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www.rhetorik.ch aktuell: (31. Dezember, 2003)

Eine Kommunikationsikone wird demontiert



Beatrice Tschanz Wir lobten und schätzten jahrelang das vorbildliche Kommunikationsverhalten von Beatrice Tschanz. Ihre praxisbezogenen Grundsätze zur Krisenkommunikation basieren aus ihrer erfolgreichen Tätigkeit während Ihrer Swissairzeit.

Als Beatrice Tschanz für die Schweizer Illustrierten (Heft Nr 43/03) gemeinsam mit Herbert Tschanz ihre Privatsphäre öffnete, waren wir erstaunt, dass eine Kommunikationsberaterin so weit gehen konnte. Bekanntlich besteht immer die Gefahr, dass jene, die ihren privaten Bereich öffentlich machen, plötzlich böse Überraschungen erleben.

Wir wunderten uns deshalb nicht, dass in der Weltwoche vom 27. November (Heft 48/03) die Kommunikationsikone arg demontiert wurde. Der Beitrag ging auf die wachsende Kritik an diversen Mandaten und fragwürdigen Medienauftritte ein. Der Beitrag beleuchtet die Höhen und Tiefen von "Bea-National". Leserbriefschreiben, Headhunter und Kommunikationsberater wären angeblich enttäuscht über Bea Tschanz.


Die hohe Abfindung, die Tschanz als ehemalige Centerpulse- Kommunikationsberaterin erhielt habe für Empörung gesorgt. Sie erhielt 1.53 Millionen Franken plus Optionen im Wert von 1.3 Millionen Franken. Tschanz habe das Image als "Sauberfrau" verloren. Ihre These hatte früher stets gelautet:

"Verbergen kannst du eh nichts. Es kommt so oder so ans Tageslicht."


Es wunderte uns, dass die Profifrau, welche immer Offenheit gross geschrieben hatte, heute so tut, als sei sie erschrocken gewesen darüber, dass die Schweizer Illustrierte mit ihr eine so grosse Geschichte gemacht hatte. Sie und ihr Mann hätten sich gewundert, am Kiosk das Bild plötzlich auf der Titelseite zu sehen. Wer von einem SI Fotografen 300 Aufnahmen machen lässt, darf im Nachhinein nicht so tun, als hätte man nicht geahnt, dass daraus eine gross aufgemachte Homestory wird.

Wir möchten die anderen aufgelisteten unrühmlichen Geschichten des Weltwocheartikels wie zum Beispiel die fragwürdige Angaben zum Studium nicht zusätzlich aufführen. Auch die NZZ am Sonntag vom 5. November beleuchtete das neue Bundesratsmandat von Beatrice Tschanz kritisch. Obschon "Madame Swissair" nach wie vor von vielen geschätzt wird werde sie neuerdings auch auf der Strasse beschimpft. Das gute Bild der einfühlsamen Krisenkommunikationsfrau wird sicherlich allen in Erinnerung bleiben. Doch musste Beatrice Tschanz nach dem Swissair Debakel selbst eingestehen, dass sie die Strategie des Swissair -Verwaltungsrates nie hinterfragt hatte.

Der Einstand als Lobbistin von Bundesrat Leuenberger ist Beatrice Tschanz hingegen wieder geglückt.
Roger Schawinski schrieb in der Weltwoche Ausgabe 45/2003 in seine Mailbox:

Liebe Beatrice Tschanz

Die Schlagzeilen um deine Person überschlagen sich. Hilf mir! Wo stehen wir genau? Noch bei den Flitterwochen? Oder schon beim neuen Job, nachdem du nur Wochen zuvor die Rückkehr ins Privatleben angekündigt hast? Die Publizitätssucht, der du offenbar in fortgeschrittenem Stadium anheim gefallen bist, ist eben eine besonders heimtückische Krankheit. Da werden laufend Grenzen überschritten, die alle anderen erkennen, nur selbst ist man blind.

Als ich dich vor mehr als dreissig Jahren bei der Neuen Presse kennen lernte, warst du die witzigste und wohl auch begabteste Journalistin weit und breit. Über Promis und deren private Klatschgeschichten hattest du eine klare Meinung: gut für die Zeitung, aber meist lächerliches Imponiergehabe. Nach vielen anonymen Jahren als Pressechefin kam Halifax und die Welt der Beatrice Tschanz wurde eine andere. Erstmals standest du im Zentrum. Du allein solltest die Glaubwürdigkeit unserer nationalen Fluglinie wiederherstellen, weil der hölzerne CEO an deiner Seite diesen Part nicht spielen konnte. Das so erworbene Vertrauen hast du dann investiert, um die Schweizer Öffentlichkeit bis zur allerletzten Minute von der Genialität der Hunter-Strategie zu überzeugen und sie hat dir zu lange geglaubt.

Hat dir das geschadet? Im Gegenteil. Jede deiner öffentlich geweinten Tränen hat dir die Herzen der Menschen näher gebracht. War es diese Erfahrung, die dich dazu gebracht hat, selbst deine intimsten Gefühle unmittelbar nach dem Tod deines Mannes in den Medien zu verbreiten? Damals habe ich, liebe Bea, zum ersten Mal gestutzt. Als ich vor Jahren einen ähnlichen Schicksalsschlag erlebt hatte, war ich für lange Zeit sprachlos. Das Letzte, was ich mir in jener Situation hätte vorstellen können, wäre eine Homestory in der Schweizer Illustrierten gewesen.

Deine bald darauf folgende Hochzeit mit allen exklusiven Bildern schaffte es an gleicher Stelle gar aufs Titelblatt. Und jetzt, nachdem du richtig Geld kassiert hast, schwebst du als Moritz Leuenbergers Beraterin im Feindesland Zürich ein, um sein Kommunikationsproblem in seinem Heimatkanton zu lösen. Kennen wir diesen Film nicht bereits? Welches Grounding erwartet uns diesmal? Oder ist es der Balsam der nächsten Talkshows und Homestorys, der all deine Zweifel übertüncht?

Mit freundlichen Grüssen
Roger Schawinski


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