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www.rhetorik.ch aktuell: (21. Juli, 2002)


Zum Ereignismanagement beim EDA


Joseph Deiss Bundesrat Deiss wurde von verschiedenen Seiten hinsichtlich der Informationspolitik des EDA kritisiert. Wir sind ebenfalls der Meinung, dass das EDA bei den jüngsten Ereignissen zu passiv, zu reaktiv und zu spät informiert hatte. Uns interessiert hier das Medienverhalten beim Ereignismanagement und nicht politische Schwarzmalerei.
Wir betrachten hier drei kürzliche Fälle.
(Bei solchen Geschichten gilt es natürlich immer auch zu bedenken, dass einzelne Interessenvertreter mit Blick auf eine Eroberung des Bundesratssitzes nach Mängeln suchen und diese auch aufbauschen.)


Zum Fall Borer

Thomas Borer Im Fall Ringier/Borer interessierte uns auch das Informationsmanagement des EDA in der Schlussphase des Borer/Ringier - Ereignisses. Nach der letzten unerwarteten eidesstattlichen Erklärung der Kronzeugin wollten zahlreiche Journalisten vom Aussenminister wissen, was er nun zu dieser neuen Situation meine. Bundesrat Deiss gab nach dem Eingeständnis der Kronzeugin in der "NZZ am Sonntag" ein ausführliches Interview. In schwierigen Situationen gilt aber der Grundsatz:

Alle Medien bedienen - keine Medien exklusiv behandeln

Wir beanstanden: Bundesrat Deiss hat gegen diesen wichtigen Grundsatz verstossen. Er stellte sich lediglich einer Zeitung zur Verfügung. Bei Anfragen verwies er im Nachhinein auf sein NZZ Interview. Anderen Medien verweigerte er das persönliche Gespräch. Entweder wird niemand informiert oder alle!

Nicht nachträglich informieren!

Bunderrat Deiss informierte zu spät über die wahren Gründe der Versetzung Borers. Erst in einem Interview mit der NZZ war zu erfahren, dass der Botschafter früher schon zwei Mal verwarnt wurde, nicht kooperativ war und wiederholt als Einzelgänger gehandelt hatte, persönliche Interessen vertreten hatte, als die Interessen des EDA sich mit dem Verhalten zu sehr exponierte hatte, oder gegen den Staatsvertrag mit Deutschland lobbiert hatte. Im Nachhinein musste auch die SVP am 18. Juli eingestehen dass das Verhalten Borers ungeschickt war.
Wir beanstanden: Diese Informationen wurden zu spät nach Aussen getragen. In der Folge spricht in Deutschland noch heute die ganze Presse vor allem von der ungerechtfertigten Abberufung auf Grund einer Frauengeschichte. Nach Deiss wurde angeblich noch nie ein Botschafter abberufen, nur weil er mit einer anderen Frau ein Verhältnis gehabt hatte. Das nachträgliche Informieren war ein gravierenden Fehler. denn im Nachhinein lässt sich eine Medienmeinung kaum mehr korrigieren.
Zum Fall Friederich

Peter Friedrich, Foto: Reuters Der Schweizer Botschafter Peter Friederich in Luxenburg wurde zuerst der Geldwäscherei verdächtigt. Nachher musste die Untersuchung auch auf Urkundenfälschung ausgedehnt werden. Nach ersten Pressemitteilungen, widersprüchlichen Aussagen und ersten Ermittlungen fehlte jegliche klärende Information des EDA. (Friederich hat nun Geldtransaktionen eingestanden, wie die Bundesanwaltschaft am 6. Juli 2002 den Medien in Bern mitteilte. Im zweiten Halbjahr 2001 zahlte Friederich bei einer Luxemburger Bank insgesamt rund 750'000 US-Dollar (1,1 Millionen Schweizer Franken) auf sein persönliches Konto.) Wir sind der Meinung, dass auch in diesem Fall zu passiv informiert wurde. Die Informationspolitik, d.h. das Ereignismanagement, verlangt analog dem Krisenmanagement die Umsetzung der bewährten Grundsätze:

Die Bevölkerung pro-aktiv informieren.

Wir beanstanden: Es wurde bei diesem Fall zu passiv informiert. Es wurde zu lange gezögert. Wir vermissten einen Medienauftritt des Bundesrates.
Zum Fall "Flugzeugzusammenstoss am Bodensee"

Skyguide Wir haben uns zu der widersprüchlichen und irritierenden Informationspolitik der Skyguide bereits geäussert. In diesem Fall gab es verschiedenste Berührungspunkte zwischen Deutschland und Russland mit der Schweiz, die das EDA hätten beschäftigen müssen. In diesem Dossier vermittelte das EDA weder Informationen noch gab es eine Medienkonferenz. Der Grundsatz wurde missachtet:

Ereignismanagement verlangt offensives Informieren.

Wir beanstanden: Bei den Spannungsfeldern Schweiz - Deutschland und Schweiz - Russland hätte das EDA von sich aus informieren müssen. Mit einer offensiveren Informationspolitik wäre die nachträgliche Schadensbegrenzung hinfällig geworden.

Fazit: Das Ereignismanagement verlangt immer eine aktive Führung der Informationen. Bei den skizzierten Ereignissen fehlte beim EDA eine dezidierte Stellungsnahme. Aktiv Informieren heisst: Die Öffentlichkeit umfassend informieren. Es müssen auch Lösungswege und Perspektiven aufgezeigt werden. Bundesrat Deiss kannte möglicherweise diese Perspektiven - doch wurden sie nicht nach Aussen getragen. Ereignisse, die internationale Dimensionen annehmen und einen Schulterschluss mit anderen Departements verlangen, sind bestimmt schwieriger als das Alltagsgeschäft. Doch ausgerechnet bei schwierigen Situationen gilt es, dem Ereignismanagement besondere Beachtung zu schenken.




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