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www.rhetorik.ch aktuell: (03. Jun, 2016)

Zum Beginn des Behring Prozess

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Finanzjongleur Dieter Behring muss sich im Moment in Gericht verteidigen. Der Prozeess hat vor ein paar Tagen begonnen und wird 5 Wochen dauern. NZZ. Wir hatten schon vor 10 Jahren berichtet. Ein SP Kollege hat Anita Fetz vor kurzen in einem Brief an Ihr Versprechen erinnert, dass die Politikerin ihr Versprechen einhalten müsste, falls Behring verurteilt wird.


Liebe Anita Fetz
Vorweg: Als langjähriges SP Mitglied erlaube ich mir, die unter Parteimitgliedern übliche, vertraute Anrede.
Und nun zu meinem Anliegen. Ich war während vieler Jahre in der Stadt Schaffhausen als Vertreter der SP aktiv. Ich gehörte dem städtische n Parlament an. Die eidgenössische Politik fand und findet auch heute noch mein grosses Interesse. Es schmerzt immer ganz besonders, wenn Parteimitglieder Fehler machen und versuchen sich herauszureden.
Es liegt mir fern, Deine Verbindung mit Dieter Behring aufzuwärmen. Ich habe ganz einfach ein gutes Gedächtnis, und ich erinnere mich, das sich mich damals sehr geärgert habe, dass eine prominente Vertreterin der SP sich mit Behring eingelassen hat. Mehr sage ich dazu nicht.
Ich habe recherchiert und in der Ausgabe "Rhetorik" im Jahre 2006 von Marcus Knill einen interessanten Artikel gefunden (siehe Auszug in der Anlage). Ich frage Dich deshalb, ob Du, falls Behring verurteilt wird, die damals erhaltene Spende an eine gemeinnützige Institution überweisen wirst.
Ich freue mich auf Deine Stellungnahme.
Sozialistische Grüsse aus Schaffhausen
Werner Geel
Aus NZZ:
1. Was passierte damals? Anfang des Jahrtausends trat ein unbekannter Hedge-Fund-Manager auf und zog mit einem gemäss seinen Aussagen automatisierten Handelssystem Tausende von Anlegern in Bann. Dieter Behring stellte dank einer angeblich von ihm selbst entwickelten Software hohe Renditen bei geringem Verlustrisiko in Aussicht. Lange galten die Produkte von Behring deshalb als eine Art Geheimtipp. Doch bereits kurz nachdem der Name in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden war, krachte das System zusammen. Rund 2000 Anleger verloren ihr Geld. 2004 wurde Behring verhaftet und ein Verfahren gegen ihn sowie gegen weitere Beteiligte eröffnet.
2. Was wird Behring vorgeworfen? Behring wird vorgeworfen, zwischen 1998 und 2004 gewerbsmässig Anleger betrogen zu haben. Gemäss Anklageschrift hat Behring mindestens 3,66 Millionen Franken, 1,5 Millionen US-Dollar und 380'000 Euro für private Bedürfnisse verwendet. Mit rund 30 Millionen Franken soll er fremde Verbindlichkeiten gedeckt haben. Rund 165 Millionen Franken flossen unter dem Titel von Lizenzgebühren an die QED Consulting AG und die Redsafe/swisspulse Systems AG. Die Anleger sollen insgesamt im Umfang von 800 Millionen Franken geschädigt worden sein. Angeklagt ist Behring ausserdem wegen qualifizierter Geldwäscherei.
3. Weshalb sorgte der Fall Behring für so grosses Aufsehen? Alleine die grosse Zahl der Geschädigten und die die Deliktsumme ist für schweizerische Verhältnisse ausserordentlich. Zur Reizfigur wurde Behring aber auch wegen seines aufwendigen Lebensstils: Behring kaufte in der Basler Altstadt mehrere Liegenschaften, machte mit exklusiven Einladungen auf sich aufmerksam und gab sich als Liebhaber teurer Uhren. Pikanterweise geriet Behring wegen des Luxus erst in die Medienöffentlichkeit. Die englische Presse berichtete über einen Restaurantbesuch mit Freunden in London, der mehrere 10'000 Franken kostete. Von da an war das System Behring im Fokus der Öffentlichkeit. Hinzu kam im August 2004 eine politische Dimension: Behring war mit der Stiftung Pro Facile verbandelt, die ebenfalls in die risikobehafteten Produkte investierte. Im Stiftungsrat sassen mit der Basler Ständerätin Anita Fetz und dem damaligen Solothurner Regierungsrat Roberto Zanetti zwei bekannte Politiker - es kam zum politischen Sommer-Skandal. (..)
4. Was sagt die Bundesanwaltschaft? Die Anklageschrift umfasst 84 Seiten. Minuziös wird aufgelistet, bei welcher Gelegenheit und auf welche Weise Behring seine Kunden hinters Licht geführt haben soll. Es werden Dutzende von Präsentationen aufgeführt, bei denen Behring sein Handelssystem angepriesen und seine Kunden auf diese Weise getäuscht haben soll. Bei seiner von ihm angepriesenen Methode habe es sich aber nicht um ein marktüberlegenes System ohne menschliche Emotionen gehandelt, das über Jahre ausnahmslos Renditen in zweistelliger Prozenthöhe erbracht habe, schreibt die Bundesanwaltschaft. In Wahrheit habe bloss ein "im Umlageverfahren betriebenes virtuelles Scheingebilde" bestanden. Überprüfbar seien die Versprechen für die Kunden kaum gewesen. Dazu habe auch der bei seinen Präsentationen mit "Präsenz, Ausstrahlung, Überzeugungskraft und Kompetenz" auftretende Beschuldigte beigetragen. 5. Was sagt Behring? "Ich sage nicht, dass es ein liederliches Verfahren ist, aber ich möchte Ihnen diese Bezeichnung zur Selbsterkenntnis angeboten haben": Dieses Zitat von Franz Kafka steht zuoberst auf der Internet-Seite von Dieter Behring mit dem Namen "venceremos.ch". Kritik äussert Behring also nicht nur in materieller Hinsicht sondern am Verfahren insgesamt. Er stösst sich beispielsweise daran, dass die Bundesanwaltschaft das Verfahren gegen Mitbeschuldigte eingestellt hat, die für das Debakel verantwortlich seien. Und er verweigert die Zusammenarbeit mit dem Pflichtverteidiger, der ihm zugeteilt wurde, weil dessen Wunsch-Anwalt von der Bundesanwaltschaft wegen Interessenkonflikten nicht akzeptiert wurde. Aber auch inhaltlich weist Behring jede Schuld von sich: Sein Handelssystem habe bis zum Schluss ausgezeichnete und überdurchschnittliche Resultate erbracht. Eine "stetig wachsende und unstillbare Gier" müsse mindestens einen Teil seiner ehemaligen Geschäftspartner dazu verleitet haben, sich an den Kundengeldern zu vergreifen, um sich persönlich zu bereichern oder eigene Fehlinvestitionen auszubügeln, schreibt er.
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Nachtrag: Aus 20 Minuten

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