Erstmals seit dem 10. Dezember äusserte sich Alt-Bundesrätin
Ruth Metzler in einem
NZZ Interview zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundesrat. Sie meinte darin,
es sei "offensichtlich", dass sie nicht die gleichen Chancen wie Deiss
gehabt habe. Das erste Interview nach dem Rücktritt mit den konkreten
Schuldzuweisungen an der CVP und deren Exponenten schlug wie ein Bombe ein.
Die CVP reagierte schnell: Wie Interimspräsidentin Doris Leuthard nach einer
anderthalbstündigen Diskussion in der Fraktion bekannt gab, gebe
es jedoch keinen Anlass anzunehmen, dass es in der CVP-Führung ein
Komplott gegen Metzler gegeben habe, wie ein jüngst erschienenes
Buch des "Facts"-Redaktors Marc Comina behauptet.
Bei allen Strategiediskussionen zur letzten Bundesratwahl, sei Metzler
damit einverstanden gewesen, dass die CVP trotz der Niederlage bei den
Nationalratswahlen ihre beiden Sitze im Bundesrat verteidigen wolle und
dass Metzler und Deiss nicht gegeneinander antreten sollten.
Die CVP-Fraktion stehe voll und ganz hinter ihrem Chef Jean-Michel Cina,
sagte Leuthard.
Metzler und Deiss hätten die Strategie der Fraktion ausdrücklich
gebilligt. Cina wies alle Vorwürfe Metzlers zurück, dass
Deiss in der Fraktion bevorzugt worden sei.
Er bedaure, dass die Strategie der CVP knapp nicht aufgegangen sei, sagte
Cina. Er habe sich für Metzler und Deiss gleichermassen eingesetzt.
Sollte er Metzler im Bundeshaus begegnen, würde er sich freuen. Er
sei allerdings mit der Fraktionsführung bei der Debatte um das
Asylgesetz stark gefordert.
Dies ist nicht das erste mal, dass Ruth Metzler in die Offensive geht.
Schon vor der Abwahl fiel Metzler durch eine hektische Überaktivität
und Medienpäsenz auf. Nach einer Ruhepause zeichnet sie sich nun
auch die abgewählte Bundesrätin durch gezielte Aktionen aus.
Metzler suchte bewusst die Publizität und nutzte bewusst die Medien.
Alt-Bundesrätin Metzler reservierte am Montag - als Gastdozentin
der Hochschule St. Gallen - mit ihren Studentinnen und Studenten 55
Tribühneplätze. Sie führt in St. Gallen ein Seminar
über "Gestaltungsmöglichkeiten in der Politik" durch. Sie
wusste genau, dass ihr die Medienpräsenz gewiss war.
Ihr Buch über ihre Bundesratszeit soll am 10. Juni erscheinen.
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Besuch im Parlament
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In der Öffentlichkeitsarbeit verunsichert die Ex-Bundesrätin
Ruth Metzler die Öffentlichkeit wiederholt. Zuerst erlebten wir
das totale Schweigen. Dann das Exklusiv-Interview mit den
Beschuldigungen. Nach dieser "Abrechnung" kam der kalkulierte Auftritt
als Zuschauerin im Bundeshaus, sowie die Lancierung einer
Webseite im Februar.
Hierauf die Ankündigung des Buches. Gerüchte folgten.
Es fehlte stets die Koordination der
Informationen. Falls Metzler tatsächlich ihr Buch auf der
Insel Elba geschrieben hat, wo Napoleon sein Comeback vorbereitet hatte,
so wäre dies kein gutes Omen: Napoleons Comeback endete im Fiasko
von Waterloo.
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Metzlers Buch
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Der "Sonntagsblick" vom 9. Mai teilt unsere Befürchtungen:
Es fehle an einem professionellen Beraterstab und:
"Schön wäre es, wenn Ruth Metzler ein offenen Ohr für
einen guten Rat hätte. Auch ausserhalb des Kreises der internen
Vertrauten."
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