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Finanzjongleur Dieter Behring
muss sich im Moment in Gericht verteidigen. Der Prozeess hat vor ein paar Tagen
begonnen und wird 5 Wochen dauern.
NZZ. Wir hatten schon vor 10 Jahren
berichtet. Ein SP Kollege hat Anita Fetz vor kurzen
in einem Brief an Ihr Versprechen erinnert, dass die Politikerin ihr Versprechen einhalten müsste,
falls Behring verurteilt wird.
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Liebe Anita Fetz
Vorweg: Als langjähriges SP Mitglied erlaube ich mir, die unter
Parteimitgliedern übliche, vertraute Anrede.
Und nun zu meinem Anliegen. Ich war während vieler Jahre in der Stadt
Schaffhausen als Vertreter der SP aktiv. Ich gehörte dem städtische
n Parlament an. Die eidgenössische Politik fand und findet auch heute
noch mein grosses Interesse. Es schmerzt immer ganz besonders, wenn Parteimitglieder
Fehler machen und versuchen sich herauszureden.
Es liegt mir fern, Deine Verbindung mit Dieter Behring aufzuwärmen. Ich
habe ganz einfach ein gutes Gedächtnis, und ich erinnere mich, das sich
mich damals sehr geärgert habe, dass eine prominente Vertreterin
der SP sich mit Behring eingelassen hat. Mehr sage ich dazu nicht.
Ich habe recherchiert und in der
Ausgabe "Rhetorik" im Jahre 2006
von Marcus Knill einen interessanten Artikel gefunden (siehe Auszug in
der Anlage). Ich frage Dich deshalb, ob Du, falls Behring verurteilt
wird, die damals erhaltene Spende an eine gemeinnützige Institution
überweisen wirst.
Ich freue mich auf Deine Stellungnahme.
Sozialistische Grüsse aus Schaffhausen
Werner Geel
Aus
NZZ:
1. Was passierte damals?
Anfang des Jahrtausends trat ein unbekannter Hedge-Fund-Manager
auf und zog mit einem gemäss seinen Aussagen automatisierten
Handelssystem Tausende von Anlegern in Bann. Dieter Behring stellte
dank einer angeblich von ihm selbst entwickelten Software hohe Renditen
bei geringem Verlustrisiko in Aussicht. Lange galten die Produkte von
Behring deshalb als eine Art Geheimtipp. Doch bereits kurz nachdem der
Name in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden war, krachte
das System zusammen. Rund 2000 Anleger verloren ihr Geld. 2004 wurde
Behring verhaftet und ein Verfahren gegen ihn sowie gegen weitere
Beteiligte eröffnet.
2. Was wird Behring vorgeworfen?
Behring wird vorgeworfen, zwischen 1998 und 2004 gewerbsmässig
Anleger betrogen zu haben. Gemäss Anklageschrift hat Behring
mindestens 3,66 Millionen Franken, 1,5 Millionen US-Dollar und
380'000 Euro für private Bedürfnisse verwendet. Mit rund 30
Millionen Franken soll er fremde Verbindlichkeiten gedeckt haben. Rund
165 Millionen Franken flossen unter dem Titel von Lizenzgebühren an
die QED Consulting AG und die Redsafe/swisspulse Systems AG. Die Anleger
sollen insgesamt im Umfang von 800 Millionen Franken geschädigt
worden sein. Angeklagt ist Behring ausserdem wegen qualifizierter
Geldwäscherei.
3. Weshalb sorgte der Fall Behring für so grosses Aufsehen?
Alleine die grosse Zahl der Geschädigten und die die Deliktsumme
ist für schweizerische Verhältnisse ausserordentlich. Zur
Reizfigur wurde Behring aber auch wegen seines aufwendigen Lebensstils:
Behring kaufte in der Basler Altstadt mehrere Liegenschaften, machte
mit exklusiven Einladungen auf sich aufmerksam und gab sich als
Liebhaber teurer Uhren. Pikanterweise geriet Behring wegen des Luxus
erst in die Medienöffentlichkeit. Die englische Presse berichtete
über einen Restaurantbesuch mit Freunden in London, der mehrere
10'000 Franken kostete. Von da an war das System Behring im Fokus der
Öffentlichkeit. Hinzu kam im August 2004 eine politische Dimension:
Behring war mit der Stiftung Pro Facile verbandelt, die ebenfalls in die
risikobehafteten Produkte investierte. Im Stiftungsrat sassen mit der
Basler Ständerätin Anita Fetz und dem damaligen Solothurner
Regierungsrat Roberto Zanetti zwei bekannte Politiker - es kam zum
politischen Sommer-Skandal. (..)
4. Was sagt die Bundesanwaltschaft?
Die Anklageschrift umfasst 84 Seiten. Minuziös wird aufgelistet,
bei welcher Gelegenheit und auf welche Weise Behring seine Kunden hinters
Licht geführt haben soll. Es werden Dutzende von Präsentationen
aufgeführt, bei denen Behring sein Handelssystem angepriesen
und seine Kunden auf diese Weise getäuscht haben soll. Bei
seiner von ihm angepriesenen Methode habe es sich aber nicht um ein
marktüberlegenes System ohne menschliche Emotionen gehandelt, das
über Jahre ausnahmslos Renditen in zweistelliger Prozenthöhe
erbracht habe, schreibt die Bundesanwaltschaft. In Wahrheit habe
bloss ein "im Umlageverfahren betriebenes virtuelles Scheingebilde"
bestanden. Überprüfbar seien die Versprechen für die
Kunden kaum gewesen. Dazu habe auch der bei seinen Präsentationen
mit "Präsenz, Ausstrahlung, Überzeugungskraft und Kompetenz"
auftretende Beschuldigte beigetragen.
5. Was sagt Behring?
"Ich sage nicht, dass es ein liederliches Verfahren ist, aber ich
möchte Ihnen diese Bezeichnung zur Selbsterkenntnis angeboten haben":
Dieses Zitat von Franz Kafka steht zuoberst auf der Internet-Seite von
Dieter Behring mit dem Namen "venceremos.ch". Kritik äussert Behring
also nicht nur in materieller Hinsicht sondern am Verfahren insgesamt. Er
stösst sich beispielsweise daran, dass die Bundesanwaltschaft
das Verfahren gegen Mitbeschuldigte eingestellt hat, die für das
Debakel verantwortlich seien. Und er verweigert die Zusammenarbeit
mit dem Pflichtverteidiger, der ihm zugeteilt wurde, weil dessen
Wunsch-Anwalt von der Bundesanwaltschaft wegen Interessenkonflikten
nicht akzeptiert wurde. Aber auch inhaltlich weist Behring jede Schuld
von sich: Sein Handelssystem habe bis zum Schluss ausgezeichnete und
überdurchschnittliche Resultate erbracht. Eine "stetig wachsende
und unstillbare Gier" müsse mindestens einen Teil seiner ehemaligen
Geschäftspartner dazu verleitet haben, sich an den Kundengeldern
zu vergreifen, um sich persönlich zu bereichern oder eigene
Fehlinvestitionen auszubügeln, schreibt er.
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Nachtrag: Aus 20 Minuten