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www.rhetorik.ch aktuell: (22. Jul, 2008)

Schmids zweite Medienkonferenz

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Samuel Schmid scheint aus Kommunikationsfehlern gelernt zu haben. Er agiert nach dem bewährten Motto: Überlegen- dann reden!" Vor der Medienkonferenz gab beim VBS niemand Auskunft. Gewisse Telefonlinien wurden gesperrt. Der Auftritt wurde angeblich gut vorbereitet und die Präsentation durchdacht und Schmid gebrieft. - Bundesrat trat gefasst und ruhig auf - In der bewussten Startpause schaute er in die Runde und baute mit den Augen eine Brücke zu den anwesenden Journalisten. - Schmid sprach mit einer gewohnt sonorer, väterlicher Stimme. Nur die Stimmfarbe und das Räuspern verrieten die innere Spannung.


Der Auftritt überzeugte in verschiedener Hinsicht nicht nur rhetorisch. Die Botschaften waren vorbereitet, gut nachvollziehbar und verständlich. Der Aufbau hatte einen erkennbaren roten Faden (eine saubere Struktur). Die Aussagen kurz, prägnant:
  1. Im Umgang mit Personen ist das Vertrauen wichtig
  2. Doch ist dies im Umgang mit Personen immer mit einem Risiko verbunden
  3. Ich habe Roland Nef das volle Vertrauen geschenkt und bin voll und ganz hinter ihn gestanden. Denn der Chef Armee konnte Schmid die Hinweise zu seinem Verhalten während seiner Ehekrise glaubwürdig entkräften
  4. Nun sind aber seit Sonntag angeblich erstaunliche Fakten publiziert worden, die verlangen, dass Nef reiner Tisch machen muss
  5. Mein Vertrauen wurde erschüttert und es gibt eine neue Situation
  6. Der Chef Armee hat nun bis 20. August Zeit dem Bundesrat zu beweisen, dass er trotz der privaten Geschichte immer noch vertrauenswürdig ist. Dies ist seine letzte Chance
  7. Bis dahin wird er freigestellt. Sollte das Vertrauen nicht mehr hergestellt werden, würde er dem Bundesrat beantragen, das Verhältnis aufzulösen
  8. Der Bundesrat wird dann entscheiden, wie es weiter gehen wird.
  9. Schmid ferner: Als Verteidigungsminister trete ich nicht zurück, denn ich bin noch handlungsfähig
  10. Ich gestehe, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Ich hätte den Bundesrat über das Strafverfahren unterrichten sollen. Obschon ich davon ausgehe, dass man Brigadier Nef dennoch gewählt hätte. (Er konnte die privaten Probleme gütlich regeln. Nef ist nicht verurteilt worden).
Im Unterschied zur letzten Pressekonferenz war Schmid wesentlich überzeugender. Geschickt war auch, dass er keine Fragen nach der Konferenz zugelassen hatte und keine Interviews gab. Schmid hat gewiss etwas gelernt: An der letzten Konferenz konnten nachträglich in den Antworten Widersprüchlichkeiten nachgewiesen werden. Er behauptete beispielsweise, dass er nichts gewusst habe von Details, denn es sei eine private Angelegenheit Nefs. Hernach konnte jedoch die Sonntagszeitung nachweisen, dass Schmid happige Details und Hinweise zugestellt worden waren. In der heutigen Pressekonferenz wählte Bundesrat Schmid eine raffinierte Formulierung zu diesem Widerspruch: Heute sagte er wortwörtlich "Ich habe die Akten nie gesehen". Er habe Einsicht verlangt und nie erhalten. Die Hinweise der SonntagsZeitung wären nur Gerüchte und Vermutungen gewesen, die Nef alle entkräften konnte.

Mit dem heutigen Auftritt schaffte sich Schmid Luft. Denn er befindet sich ebenfalls im Schussfeld der Kritik und in den Medien und von Politikern wurde bereits sein Rücktritt gefordert. Er ist angeschlagen, könnte aber nicht abgewählt werden. Trotz Führungsmängeln wird er deshalb weiterhin auf Deck bleiben. Mit der zweiten Pressekonferenz verstand es Schmid, von den eigenen Problemen abzulenken. Denn er ist noch nicht aus der Schusslinie: - Dass er den Bundesrat nicht informiert hatte, ist ein gravierender Fehler gewesen. Bundesrat Schmid wollte den Kandidaten so rasch wie möglich "durchboxen". Ich vermute sogar, dass er die Einwände Blochers gefürchtet hatte. Wenn Bundesrat Schmid das Wort Vertrauen so stark betont hat, wiederholte und ins Zentrum der Präsentation stellte, so müsste man auch über die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Verteidigungsministers eingehend über die Bücher gehen. Ich vermute, das dies noch geschehen wird. Aber Schmid wird die Krise überstehen. Für Roland Nef ist die Beurlaubung der Anfang vom Ende, wenn er nicht nachweisen kann, dass alles nur eine Rufmordkampagne ist. Seine Retterin könnte höchstens seine ehemalige Partnerin sein, doch ist daran zu zweifeln, dass sie Roland Nef einen Persilschein aushändigen wird.


SN/Landbote

BERN Für seinen ersten Auftritt im Fall Nef vor den Medien am vergangenen Freitag erhielt Bundesrat Samuel Schmid von Experten vernichtende Kritiken (siehe Ausgabe vom 19. Juli). Schmid habe Airbag-Rhetorik betrieben: viel geredet, aber keine Frage glaubwürdig beantwortet. Ebenso fehlte letzten Freitag eine überzeugende Kernbotschaft, sagte Kommunikationsberater Marcus Knill. Seit seinem letzten Auftritt habe Bundesrat Schmid einiges dazu gelernt, meint Knill: "Ihm wurde ziemlich sicher nahegelegt, keine Fragen mehr von den Journalisten zu beantworten, um so weitere für ihn unvorteilhafte Situationen zu vermeiden." Zudem habe Schmid dieses Mal sehr gut vorbereitet gewirkt, die Aussagen seien nach der längeren Startpause mit Blickkontakt zu den Journalisten kompakt und strukturiert gewesen. Am letzten Freitag habe die Kernbotschaft gefehlt, gestern hingegen habe Schmid eine solche deutlich gemacht: "Bundesrat Schmid machte klar, dass er seinem Armeechef vertraute, dieses Vertrauen erschüttert wurde und er ihm jetzt eine letzte Chance gebe, dieses in ihn gemachte Vertrauen zu bestätigen." Mit dieser Entscheidung habe sich der Bundesrat geschickt Luft verschafft und so seinen Kopf vorläufig gerettet, ist Marcus Knill überzeugt. Für Roland Nef jedoch sehe er schwarz. "Auch wenn Samuel Schmid verneinte, dass sein Armeechef ein Bauernopfer sei, so wurde doch das Problem auf Nef verlagert und Schmid konnte brillant von den eigenen Führungsmängeln ablenken." Indem Schmid gestern vertrauenswürdig redete, habe er sich gegen aussen sicherlich wieder Punkte geholt. Es ist zu hoffen, dass Bundesrat und Parlament die Vertrauenswürdigkeit von Samuel Schmid ebenfalls genauer überprüfen wird. lCORINA HANY




Rede Bundesrat Samuel Schmid an der Pressekonferenz im Wortlaut nach 20 Min

"Es ist eher unüblich, dass sich ein Bundesrat innerhalb von vier Tagen zwei Mal zum gleichen Thema an einer Medienkonferenz äussert. Die Entwicklungen seit meinem letzten Auftritt hier vor Ihnen habe mich aber dazu veranlasst. Am Freitag habe ich gesagt, dass Personalgeschäfte immer mit Risiken behaftet sind. Im Mittelpunkt steht zuallererst das zwischenmenschliche Vertrauen. Dieses zwischenmenschliche Vertrauen spielt im Funktionieren unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle, denn dieses Vertrauen ist, wo es gerechtfertigt ist, Teil eines positiven Menschenbildes. Auch für mich ist das zwischenmenschliche Vertrauen von grosser Bedeutung. Dieses Vertrauen schenkte ich, kombiniert mit einem vernünftigen System von Kontrollen, in den vergangenen 40 Jahren meiner beruflichen und politischen Karriere Hunderten, ja Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur selten wurde mein Vertrauen missbraucht. Dieses Vertrauen habe ich auch in Roland Nef gesetzt, nachdem er einen intensiven und aufwändigen Evaluationsprozess durchlaufen hatte. Am vergangenen Freitag habe ich dieses Vertrauen vorerst nochmals bekräftigt. Ganz besonders in den vergangenen Tagen habe ich viel mit dem Chef der Armee über Vertrauensgrundlagen gesprochen. Ich habe von ihm verlangt, dass er glaubhaft und ohne Interpretationsspielraum alle Mutmassungen, Gerüchte und Vorwürfe mir, dem Bundesrat, den Kommission und der Öffentlichkeit gegenüber zu entkräften habe. Damit soll er den fortlaufenden Diskussionen ein Ende setzen. Ich habe ihm angeboten, dass er sich dazu beurlauben lässt. Roland Nef hat dieses Angebot angenommen. Er hat nun die Aufgabe, bis spätestens zur nächsten ordentlichen Bundesratssitzung am 20. August 2008 Fakten auf den Tisch zu legen, die das ihm geschenkte zwischenmenschliche Vertrauen glaubhaft und ohne Interpretationsspielraum bestätigen. Sollte Roland Nef dies nicht gelingen, sehe ich mich gezwungen, dem Bundesrat an der Sitzung vom 20. August 2008 die Entlassung von Korpskommandant Roland Nef zu beantragen. Der Gesamtbundesrat wird dann darüber zu entscheiden haben. Ich habe mir diesen Entscheid nicht leicht gemacht und mich in dieser Sache auch mit Mitgliedern des Bundesrates beraten. In gewisser Weise ist nämlich das, was ich vom Korpskommandanten Roland Nef verlange, in unserem Rechtsstaat abnormal: Der Beschuldigte muss seine Unschuld beweisen. Unser System in der Schweiz verlangt das Gegenteil. Zudem verlangt es, auch den Respekt vor Persönlichkeitsrechten. Ich bitte Sie deshalb nun, Roland Nef die Chance zu geben, zu beweisen, dass er zu Recht Vertrauen verdient. In dieser hektischen Zeit muss auch die Wahrheit eine Chance haben. Wie das Resultat Ende dieses Monats auch immer ausfallen mag, eines will ich hier klar und deutlich festhalten: Korpskommandant hat während seiner militärischen Laufbahn stets gute Arbeit geleistet. Während der Beurlaubung von Korpskommandant Roland Nef wird der stellvertretende Chef der Armee, Divisionär André Blattmann, die Führung der Armee interimistisch übernehmen. Ich kann mir vorstellen, welche Fragen sich Ihnen nun stellen und ich werde Ihnen diese nach Möglichkeit auch beantworten. Warum habe ich diese Fakten nicht schon früher von Herrn Roland Nef eingefordert? Wie ich bereits gesagt habe, geht es hier um den Respekt vor der Privatsphäre und das zwischenmenschliche Vertrauen. Ich erinnere Sie daran, dass Roland Nef bis zum heutigen Tag nie verurteilt wurde. Zudem hält die Zürcher Staatsanwaltschaft in diesem Fall fest, dass an einer weiteren Strafverfolgung weder ein privates noch ein öffentliches Interesse bestehe. Ich habe die offiziellen Akten der Zürcher Behörden bisher nicht gesehen. In der letzten Zeit habe ich mehrmals Einsicht verlangt, bisher aber noch nicht erhalten, weil die Zustimmung aller Parteien hierfür nötig ist. Ich erinnere Sie nochmals daran: Roland Nef wurde einem strengen Selektionsprozess unterworfen und er wurde sicherheitsüberprüft. Zudem habe ich Herrn Nef vor seiner Ernennung die Bedingung gestellt, dass die Untersuchung gegen ihn vor Amtsantritt rechtskräftig eingestellt sein muss. Wie Sie wissen, war dies dann auch der Fall. Nun fragen Sie sich, ob ich zu viel Vertrauen hatte? Wenn ich heute zurückblicke, dann gebe ich all jenen Recht, die mir vorwerfen, dass ich möglicherweise zu viel Vertrauen hatte. Rückblickend wäre es angezeigt gewesen, wenn ich den Gesamtbundesra informiert hätte. Obwohl ich keine förmliche Rechtspflicht hatte. Die Verordnung verlangt geordnete Verhältnisse. Das ist bei einem Strafverfahren in Frage gestellt, bei einem Ermittlungsverfahren hingegen nicht. Ich glabue aber noch heute daran, dass der Entscheid des Bundesrates nicht anders ausgefallen wäre, wenn ich ihn unterrichtet hätte. Noch einmal: Das Verfahren zur Wahl des neuen Chefs der Armee - wie ich es ihnen am Freitag dargelegt habe - war einwandfrei. Trotzdem will ich den gesamten Überprüfungsprozess für hohe Kader in meinem Departement durchleuchten. Ich warne aber dennoch davor, ein Klima des Misstrauens zu schaffen. Das zwischenmenschliche Vertrauen ist eines der wichtigsten Fundamente für eine funktionierende Zusammenarbeit - überall. Dieses Vertrauen muss aber gerechtfertigt und von einem vernünftigen System der Kontrolle begleitet sein. 'Also Herr Schmid, müssen Sie nun zurücktreten?' Die Frage muss eher lauten: 'Bin ich noch handlungsfähig?' Meine Antwort: Ja, ich bin handlungsfähig. Dies zeigen mir Reaktionen, welche ich von verschiedenen Seiten erhalten habe - in erster Linie von meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundesrat und von vielen Mitgliedern des Parlaments. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass ich auch in Zukunft im Interesse unseres Landes im Parlament Mehrheiten für die Vorlagen meines Departementes finden werde. Manche unter Ihnen mögen nun in Korpskommandant Roland Nef ein Bauernopfer sehen. Nein, der Chef der Armee ist kein Bauernopfer. Er wäre eines gewesen, wenn ich ihn beim ersten Anzeichen von Problemen hätte fallen lassen. Ich stehe hinter ihm. Er ist nun aber aufgefordert, mein Vertrauen und dasjenige der Öffentlichkeit zu bestätigen. Gemäss der 'SonntagsZeitung' soll ich bereits am 27. Juni 2008 im Detail über die Vorwürfe gegen Roland Nef informiert gewesen sein. Nun: Gestern tauchte in der 'SonntagsZeitung' erstmals ein Ausriss eines offenbar amtlichen Dokuments auf. Dieses habe ich zuvor nie gesehen. Es trifft aber zu, dass die 'SonntagsZeitung' in den vergangenen Wochen mehrmals mit immer wieder ändernden Listen von Vorwürfen an das VBS herangetreten ist. Einen Beleg für diese Vorwürfe hat die 'SonntagsZeitung' dem VBS nie mitgeliefert. Und hier komme ich wieder auf das zwischenmenschliche Vertrauen zu sprechen. Ich habe Roland Nef mit den Vorwürfen konfrontiert. Er hat sie immer - für mich glaubhaft - zurückgewiesen. In den vergangenen Tagen haben mir senie mündlichen Zusagen jedoch nicht mehr gereicht und ich habe von ihm verlangt, dass er glaubhaft und ohne Interpretationsspielraum alle Mutmassungen, Gerüchte und Vorwürfe aus dem Weg räumt. Dazu soll er jetzt die Möglichkeit haben. Ich will hier aber auch klar festhalten, dass wir in einem funktionierenden Rechtsstaat leben und keine Volksjustiz kennen. Nichtsdestotrotz muss ein Chef der Armee nicht nur das Vertrauen seines Vorgesetzten, sondern auch der breiten Bevölkerung haben. Ja, rückblickend habe ich mit der Nicht-Information des Bundesrates einen Fehler gemacht und ich bedauere dies. Nun geht es aber darum, vorwärts zu schauen. Ich bin überzeugt, dass ich meine Aufgabe für dieses Land und für die Bewohnerinnen und Bewohner nach wie vor erfüllen kann. Und ich bin überzeugt, dass unsere Armee diesen Abschnitt schadlos überstehen und auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag für die Sicherheit aller in unserem Lande leisten wird." Quelle: SDA/ATS




Nachtrag vom 25. Juli, 2008: Nef tritt ab.

Roland Nef räumt seinen Posten per sofort. Damit zieht der Armeechef die Konsequenzen aus den Enthüllungen zum Trennungsstreit zwischen ihm und seiner Exfreundin. Nef räumt Fehler ein und bedauert, dass Bundesrat Schmid seinetwegen in die Kritik geraten ist. Indem Nef seinen Job zur Verfügung stellt, wird wohl der wochenlange Medienwirbel der Fall Nef abgeschlossen sein. Niemand wird erfahren, was Korpskommandant Nef wirklich verschuldet hat. Wieviel er der Partnerin bezahlt hat (Schweigegeld?) und ob die üblen Stalkingvorwürfe tatsächlich zutreffen.

Im Fall Schmid gibt es eine Verschnaufpause. Schmid wird im Amt bleiben. Das VBS soll durchleuchtet werden. Dem Verteidigungsminister wird nicht nahe gelegt zurückzutreten. Wir gehen davon aus, dass das Parlament kein Interesse hat, dass ein Blocher Hardliner den Sitz Schmids belegen könnte. Doch ist Schmids Image angeschlagen.


Baz- online: Schmid kommt mit einem blauen Auge davon: Verteidigungsminister Samuel Schmid hat die Affäre rund um Armeechef Roland Nef vorerst mit einem blauen Auge überstanden. Die sicherheitspolitischen Kommissionen des National- und Ständerats haben am Freitag darauf verzichtet, ihn zum raschen Rücktritt zu drängen. Der Auftritt Schmids an einem Hearing wurde jedoch als nicht befriedigend eingestuft. Wie Bruno Zuppiger (SVP/ZH) als Präsident der Sicherheitskommission des Nationalrats vor den Medien bekannt gab, wurde die von den Grünen und der SVP eingereichte Rücktrittsforderung an Schmid mit zwölf gegen acht Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt. Damit erhält Schmid in der Affäre Nef zwar wieder etwas Luft, das Ergebnis der Abstimmung sei aber dennoch eine klare "Misstrauensbezeugung", sagte Zuppiger. In der Sicherheitskommission des Ständerats war kein Antrag traktandiert, so dass sich deren Mitglieder auch nicht formell zum politischen Schicksal des angeschlagenen Verteidigungsministers zu äussern hatten. Kaderselektion soll verbessert werden: Gutgeheissen hat die nationalrätliche Kommission hingegen mehrere Vorstösse mit dem Ziel, die Kaderselektion im Verteidigungsdepartement und in der Armee zu verbessern und im konkreten Fall auch die Umstände der Wahl von Nef zu untersuchen. Sowohl Zuppiger wie auch der Präsident der ständerätlichen Sicherheitskommission, Hans Altherr (FDP/AR), verwiesen jedoch darauf, dass es nicht Aufgabe der parlamentarischen Aufsicht sein könne, sich in operative Angelegenheiten einzuschalten. Sie machten zudem auch deutlich, dass Nef seit dem Amtsantritt als Armeechef zu Beginn dieses Jahres keine Fehler gemacht habe und auch mit Blick auf seine von den Medien publik gemachten privaten Probleme eine Privatsphäre verdiene. Das von ihm am Freitag eingereichte Angebot zur "Auflösung des Arbeitsverhältnisses" mit dem Bund wurde jedoch von beiden Kommissionspräsidenten begrüsst, weil ein anhaltender Wirbel um die Person von Nef dem Ansehen der gesamten Armee weiter schaden würde, wo zurzeit doch vor allem wieder Ruhe einkehren müsse, wie Zuppiger sagte. Evaluationsverfahren geschildert: An der Anhörung vor den Mitgliedern der beiden Parlamentskommissionen, an der neben Verteidigungsminister Schmid auch der bald abtretende Armeechef teilnahm, kamen nach Auskunft von Altherr keine brisanten Neuigkeiten ans Tageslicht. Nef habe sich detailliert zum Wahlverfahren geäussert und auch Fragen beantwortet. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen habe er jedoch nicht weiter Stellung genommen. Schmid selbst habe ebenfalls sehr ausführlich das Evaluationsverfahren für den neuen Armeechef geschildert, doch auch von ihm habe man "nichts grundsätzlich Neues" erfahren, sagte Altherr. Es sei aber klar, dass beim Verteidigungsminister die Warnglocken zu spät geläutet hätten und auch sein Verzicht, den Gesamtbundesrat über das Strafverfahren gegen Nef zu informieren, eine Fehlleistung gewesen sei. Dies seien aber keine sehr gravierenden Fehler gewesen, sagte Altherr. Vorwurf nicht ausgeräumt: Bereits am vergangenen Montag hatte der Verteidigungsminister vor den Medien eingeräumt, dass er insbesondere mit der Nicht-Information des Gesamtbundesrats über das inzwischen eingestellte Strafverfahren gegen Nef einen Fehler gemacht habe, den er auch bedaure. Er zeigte sich damals aber - wie nun auch wieder vor den Sicherheitspolitikern des Parlaments - überzeugt, dass die Wahl von Roland Nef zum neuen Armeechef korrekt abgelaufen ist. Den Vorwurf, sich ungenügend über seinen Wunschkandidaten ins Bild gesetzt zu haben und nun einfach den Schwarzen Peter weiterzugeben, um seine eigene Haut zu retten, konnte Schmid allerdings auch bei seinem jüngsten Auftritt vor den beiden Parlamentskommissionen nicht ausräumen, wie Zuppiger durchblicken liess. Andeutungen, wonach Schmid auch ohne Druck des Parlaments schon bald seinen Sessel im Bundesratszimmer räumen könnte, habe der Chef des Verteidgungsdepartements (VBS) am Freitag nicht gemacht.


Nachtrag vom 20. August 2008: Die Ereignisse im Überblick: Quelle: 20 Minuten
  • 8. Juni 2007: Brigadier Roland Nef wird vom Bundesrat auf Antrag von Verteidigungsminister Samuel Schmid zum Armeechef ernannt. Er löst auf Anfang 2008 Christophe Keckeis ab.
  • 13. Juli 2008: Die "SonntagsZeitung" enthüllt, dass der neue Chef der Armee zum Zeitpunkt der Ernennung in ein Strafverfahren verwickelt war. Dieses war durch eine Anzeige seiner früheren Partnerin ausgelöst worden. Das VBS weist darauf hin, dass das Verfahren Ende 2006 durch eine Anzeige "in einer rein privaten Angelegenheit" ausgelöst und im Herbst 2007 eingestellt worden sei. Zur Art des Verfahrens macht das VBS keine Angaben.
  • 14. Juli 2008: Das VBS bestätigt, dass Schmid den Bundesrat nicht über das Verfahren gegen Nef informiert hatte. Er habe dies nicht für nötig befunden, weil mit Nef eine Vereinbarung bestand, wonach dieses Verfahren bei Nefs Amtsantritt durch Einstellung erledigt sein müsse. Andernfalls könne er nicht Chef der Armee werden. Schmid verspricht, die Information der Regierung und der Parlamentskommissionen nachholen zu wollen.
  • 15. Juli 2008: Erstmals äussert sich Nef selber, und zwar in einer schriftlichen Erklärung seiner Anwälte und im Einvernehmen mit der Anwältin seiner ehemaligen Partnerin. Demnach ging es bei dem Verfahren gegen ihn nicht um häusliche Gewalt. Nef verweist auf ein Stillschweigeabkommen, das er und seine Ex-Freundin abgeschlossen hätten. Aus seiner Sicht zeigt die Verfahrenseinstellung, dass es am öffentlichen Interesse einer Strafverfolgung gegen ihn gefehlt hat.
  • 16. Juli 2008: Zu einem Bericht von Schweizer Radio DRS, wonach Nef bei der Verfahrenseinstellung eine Wiedergutmachungszahlung an seine frühere Partnerin geleistet habe, gibt es keine Stellungnahmen vom VBS und von Nef.
  • 17. Juli 2008: Nef kündigt via seine Anwälte Klagen gegen Medien an. Vor den Bundeshausmedien bezeichnet er sich später als Opfer einer Rufmord-Kampagne. Ein Rücktritt komme nicht in Frage. Er habe kein Schweigegeld, aber eine Wiedergutmachungszahlung geleistet. Zum Inhalt des damaligen Verfahrens macht Nef weiterhin keine Angaben, räumt aber ein, die Ablösephase bei der Trennung von seiner Partnerin sei ihm schwer gefallen.
  • 18. Juli 2008: Verteidigungsminister Schmid tritt erstmals vor die Medien und stärkt dem Armeechef den Rücken. Er bestätigt, dass eine neue Sicherheitsüberprüfung Nefs erst nach dessen Wahl erfolgte. Schmid ist überzeugt, beim Wahlprozedere richtig gehandelt zu haben, will den ganzen Vorgang aber nochmals prüfen lassen. Den Bundesrat will der VBS-Chef an der ersten Sitzung nach der Sommerpause informieren.
  • 20. Juli 2008: Neue Enthüllungen der "SonntagsZeitung" bringen Nef und Schmid weiter unter Druck. Es steht der Vorwurf im Raum, Nef habe seine Ex-Partnerin im Herbst 2006 unter anderem dadurch belästigt, dass er in ihrem Namen auf Sexinserate reagierte und E-Mails mit ihren persönlichen Koordinaten samt Bild verschickte. Nef reagierte mit der Stellungnahme, es handle sich um eine Fortsetzung der Rufmord-Kampagne gegen ihn. Bundespräsident Pascal Couchepin will sich nun persönlich um das Dossier kümmern.
  • 21. Juli 2008: Verteidigungsminister Samuel Schmid tritt erneut vor die Medien und gibt die vorläufige Beurlaubung von Armeechef Nef bekannt. Er setzt ihm ein Ultimatum bis zum 20. August, um sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Andernfalls soll Nef als Armeechef entlassen werden. An einen eigenen Rücktritt denkt Schmid nicht.
  • 25. Juli 2008: Armeechef Nef wirft das Handtuch. Er bietet dem Bundesrat die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses "im gegenseitigen Einvernehmen" an. Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats lehnt es mit zwölf zu acht Stimmen ab, Schmid zum Rücktritt aufzufordern.
  • 17.August 2008: Bundespräsident Pascal Couchepin spricht sich für die Unterstützung von Verteidigungsminister Samuel Schmid im Bundesrat aus. Die Affäre Nef solle nicht zur Affäre Schmid gemacht werden, sagte Couchepin in einem Zeitungsinterview.
  • 20. August 2008: Der Bundesrat beendet das Arbeitsverhältnis mit dem beurlaubten Armeechef definitiv. Er erhält eine Abgangsentschädigung von 275 000 Franken und Lohn bis Ende Februar 2009.




Nachtrag vom 4. September 2008

Nachdem herausgekommen ist, dass Schmid schon früher über die Nef Geschichte informiert worden war flammt die Kritik wieder auf.



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