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Zum Auftritt von Roland Nef: "Roland Nef steckt in einer Kommunikationskrise, obwohl er es nicht wahr haben will. Und in einem solchen Fall, gibts ganz einfach Regeln, die zu befolgen sind: nicht lügen, rasch informieren und transparent informieren. Den ersten Punkt kann ich nicht beurteilen, in den beiden anderen Punkten hat Nef versagt. Er dachte, sein Auftritt wird zum Befreiungsschlag, aber das wurde er definitiv nicht. Die Geschichte ist somit noch lange nicht ausgestanden. Erst las Nef eine persönliche Erklärung vor, dann stellte er sich den Fragen der Journalisten. Als Antworten wiederholte Nef die immer gleichen Sätze, verweigerte zusätzliche Informationen und verwies auf das Recht auf Privatsphäre. Doch spätestens als er von seiner "intensiven Liebesbeziehung" sprach und zugab, dass er "nicht immer besonnen gehandelt" habe, hat er selbst Geschichte öffentlich gemacht. Augenfällig war der Unterschied zu Nefs Auftritt nach dem Kander -Unglück: Damals wirkte er sympathisch, erhielt viel Kredit. Davon ist jetzt leider nicht mehr viel übrig. So rasch geht es mit der Glaubwürdigkeit. Es braucht gewiss viel, sehr viel, bis der Armeechef das verlorene Vertrauen wieder zurückgewinnen kann." |
Zum Auftritt von Samuel Schmid: "Auch die Kommunikation von Samuel Schmid ist bedenklich: Versteckspielen, Schweigen, Abtauchen ist in Zeiten der Krisenkommunikation sicher einer der gravierendsten Fehler. Wie die alte Fasnacht meldete er sich am Freitagnachmittag auch noch zu Wort. Wie Nef hat er versucht, die Sache zu beschönigen, zu bagatellisieren und wie Nef hat er es nicht geschafft, glaubwürdig zu wirken. Schmid wirkte zwar zu Beginn, als er mit seiner sonoren Stimme seine vorbereitete Erklärung - ohne Gestik und spärlichem Blickkontakt - vorlas, ruhig, versunken, glaubwürdig. Der Ton hat jedenfalls Sicherheit vermittelt. Beim Frageblock hingegen störten die vielen Satzbrüche, das Lavieren beim Antworten. Die vielen "Ähs" und vagen ausweichenden, zum Teil hektischen Antworten waren eindeutig als Stresssignale erkennbar. Schmid hat wie Nef betont, das Vertrauen der Bevölkerung zu geniessen. Während der letzten Tage hörte ich mich bewusst in der Bevölkerung um. Da war gar nichts von Vertrauen zu hören. Interessant: Der Armeechef will nicht zurücktreten - weil er ja nur privat unbesonnen gehandelt hat und der Verteidigungsminister ist sich keines Fehlers bewusst. Beide kennen dafür die Schuldigen: Es sind die Medien. | |
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Experten sind sich einig: Roland Nef hat ein Anrecht auf eine
Privatsphäre. Die Medien haben auch ein Recht Fragen zu stellen,
vor allem dann, wenn Widersprüche auftauchen. Wenn jedoch ein
Departementschef einen Kronfavoriten trotz hängigem Strafverfahren
die Bundesratskollegen überrumpelt und der oberste Armeechef
widersprüchliche Aussagen macht, müssen wir uns nicht wundern,
dass man nicht mehr nur von einen Fall Medien sprechen darf. Schmid und
Nef waren sich zwar einig: Die unbesonnenen privaten Handlungen haben
nichts mit dem Job Armeechef zu tun. Dies ist reine Privatsache und geht
die Medien nichts an. Für beide kann der Charakter geteilt werden.
Es gibt ein unbeherrschtes und unbesonnnenes Verhalten im privaten
Bereich und es geht um ein besonnenes Handeln im Job. Deshalb will
Nef nicht zurücktreten, wie KKdt Knutti, der nur einen Formfehler
hinsichtlich Beförderungsreglement gemacht hatte. Bundesrat Schmid
glaubt auch, immer völlig richtig gehandelt zu haben und betont: Ich
würde heute auch wieder so handeln. Für ihn war die eindeutige
"Pflichtverletzung der Nichtinformation des Bundesrates" lediglich ein
bewusstes kalkulierbares Risiko gewesen. Beide sind sich einig: Schuldig sind allein die Medien. Es geht bei der Geschichte vor allem um Amtsgeheimnisverletzung und um die Verletzung der Privatsphäre. Blick muss eingeklagt werden. Ich gehe davon aus, dass der jüngsten Medienwirbel nicht so schnell nur als "Fall Medien" abgetan werden kann. Es gibt auch einen "Fall Nef" aber auch einen "Fall Schmid". Mich erstaunt es, dass auf oberster Armeeebene die einfachsten Krisenkommunikationsgrundsätze so krass missachtet wurden.
Obschon Radio, Fernsehen und Printmedien seit Tagen über den Fall berichtet hatten, konnten Nef und Schmid die Situation nicht beruhigen. Im Gegenteil, die Glaubwürdigkeit litt von Tag zu Tag mehr. - Obschon die Presse Auszüge aus den Polizeiprotokollen publiziert hatte, weiss die Bevölkerung immer noch nicht, was der Armeechef tatsächlich gemacht hat. Es heisst lediglich: Die Geschichte wurde gütlich bereinigt. Warum wollte Schmid keine Details erfahren, obwohl man ihn man ihm vor der Wahl konkrete Fakten hat zukommen lassen? Warum stellte er keinen Antrag zur Aufhebung der Schweigepflicht?
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Nachtrag vom 20. Juli, 2008
Laut Schweizer Fernsehen Tagesschau stimmt es nicht, dass Bundesrat Schmid von den persönlichen Problemen seines Anwärters für den höchsten Posten der Armee nichts gewusst hat.
Solche Geschichten sind Gift in einer Kommunikationskrise. Aussagen müssen später korrigiert werden und ältere Aussagen stimmen nicht mit der Wirklichkeit überein. Wenn sich jemand in Krisensituation falsch verhalten hat, folgen Rundumschläge oder der Betroffene kriecht sich oft beleidigt ins Schneckenhaus zurück. Nach 20 Min-online ist diese Phase nach dem Medienwirbel in der Sonntagspresse bereits eingetroffen:
Jetzt ist es zu spät mit dem Rückzug. Die Medienmaschinerie läuft. Nef hätte früher konsequent sein sollen. Indem er an seiner Pressekonferenz den Medien Andeutungen gemacht hat und doch etwas von sich preisgegeben hatte (Vergleichen wir einmal die Journalisten mit Amseln, die im Rasen nach dem Regen Würmern suchen), muss er sich nicht ärgern, wenn die Journalisten nun den Kopf des Wurmes ruckartig ganz ans Tageslicht zerren. Mit dem Rundumschlag gegen die Medien schlägt sich Nef letztlich selbst. Es bleibt ihm nur noch: Entweder ein Mea culpa. Oder Nef müsste den Sachverhalt so offen legen, dass alle sehen, dass der Armeechef unschuldig ist. Das kann er aber nicht, weil er mit der ExFrau eine Vereinbarung getroffen hat, dass er die Details nicht offen legen kann. Es sieht nicht gut aus. Die SonntagsZeitung neue brisante Einzelheiten zur persönlichen Auseinandersetzung des Armeechefs mit seiner Ex-Partnerin aufs Tapet. Obschon es um vertrauliche Akten geht, wurde ein Ausriss aus einer Akte publiziert, die veranschaulichen, dass Nefs unbesonnenen Handlung gravierender waren als vermutet. Es sind zwar illegale Enthüllungen, die eingeklagt werden könnten. Sollte jedoch der Inhalt stimmen, so sieht die Oeffentlichkeit in der Aufdeckung der Ungereimtheiten keinen Rufmord. Viele werden den Mut der Journalisten loben. Angenommen, es könnte tatsächlich nachgewiesen werden, dass der Armeechef mit einer Geldsumme die "Nötigung" zur einer gütigen Einigung erkaufen konnte und es könnte auch nachgewiesen werden, dass Bundesrat Schmid tatsächlich davon gewusst hatte (an der Pressekonferenz bestritt er dies zwar eindeutig), dann würde es für beide recht brisant. Immer wenn die Presse Falschaussagen oder einen Missstand mit illegalen Mitteln aufgedeckt, ist die Öffentlichkeit nachsichtig. Falls die Berichte der SonntagZeitung beweisen, dass mit fragwürdigen Mitteln bei der Wahl gezinkt worden ist und Bundesrat Schmid an der Pressekonferenz gelogen hat, so nimmt die Mediengeschichte eine neue Dimension an. Der Armeechef wird dann mit seiner Rufmordklage kaum grossen Erfolg haben. Noch diese Woche wird eine Sitzung der Sicherheitskommission einberufen. Dies überrascht. Es ist eine Kehrtwende. Man wollte nämlich noch zuwarten. Doch die neuen Enthüllungen führten zum Umdenken. Jetzt geht es um die Glaubwürdigkeit der Armeespitze und das Vertrauen in die Armeeführung. Das VBS darf in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt bleiben. Bundesrat Schmid muss sich an der nächsten Sitzung rechtfertigen und zu all den happigen Vorwürfen Stellung nehmen. Bereits liegen die ersten Rücktrittsforderungen auf dem Tisch. Die Causa Nef/Schmid hat somit neue Formen angenommen auf politischer Ebene. Der Fall rückt jetzt in eine heisse Phase.
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