Wer jedoch etwas von strategischer Kommunikation
versteht, erkannte sofort, dass hinter diesem Beitrag mit der
persönlichen Attacke einer Interessengruppe stecken könnte,
die meint, in den letzten Sendungen zu kurz gekommen zu sein. Die
unbegründeten Unterstellungen gegen den Moderator liessen den
Zweck des Artikels erahnen: Der Moderator sollte künftig alle
Parteien genau gleich zum Zuge kommen lassen und er müsste die
SVP Vertreter gezielt zurückbinden. Ein typischer Versuch, das
Fernsehen zu instrumentalisieren, um Reto Brennwald in seiner
Entscheidungsfreiheit einzuengen, damit er künftig die
Gäste nach parteipolitischen Kriterien einzuladen hätte.
Obschon beim ARENA Konzept ganz andere Prinzipien als der Parteienproporz
vorgegeben sind, die der Moderator einzuhalten hat. In diesem
Zusammenhang lohnt es sich, die offiziellen Programmbestimmungen
zu bemühen, welche fürs Fernsehen und damit auch für
die ARENA verbindlich sind.
In der Bundesverfassung heisst es in Art. 93, Absatz 2: Radio und
Fernsehen ... stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die
Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.
In der SRG Konzession, Art 2, Absatz 4a steht: Die SRG trägt
bei zur freien Meinungsbildung des Publikums durch umfassende,
vielfältige und sachgerechte Information (gilt eher für
Informationssendungen). Für Diskussionssendungen wie die ARENA
steht im Leitbild SF: "Sendungen wie die ARENA" vertiefen kontroverse
Standpunkte und unterschiedliche Haltungen zu aktuellen Themen.
Wir lesen da nichts von Parteienproporz!
Anstelle einer parteipolitischen Sicht, schäle ich zwei
Kriterien heraus, die für die Auswahl der Themen und der Akteure des Profi
-Journalisten und Moderators richtungsweisend sind:
1. Aktualität
Wenn ein Thema unter den Nägeln brennt und in der Oeffentlichkeit
diskutiert wird, gilt das Prinzip: Die Sendung muss ein ATUELLES
Thema kontrovers vertiefen. Wenn es nun eine Partei versteht ein
Thema so zu aktualisieren, dass es in der politischen Landschaft
dominiert, kommt sie zwangläufig häufiger zum Zug. Nur
deshalb, weil das Thema aktuell ist. Die Aktualität ist dann
wichtiger als das Parteibüchlein. Dies erlebten wir beispielsweise
bei den Themen Schäfchenplakat. Die Gegner waren sich bei
diesen heissen Themen viel zu wenig bewusst, dass sie - wie mit
dem Plakatverbot in Basel - die Thematik selbst zusätzlich
aktualisiert hatten. Somit kann Reto Brennwald nicht vorgeworfen
werden, er habe einzelne Akteure bevorzugt. Es war seine Pflicht,
aktuelle Frage aufzunehmen. Damit kamen zwangsläufig die
Initianten mehr zum Zug. Auch dann, wenn das Thema durch die Gegner
zusätzlich aktualisiert worden ist. Der Vorwurf, die Themen
hätten wenig Relevanz, die Sendung habe die Themen der SVP
favorisiert, ist nicht haltbar, weil SVP verstand, die
Themenführerschaft zu übernehmen und sich dadurch prominenter
in der Öffentlichkeit positionierte.
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2. Arenatauglichkeit
Als Coach und Autor von Analysen im Bereich Medienrhetorik stelle
ich fest: Das Fernsehen sollte darauf bedacht sein, dass medientaugliche
Akteure komplexe Sachverhalte verständlich auf den Punkt
bringen. Als Fernsehverantwortlicher hätte ich kein Interesse,
dass die Bevölkerung aus Langeweile wegzappt. Die sogenannte
Arenatauglichkeit ist eine Voraussetzung bei der Auswahl der Redner.
Wenn von gewissen Kreisen kritisiert wird, man hätte zu wenig
Frauen eingeladen, oder man berücksichtige immer wieder die
gleichen Personen, so stimmt dies. Doch müssten sich die
Kritiker einmal fragen, weshalb sie zu wenig medientaugliche
Kandidaten haben. Sie sollten eigentlich dafür sorgen, dass
sie Leute aufbauen, die bei Medienauftritten verstanden werden und
sich ebenfalls medienrhetorisch kompetent verhalten können.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand ernsthaft behaupten
möchte, das Fernsehen könne gezwungen werden, fade Redner
einzuladen, die nicht verstanden werden, nur weil ihr Parteibuch
stimmt. Ich bin überzeugt, dass bei der Auswahl der Redner
die Arenatauglichkeit für die Macher eine wichtige Rolle
spielt. Deshalb dominierte früher Blocher in den elektronischen
Medien, übrigens bevor er Bundesrat war.
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Die Kriterien "Aktualität" und "Interessante, medientaugliche
Persönlichkeit" hat Reto Brennwald stets berücksichtigt.
Er kann nicht verpflichtet werden, gewisse Redner auszuklammern.
Er berücksichtigte immer die Blöcke hinsichtlich der
politischen Positionierung. Was ich im NZZbeitrag beanstande, sind
die unhaltbaren, nicht belegbaren Etikettierungen. Nur weil Brennwald
bei der Abwahl Blochers aufgewühlt gewesen sei, darf er nicht
als Blocheranhänger bezeichnet werden. Alle waren damals bei
der Abwahl überrascht. Der Autor des NZZ Beitrages bleibt den
Nachweis schuldig, dass Reto Brennwald ein Blochersypmpathisant
ist. Wenn einfach Unterstellungen verbreitet werden - ohne
Begründung - ist dies nicht nur schlechter Journalismus. So
etwas darf nicht sein. Wenn dem parteiunabhängigen Moderator
unterstellt wird, er positioniere sich wie Philippo Leutenegger
(der heute als Nationalrat für die FDP politisiert), nur weil
Brennwald wie Leutenegger wieder auf Duelle zwischen links und
rechts setze, wird etwas Wichtiges ausgeklammert. Das Fernsehen
muss die kontroversen Themen anpacken und vertiefen. Der Kritiker
räumt nach dem Rundumschlag gegen den jetzigen Moderator
immerhin ein, dass das Interesse an der ARENA unter der heutigen
Leitung grösser geworden sei. Ich konnte in der ARENA stets
drei Blöcke ausmachen, die berücksichtigt worden waren:
Die SVP mit der EDU (rechte Seite), dann die FDP mit der CVP (Mitte)
und ferner die SP mit den Grünen (linke Seite). Wenn die Gruppe
Gitzendanner gegen den Linksdrall des Fernsehens ankämpft und
auf der andern Seite das Fernsehen nun als rechtslastig bezeichnet
wird, kann die heutige Positionierung gar nicht so schlecht sein.
Das Hauptkriterium der ARENA ist und bleibt: Der Gast oder die
Positionierung des Gastes muss fürs Publikum interessant sein.
Das Fernsehen hat lediglich das Kriterium der Ausgewogenheit zu
erfüllen, respektive die Vielfalt der Meinung. Es bleibt zu
hoffen, dass sich der unabhängige Moderator Brennwald durch
die Unterstellungen nicht instrumentalisieren lässt. Bis jetzt
hat er sich jedenfalls von der Aktualität eines Themas und der
Medientauglichkeit der Gäste stets leiten lassen. Es wäre
bedauerlich, wenn er sich künftig durch die plumpe, fragwürdige
Etikettierung in seiner Handlungsfreiheit einengen liesse. Als Reto
Brennwald hätte ich auf die ungerechten Vorwürfe gar nicht
reagiert. Wenn man ungerechtfertigt attackiert wird, ist dies
leichter gesagt als getan.
Das Kriterium "Ausgewogenheit" gilt nur für öffentlich-rechtliche
Sender. "Ausgewogenheit" ist zudem ein Begriff, der schlecht messbar
ist. So kann ein Politiker wie Blocher oder Lafontaine in fünf Minuten mehr
bewegen als vermutlich neunzig Prozent aller Politiker in einer ganzen Stunde.
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