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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Mai, 2004)

Britische Folterbilder gefälscht



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Die Aufnahmen, die britische Soldaten bei der Misshandlung von Gefangenen zeigen, stammen nach Angaben der Regierung nicht aus dem Irak. Bereits zuvor hatten die Behörden Zweifel an der Echtheit der Fotos geäussert. Verteidigungsminister Geoff Hoon hatte vor dem Unterhaus erklärt, es gebe "starke Anzeichen" dafür, dass der Kleinlaster, in dem eine der Aufnahmen gemacht worden sei, sich nicht im Irak befunden habe.

Am Donnerstag, dem 13. Mai erklärte der für die Streitkräfte zuständige Staatsminister Adam Ingram vor dem Parlament, der Wagen sei "nie im Irak gewesen". Die in der Zeitung "Daily Mirror" veröffentlichten Fotos würden weiter untersucht und möglicherweise würden rechtliche Schritte eingeleitet.
Am Freitag wurde offiziell bekannt, dass die Bilder gefälscht sind. Die Geschichte gehört also auch ins Kapitel Bildmanipulationen. Noch ist nicht klar, wer hinter der Fälschung steckt.

Der Chefredaktor vom Daily Mirror, Piers Morgan trat mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück. Das britische Militär hat eine Entschuldigung von der Boulevardzeitung gefordert. "Es war eine Fälschung, die nicht einmal im Irak aufgenommen wurde", sagte Brigadegeneral Geoff Sheldon. "Es ist Zeit, das Ego eines Herausgebers gegen das Leben eines Soldaten aufzuwiegen", sagte Colonel David Black. Die gestellten Fotos hätten Soldaten im Irak in Gefahr gebracht und dienten als "Rekrutierungsplakat" für die Terrororganisation al-Qaida.

Schwachpunkte der Fälschung

  • Eines der Gewehre ware eine SA-80 MkI, die nicht von Truppen im Irak gebraucht werden. Es fehlte auch der Traggurt.
  • Die abgebildeten Männer tragen Tarnhüte einer Art, die nicht von Regimentsmitgliedern im Irak getragen werden.
  • Der viertönnige Bedford MK Lastwaggen in dem die Irakis abtransporterit werden, wurde nie im Irak eingesetzt. Die Lastwagen in Basra sind viertönnige "Leyland Daf lorries".
  • Die Behälter, um Munition zu transporteren sind offen. Dies würde zum Herausfallen der Munition führen, wenn der Soldat herausspringt.
  • Die gute Qualität der Fotos und der fehlende Schweiss, Schmutz und Verletzungen der Gefangenen sind verdächtig.
  • Die Personen auf den Fotografien bewegen sich nicht. Die Posen sehen gespielt aus.
Quelle: news.scotsman.com




Nachtrag vom 15. Mai, 2004: Entschuldigung bei Daily Mirror Die englische Zeitung "Daily Mirror" entschuldigt sich bei den Lesern mit einem ganzseitigen "Sorry".


Hitler Tagebücher
Hitler Tagebücher
BBC News errinnert an andere Geschichten, wo Zeitungen irregefürt worden sind. Der berümteste Fall ist die Hitler Tagebücher Geschichte im Jahre 1983. Das Magazin "Stern" hatte Auszüge aus angeblichen Hitlertagebüchern publiziert. Diese Fälschung war von einem Mann mit Namen Konrad Kujau angefertigt worden. Autentische Auszüge von Reden wurde da mit persönlichen Annotationen wie "Muss Billete für die Olympischen Spiele für Eva besorgen" gespickt. Die Briefe waren vom Historiker Lord Dacre, einem Spezialisten der Nazi Zeit als autentisch erklärt. Der Schaden an seinem Ruf, sowie der Zeitungen, die die Geschichte gebracht hatten ("Stern", "Sunday Times") waren enorm. Lord Dacre
Lord Dacre"


Nachtrag vom 16. Mai: Zur Wirkung der gefälschten Bilder und deren Gebrauch als politisches Manipulationsmittel

Blair wird die Entlarvung der angeblich authentischen Bilder kaum nützen. Auch gefälschte Bilder wirken mehr als Worte. Die Horrorbilder gingen um die Welt. Sie bleiben im Gedächtnis eingeprägt und verstärkt die Antikriegsstimmung im Land. Dies bestätigen jüngste Umfragen.

"Der Dreck bleibt hängen",


erklären Regierungsbeamte schulterzuckend. Morgan, der als Chefredaktor zurücktreten musste, findet:

"Ich würde sagen, viele wichtiger ist, dass wir die Anschuldigungen über Misshandlungen von Gefangenen durch britische Soldaten überhaupt öffentlich gemacht haben."


Diese Argumentation geht davon aus, dass es legal ist, Fotos zu manipulieren, wenn es im Interesse einer guten Sache erfolgt. Diese Haltung erinnert uns an die gefälschten Sequenzen, die im Interesse von Tierschützern - angeblich in Tierfarmen gedreht worden waren. Für Morgan heiligt damit jedes Mittel den guten Zweck. Für Kriegsdienstgegner gilt deshalb Morgan - trotz der Bildfälschung - als Held. Denn er hat immer gegen das Irak-Abenteuer Stellung bezogen.

Obwohl die Manipulationsversuche als Propaganda entlarvt sind: die Bilder sind im Gedächnis der Leser und Fernsehzuschauer stärker verankert als die tatsächlichen Gegebenheiten. Auch entlarvte Manipulation manipuliert. Die Macht der Bilder ist nicht zu unterschätzen.




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