Der Designer
Luigi Colani brachte es nicht nur fertig, neue Formen zu kreieren und
Ideen zu realisieren, er war auch ein Meister im Marketing. Kaum ein Designer ist so
berühmt geworden.
Luigi Colani ist am 16. September verstorben:
Die Presse:
20 Min:
Design-Visionär Luigi Colani war seiner Zeit meist voraus. Am 16.
September ist der Meister der runden Form mit 91 Jahren in Karlsruhe
gestorben.
Er wurde geschmäht und gehasst, er wurde verehrt und
geliebt. Er stürmte voran, er wollte immer mehr als das momentan
Mögliche, er grollte, wenn andere nicht mitkamen oder, schlimmer
noch, ihn gar nicht erst verstanden. Luigi Colani, der so berühmte
wie zeitweise auch geschmähte Stardesigner war ziemlich genial
und seiner Zeit oft weit voraus. Am 16. September ist er mit 91 Jahren
in Karlsruhe gestorben.
Er erdachte spektakuläre und futuristische Autos, Rennwagen
oder Flugzeuge. Er liess Lastwagen mit raumschiffähnlichem
Führerhaus bauen. Er entwarf wie ein Berserker und er
überwarf sich zeit seines Lebens nebenbei mit so ziemlich allen
Designkollegen.
Seine Welt sei rund, betonte Colani immer wieder. Er hasste eckige
Formen, rechte Winkel und harte Gradlinigkeit. Stattdessen gestaltete
er neben seinen vielen aerodynamischen Fahrzeug-Prototypen
rundleibige Fernseher, dickbäuchige Kugelschreiber, geschwungene
Stühle, sanftförmige Brillen oder ovalschwebende Klos
kein Gebrauchsgegenstand war ihm zu banal. Eine von ihm entworfene
Kugelküche sah aus, wie direkt aus Raumschiff Enterprise
entsprungen.
Im Laufe seines Lebens arbeitete er ausser in Deutschland, Italien,
Mexiko, den USA oder Russland auch in der Schweiz, in Japan oder China.
Er feierte riesige Erfolge etwa mit der legendären Canon T90,
die das Design der Marke entscheidend prägte. Er verdiente in den
70er und 80er Jahren viel Geld und er war einer der ersten Designer, der seine
Produkte unter seinem Namen vermarktete mit dem so unverwechselbar
wellenförmig geschwungenen Schriftzug "Colani".
In Berlin geboren, bastelte er sich schon als kleines Kind Autos oder
Schiffe zusammen. Nach der Schule studierte er an der Berliner
Kunstakademie. Später in Paris beschäftigte er sich an der
Universität Sorbonne mit Aerodynamik. Er heiratete, bekam zwei
Söhne, trennte sich. Der Kontakt zu seinen Söhnen war nach
seinen eigenen Worten spärlich.
Sein Denken, so sagte er, sei stets auf das Morgen zugegangen.
Ablehnung, wie sie ihm nicht zuletzt wegen seiner hochfahrenden und
überheblichen Art entgegenschlug, kränkte ihn, auch wenn
er das nicht gerne zugeben mochte. "Das Scheitern liegt auf der anderen Seite",
sagte er bockig. Colani fühlte sich verkannt.
Zuletzt war er leiser geworden. Mit deftigen Worten zog er bis
dahin über die in seinen Augen ewiggestrige Designzunft her,
beschimpfte die Industrie als ultrakonservativ, verliess sogar
Deutschland empört in Richtung China. Zu seinem 90. Geburtstag
schliesslich wirkte er still und zerbrechlich. Er nahm sich zurück,
paffte an seiner Zigarre und
lachte ein wenig heiser. Seine Wohnung in Karlsruhe behielt er.
Deutschland war für ihn "Heimat". Trotz allem.
Leiser zu sein, hiess dabei aber nicht weniger stur oder weniger
stolz. Im Gegenteil. "Ich wurde kopiert, kopiert, kopiert", sagte
er der Deutschen Presse-Agentur bei einem Treffen im Juli 2018. Und:
"Sie können zurückgehen auf das, was ich vor 20, 25 Jahren
gesagt habe das ist heute neu, neu, neu!"
Der Universaldesigner verachtete die Zweifler, er liebte das Risiko.
"Ich könnte dieser Welt auf die Sprünge helfen! Aber ich
will es nicht mehr." Ein wenig traurig war er dann auch, aber nur
kurz. "Ich habe in keine Zeit gepasst", sagte er.
Viele seiner extravaganten, avantgardistischen Entwürfe blieben in
der Schublade. Zahlreiche seiner Monsterprojekte wurden nie umgesetzt.
Und ein Colani-Museum, das er dann doch so gerne gehabt hätte,
wurde nie gebaut. Er, das Vorbild für viele Generationen von
Designstudenten, hatte nach eigenem Bekunden keine Vorbilder. "Ich
bewundere niemanden."
Was ihm vielleicht Genugtuung sein mag: Am Ende seines Lebens
würdigte man ihn zunehmend wieder als den, der er schon immer
war: ein Visionär.