Gewiss hatte die SBB verschiedenste Krisenszenarien geübt und
die Medienverantwortlichen sind auf die schlimmsten Horrorszenarien
(Unfälle, Tunnelkatastrophen, auslaufende Container mit giftigen
Inhalten usw.) vorbereitet. Der Stromzusammenbruch auf dem ganzen SBB
Netz vom 22.Juni kam dennoch überraschen. Wie wurde die Krise
gemeistert?
Was war vorgefallen?
Der Jahrhundert-Blackout bei den SBB führte dazu, dass alle
Züge zur Feierabendzeit still standen Kein Zug fuhr mehr, der
durch das SBB-Stromnetz gespiesen wird. Zehntausende Pendler sassen fest.
Nachdem erst die Stromzufuhr von 15'000 auf 12'000 Volt abfiel, ging
nichts mehr. Züge blieben dort stehen, wo sie waren. Mitten auf
der Strecke, an der Bahnhofsausfahrt oder im Tunnel.
Zehntausende konnten sich gar nicht erst auf den Heimweg machen. Sie
blieben in den Bahnhöfen. Dort wimmelte es von Menschen. Irgendwann
begannen die SBB, gratis Mineralwasser auszuschenken. An zahlreichen
Orten wurden sie dabei von den Feuerwehren unterstützt.
Mit dem Strom fielen auch die Klimaanlagen aus, es wurde drückend
heiss. Am Abend, um 1900 Uhr hörten man den
SBB Pressesprecher
Werner Nuber: Er wurde vom Journalisten gefragt, was genau vorgefallen war.
Nachdem er die Situation geschildert hatte
drückte er das Bedauern aus und entschuldigte sich bei
allen Kunden, die einerseits stecken geblieben sind und anderseits
heute nicht mehr fahren können.
Im weiteren Verlauf des Interviews wurde hörbar,
dass der Kommunikationschef unter grossem Druck stehen muss.
( MP3 version des Tondokuments,
rechts ist eine Flash version).
Erkenntnis:
Stess-situationen müssen trainiert werden. Das Antizipieren
heikler Situationen allein genügt nicht.
Zum Krisenmangement gehört es, auch undenkbare Szenarien zu
reflektieren.
In der Tagesschau vom Schweizer Fernsehen stand dann der SBB
Pressesprecher Roland Binz kompetent Red und Antwort.
Die SBB scheint in Krisenübungnen verschiedenste
Szenarien durchgespielt zu haben.
Ob auch ein Zusammenbruch auf dem ganzen Netz dabei war?
Der "Blick:" kommentiert den Auftritt von Roland Binz folgendermassen:
"Das Krisenmanagement der SBB klappte und Hansjörg
Hess, Chef Infrastruktur SBB, informierte gestern und
auch heute souverän."
Niemand hatte mit dieser Kettenreaktion gerechnet.
In der Innerschweiz gab es einen Kurzschluss. Wegen
Überlastungen stellte Werk um Werk ab.
Auch SBB Chef Benedikt Weibel war im Zug stecken geblieben.
Auch er meinte, dass niemand mit einem Totalzusammenbruch gerechnet hatte.
Weibel begann die Medienkonferenz mit seiner eigenen Erfahrungen: Er sass zur
Zeit der Panne in einem TGV von Paris nach Bern.
Die landesweite Panne sei ihm "unendlich peinlich" gewesen. Weibel
entschuldigte sich bei den Kundinnen und Kunden der SBB und dankte allen
Helfern und den Kunden für ihre "grosse Gelassenheit".
Nachtrag vom 24. Juni, 2005: Grund der Panne und Gutscheine
Die Ursache für den SBB-Supergau war ein Kurzschluss,
der dann eine fatale Kettenreaktion auslöste.
Hansjörg Hess , Chef Infrastruktur SBB, erkärte
warum es zum Zusammenbruch des SBB-Netzes kam:
Auf der Neat-Baustelle im Raum Erstfeld wird eine Leitung ausser
Betrieb genommen werden.
Auf der Strecke Amsteg Rotkreuz ist nur noch eine Leitung mit
200 Megawatt in Betrieb.
17:08:28 Uhr: Auf dieser Leitung kommt es zu einem Kurzschluss. Die
Ursache ist noch unbekannt.
Die Leitung fällt aus. Der Wiedereinschaltungsmechanismus
funktioniert nicht.
17:08:31 bis 17:08:35 Uhr: Die Gotthard Kraftwerke
produzieren 200 Megawatt als Überschuss. Die Turbinen drehen zu
hochtourig und schalten sich aus Sicherheitsgründen ab.
Nachdem die Kraftwerke im Tessin ausgefallen sind, hat das SBB-Netz
zu wenig Energie.
Die restlichen 9 Kraftwerke der SBB gehen ebenfalls in den
Überlastbereich und fallen der Reihe nach aus.
17:35 Uhr: Auf dem ganzen Schienennetz hat es keinen
Strom mehr.
Die SBB haben wegen dem gestrigen Blackout bisher rund 200'000
"Sorry"-Railchecks mit einem Gesamtwert von etwa 3 Millionen Franken
verteilt. SBB-Konzernchef Benedikt Weibel.
Das oberste Prinzip im Umgang mit den Kunden ist
Grosszügigkeit.
Über 300 Fahrgäste seien in Hotels untergebracht und mit Taxis
zum Beispiel an den Flughafen transportiert worden.
Bahnreisende, die vom Totalausfall betroffen waren, können sich
weiterhin beim Kundendienst auf den Bahnhöfen melden oder über
das Kontaktformular Kundendienst im Internet.
Nachtrag vom 26. Juni, 2005: Vorbildliches Verhalten
Uns beeindruckten die Worte Benedikt Weibels
nach dem Stomausfall auf dem gesamten SBB Netz.
Er gab zu, dass diese aussergewöhnliche Situation in keine
Stabsübung antizipiert worden sar.
Er beschönigte nichts. Im Gegenteil. Er nahm die ganze
Verantwortung auf sich.
Schön, dass es auch Beispiele gibt, die veranschaulichen,
wie nach Krisensituationen das Vertrauen aufgebaut werden kann. Im
Fall Voser
könnten sich Personen, wie die Gesundheitsdirektorin,
Christiane Roth aber auch einige Ärzte, sowie
die Ständerätin von Benedikt Weibel
lernen. Weshalb fällt es so schwer, zu vorgefallenen Pannen zu stehen
und auf Beschönigungen, Selbstschutzbehauptungen und Verschleierungen
zu verzichten? Links: