Erfolgsgeheimnis wohldurchdacht
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Schon beim Medienphänomen Big Brother
fragten sich Fachleute, wie ein unbekannter Junge über Nacht (ohne grosse eigene
Leistung) so berühmt werden konnte. Zlatzo wurde damals nach wenigen
Wochen zu einem Superstar. Nach dem unerwarteten Erfolg versuchte
er sich als Sänger, wollte auch mit CDs reich werden und seine Haut
so teuer wie möglich vermarkten. Heute ist der Stern "Zlazlo"
bereits wieder in der Versenkung verschwunden.
Wie gelingt es der Fernsehindustrie und den PR Drahtziehern, die
konsumversessene Jugend mit einer Pseude-Popstarfabrik zu fesseln und
das Interesse der Massen dermassen zu wecken?
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Medien leben von Superlativen. Es gibt Superminister,
Superabfindungen, Superreiche und auch Superstars.
Ein Leser fragte jüngst in seinem Leserbrief: Weshalb sucht eigentlich
Deutschland nicht ein Superhirn?
Simon Fuller erfand die RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar."
Vielleicht verfügt er über so ein Superhirn, denn:
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Das Konzept "Superstar" ist wohldurchdacht
Hinter der Show steht eine raffinierte Architektur.
Es sieht so aus, als entscheide nur der Zuschauer über Erfolg oder
Misserfolg. Laien merken kaum, dass die Urteile der Vorselektionen, die
gezielten Fachbeurteilungen und die Medienkommentare oder Medienberichte
das "eigene" Urteil beeinflussen.
Die Zuschauer werden unmerklich manipuliert und unterliegen den
Phänomenen der Suggestion und Propaganda.
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Es geht natürlich um viel Geld und Einschaltquoten. Die Macher
möchten Millionen von CDs verkaufen. Themen und Personen werden deshalb
bewusst emotionalisiert.
Das Erfolgskonzept basiert auf einer Mischung von
Blut, Schweiss, Tränen, Schadenfreude, Nähe und vertraulichen
Hintergrundgeschichten. Die
Klatschsucht wird ebenfalls genutzt.
Wichtig ist vor allem, dass es zu einem breiten Medienverbund und damit einem
Dominoeffekt kommt.
Bei Superstar spielt dies alles hervorragend zusammen. Die Personalisierung
führte rasch dazu, dass die Superstargruppe nicht nur im RTL Programm
omnipräsent ist. Die konstante Medienpräsenz beschleunigt den
Durchbruch, d.h. die gewünschte Einschaltquoten. In Nachrichtensendungen,
Boulevardmagazinen muss überall von den letzten "Superstar-Mohikanern"
geschrieben und gesprochen werden. Ganz Deutschland bewegte wochenlang
die Frage, wer als nächstes ausscheiden werde.
Emotions-Psychologie
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Die Psychologin Juliana Alon "betreut" die Superstar- Kandidaten.
Geschickt verstand sie es, die Gefühlsausbrüche vor der
Kamera zu rechtfertigen. Für sie sind die Nervenzusammenbrüche
vor der Kamera gesund. Sie behauptet: "Wer weint und schreit,
erfährt eine Selbstreinigung und ist nachher rascher stabilisiert."
Nach ihrer Meinung haben jene Menschen Probleme, die ihre Emotionen nicht
zeigen. Die These leuchtet ein: Wer die Gefühle nicht auslebt,
schadet sich. Da die Sendung von Emotionen lebt, kommt diese
Selbstschutzbehauptung den Produzenten entgegen. Eine Fachfrau wird
zur Anwältin der erwünschten Seelenstriptease-Shows.
Die Macher werden von der Alibi-Psychologin entlastet.
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Psychische Schädigungen?
Wir halten die Kandidaten für nicht hinreichend geschützt.
Sie sind zu jung, um die Folgen der emotionalen Entgleisungen zu
erkennen. Die Anwältin der Gefühlsausbrüche erinnert
uns an jenen Psychologen, der die Big Brothergruppe angeblich
"betreut" hatte.
Wer Jugendliche ohne fachgerechte Begleitung psychische Belastungsgrenzen
unkontrolliert überschreiten lässt - und dies sogar als hilfreiche
Herausforderung rechtfertigt - muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit
dem sog. "performativen Realitätsfernsehen" dem Marketingkonzept der
Verwertungsmaschinerie von Bertelsmann zu dienen. Unkontrollierte
Gefühlsausbrüche in der Oeffentlichkeit haben nichts zu tun mit
fachgerechter Psychotherapie. Aus unserer Sicht ist dieses unkontrollierte
"Laisser faire" fahrlässig. Wenn Psychologin Alon behauptet, dass das
Ausweinen vor der Kamera für die Betroffenen hilfreich ist und sich
positiv auswirkt, scheint sie bei all jenen Kandidaten
Schädigungen in Kauf zu nehmen, die schweigen und den Frust in
sich hineinfressen. Diese Typen, die nicht heulen können,
sind jedoch in der Mehrzahl. Ob Heulen oder Schweigen: Die
Nachwirkungen zeigen sich leider erst später. Ob
diese Geschädigten nachträglich von der Fachfrau psychisch
betreut werden, darf bezweifelt werden. Mit dem Argument vom
"Seelenreinigungsprozesses vor der Kamera" hat die Psychologin im Grunde
genommen ein Eigentor geschossen. Denn bei all jenen , die sich nicht
"reinigen" können, lässt die Psychologin psychische
Schädigungen zu.
Massenpsychologie
Nur ein professionelles Vermarkten - mit gewieften PR Spezialisten - kann
heute so eine Lawine des öffenlichen Interesses auslösen. Wenn die
Geschichten überall präsent sind, werden sie zwangsläufig
zum Dauerthema, dem man sich kaum noch entziehen kann. In der
Strassenbahn, bei Parties oder auf Pausenplätzen - überall
ist das gemeinsame Gesprächsthema programmiert.Tausende von
Jugendlichen erleben zudem stellvertretend einen Traum, der sich
ihnen persönlich nie erfüllen kann. Der Blick hinter
die Kulissen von Talentschuppen und Agenturen veranschaulicht, dass
die Popstarfabriken zu einem rentablen Wirtschaftzweig angewachsen sind.
Das Vermögen der Manager von Spicegirls und Eurythmics wird auf 300
Millionen Dollar geschätzt.
Für die Macher ist es wichtig, dass das Fieber nicht abflaut.
Hier haben die Medien wiederum eine wichtige Funktion. Ohne Medien - als
Multiplikationsinstrument - könnten die Phänomene
der Massenpsychologie nie so gut spielen.
Schlagzeilen werden geschlagen, angeschlagen. Sie werden häppchenweise
produziert. Zum Beispiel:
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- So fühlte sich Vanessa nach dem Aus.
- Schwester verrät Danielas Geheimnis
- Sex Lüge: " Daniel ist nicht schwul".
- Insider-Facts zu den Kandidaten.
- Liebesterror gegen Superstar.
- Bleibt Daniels Stiefvater für immer gelähmt?
- Superstar Juliette: Ich habe einen neuen Busen (Bild vom 28.2.)
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Pseudodialog
Mit dem Publikum wird zudem im Internet ein Pseude-Dialog inszeniert,
z.B. "Schreiben Sie an..."
Es ist erstaunlich, wie viele Konsumenten sich dafür interessieren,
ob ein Superstar die besondere Energie aus dem Kauf eines sonderbaren
Aurasoma-Öls bezieht oder nicht.
Ist einmal die Masse infiziert, beginnt die erwünschte Eigendynamik.
Es kam bei Daniel sogar zum Zusammenbruch von Telefonleitungen und
Internetverbindungen.
Wenn die Phänomene der Massenpsychologie funktionieren, sind die
Prozesse kaum noch steuerbar. Die Architekten der Show können sich
zurücklehnen und die Auswirkungen geniessen. Läuft die Maschinerie,
ist der Erfolg programmiert.
Ist das Interesse an den Superstars geweckt, braucht es nicht mehr viel
und sie bringen die gewünschte Kohle!. Das Liedchen
"We have A Dream" kam problemlos auf Platz eins der Hit Charts.
Es ging im Januar 900'000 mal über die Ladentheken.
Doch einen weiteren Haken hat der Traum vom vielen Geld: In einem noch
nicht publizierten "Knebelvertrag" verpflichten sich die Goldstars, 13 Jahre
lang den Gewinn mit dem Erfinder Simon Fuller zu teilen.
Heute gilt: "Erst wenn Du am Bildschirm bist, bist Du was."
Weil die Mehrzahl der Zuschauer weiss, dass es für sie nie
möglich sein wird, öffentlich am Fernsehen aufzutreten,
bleibt dieses Wunsch ein unerreichbarer Traum.
Falls nun die einmalige Chance besteht, doch noch bei einer Sendung
auserwählt zu werden, wird alles dafür geopfert. Deshalb
melden sich Tausende und Abertausende bei den unmöglichsten
Ausschreibungen, wie bei Big Brother und fragwürdigen Talk
- Sendungen, bei denen öffentlich "Schmutz gewaschen" wird.
Es fallen alle die natürlichen Hemmschwellen,
wenn es jemand geschafft hat, im Fernsehen auftreten zu können.
Sehnsucht nach Medienpräsenz
Wer von der Sehn- sucht nach Medienpräsenz verfallen ist,
gehört bestimmt auch zu den Konsumenten von Superstar.
Da jedoch alle "Stinobs" (stinknormale Bürger) wissen, dass es die
wenigsten schaffen, trösten sie sich vielleicht, wenn
Kandidaten weggewählt werden. Deshalb wollen sie die Sendungen sehen.
Ein weiterer Grund, die Sendung - trotz der verpassten Chance - mit
anzusehen ist die Möglichkeit, wenigstens stellvertretend
in den Genuss des Medienstars zu kommen. Der Medienkonsument
"Otto-Normalverbraucher" kann sich wenigstens am Bildschirm
mental ins Gefühlsbad des Superstarkandidaten steigen.
Es gibt noch einen andern Grund des Zuschauerinteresses:
In der Regel wissen alle, dass die Stars meist so schnell verschwinden, wie
sie gekommen sind. Die Schadenfreude, den Untergang persönlich
mitzuerleben, bringt möglicherweise viele dazu, "Superstar" anzuschauen.
All die mutmasslichen Gründe zusammen führen letztlich dazu,
dass die "Nation" Gesprächsstoff hat. Die Medien haben ihre
ersehnte Einschaltquote. Dieter Bohlen und Co ihre Millionen.
So ist allen gedient. Superstar sei Dank!
Von den Psycho-Leichen und der sinkenden Niveauhöhe
des Programms wird auch nach der Medienära Superstar kaum
noch die Rede sein.
Der neue Superstar
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Nach dem Medienmarathon wissen die Zuschauer endlich wer der neue
Superstar ist. Alex ist angeblich vom Volk gewählt.
Wer aber das Finale kritisch mitverfolgt hatte, merkte rasch,
wie der Sieger gepuscht wurde. Die Promotion mir den Klaqueren und
Fansgruppen funktionierte bei ihm perfekt.
Obschon Juliette an Stimme und Ausdrucksstärke besser war, wurden
die Zusaschauer animiert, für Alex zu stimmen.
Bei der Finale Übertragung spielte die Werbung für RTL 2.3 Mio
Euro ein!
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Die suggestive Manipulation unter dem Deckmantel einer demokratischen
Abstimmung spielte auch bei der letzten Ausscheidung mit. Das unschlüssige
Publikum hat immer die Tendenz, sich der Mehrheit anzuschliessen
Bei Alex wirkte gewiss auch das Geschlecht eine Rolle.
Weibliche Fans artikulieren sich lauter, sie schreien und es
tönt dann rasch nach grosser Beliebtheit. Alex konnte von
diesem Phänomen bei seinen "schlechteren"
Präsentationen profitieren. Diesen Aspekt zählen wir nicht
zu den Manipulationstechniken. Alex hatte lediglich Glück,
einem Idol für Teenager und Schwiegermütter zu entsprechen.
Selbst die angeschlagenen Stimme oder qualitative Schwächen
konnten den Publikumsentscheid nicht mehr beeinflussen.
Die Zukunft wird nun zeigen, welche Sterne am
Horizont rasch versinken wird und welche der mediengezüchteten
Sternchen später auch noch vom Profit der Macher etwas mitbekommen.
Exekutionsrhetorik
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Dieter Bohlen schreckt selbst vor "verbaler Exekution" nicht zurück.
Das Lesen der nachfolgenden Auszüge aus Bohlens Kritik gibt zu Denken.
Wer sich auf Kosten unerfahrener, naiver Kandidaten profiliert, wertet sich
ab - sofern dies noch möglich ist.
Für Bohlen sind Empathie (einfühlendes Verstehen) oder positive Kritik
Fremdworte. Vor laufender Kamera mussten sich die jungen Kandidaten die
primitivsten Äusserungen gefallen lassen. Gewiss könnte entgegnet
werden: Es ist jemand selber schuld, wenn er sich auf dieses miese Spiel
einlässt.
Wir zitieren einige Bemerkungen:
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Zu Daniel: |
"Deine Stimme klingt wie Kermit, wenn hinten einer draufdrückt."
"Eines ist sicher: Du hast hier von allen den geilsten Rock an."
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Zu Vanessa: |
"Du bist und bleibst meine Knutschkugel und mein Igelschnäuzchen." |
Zu einer Bewerberin: |
"Mit Deiner Allerwelts-Klein-Puschi-Stimme hast du eben zum zweiten
Mal die 'Titanic' versenkt." |
Zu einer anderen Bewerberin: |
"Ich kenne nur eine, die schlechter singt als Du. Das ist Verona.
Du singst Scheisse. Da brauchen wir nicht lange drumrum zu reden.
Das ist unterirdisch."
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Zu anderen Bewerbern:
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"Du! Das klingst so, wie Schweine im Weltall."
"Du triffst keinen Ton und bist rhythmisch wie Käse."
"Du bist scheisse vorbereitet ... Leck mich doch .... Ich
verschwende meine Zeit nicht mit Dir!"
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Zu Stephanie:
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"Dein Outfit ist megageil - für die Müllabfuhr in Castrop-Rauxel."
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