Der Italienische Premierminister Silvio Berlusconi hatte
am Mittwoch dem 2. Juli, 2003 seine Agenda für seine
6 monatige Präsidentschaft am Europäischen Paralement
in Strassburg präsentiert. Nach einer Kritik vom deutschen
SPD Mitglied Martin Schultz liess sich Berlusconi zu einem Witz
hinreissen, der eine Welle der Empörung auslöste.
Wir hatten Beispiele von Entgleisungen mit Worten oder Begriffen
schon in den Beiträgen
Silvio Belusconi liess sich am 2. Juli als Ratsvorsitzender
des Europäischen Parlamentes zu einer beleidigenden
Ausfälligkeit hinreissen. Nach seinem Einstand wurde
der italienische Ministerpräsident vom deutschen
Abgeordneten Schulz überraschend scharf kritisiert.
Berlusconi reagierte auf diese provozierenden Worte mit
einer verbalen "Entgleisung":
Berlusconi: nach dpa-Übersetzung aus dem Italienischen:
"Herr Schulz, ich weiss, dass ein Produzent in Italien gerade einen Film
über die Konzentrationslager der Nazis dreht. Ich werde Sie für die
Rolle des Kapo vorschlagen. Sie wären perfekt."
Der verbale Konter löste eine enorme Welle der Empörung aus.
Sie wogte durch alle Medien. Belusconi ist bekannt für seinen
rüden Ton. Immer wieder machte er durch Grobschlächtigkeiten
von sich reden (siehe unten).
Für den aktuellen aufseherregenden indirekten Nazi-Vergleich wollte sich
Berlusconi trotz eines Sturmes der Entrüstung nicht entschuldigen. Seine
Begründung:
"Schulz hat mich persönlich beleidigt, in einer Form, die nicht zulässig
ist. Ich ziehe das nicht zurück - was ich mit Ironie gesagt habe - wenn
Schulz die persönlichen Beleidigungen nicht zurücknimmt."
Am 3. Juli gab Schröder bekannt, Belusconi habe sich bei ihm am
Telefon für den unbedachten "Nazi-Witz" entschuldigt. Damit sei
für ihn der Fauxpas erledigt. Doch bereits einen Tag darauf
korrigerte Berlusconi diese Medienmitteilung. Er habe sich bei
Schröder nicht entschuldigt. Er habe lediglich das Bedauern
ausgesprochen, dass er missverstanden worden sei. Er werde sich
sich nicht entschuldigen.
Die brisante Geschichte verdeutlicht, dass es kontraproduktiv ist, sich
provozieren zu lassen. Ferner bestätigt die Sache einmal mehr,
dass bedachtsames Reden gelernt werden muss.
Berlusconi frühere Ausrutscher, die jeder Reporter nachschlagen kann,
wurden bei diesem Fall wieder hervorgeholt (Quellen: AP, NYT, Spiegel):
26. September 2001: An einer Pressekonferenz sagt Berlusconi, die
Westliche Zivilisation sei der Islamischen überlegen.
Er hoffe, der Westen werde weiter Völker erobern, wie er auch
den Kommunismus erobert hatte, selbst wenn das die Konfrontation mit
dem Islam bedeute, der steckengeblieben war, wo er schon vor 1400 Jahren
war. Obwohl die Aussage auf Band aufgenommen worden war, sagte Berlusconi
mehrfach, dass er miszitiert worden sei. Er entschultigte sich am Schluss.
31. Dezember 2001: An einem EU Gipfel in Belgien, versuchte Berlusconi die Stadt
Parma als Standort der neuen EU Lebensmittelskontrollstelle zu pushen. Der
Mitbewerber war Helsinki in Finnland. Berlusconi: "Parma steht für
gute Küche. Die Finnen wissen nicht einmal, was ein Prosciutto ist.
Ich kann das nicht akzeptieren. Italien und Finnland einigten sich
schlussendlich, dass Helsinki das Zentrum sei und Parma ein kleineres
Büro unterhalte.
8. Februar, 2002: An einem Treffen in Spanien albert Berlusconi um andere EU Aussenminister
herum. Er posiert für ein Foto mit dem Spanischen Aussenminister Josep Pique
wobei er zwei Finger hinter dem Kopf Piques streckte. (Dies ist das Zeichen für einen
gehörnten Ehemann). Später, als Pique
eine Pressekonferenz machte, kam er in den Raum und klopfte laut auf seine Uhr
um zu zeigen, dass er hungrig sei.
28. Mai, 2003 : An einem NATO-Russland Gipfel nahe von Rom bemerkte Berlusconi,
dass der Ort nahe am Platz sei, wo die mythologischen Figuren Romulus und Remus
vor mehr als 3000 Jahren gelebt hätten. Er sagte "Romulus und Remulus" und
später sagte Reportern, dass sie von nun an so heissen sollten, weil es besser
töne.
Vor der Wahl 2001: "Es tut mir Leid, dass ich gesagt habe, die Kommunisten
frässen kleine Kinder. Aber wenn Sie wollen, kann ich eine Konferenz
organisieren, auf der ich beweisen werde, dass die Kommunisten tatsächlich
kleine Kinder gefressen und sogar schlimmere Dinge getan haben."
Dezember 2002: "Der Stärkste kann sicherlich einen Zweitjob finden,
vielleicht auch inoffiziell", sagte Berlusconi und ermutigte entlassene
Fiat-Beschäftigte zur Schwarzarbeit.
Nachtrag vom 13. Juli, 2003:
Nachdem der italienische Tourismus Staatssekretär Stefano Stefani am 7. Juli
in einem Zeitungsartikel deutsche Touristen
als "einförmige, supernationalistische Blonde" bezeichnet hatte, die "besoffen von
aufgeblasener Selbstgewissheit" seien, hatte Schröder angekündigt, seinen
Urlaub dieses Jahr nicht in Italien zu verbringen. Berlusconis Reaktion: "Schade für ihn".
Die Opposition in Rom forderte aber nur Minuten
nach der Absage Schröders die Ablösung Stefanis. Dieser muss dann
wegen dieser "Urlauber Affäre" auch zurücktreten, trotz Entschuldigung und
Auftritten inmitten von Touristen, in denen er sagte, er liebe Deutschland.
Dieser Vorfälle scheinen der Beliebtheit Berlusconis
geschadet zu haben. Der Spiegel berichtet, dass nach einer vom Magazin "L'Espresso"
veröffentlichten Umfrage Berlusconis Ansehen bei 20 Prozent der Italiener
schlechter geworden ist. Die wirtschaftlichen Konsequenzen der primitiven "Scherze"
könnten spürbar werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft berechnete,
dass deutsche Urlauber 6.5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr für Urlaub
in Italien aufgebracht haben.