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Nachtrag vom 5. September. Das gerupfte Huhn
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Nachtrag vom 13. Februar, 2004: Die SP ist in einem Dilemma. Soll sie zurückschlagen? Soll sie die Provokation ignorieren? Tatsächlich ärgert es jeden Provokateur, wenn er nicht ernst genommen wird. Aus der andern Seite gibt es Grenzen. Soll man sich alles gefallen lassen? Im Fall des Plakates mit den roten Ratten sind es nun die Bürgerlichen, die den Stil der SVP wortlaut beanstanden. Das Plakat kam im Schweizer 10 vor 10 vom 12. Februar nochmals zur Sprache, weil sich sogar die Rattenfreunde gegen das Diffamieren ihrer angeblich so intelligenten Tiere gewehrt hatten. Erkenntnis: Wieder einmal bestätigt es sich: Der Provokateur profitiert vom Protest. Mit jeder Beanstandung wird sein Bild nochmals "gratis" abgebildet und zusätzllich verbreitet. Die SP wäre nicht schlecht beraten, wenn sie die ganze Kampagne humorvoll kontert. |
Nachtrag vom 14. Februar, 2004: Uns interessierte auch die Fortsetzungsgeschichte beim Ratten-Plakat der SVP: Wie reagieren Betroffene und die Medien auf die Provokation? Der Sonntagblick schuf eine grossaufgemachte Fortsetzungsgeschichte über den Werber Alexander Segert, der auch das SVP Plakat mit den gerupften Hühnern entworfen hatte. Das braune Gedankengut, das hinter der Idee mit den roten Ratten steht, versuchten die Journalisten zu entlarven, indem deutlich gemacht wurde, dass der Werber früher einmal bei der Psychogruppe VPM mitgewirkt hatte und sie nochmals auf den rassistischen Hintergrund des Sujets hinwiesen. Die Nazis hatten die Juden füher als Ratten gezeichnet. Die Parteien reagierten unterschiedlich:
Wir stimmen Fehr bei. Jedes Wiederholen bringt der SVP wieder eine Plattform. Das beanstandete Plakat wird gratis wiederholt. Die roten Ratten gravieren sich trotz der kritischen Bemerkungen im Langzeitgedächtnis ein. Bilderargumente wirken nachhaltiger als Worte! Auch der Beitrag des Sonntagblicks hatte demnach - nach unserem Dafürhalten - das Bild der "roten Linken, die wie Ratten immer mehr Geld wollen:, zusätzlich verstärkt. Wir zweifeln daran, dass die Zusatzinformationen die Bildaussage neutralisiert haben. Das hat sich auch beim Messerstecherinserat und beim Bild mit dem gerupften Huhn gezeigt. |
Nachtrag vom 1. April, 2004
Die roten Ratten, welche die Linken symbolisieren sollen, lachen uns
wahrscheinlich bald von allen Plakatwänden an. Ein Richter hat der
SVP erlaubt, die Abstimmungsplakate aufzuhängen. Mitte Februar reichte der Zürcher Historiker Thomas Huonker eine Strafanklage gegen die SVP-Bundesräte Samuel Schmid und Christoph Blocher, SVP-Generalsekretär Gregor A. Rutz sowie den Leiter eines Werbebüros ein. Mit einer superprovisorischen Verfügung wollte er ausserdem den Druck und die Verteilung der Plakate stoppen. Der Stein des Anstosses: Die Werbekampagne für das Steuerpaket und die 11.AHV-Revision, welche am 16. Mai zur Abstimmung kommen. Auf dem Plakat sind die Linken in der Gestalt von roten Ratten abgebildet. Diese vernichten aus der Sicht der SVP Arbeitsplätze und AHV. Doch der Richter lehnte das Gesuch um eine superprovisorische Verfügung ab. Jetzt darf die SVP die Plakate aufhängen. Die Strafanzeige wegen Rassendiskriminierung ist aber noch hängig. Die Beklagten müssen sich zudem bis am 4. April zu den Vorwürfen äussern. Diese Plakatgeschichte verdeutlicht einmal mehr, dass Provokateure von jeder Klage (Wirbel in den Medien) und jedem Protest profitieren. In der zitierten Pressemeldung (Quelle Blick) wurde das Plakat nochmals (kostenlos) abgedruckt. Dies ist einmal mehr Gratiswerbung für die SVP. Dank dem Blickartikel sehen nun hunderttausende von Lesern das umstrittene Bild. Die Bildaussage wird trotz kurzer Betrachtungszeit im Langzeitgedächtnis geankert. Bekanntlich wirken Bilder stärker als Worte. Wie recht hatte doch SP Präsident Fehr, der vor Protestaktionen gewarnt hatte. Denn: Er kennt als Medienmann die Medienphänomene auf die wir immer wieder zu sprechen kommen. |
Nachtrag 25. April 04: Beschwerde wurde einmal mehr zum Bumerang
Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Provokateure davon
profitieren, wenn die Betroffenen die Nerven verlieren und den Provokateur
einklagen. Gegen das SVP Ratten- Plakat reichte das Zürcher SP- Mitglied Thomas Huoniker Strafklage ein. Er fühlte sich in der Persönlichkeit verletzt. Er klagte nicht nur die SVP, sondern auch den SVP Generalsekretär Ueli Maurer, den Plakatverfasser Gregor Rutz, sowie die beiden SVP Bundesräte Schmid und Blocher an. Der Kläger blitzte jetzt beim Bezirksgericht ab. Die SVP darf mit dem Plakat gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer werben. Begründung: Das Gericht sieht eine Beleidigung gegen ein Kollektiv. Es beziehe sich nicht auf eine einzelne Person. Die "Linken" umfasse eine eine "nicht überschaubare" Gruppe. Huoniker wurde die Klagelegimitation abgesprochen und muss der SVP die Prozesskosten und eine Entschädigung bezahlen. Das Zürcher Urteil hat auch einen symbolischen Gehalt. Man kann offenbar nicht alles einklagen und jeden einklagen, der eine andere Meinung hat. Auch in Genf wurde das Urteil mit Interesse zur Kenntnis genommen. Dort wollen FDP und CVP klagen, weil eine linke Gruppe die drei bürgerlichen Parteien als drei verdreckte Schweine darstellt. Die SVP störte dies nicht. Sie kennt gewiss die Auswirkungen von Klagen. Die Klage wurde nicht nur hinsichtlich Urteil zum Bumerang. In der Sonntagszeitung wurde am 25. April im Zusammenhang mit dem Gerichtsentscheid das Rattenplakat farbig in ansprechbarer Grösse publiziert. Sicherlich gibt es Leute, die das Plakat nochmals betrachtet haben und sich Gedanken dazu gemacht haben. Vielleicht führt die Abbildung bei einigen Stimmbürgern dazu, sich zu überlegen: Sollen wir einfach immer mehr Geld fordern, wenn die Ausgaben ins Unermessliche steigen? Damit hätte die SVP nochmals gepunktet. Wenn nämlich in einer der auflagenstärksten Schweizer - Zeitung das umstrittene Bild nochmals inseratengross und farbig veröffentlicht wird, so könnten sich die Provokateure ins Fäustchen lachen. Sie kamen nämlich einmal mehr zu einer kostenlosen Werbung. Erkenntnis: Einmal mehr wird veranschaulicht: Oft ist es klüger Provokatuere rechts oder links liegen zu lassen. |
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