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www.rhetorik.ch aktuell: (13. August, 2004)

Unklare und widersprüchliche Aussagen irritieren

Fortsetzung von Kontraproduktives Schweigen in Krisensituationen




Spannung vor der Pressekonferenz

Im Sommertheater der Spendenaffaire rund um die Stiftung Pro Facile, mit den Politikern Roberto Zanetti und Anita Fetz wurde die Medienkonferenz vom 13. August mit Spannung erwartet. Nach einer langen Pause des Schweigens sollten die beiden Politiker endlich reden. Die Medien verfolgten mit Interesse die Rechtfertigungen der Akteure.

Jetzt zeigt sich, dass sich das montatelange Schweigen der beiden Politiker nicht gelohnt hatte. Es brachte beide nur unter erhöhtem Druck. Der Auftritt wurde im Radio als unsicher und "bleich" beurteilt. Es war ein Auftritt der Rechtfertigung, in dem vorher verschwiegene Spenden nachgereicht wurden.

Die Pressekonferenz

Beide räumten an der Pressekonferenz ein, dass sie neben den bekannten Wahlkampfspenden noch andere Spenden erhalten hatten. An der Medienkonferenz wurden noch weitere Spenden bekannt gegeben, die noch nie genannt wurden. Anita Fetz erhielt von Dieter und Ruth Behring zusätzlich 25'000.-- Fr. Robert Zanetti eine Barspende von 20'000.-- Fr. Bekanntlich hatten Fetz und Zanetti erst im Juni den Zusammenhang der Spenden mit Pro Facile hinterfragt. Sie betonten an der Medienkonferenz nochmals: Als wir gesehen hatten, dass die Spenden von 20'000.-- und 30'000.-- Franken etwas mit der Stiftung Pro Facile zu tun hatten, sind wir als Vorstandmitglieder sofort zurückgetreten.

Zum Auftritt von Fetz

Fetz fand keinen Anlass, die Bücher von Pro Facile genauer unter die Lupe zu nehmen:

"Dieser Abklärung - habe ich - haben wir gesehen, dass die Spende von Peter Ammann - die mir natürlich bekannt war - er hat mir natürlich gesagt "Gib mir mal Einzahlungsscheine!- vielleicht kann ich auch etwas dazu beitragen zu Deinem Wahlkampf" - dass sie von der Solothurner Hof AG einbezahlt worden sind. Als sie gemerkt habe, dass es Verflechtungen gebe, sei sie sofort von der Stiftung zurückgetreten."


Bei dieser Passage fiel uns auf:

  • Die Korrektur von "ich" zu "wir" signalisiert, dass Anita Fetz das Problem bewusst auf zwei Schultern verteilt sehen will.
  • Die Stimme wurde brüchiger und farbloser - Satzbrüche dominieren.
  • In ihren alten Aussagen (vor der Schweigephase) bestritt Fetz stets, von den Spenden gewusst zu haben. Nun wiederholt sie jedoch zwei Mal. Ich wusste natürlich.... Die jetzige Formulierung will bewusst machen: Ich habe es ja immer gesagt. Man weiss es natürlich, dass... (ist selbstverständlich, war immer so..)
  • Dank dem Einschub (Natürlich war es so!) könnte der Politikerin unterstellt werden: Sie erhofft sich, dass die Journalisten - nach der bewussten Schweigephase - die alten Formulierungen vergessen haben und nicht mehr darauf zurückkommen.


Fetz und Zanetti sagten zu den Verflechtungen nichts. Sie konnten dieses Schweigen mit den "laufenden Ermittlungen" im Stiftungsaufsichtsverfahren begründen, zu denen nichts gesagt werden darf. Doch bleibt die Verflechtungsfrage die zentrale Frage, welche alle Medien interessieren. Zanetti und Fetz sehen sich nicht nur als Opfer von Peter Ammann, der beide schlecht machen wolle. Sie sehen sich auch als Opfer der Medien. Anita Fetz wies darauf hin, dass sie das Pech gehabt habe, dass an ihr nun die ganze Spendenproblematik der Schweiz thematisiert werde.

"Ich bin bereit für diese Diskussion, aber ich bin nicht bereit, rückwirkend tausend Argumente hin und her zu schieben!"


Anita Fetz verlagert die fragwürdige Verflechtungsgeschichte auf eine gesamtschweizerische Spendenproblematik und erhofft sich damit, den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können.

Peter Ammann hatte Tage davor im Fernsehen mitgenommen ausgesehen. Er sagte, ihm hätten die Tage des Schweigens zugesetzt. Er habe 15 Kilo abgenommen. Seine Freunde und Bekannten hätten ihm vorgeworfen, wenn er schweige, mache er sich schuldig und zeige, dass er etwas zu verbergen habe. Darauf angesprochen, ob Anita Fetz lüge, weil sie von dieser Anfrage nichts wissen wolle, antwortete er vor der Kamera in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens am 12. August.

Ich kann nur sagen: Ich wurde angefragt.

Pressekommentare

Dass Spendensammeln nichts Anrüchiges ist, darin sind sich alle Kommentatoren einig. In der Nachlese der Presse macht SP- Präsident Hans-Jürg Fehr klar, dass sich Zanetti und Fetz mit den unklaren und widersprüchlichen Aussagen geschadet hätten. Fehr:

"Das hat wohl viele Leute irritiert."


Wir teilen diese Beurteilung. Die Auswirkungen von gegensätzlichen Verlautbarungen haben wir im Fall Schmid ausführlich beleuchtet.

Im Fall Fetz führten die unterschiedlichen Aussagen zu einem bösen Hick-Hack. Das wochenlange Abtauchen und die nachträglichen Zugeständnisse in Raten schadeten der Glaubwürdigkeit der früher so spontan und frisch wirkenden Politikerin.

Uns würde es interessieren, ob Anita Fetz von sich aus die Strategie des Schweigens gewählt hatte oder ob ihr geraten worden ist, abzutauchen, mit dem Glauben, es wachse dann schon Gras über die leide Geschichte.

Die NZZ vom 14. August wagt noch keine Prognose, ob die neuen Offenbarungen und Eingeständisse an der Pressekonferenz als Befreiungsschlag ausreichen. Nach der NZZ sahen sich Fetz und Zanetti dem immer lauter werdenden Ruf nach Transparenz verpflichtet, einen vertieften Blick in ihre Wahlkampfkassen zu gewähren.

Anita Fetz muss sich wahrscheinlich - ob sie es will oder nicht - noch einige konkrete Fragen gefallen lassen. Auch künftige Antwortverweigerungen würden sich rächen. Generell überzeugte die sonst so wortgewandten Anita Fetz an der heutigen Medienkonferenz nicht. Wir erlebten sie noch nie so unsicher und drucklos.




Nachtrag vom 15. August, 2004: Zitate aus einem Sonntagsblick Interview vom 15. August mit Anita Fetz:

  • "Wir haben Fehler gemacht."
  • "Wenn ich damals alle Handelsregisterauszüge gekannt hätte, wäre ich vielleicht nicht in die Stiftung gegangen. Das ist eine der Lehren, die ich ziehe: Auch im ehrenamtlichen Bereich muss man viel besser aufpassen."
  • "Ich war zu gutgläubig."
  • "Vielleicht versuche ich, den nächsten Wahlkampf ohne Spenden zu führen. Ich werde mir das überlegen."
  • "Vielleicht ist es der Glücksfall meines Lebens, wenn ich nie Bundesrätin werde. Ich habe bisher immer die Erfahrung gemacht: Krisen waren glückliche Weichenstellungen in eine andere Richtung."


Wir finden: Ohne das Abtauchen wäre es nie zu einer langen Story gekommen. Das hätten die Fetz-berater schon vor Wochen wissen müssen. Die Geschichte wurde zur Endlosgeschichte. Dies hat nichts mit der "Sommerlochsituation" in den Medien zu tun. In der Sonntagszeitung vom 15. Augustliegt heute ein von Anita Fetz unterzeichneter Brief vor, der Ende April versandt wurde, indem sie einem Interessenten versichert, bei den Darlehensgelder gehe es weder um "Abzockerei, noch gefährde die Stiftung Kundeninverstitionen." Damit gerät Fetz weiter unter Druck. Es wird vermutet, dass noch nicht alles offen gelegt ist.






Nachtrag vom 21. Oktober, 2004: Spendenaffäre in neuem Licht

Wir gingen davon aus, dass beim Fall Fetz allmählich Ruhe einkehren würde und Gras darüber wächst.

Doch nun kommt es zu Nachwehen. Wie das "St Galler Tagblatt" heute berichtete, sitzt der Spender Dieter Bering in Untersuchungshaft. Nach Behrings Verhaftung kommen Ständerätin Fetz und Regierungsrat Zanetti erneut unter Druck. Der Rechtfertigungsdruck auf die Basler SP-Ständerätin nach der Verhaftung des Basler Geld-managers, denn Fetz hatte bekanntlich letztes Jahr eine hohe Wahlspende von Behring angenommen. 25'000 Franken hatte Fetz direkt vom Finanzjongleur Behring erhalten. Der sitzt seit Dienstag wegen Verdachts auf Betrug in Untersuchungshaft.

"Ich begrüsse, dass endlich die Behörden in dieser ganzen Geschichte für Klarheit sorgen".


liess Fetz den "Blick" in einem Interview wissen:

"Ich überlege mir, den nächsten Wahlkampf ohne Spendengelder zu führen."


Fetz hatte auch Geld aus dem Umfeld von Behring erhalten: 30'000 Franken spendete der Solothurner Unternehmer Peter Ammann, Gründer der undurchsichtigen Stiftung "Pro Facile". Fetz war gemeinsam mit dem Solothurner SP-Regierungsrat Roberto Zanetti im Stiftungsrat von Pro Facile. Und Behring sass ebenfalls in der Ende 2002 gegründeten Stiftung Pro Facile. Stiftungsaufsicht an der Arbeit Die Solothurner Stiftung, die laut Zweckbestimmung "professionelles Fundraising für gemeinnützige Organisationen der sozialen Wohlfahrt" betreibt, legte einen Teil des Geldes in Hochrisikofonds von Behring an. Einen finanziellen Schaden soll die Stiftung deswegen nicht erlitten haben: Stiftungsgründer Ammann gab bekannt, Behring habe die Anlagesumme von 300'000 Franken zurückbezahlt. Doch für Fetz und Zanetti ist die Affäre um die Stiftung noch nicht ausgestanden. Die Eidgenössische Stiftungsaufsicht nimmt derzeit das Geschäftsgebaren von Pro Facile unter die Lupe.




Nachtrag vom 22. Oktober, 2004: Der Fall Behring.

Im Tages-Anzeiger vom 22.10.2004 fand man eine interessante Analyse über Anita Fetz und die Affäre um Dieter Behring. Roland Schlumpf zieht aufschlussreiche Vergleiche zwischen Fetz und Behring: Beide sind erfolgreich, und beide stecken in Schwierigkeiten. Dieter Behring sitzt im Gefängnis, und Anita Fetz hat Probleme mit seiner Wahlspende, ihrem Image und als Bankverwaltungsrätin. Der längere Tagi-Artikel bestätigt, dass der Fall Fetz mit dem Eingeständnis, falsch gehandelt zu haben, nicht abgeschlossen war.




Nachtrag vom 1. November, 2004: Jetzt wackeln auch noch das Verwaltungsratsmandat der Basler Kantonalbank. .

Der Fall Fetz scheint zur Endlosgeschichte zu werden. Nach dem Beringskandal kommt die Basler Ständerätin wegen Pro Facile erneut ins Gerede. Links ist eine Schlagzeile vom "Blick" vom 1. November.




Nachtrag vom 10. November 2004: Aus einem Weltwochebeitrag vom 10. Nov 04

Der Basler Financier Dieter Behing sass in ihrem Wahlunterstützungskomitee. Fetz ist die einzige öffentliche Person, von der man weiss, dass sie Gelder von Behring entgegengenommen hat, bekanntlich 25'000 Franken als Wahlspende und nochmals 30000 von der maroden Stiftung Pro Facile, in deren Stiftungsrat auch Dieter Behring sass.

Seit das alles bekannt wurde, pendelt Anita Fetz in aller Öffentlichkeit hin und her zwischen hartnäckigem Schweigen und beredter Rechtfertigung, so auch letztes Wochenende in der "Samstagsrundschau" von Radio DRS. Die einst spritzige, kämpferische Politikerin, Mitbegründerin der Alternativen Bank, wirkt nur noch erschöpft und glanzlos - weil sie es nicht schafft, sich hinzustellen und zu sagen: "Sorry, das mit Behring war wohl ein Fehler."

Auch Helmut Hubacher, das Urgestein der SP in der Stadt Basel, sagte für ihn sei Dieter Behring nach wie vor ein "Financier" wie viele andere, und er halte die momentane Vorverurteilung für "massiv". Leute wie Behring seien sicher "keine Lichtgestalten", sagte Hubacher weiter, aber er frage sich, was denn "die real existierenden anderen Lichtgestalten in den Banken für eine Rolle spielen" - und er bleibt dabei, dass der Fall Behring wohl "eine politische Komponente" habe. Obwohl der Pressesprecher der Basler Staatsanwaltschaft, Markus Melzl, eine entsprechende Aussage im Magazin Facts ausdrücklich dementierte, mutmasst Hubacher, "ob Dieter Behring auch in Haft gekommen wäre, wenn er sich für eine bürgerliche Politikerin eingesetzt hätte" - kurzum: Er weigere sich, in den Chor derjenigen einzustimmen, die "in Dieter Behring den idealen Buhmann gefunden haben".

Hubacher sieht im Fall Behring nicht mehr als einen etwas exotischen Sonderfall im real existierenden Kasinokapitalismus, während Anita Fetz nicht abrücken will von ihrer Sympathie für den Emporkömmling, der mit seinen Projekten gekonnt auf der Klaviatur der sozialen Marktwirtschaft spielte; also das mimte, was die SP im Allgemeinen und Fetz im Speziellen unter einer "liberalen und gerechten, leistungsbewussten und solidarischen, eigenverantwortlichen und sozialen" Marktwirtschaft verstehen.

Die Kommentatoren schreiben von "Naivität" und "Inkompetenz" - Wörter, die der amtierenden Ständerätin bis zu den nächsten Wahlen anhängen werden. Wenn dann ein bürgerlicher Politiker von Schlage eines Christoph Eymann oder eines Jörg Schild gegen sie antreten würde, ginge der Ständeratssitz, in Basel seit Generationen von der SP gehalten, möglicherweise an die Bürgerlichen verloren.




Nachtrag vom 18. Januar, 2005

Noch im Sommer liess Anita Fetz verlauten, sie wolle zuerst das Resultat des Untersuchungsberichts der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht abwarten, bevor sie sich erneut für eine Wahl in den Bankrat zur Verfügung stelle. So wie sie früher zwischen "Nichts sagen" und dennoch "reden" inkonsequent handelte, so wechselte sie auch beim Versprechen, den Bericht abzuwarten, ihre Meinung und will sich als Kandidatin aufstellen lassen, obwohl das Papier noch nicht vorliegt. Die SP nominierte Fetz. Doch bei der FDP und im Grünen Bündnis herrscht kritische Distanz zur Wiederwahl im heutigen Zeitpunkt. Am 2. Februar wird der Bankrat vom Basler Grossen Rat gewählt. Ob es dann Anita Fetz schaffen wird?


Nachtrag vom 27. Januar, 2005: Abklärungen abgeschlossen.

Die Abklärungen über die Tätigkeit von Pro Facile sind abgeschlossen. Der Solothurner Regierungsrat Roberto Zanetti. und die Basler Ständerätin Anita Fetz hatten diese angestrengt, als sie im Juli letzten Jahres per sofort aus dem Stiftungsrat der gemeinnützigen Stiftung ausgetreten waren. Als Grund hatten die beiden SP-Politiker schwerste Zweifel an deren Geschäftsgebaren angemeldet. Die Situation sei "unübersichtlich, widersprüchlich und in einzelnen Bereichen alarmierend", hiess es damals wörtlich. Zwei Wochen vor dem Austritt der beiden Politiker, die dabei auch hohe Wahlkampfspenden aus dem Umfeld von Pro Facile publik machen mussten, war die Stiftung wegen ihrer Verbindungen zum Basler Financier Dieter Behring in die Schlagzeilen geraten. Behring, der am gleichen Abend wie Fetz und Zanetti aus dem Stiftungsrat austrat, sitzt seit Oktober in Untersuchungshaft. Sein milliardenschweres Finanzimperium ist zusammengebrochen.

Der Bericht der Stiftungsaufsicht ist geheim, fest steht laut deren Mitteilung aber dies:

Unter Aufsicht der Eidgenössischen Bankenkommission hat Pro Facile seit Sommer 2004 alle entgegengenommenen Darlehensgelder samt Zinsen zurückbezahlt.


Beide Parteien, sowohl Pro Facile als auch das Tandem Fetz - Zanetti, reagierten gestern höchst befriedigt auf den Untersuchungsbericht und werteten den Inhalt als Erfolg in eigener Sache.

Details bleiben noch unter Verschluss. Die allein dazu ermächtigte Pro Facile sieht von einer Publikation des Berichtes ab.


Fortsetzung


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