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www.rhetorik.ch aktuell: (4. Juli, 2003)

Eine Bemerkung, ein Eklat und Missverständnisse.



Der Italienische Premierminister Silvio Berlusconi hatte am Mittwoch dem 2. Juli, 2003 seine Agenda für seine 6 monatige Präsidentschaft am Europäischen Paralement in Strassburg präsentiert. Nach einer Kritik vom deutschen SPD Mitglied Martin Schultz liess sich Berlusconi zu einem Witz hinreissen, der eine Welle der Empörung auslöste. Wir hatten Beispiele von Entgleisungen mit Worten oder Begriffen schon in den Beiträgen gesehen.


Silvio Belusconi liess sich am 2. Juli als Ratsvorsitzender des Europäischen Parlamentes zu einer beleidigenden Ausfälligkeit hinreissen. Nach seinem Einstand wurde der italienische Ministerpräsident vom deutschen Abgeordneten Schulz überraschend scharf kritisiert. Berlusconi reagierte auf diese provozierenden Worte mit einer verbalen "Entgleisung":

Berlusconi: nach dpa-Übersetzung aus dem Italienischen:

"Herr Schulz, ich weiss, dass ein Produzent in Italien gerade einen Film über die Konzentrationslager der Nazis dreht. Ich werde Sie für die Rolle des Kapo vorschlagen. Sie wären perfekt."
Martin Schultz


DRS News Der verbale Konter löste eine enorme Welle der Empörung aus. Sie wogte durch alle Medien. Belusconi ist bekannt für seinen rüden Ton. Immer wieder machte er durch Grobschlächtigkeiten von sich reden (siehe unten).
Für den aktuellen aufseherregenden indirekten Nazi-Vergleich wollte sich Berlusconi trotz eines Sturmes der Entrüstung nicht entschuldigen. Seine Begründung:

"Schulz hat mich persönlich beleidigt, in einer Form, die nicht zulässig ist. Ich ziehe das nicht zurück - was ich mit Ironie gesagt habe - wenn Schulz die persönlichen Beleidigungen nicht zurücknimmt."


Am 3. Juli gab Schröder bekannt, Belusconi habe sich bei ihm am Telefon für den unbedachten "Nazi-Witz" entschuldigt. Damit sei für ihn der Fauxpas erledigt. Doch bereits einen Tag darauf korrigerte Berlusconi diese Medienmitteilung. Er habe sich bei Schröder nicht entschuldigt. Er habe lediglich das Bedauern ausgesprochen, dass er missverstanden worden sei. Er werde sich sich nicht entschuldigen.

Die brisante Geschichte verdeutlicht, dass es kontraproduktiv ist, sich provozieren zu lassen. Ferner bestätigt die Sache einmal mehr, dass bedachtsames Reden gelernt werden muss.


Silvio Berlusconi Silvio Berlusconi Silvio Berlusconi Silvio Berlusconi Silvio Berlusconi


Berlusconi frühere Ausrutscher, die jeder Reporter nachschlagen kann, wurden bei diesem Fall wieder hervorgeholt (Quellen: AP, NYT, Spiegel):
Islam 26. September 2001: An einer Pressekonferenz sagt Berlusconi, die Westliche Zivilisation sei der Islamischen überlegen. Er hoffe, der Westen werde weiter Völker erobern, wie er auch den Kommunismus erobert hatte, selbst wenn das die Konfrontation mit dem Islam bedeute, der steckengeblieben war, wo er schon vor 1400 Jahren war. Obwohl die Aussage auf Band aufgenommen worden war, sagte Berlusconi mehrfach, dass er miszitiert worden sei. Er entschultigte sich am Schluss. Parma 31. Dezember 2001: An einem EU Gipfel in Belgien, versuchte Berlusconi die Stadt Parma als Standort der neuen EU Lebensmittelskontrollstelle zu pushen. Der Mitbewerber war Helsinki in Finnland. Berlusconi: "Parma steht für gute Küche. Die Finnen wissen nicht einmal, was ein Prosciutto ist. Ich kann das nicht akzeptieren. Italien und Finnland einigten sich schlussendlich, dass Helsinki das Zentrum sei und Parma ein kleineres Büro unterhalte.
Berlusconi und Pique, Quelle: http://www.bluvox.com 8. Februar, 2002: An einem Treffen in Spanien albert Berlusconi um andere EU Aussenminister herum. Er posiert für ein Foto mit dem Spanischen Aussenminister Josep Pique wobei er zwei Finger hinter dem Kopf Piques streckte. (Dies ist das Zeichen für einen gehörnten Ehemann). Später, als Pique eine Pressekonferenz machte, kam er in den Raum und klopfte laut auf seine Uhr um zu zeigen, dass er hungrig sei. Romulus und Remus 28. Mai, 2003 : An einem NATO-Russland Gipfel nahe von Rom bemerkte Berlusconi, dass der Ort nahe am Platz sei, wo die mythologischen Figuren Romulus und Remus vor mehr als 3000 Jahren gelebt hätten. Er sagte "Romulus und Remulus" und später sagte Reportern, dass sie von nun an so heissen sollten, weil es besser töne.
communists Vor der Wahl 2001: "Es tut mir Leid, dass ich gesagt habe, die Kommunisten frässen kleine Kinder. Aber wenn Sie wollen, kann ich eine Konferenz organisieren, auf der ich beweisen werde, dass die Kommunisten tatsächlich kleine Kinder gefressen und sogar schlimmere Dinge getan haben." Schwarzarbeit Dezember 2002: "Der Stärkste kann sicherlich einen Zweitjob finden, vielleicht auch inoffiziell", sagte Berlusconi und ermutigte entlassene Fiat-Beschäftigte zur Schwarzarbeit.




Nachtrag vom 13. Juli, 2003:
Stefano Stefani Nachdem der italienische Tourismus Staatssekretär Stefano Stefani am 7. Juli in einem Zeitungsartikel deutsche Touristen als "einförmige, supernationalistische Blonde" bezeichnet hatte, die "besoffen von aufgeblasener Selbstgewissheit" seien, hatte Schröder angekündigt, seinen Urlaub dieses Jahr nicht in Italien zu verbringen. Berlusconis Reaktion: "Schade für ihn". Die Opposition in Rom forderte aber nur Minuten nach der Absage Schröders die Ablösung Stefanis. Dieser muss dann wegen dieser "Urlauber Affäre" auch zurücktreten, trotz Entschuldigung und Auftritten inmitten von Touristen, in denen er sagte, er liebe Deutschland.
Dieser Vorfälle scheinen der Beliebtheit Berlusconis geschadet zu haben. Der Spiegel berichtet, dass nach einer vom Magazin "L'Espresso" veröffentlichten Umfrage Berlusconis Ansehen bei 20 Prozent der Italiener schlechter geworden ist. Die wirtschaftlichen Konsequenzen der primitiven "Scherze" könnten spürbar werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft berechnete, dass deutsche Urlauber 6.5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr für Urlaub in Italien aufgebracht haben.


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