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Quelle: Arena vom 17.4.2015 mit Jean Ziegler,
Adrian Amstutz, Jakob Buechler und Tiana Moser.
Die neue Arena war besser, als es die Kritiker im Vorfeld es vorhersehen wollten.
Das neue Konzept der Arena wurde schon vor der Ausstrahlung der ersten
Sendung zerpflückt. An kritischen Stimmen mangelte es nicht. So
war zu lesen, dass das Fernsehen mehr manipulieren könne:
bei missliebigen Parteien könnten die Sendeverantwortliche dürftige
Figuren oder bei der favorisierten Partei eloquente Rhetoriker bestimmen.
Der äussere Ring fällt nun weg. Das ärgert Politiker,
die sich gewohnt waren, sich in der Arena profilieren zu dürfen. Die
Debattanten wurden bewusst auf 2-4 Politiker reduziert und zusätzlich
mit zwei Experten versehen, die sich mit einem Knopfdruck einmischen
können. Es können neu nur Politiker
teilnehmen, deren Partei über Fraktionsstärke verfügt.
Dies zum Ärger der kleinen Parteien. Das neue Konzept wurde dadurch
eindeutig gestrafft.
Es wurde ferner im Vorfeld gerätselt ob nun die neue Arena wieder
eher konfrontativ oder eher auf Konsens ausgelegt wird.
Heftige Kritik kam vor allem von den Mitteparteien. Sie glauben, das Nachsehen
zu haben. Auch die FDP war erbost, weil sie in der Pilotsendung
trotz jüngster Erfolge nicht mit dabei sein durfte.
Blicken wir zurück: Bei jeder Änderung wurde stets am neuen
Konzept herumgemäkelt. Veränderungen stossen bekanntlich in
allen Bereichen meist auf Widerstand.
Die Diskussion drehte sich ferner um die Frage: Will die Arena eine
Plattform für Debatten sein oder möchte sie zu einem Forum
für vertiefende Dialoge mutieren?
Man muss zwischen Arena und Club unterschieden. In einer Arena wird
im Sägemehl gerungen. Es geht um verbale Duelle, weder um langatmige
Dialoge noch um anspruchsvolle, tiefschürfende Sternstundengespräche.
Im Format Arena sollte duelliert werden. Die Zuschauer schätzen
Debatten.
Matters Ansatz, der die Arena vielmehr als differenzierte,
lösungsorientierte Aussprache gesehen hatte, erlitt mit seinem
Konzept Schiffbruch. Eine Arena lebt von Spannung und verkürzten Argumenten.
Der Moderator ist bei jedem Arena Konzept die wichtigste Schlüsselfigur.
Der Erfolg bei jedem verbalen Schlagabtausch steht und fällt mit
der Kompetenz des Moderators, aber auch mit der Auswahl der Akteure.
Zu Jonas Projers Moderationen:
Er positioniert sich nicht hinsichtlich der persönlichen
Meinung - Er stoppt anderseits sofort Personen, welche die Plattform
zu missbrauchen versuchen - Er hört gut zu und kennt die Technik,
wie man mit langer Leine führen kann - Er macht extreme Positionen
erkennbar - Wenn jemand ausweicht oder sich widerspricht, hakt er sofort
nach - Er besteht auf konkreten Antworten - wirkt stets sachbezogen
und hinsichtlich Argumenten neutral.
Bei seiner professionellen Moderation wird das Harvard Prinzip
"Hart in der Sache aber fair mit den Akteuren" angewandt.
Projer sucht nach meinen Beobachtungen Tiefgang und Fairness.
Seine Zielformulierung für die neue Arena sind gut.
Laut Pojer muss nämlich ein Moderator dem Publikum bei der
Meinungsbildung behilflich sein. Mit der neuen Arena wollte er die
Sendung mit Fachwissen gleichsam "erden".
In der neuen Arena darf er nun ein neues Führungsinstrument nutzen:
Die "Daumenschraube". Unverhofft kann er einzelne Debattanten bei einem
separaten Pult auf einen Prüfstand schicken.
Was kann heute zur gestrigen Ausstrahlung der neuen Arena gesagt werden?
Es fiel auf, wie konzentriert Pojer
sachbezogen und wach der Dompteur - trotz verständlichen Druckes -
sich im Ring bewegt und moderiert. - Er ist ständig präsent
und wach - auch beim Zuhören - Er steuert souverän - Nicht
nur bei Adrian Amstutz auch bei Jean Ziegler und bei Angelina Moser
intervenierte er hart aber fair. (Falls ausgewichen wurde oder - wie
bei Jean Ziegler, der wie erwartet, zu lange geredet hatte). Dass es
bei einer Live- Sendung schwierig ist, Chaoten zu disziplinieren,
weiss jeder Profi. Es gab einige heikle Situationen, besonders dann,
wenn durcheinander gesprochen wurde. Ich schätzte aber, dass der
Moderator verbale Duelle nicht unverzüglich abgebrochen hatte.
Wiederum ist bei Projer die notwendige Distanz zu den Positionen der
Akteure spürbar. Persönlich nimmt er keine Position ein. Er
steuert sachbezogen, überlegen, sicher und leistet die notwendige
Uebersetzungsarbeit. Er scheut keine Auseinandersetzungen, sucht nicht
den Lärm um des Lärms Willen. Die Thematik Neutralität
konnte ich auch auf ihn übertragen: Jonas Pojer moderiert in einer
neutralen Haltung.
Das neue KONZEPT macht die Sendung lebendiger, schneller, frischer,
spannender. Ein Politiker im Prüfstand muss beweisen, dass er
sattelfest ist, wenn seine Position hinterfragt wird. Wer dann nicht
faktenkundig ist, könnte im Prüfstand mit "abgesägten
Hosen" da stehen. Durch dieses "Grillieren" wurden in der neuen
Sendung die Differenzen zwischen Amstutz und Huber eindeutiger
herausgeschält . Für Adrian Amstutz verbaut sich die Schweiz
mit dem Verzicht auf die Neutralität, bei Händeln die Chance
eine Vermittlerrolle einzunehmen, während es für Angelina
Moser keine Gesinnungsneutralität geben kann. Die Schweiz muss
für sie eindeutig Stellung beziehen und darf bei Gräueltaten
nicht abseits stehen.
Beim neuen Konzept hat das Publikum ein Schattendasein, was keiner
Verschlechterung gleichkommt. Die gähnenden und tristen Gesichter
animierten früher die Zuschauer eher zum Wegzappen. Gewonnen
hat die Sendung hinsichtlich Tiefgang bei der Thematik. Weniger ist
tatsächlich mehr - gilt auch bei der neuen Arena.
Das Konzept mit den Experten lässt sich noch optimieren. Ich
bin überzeugt, dass es die Zuschauer schätzen, wenn eine
Behauptung, falsche Zahlen oder Fakten noch während der Sendung von
Experten richtig gestellt werden. Das Modell "Einspruch" zeigte in dieser
Sendung bei der Frage nach der Rolle des Sicherheitsratesl, wie wichtig
sofortige Korrekturen sein können. Die Studioarchitektur (Dekor,
Lichtspiele, die Betonklötze, der Verzicht auf den typischen Arena
Ring, die angeblich kreative Kameraführung mit wilden Wechseln,
die Showeffekte) trug mit dazu bei, dass alles viel zu hektisch wirkte.
Wir sehen: Hier gibt es noch Einiges zu optimieren.
Die neue Arena ist eindeutiger geworden, sie hat wieder
den Charakter einer richtigen Arena erhalten und mehr Tiefgang
erhalten. Der Moderator wirkt nach wie vor eloquent, lebendig
und präsent. Das Konzept mir der gezielten Reduktion hat sich
somit bewährt. Die neue Form ist aber ausbaufähig. Zum
Teil führt die neue Kameraführung mit den Lichtwechsel zu
einer gewöhnungsbedürftigen Unruhe. Auch nach diesem neuen
Konzept rechne ich nachträglich mit den einigen Kritikern. Sehr
wahrscheinlich werden bei Umfragen jene Stimmen dominieren, die den
Schritt zurück zur alten Arena wünschen. All jene, die bei
der neuen Arena weniger zum Zuge kommen, werden sich sicherlich negativ
äussern. Online - Umfragen werden wahrscheinlich auch zeigen,
dass beim neuen Konzept viele Konsumenten Mühe bekunden mit den
vielen Umstellungen. Das durchdachte Konzept liesse sich mit wenig
Aufwand optimieren. Das Hauptziel wurde jedenfalls erreicht: Das neue
Konzept ist beim Publikum behilflich hinsichtlich der Meinungsbildung
bei anspruchsvollen politischen Fragen.
Verbesserungspunkte, die wichtig sind, damit das Publikum nicht wegzappt:
Die Expertenauswahl ist beim neuen Modul "Einspruch wichtig". Die
Experten müssten aber auch mediengerecht, verständlich reden
können
Die Hektik bei der Studioarchitektur müssten die kreativen Macher
unbedingt überdenken.
Die Sendung, mit zusätzlichen Showeffekten, Farbwechseln,
origineller anspruchsvoller Kameraführungen (die zum Teil holpert),
Geräuschen beeinträchtige die Verständlichkeit. Schnelle
Schnitte und Wechsel führen zu einer visuellen und akustischen
Ueberfrachtung d.h. zu einer unnötigen Hektik. Diese lenkt zu
stark ab. Es hat nicht nur junge Zuschauer, die von dieser "modernen"
Kulisse begeistert sein werden.
Betonklötze, der Verzicht auf den klassischen
Arena kreis und die zahlreichen Spielregeln werden sich langfristig
negativ auswirken. Die Idee von der Rundschau mit dem "heissen Stuhl"
(d.h. heisses Pult), die Einspielungen à la Schawinski und die
Anlehnung an "Hart aber fair" sind legal und beleben tatsächlich
die Sendung. Es gibt somit Optimierungsbedarf hinsichtlich
Vereinfachung beim erwähnten Umfeld.
20 Min:
Positive Ansätze sieht dagegen Kommunikationsexperte Marcus
Knill. "Dass die Sendung weniger Diskussionsteilmehmer hat, bringt
inhaltlich mehr Tiefgang. Das ist ein klarer Gewinn" Auch die Aufwertung
der Expertenrolle mache Sinn, da diese faktenwidrige Aussagen korrigieren
könnten. Allerdings müssten diese sehr sorgfältig
ausgewählt werden.
Moderator Jonas Projer hat gemäss Knill mit sicherer Hand durch die
Sendung geführt, dürfe aber noch etwas lockerer werden. "Die
Sendung hatte etwas von Schulunterricht." Der Experte sieht denn auch
noch viel Verbesserungspotenzial. "Die Studioarchitektur ist nicht
ideal: eine Arena sollte wie im Alten Rom rund sein, sodass sich die
Kontrahenten ins Gesicht schauen. Auch die Kameraführung war oft
holprig und die Lichteffekte zu stark."
Ob das neue Konzept der Arena langfristig aus dem Quotentief verhelfe,
hänge nun davon ab, ob die Verantwortlichen die richtigen
Schlüsse aus der ersten Sendung zögen.
Kurz vor der Premiere der neuen "Arena" machte sich auch bei SRF-Moderator
Jonas Projer die Anspannung bemerkbar. "Wir schräubeln bis zuletzt",
sagte er dem Branchenmagazin "Persoenlich". Die letzten Wochen seien
stressig aber auch schön gewesen. "Jetzt bin ich gespannt, ob
alles funktioniert."
Wieder einmal hat sich die Politsendung ein neues Konzept auferlegt -
und ein komplett neues Gewand. Ziel der Sendung bleibt aber das Gleiche:
Das Publikum bei der Meinungsbildung zu unterstützen. Damit das
gelingt, soll "in der Sendung eine echte inhaltliche Auseinandersetzung
stattfinden" wie Projer erklärte.
Die erste Sendung nach dem Relaunch widmete sich dem Thema "Von Marignano
bis Moskau - wer glaubt heute noch an die Neutralität?" Als
Gäste kreuzten Jean Ziegler (ehemaliger SP-Nationalrat), Adrian
Amstutz (SVP), Jakob Büchler (CVP) sowie Tiana Angelina Moser (GLP)
die Klingen.
Neu gibt es in der "Arena" den sogennanten "Prüfstand", wo Moderator
Projer mit einem Gast ein Einzelgespräch führen darf und auf
die Einschätzung der Experten zurückgreifen kann. Daneben haben
die Experten auch die Möglichkeit per Knopfdruck einen "Einspruch"
zu erwirken, um damit die Äusserung eines Gastes während der
Diskussion zu analysieren.
Doch wie kommt die neue "Arena" beim Publikum an? Findet das Studio-Dekor
gefallen? Auf Twitter wird der Auftritt des SRF-Polit-Flaggschiffs
kontrovers diskutiert. Bei vielen hat die neue Studio-Einrichtung noch
einen schweren Stand.