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www.rhetorik.ch aktuell: (30. April, 2006)

Zickenkrieg im Regierungsrat?



Im Zürcher Regierungsrat kam es zu einem Konflikt zwischen den zwei Regierungsrätinnen Dorothée Fierz und Rita Fuhrer. Dieses "Duell" wurde unglücklicherweise öffentlich ausgtragen. Wir bezweifeln, dass der öffentlich ausgetragener Krach die zwischenmenschliche Spannungen beseitigen wird. Nach unserem Dafürhalten kann mit diesem öffentlich ausgetragene Auseinandersetzung kein Strich unter das Frauenduell gezogen werden. Wir vermuten, dass die Medien diese medienträchtige Auseinandersetzung genüsslich ausschlachten werden.

Die Kantonsregierung war am vergangenen Mittwoch nicht auf den Antrag der FDP-Baudirektorin Dorothee Fierz eingetreten, das gesamte Tiefbauamt in die Volkswirtschaftsdirektion zu verlegen. Fierz hatte Fuhrer einen Kleinkrieg vorgeworfen. Fierz zog den Kürzeren und soll von der eigenen Partei zum Rücktritt aufgefordert worden sein. Doch die Baudirektorin Fierz gibt nicht klein bei. Sie will weiterkämpfen.

Kommentar: Radio 24 hätte die Geschichte gewiss nicht mit "Zickenkrieg" betiteln können, wenn sich die beiden Frauen geschickter verhalten hätten.




Wir zitieren die Meinung der Politologin Regula Stämpfli: "Rein politisch kommunikativ gesehen war das Vorgehen der Baudirektorin versus Volkswirtschaftsdirektorin ungeschickt. Sie protestierte allein, ohne Partei im Rücken und eher nur als Jammergespräch. Sie hätte wohl mehr erreichen können, wenn die Auseinandersetzung nicht als eine persönliche, sondern als eine politische interpretiert worden wäre. Das heisst, die Baudirektorin hätte nie als Person, sondern nur mit Unterstützung ihres Amtes aber noch besser ihrer Partei auch in der Öffentlichkeit agieren sollen. So ist sie im Schaufenster und kann nur verlieren. Schade, dass Frauen nie aus anderen Frauengeschichten lernen. Ruth Metzler hat sich auch zuwenig vernetzt und auf ihre Person allein gesetzt. Ebenso Ursula Koch, die am Schluss von der eigenen Partei desavouiert wurde. Ähnlich selbstverständlich Elisabeth Kopp und jetzt auch wieder FdP Masoni."


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NZZ vom 27. April zum Hintergrund der Geschichte:
"Hintergrund der Verschiebung des Tiefbauamts ist das Gesamtverkehrskonzept des Kantons. 1995 hatte der Bundesrat den Teilrichtplan Verkehr des Kantons nicht genehmigt, weil dieses Konzept fehlte. In der Folge siedelte der Regierungsrat die Verantwortung für den gesamten Verkehr in der Volkswirtschaftsdirektion an. Dieser Entscheid wurde aber lange nicht vollständig umgesetzt. Es blieben Lücken, die nun mit der Teilverlegung des Tiefbauamtes geschlossen werden sollten. Eine Gesamtbetrachtung des Verkehrs sei für die Zukunft vordringlich, meint der Regierungsrat.

Bestätigt wurde ferner die Verlegung des Amtes für Landschaft und Natur von der Volkswirtschafts- in die Baudirektion. Mit diesem Wechsel würden alle Ämter unter einheitlicher politischer Führung zusammengefasst, die sich mit der Umwelt und der Landschaft befassen. Bauernvertreter aus den Reihen der SVP befürchten, dass damit die Bedeutung der landwirtschaftlichen Produktion als Wirtschaftsfaktor beeinträchtigt wird. Laut Regierung besteht für diese Befürchtung kein Anlass."


Nachtrag vom 3. Mai: der Begriff "Stutenbissigkeit"

Rivalitäten unter Männern werden als "Hahnenkämpfe" bezeichnet. Wenn sich Frauen in die Haare geraten, spricht man von "Stutenbissigkeit".

Der Begriff Stutenbissigkeit bezeichnet im übertragenen Sinn als das eifersüchtiges Verhalten zwischen Frauen oder das neidisches und missgünstige Verhalten im Allgemeinen. Ob die Rivalität von Frauen untereinander im Berufsleben stärker ausgeprägt ist als bei Männern, kann nicht nachgewiesen werden.

Die Online Enzyklopaedie Wikipedia weiss, dass in der Literatur-Fernsehsendung "Das literarische Quartett" vom 30. Juni 2000 der Begriff verbreitet wurde. Bei der Besprechung des erotischen Buches "Gefährliche Geliebte" des Japaners Haruki Murakami, kam es in der Sendung zum Eklat zwischen Sigrid Löffler, die das Werk als literarischen Fastfood titulierte, und Marcel Reich-Ranicki. Kurz darauf verliess Sigrid Löffler die Sendereihe. Hellmuth Karasek meinte später in einem Interview:

"Immer, wenn es um erotische Bücher ging, hat Frau Löffler leicht gouvernantenhaft reagiert, bei Autorinnen sogar stutenbissig!"



NZZ vom 6. Mai, 2006
Nachtrag vom 6. Mai: Ende des Trauerspiels.

Nachdem es sich herausgestellt hatte, dass ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes vertrauliche Unterlagen den Medien zugespielt hatte, musste Frau Fierz die Konsequenzen ziehen. Damit hat das Trauerspiel mit zwei Frauen, die sich in den Haaren lagen, ein Ende.

Fazit: Auseinandersetzungen dürfen nie indirekt (in diesem Fall über die Medien) ausgetragen werden.



Bild: NZZ
Nachtrag vom 7. Mai, 2006:

Tanh-Huyen Ballmer-Cao: Quelle: Uni Zuerich Sicherlich werden Frauen in der Politik anders beurteilt als Männer. Der Fall Fierz darf aber nicht mit dem Frausein in Verbindung gebracht werden. Ob Frau oder Mann - es gab keine Alternative zum Rücktritt. Wer in Konfliktsituationen die Nerven verliert, hat verloren. Viele gescheiterten Magistratinnen bestätigen, dass zwar Frauen leichter in die Medien kommen wie Männer. Dort aber anders behandelt werden. Dies gemäss einer Untersuchung der Soziologin Thanh-Huyen Ballmer-Cao (Bild). Öffentlichkeit und Medien werfen einen "Persönlichen Blick" auf Politikerinnen. Frisur, Ehemann und Kinder interessieren ebenfalls. Das macht Frauen verletzlicher. Medien berichten bei Konflikten von einem "Hennenkampf" oder "Zickenkrieg". Bei den Politikern hingegen spricht man von "Gockeln". Ein "Gockel" setzt sich aber im Hühnerstall eher durch.

Nach Esther Girsberger vom TagesAnzeiger vom 6. Mai fällt auf, dass sich die Frauen in Krisensituationen nicht mehr beraten lassen und dann unüberlegter handeln. Wir verweisen auf unsere Analysen: von Anita Fetz oder Ruth Metzler. Vor Dorothée Fierz mussten Frauen, wie Leni Robert, Rita Roos, auch Stephanie Mörikofer im Aargau ihre Regierungsämter gegen ihren Willen abgeben.

Die "NZZ am Sonntag" vom 7. Mai 2006 bestätigt die These von Regula Stämpfli, weiter oben in diesem Beitrag.


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