mehr Bauchgrimmen bereiten, schon allein deswegen, weil eine Blitzlektüre des Werks unumgänglich ist."


Wir können annehmen, dass nach der Buchveröffentlichung am 10. Juni weitere kritische Medienbeiträge folgen werden. Viele Journalisten störten sich ebenfalls an der raschen Abrechnung. Sie wirft Fragen auf, die zu weiteren Diskussionen Anlass geben werden.




Nachtrag vom 9. Juni, 2004: Metzlers Buch:

Ex-Bundesrätin Ruth Metzler hat im appenzellischen Herisau ihr Buch "Grissini und Alpenbitter" vorgestellt, in dem sie mit Politik und Parteien abrechnet. Damit bricht sie mit der traditionellen Zurückhaltung, die sich alt Bundesräte auferlegen. Die Medien würdigen Metzlers Werk äusserst kritisch. Metzler meinte an der Pressekonferenz:

"Ziel dieses Buches war nicht, eine Therapie zu machen und vergangene Dinge zu verdauen. Aber es zu schreiben, hat geholfen".


Sie habe ihr Buch nicht für Insider und das politische Bern geschrieben, sondern für ein breites Publikum, betonte sie vor einer grossen Anzahl Medienschaffender. Sie äusserte die Hoffnung, dass das Buch über ihre politische Amtszeit immer wieder zum Nachlesen anregen möge.

Sie bemängelte, dass die in der Presse erschienen Passagen sich auf ihre Abwahl beschränkten und nicht das ganze Buch thematisierten. Generell haben die Medien "Grissini & Alpenbitter" eher kühl aufgenommen:

"Tages-Anzeiger": "Während die CVP Kritik kassiert, zeichnet sie von ihrem eigenen Wirken ein vorteilhaftes Bild. Wo es zu Fehlern kam, sieht sie sich als Opfer."
"Blick": "In ihrem Buch lästert sie über Bundesräte, Parteifreunde, Generäle, Parlamentarier, Wirtschaftsführer. Sie seien alle neidisch, ungerecht oder unprofessionell gewesen. Dafür erhält Ruth Metzler Dauerlob von sich selber!"
"Le Temps: "Das Buch zeigt, dass sie nie verstanden hat, wie die Politik in Bern funktioniert, und sie hatte nicht dieselbe Wellenlänge wie ihre Partei".
"NZZ" Die neue Zürcher Zeitung titelt: "Ruth Metzlers Dolchstosslegende" und schliesst: Gespannt darf man jedenfalls dem nächsten Samstag entgegenblicken, an dem die CVP an einer Delegiertenversammlung "ihre" ehemalige Bundesrätin offiziell verabschieden will.




Nachtrag vom 11. Juni: Stimmen von Politikern

Durch das Vorprellen hat Ruth Metzler bei den Politikern viel Sympathie verspielt. Dass Ruth Metzler vorschnell gehandelt hat, zeigt sich nicht nur in der Inkonsequenz zwischen Vorsatz und Handeln. Letzten Herbst sagte sie noch Bundesratkollegen Kaspar Villiger, sie werde ganz sicher nie ein Buch schreiben. Man kann gewiss die Meinung ändern, wenn man klüger geworden ist. Doch in diesem Fall war das Vorprellen sicher ein gravierender Fehler.

Auch bei den Politikern hat sich die Alt- Bundesrätin die letzten Sympathien verspielt. Nach der Buchveröffentlichung nehmen sie kein Blatt vor den Mund. Kopfschütteln, Mitleid und Aerger dominieren. Die "Läster- Metzler" (Blicktitel) wird jedoch mehrheitlich bemitleidet.

Philipp Stähelin, der im Buch auch einige Schläge einstecken musste, sagt:

"Sie hat sich unter dem Schock der Nichtwiederwahl im Wald verirrt und findet sich nicht mehr heraus."
Christoph Blocher teilt eigentlich unsere These:

"An ihrer Stelle hätte ich vier Jahre gewartet, bis ich über Nachfolger ein Urteil fälle."
Bundesrat Merz nimmt es auch gelassen:

"Aus dem Eishockey bin ich mit Body-Checks gewöhnt - aber um mich umzuwerfen, braucht es schon etwas mehr als die Kritik einer Alt- Bundesrätin."
SP Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi meint:

"Der Rundumschlag gegen Politikerinnen und Politiker zeigt, dass es ihr als Bundsrätin nur um ihre Person gegangen ist-nicht um die Sache."
Cécile Bühlmann (Grüne Partei):

"Ruth Metzler hat immer gesagt, dass sie mit der Frauenbewegung nichts am Hut hat. Deshalb ist es pikant, dass sie nach der Nicht- Wiederwahl plötzlich die Frauenrechte reklamiert."


Generell wird bedauert, dass es der Autorin des neuen Buches an der inneren Distanz zu den Geschehnissen im Dezember mangelt.

Diese Echos bestätigen unsere These: Lieber Warten- Denken- Ueberlegen und dann später handeln.


Fortsetzung: Aktuell 13. Juni, 2004


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