rhetorik.ch aktuell: Verhalten und Wirkung
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www.rhetorik.ch aktuell: (6. Mai, 2001)

Verhalten und Wirkung
"Ich verstehe nicht, dass andere mich nicht verstehen!"



Fielding Bilder vom Max Magazin, Quelle: Fotoausschnitte von André Rival http://www.max.de Shawne Fielding, die Frau von Botschafter Thomas Borer, liess sich in der Räumen der neuen Botschaft für das Magazin "MAX" in gewagten Posen ablichten und verstand nachher die Welt nicht mehr, als rund um die Photoserie ein Medienwirbel ausgelöst wurde ...
Am Freitag, den 4. Mai schrieb sie noch erstaunt, sie verstehe die Öffentlichkeit nicht, dass man ihr Verhalten nicht verstehe. Fielding bezeichnete die Photos als weder unangebracht noch ungewöhnlich. Sie sprach sogar von einer "extrem engstirnigen Reaktion". Schon früher trat die Botschaftergattin mit Ihrem Verhalten ins Fettnäpfchen. Siehe Dezember 10, 2000, November 19, 2000 Aktuell beiträge.

Botschafter Borer, der scheinbar seiner Frau keinen Wunsch abschlagen kann, könnte sich heute wahrscheinlich ohrfeigen, dass er das Photospiel mitgemacht hat. Versprach er doch damals nach dem Eklat beim Auftritt bei "Viktors- Spätprogramm", künftighin Medienauftritte gezielter anzugehen. Frau Fielding musste sich nun nach der ersten Empörung beim Bundesrat für die Photoaffaire entschuldigen mit den Worten:

"Es tut mir leid für die Wirkungen und meine Fehleinschätzungen der Wirkung der Photos im Magazin MAX".


Wer die Beiträge im rhetorik.ch "Aktuell" mitverfolgt, sieht rasch, dass die Wirkung von Bildern nicht unterschätzt werden darf. (Siehe "Wirkung von Bildern"). Die Botschaftersfrau müsste völlig naiv sein, wenn sie glaubte, dass die Aufnahmen als Pin up girl auf dem Dach der Botschaft oder als Cowgirl mit Revolver im Salon der Residenz mit all den gestellten extravaganten Aufnahmen ohne Wirkung bleiben würden. Für das Magazin MAX lohnte sich die Sache. Die Ausgabe war sofort ausverkauft.

Für die Bevölkerung hingegen war die Wirkung unterschiedlich. Jedenfalls kann das Verhalten von Shawne Fielding nicht als Versehen bezeichnet werden. Es waren keine Schnappschüsse. Die Aktion war langfristig vorbereitet - aber nicht zu Ende gedacht. Überlegungen zu den Auswirkungen der Wirkung fehlten. (Dies sollte vor jedem Auftritt ein Muss sein).

Bei allen Kommunkationprozessen geht es immer um das ICH das DU und die Botschaft sowie um die Wirkung.

Frau Fielding will nach eigenen Aussagen nicht in eine Rolle gezwängt werden und verlegt das ganze Gewicht auf das ICH.

"Mir ist nicht wichtig, was andere von mir denken".


Ihr eigenwilliges Verhalten macht bewusst: Bei allen Kommunikationsprozessen muss die Balance gefunden werden zwischen dem Sich-ernst - nehmen; aber auch dem Miteinbezug der eigenen Rolle sowie dem Ernstnehmen der Adressaten (Publikum/Kunden/Partner/dem DU) Wer nur an sich denkt und die Wirkung nach aussen ausklammert, wird früher oder später straucheln.

Wenngleich die Botschaftergattin sich beim Bundesrat nachträglich entschuldigt hat, wird sie kaum aus der eigenen Haut schlüpfen können. Früher oder später mag sie trotz angeblicher Einsicht in Ihr eigenes Verhalten zurückfallen. Die ehemalige Schönheitskönigin wird wohl wieder gewagte Auftritte machen und sich über die selbstgewählte Rolle als Frau eines Botschafters hinwegsetzen.
Fazit: Die Wirkung unseres Verhaltens darf nie ausgeklammert bleiben. Ich muss mich ernst nehmen und gleichzeitig die jeweilige Situation berücksichtigen. Dieser Balanceakt ist machbar.


Nachtrag vom 13. Mai: "Der Zickzackkurs der Botschafterfrau":
Alles schien am Freitag, dem 11. Mai wieder im Lot zu sein. An der Eröffnungsfeier in der Botschaft in Berlin strahlten alle: Botschafter Borer, seine Gattin und der Bundespräsident Moritz Leuenberger. Beim Medienrummel rund um die Hochglanzaufnahmen mit Shawne Fielding ist der Zickzackkurs der ehemaligen Schönheitskönigin interessant:

Im Umgang mit Medien baut sich niemand mit wiederholten Gesinnungsänderungen Vertrauen auf. Es geht nicht darum, stur bei einer Meinung zu beharren, wenn eine Revision angebracht ist. Aber das ständige Hin und Her verdirbt die Glaubwürdigkeit bei Kommunikationsprozessen.

Beispiel 1: Zuerst bezeichnete Frau Fielding die Kritiker der Photoaufnahmen als engstirnig und fand die Aktion legitim und richtig. Dann folgte ein Entschuldigungsschreiben an Bundesrat Deiss- mit der Bemerkung, sie habe die Wirkung unterschätzt. Einen Tag darauf verteidigte die Botschaftergattin aber in einem BILD Interview plötzlich wieder ihr altes Verhalten und erwähnte mit keinem Wort ihren Entschuldigungsbrief.


Beispiel 2: Am 23. April schreibt Frau Fielding, sie sei an den Vorbereitungsarbeiten der Eröffnungsfeier. Sie werde dann Besucher durch die Gebäude führen. Dann schrieb sie Aussenminister Deiss, sie werde an der Eröffnungsfeier nicht anwesend sein (Trotzreaktion auf die Beanstandung?) Der Bundesrat bat hierauf das Ehepaar Borer, künftighin Berufliches und Privates besser zu trennen-verbunden mit der Erwartung, dass Frau Fielding an der Feier anwesend sein sollte. Wie erwähnt, nimmt dann Fielding doch an der Feier teil und macht gesinnungsmässig eine Kehrtwendung.


Wer veröffentlichte Aussagen wiederholt zurücknimmt und das Verhalten zu oft ändert, trägt wenig zur eigenen Glaubwürdigkeit bei. Unsere Prognose ist, dass Frau Fielding auch künftig hin nicht aus ihrer Haut schlüpfen können. Wir werden erleben, dass das Zickzackverhalten kein einmaliger Ausrutscher war. Eine Fortsetzungsgeschichte ist vorprogrammiert.

Fazit: Wer an Medien kommuniziert, sollte immer zuerst überlegen, was er sagt. Nur wer überlegt, bleibt letztlich auch überlegen.


Nachtrag August 2001: "Reaktion auf Medienmobbing":
Nach dem Chefredaktor des "Sonntagblicks" ist es ein offenes Geheimnis, dass zwischen dem Ehepaar Borer und Ringier zurzeit nicht das beste Einvenehmen herrscht.

Tatsächlich brachten es denn auch die Ringier Boulvardblätter fertig, die Idee einer Borer'schen Scheidung mit einer langfristigen Kampagne zu schüren.

Die Zeitung "Welt" machte als erste das Gerücht öffentlich, nachdem die Journalisten der Ringier-Presse immer wieder nachgefragt hatten, ob in Deutschland die Gerüchte um die Scheidung des Ehepaares Borer-Fielding nicht bestätigt werden könnten.

Nach dem "Medienmobbing" scheint heute Thomas Borers Geduldfaden endgültig gerissen zu sein. Er glaubte zwar zuerst noch; irgendwann gehe die hinterhältige Medienkampagne zu Ende. Dann wurde es dem Diplomaten doch zu viel. Jedenfalls will er nun künftighin jede unwahre Äusserung berichtigen.
Beim gezielten Mobbingaktionen und bei allen Gerüchten besteht die Gefahr immer darin, dass mit der Zeit Aussenstehende glauben, es sei doch etwas Wahres an der Vermutung. "Wo Rauch ist ist auch Feuer!" Das deutsche Verlagshaus sah sich deshalb (nach den vielen Anfragen) ebenfalls gezwungen, das Gerücht öffentlich zu machen.
Thomas Borer selbst wurde bereits am 29. Juni anlässlich eines Vortrages bei der Credit-Suisse von einen Blick Journalisten gefragt: "Was ist Ihre Stellungsnahme zum Umstand, dass Ihre Frau heute die Scheidung einreicht?"
Wenn wir davon ausgehen können, dass die Ringier Journalisten einen längeren medialen Kleinkrieg gegen das Diplomatenehepaar mit der Verbreitung von Gerüchten führen, so wäre in diesem Fall das Wort "Medienmobbing" zutreffend. Thomas Borer hätte aber unbedingt schon früher jede veröffentlichte Unwahrheit eindeutig klarstellen müssen.
Bei Medienmobbing ist Abwarten nicht immer das beste Verhalten.

Die Leser bemerken selbst, wie gefährlich ein "Medienmobbing" sein kann. Auch wir müssen an dieser Stelle die Geschichte bereits relativieren. Denn wir kennen die tatsächliche interne Ehestimmung (Borer-Fielding) nicht.
Es könnte vielleicht doch sein, dass nach den vielen Medienvorkommnissen heute der interne Ehefrieden gestört ist. Dass die Medien (und auch wir) das Borer-Fielding Tamdem immer wieder thematisiert hatten und es heute erneut tun, ist aus dieser Sicht gewiss verständlich.
Denn: Das schillernde Ehepaar lieferte laufend interessante Geschichten, die das Publikum auch gerne liest. Ohne diese farbigen Vorgeschichten wäre möglicherweise das Gerücht kaum gebraut worden.


Fortsetzung


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