Nachtrag vom 26. Februar: Fischer räumt erstmals Fehler ein.
Dank "Mea Culpa" gerettet?
Wir haben verschiedentlich gesehen,
dass sich Politiker dank Mea culpa aus dem Schussfeld der Kritik nehmen konnten.
Wir gehen davon aus, dass dies auch Aussenminister Fischer gelingen wird.
Bundesaussenminister Joschka Fischer ging am Parteitag der
nordrhein-westfälischen Grünen in Köln in die Offensive.
Leicht zerknirscht räumte Aussenminister Joschka Fischer vor den
Kollegen der NRW-Grünen in Köln erstmals eigene Fehler in der
Visa-Affäre ein. ,br>
Die Grünen erwarteten endlich Klartext vom Aussenminister,
daraus machten die meisten Delegierten keinen Hehl. Und auch die
Erwartungen der Öffentlichkeit hätte kaum höher sein
können. Im Kölner Gürzenich, einem uralten Prachtbau,
waren die Parteimitglieder gegenüber Hunderten von Pressevertretern
klar in der Minderheit.
"Ich muss einfach anerkennen, dass die Öffentlichkeit jetzt
Aufklärung fordert."
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sagte Fischer. Und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu:
"Ihr wisst ja, zum Weglaufen tauge ich nicht."
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Gleich darauf sprach er von "zwei Fehlern", die er und nicht die
grüne Partei zu verantworten habe:
"Zu dieser Verantwortung stehe ich, da schiebe ich nichts ab",
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sagte er mit leiser Stimme. Als Minister habe er zugelassen, dass das
Instrument des Reiseschutzpasses "noch missbrauchsanfälliger"
geworden sei. Ausserdem habe er in den Jahren 2000 bis 2002 "nicht
schnell und nicht entschlossen genug" gehandelt.
Und schliesslich:
"Was mich innerlich umtreibt, ist schuld daran zu sein, dass die CDU
jetzt die unglaubliche Diffamierung gegen unsere Politik öffentlich
vornehmen kann."
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Wer nach Fischers Weigerung, schnell vor dem Untersuchungsausschuss des
Bundestages auszusagen, eine detaillierte Aufklärung erwartet hatte,
wurde enttäuscht:
"Beim besten Willen: Ich kann diese Details aus dem Gedächtnis
nicht nachvollziehen"
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Dann schlug er kämpferischere Töne an:
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"Es geht jetzt darum, dass wir diese unsägliche Skandalisierung
nicht hinnehmen"
rief er den Delegierten zu.
"Überall wird über die Öffnung der Ukraine nach Europa
gesprochen. Im Europaparlament hat auch die CDU dafür gestimmt. Also,
was soll dann diese unsägliche Kampagne?" Als Exportweltmeister
lebe Deutschland von der Welt und müsse sich für die Welt
öffnen." Alles andere wäre auch ein wirtschaftliches Desaster.
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Kaum hatte Fischer nach seiner knapp 20-minütigen Rede den Saal
verlassen hat, flammten die Diskussionen zwischen den Stuhlreihen
wieder auf: War das jetzt endlich der ersehnte Befreiungsschlag?
"Es war eine tolle, sehr motivierende Rede", erklärte
Spitzenkandidatin Bärbel Höhn in ihrer ersten Reaktion.
"Jetzt freue ich mich darauf, mit Joschka Fischer Wahlkampf zu machen."
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CSU-Generalsekretär Markus Söder sah in der Kölner Rede
ein taktisches Manöver.
"Fischer hat zwar klare Worte angekündigt, sich aber wiederum ins
Pauschale geflüchtet. Fischer muss endlich volle Aufklärung
leisten und alle Karten auf den Tisch legen", sagte Söder am Samstag
in München. Es müsse nun konkrete Antworten auf die Frage geben,
wann Fischer von welchen Missständen gewusst hat oder hätte
wissen müssen und wann er sie abgestellt hat.
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FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper warf Fischer vor, die
Affäre auf unerträgliche Weise zu bagatellisieren.
"Wir reden hier über verbrecherischen Frauenhandel und andere
Schwerstkriminalität, und der Aussenminister tut so, als habe er
einen Hühnerdiebstahl übersehen"
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erklärte sie am Samstag in Berlin.
Wenn Fischer mit solchen Ausflüchten weitermache, "ist er Ende
des Jahres nicht mehr Aussenminister, weil er über sich selber
stürzt", meinte sie und ergänzte: "Der Aussenminister hat klar
seinen Amtseid gebrochen, der ihn verpflichtet, Schaden vom deutschen
Volk abzuwenden. Fischer gehört vor den Untersuchungsausschuss,
und zwar schnellstens."
Nach unserer Meinung ist der erste Befreiungsschlag geglückt. Die
Geschichte mit dem Untersuchungsausschuss ist noch nicht vom Tisch. Wir
hatten das Schweigen und das Ausstehen der Anschuldigungen beanstandet.
Schweigen ist nicht immer Gold. Ebenfalls heute gab der Präsident
des Schweizerischen Fussballverbandes offen und unverblümt zu, bei
der Spuckaffaire krasse Fehler
hinsichtlich Kommunikation gemacht zu haben. Trotz früherer Kritik wurde
der einsichtige Präsident ohne Gegenstimme wieder gewählt.
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