Die Aussage
"Das Essen ist gut, ehrlich!"
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hat eine explizite und eine implizite Ebene.
- Explizit dh. ausdrücklich, wortwörtlich ist die
Aussage eindeutig formuliert: Ehrlich gesagt, das Essen ist gut.
- Implizit oder in der Aussage eingeschlossen - könnte
damit auch gemeint sein: Jetzt meine ich es ehrlich, das Essen ist gut.
Alles was ich sonst gesagt habe, ist damit nicht unbedingt ehrlich gemeint.
Tatsächlich ist die Zusatzbemerkung (dass es ehrlich gemeint ist) nicht
erwähnenswert, insofern alle sonstigen Aussagen ebenfalls ehrlich
gemeint wären. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass wir tagtäglich
beim Sprechen über den Wahrheitsgehalt von Äusserungen
nachdenken müssten. In der Kommunikationsberatung werden bekanntlich
Begriffe, wie Wahrheit Offenheit Ehlichkeit immer wieder unterstrichen.
Dies bedeutet, dass Lügen auf lange Sicht kurze Beine
haben. (Weil selbst Laien erkennen, dass beim Lügen etwas nicht stimmen
kann; nicht synchron ist).
Nachfolgend geht es nun nicht darum, zu beweisen, dass Lügen auch
lange Beine haben können. Doch dürfen wir einmal an dieser
Stelle die angeblich "ehrlichen" Aussagen genauer betrachten.
Es gibt Statistiken, die wahr haben sollen, dass in Alltagsgesprächen
sehr viel gelogen wird. Neuere Forschungen gehen übrigens davon aus,
dass Frauen genau so oft lügen wie Männer, nur etwas geschickter.
Ohne sich der Unwahrheit zu verpflichten, stellen wir immer wieder fest,
dass die Unwahrheit oder das Verschweigen von Meinungen
(Das "Nicht offen alles sagen") grosse Vorteile haben
kann und mitunter sogar notwendig ist. Ein Arzt wird unter
Umständen bewusst "lügen" und hilft damit vielleicht dem
Patienten mehr. Wer die Alltagsgespräche genauer beachtet,
stellt tatsächlich fest: Gegenüber
Vorgesetzten, Kunden oder Lebenspartner werden laufend
Komplimente gemacht, die eindeutig übertrieben, nicht ehrlich
gemeint sind. Es wird mitunter handfest gelogen.
(Alter, Ausbildung, Erfolge, Finanzen usw.)
Arthur Schopenhauer
formulierte es wie folgt:
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So eng auch Freundschaft Liebe und Ehe Menschen verbinden: Ganz ehrlich
meint jeder es am Ende doch nur mit sich selbst und höchstens noch
mit seinem Kinde.
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Der deutsche Philosoph stellt damit schon im 19. Jahrhundert fest, dass
der Umgang mit der Ehrlichkeit ein schwieriges Thema ist.
Übertriebene Offenheit kann sogar zur Taktlosigkeit werden.
Wer alles so sagt, wie er es empfindet, hat bald Kommunikationsprobleme.
Unter dem Deckmantel der Ehrlichkeit könnten wir tagtäglich
Mitmenschen verletzen.
Hat somit die "Notlüge", die weisse Lüge Schutzfunktion?
Vielleicht brachte es George Bernhard Shaw auf den Punkt, wenn
er sagte:
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Die Liebe zur Ehrlichkeit ist die Tugend des Zuschauers, nicht die der
handelnden Person.
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Möglicherweise gibt es verschiedene Arten der Ehrlichkeit.
Jene mit und über sich selbst und jene über andere.
Mit der sogenannten Ehrlichkeit haben die Anderen ein einfaches
Instrument, jemanden fertig zu machen. Ein spanisches Sprichwort sagt.
"Zuweilen spricht auch der Teufel die Wahrheit".
Wann nützt dann überhaupt Ehrlichkeit, wenn im Alltag jene bestraft
werden, die offen und "ehrlich" Ihre Gefühle und eigenen
Schwächen vor anderen ausbreiten?
Ehrlichkeit nützt viel und ist und bleibt wichtig. Doch gibt es gewisse
Vorausetzungen: Sofern wir bereit sind, bei Schwächen und
Direktheiten Bösartigkeit und Gift auszuklammern, ist Ehrlichkeit gewiss
hilfreich.
Ehrlich gesagt: Dies fällt mir auch nicht immer leicht.
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