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www.rhetorik.ch aktuell: (05. Jun, 2010)

Leuenbergers Schlaumeier Rhetorik

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Jeder Politiker weiss, dass Lügen bei Interviews gefährlich sein können. Bundesrat Leuenberger bedient sich deshalb bei heiklen Fragen eines einfachen Tricks: Er negiert die Frage - aber meint damit nicht den zentralen Aspekt der Frage. Er bezieht sein Nein nur auf einen Begriff, ein Wort, oder ein Detail der Frage. Leuenbergers Antworten bei heiklen Fragen verdeutlichen, dass er die Klippe zu umschiffen versteht, indem er nur ein Wort aus der Frage negiert und damit nicht zugeben muss, dass er eigentlich den Kern der Frage bejahen müsste. Der "Sonntagsblick" vom 6. Juni:

Sobli: Aber dass Sie mit Herrn de Weck vor seiner Wahl ein Glas Wein -getrunken haben ... Im Zürcher Schiffbau, wird gesagt.

Leuenberger: Nicht einmal das stimmt. Ich habe es aber nicht dementiert, denn auch wenn es so wäre, könnte ich nicht das geringste Problem darin sehen.

Sobli: Und weshalb wurde das Anforderungsprofil für den SRG-Direktor im letzten Moment geändert?

Leuenberger: Auch das ist falsch. Offenbar wurde die Gewichtung der Kriterien etwas verschoben. Über diesen Freiraum muss eine Wahlbehörde verfügen. Aber es wurde nie das Profil derart geändert, dass ein Kandidat aus dem Rennen geflogen wäre.




Wir sehen, dass es durchaus möglich ist, dass Bundesrat Leuenberger mit De Weck vor der Wahl ein Glas Wein getrunken hatte. Nur nicht im Schiffsbau.

Das Anforderungprofil wurde nicht geändert - nur die Gewichtung der Kriterien. Damit wird doch ersichtlich, dass wichtige Aspekte vor der Wahl geändert wurden. Weil Leuenberger diese Anpassungen nicht zum Anforderungsprofil zählt, macht er die Leser Glauben, dass das Anforderungsprofil nicht geändert wurde.

Wer diese beiden Schlaumeier-Antworten oberflächlich liest, könnte glauben, dem Medienminister hätten die Medien Dinge unterstellt, die gar nicht stimmen.

Wer jedoch die Antworten genauer analysiert, stellt fest: Wir können davon ausgehen, dass Leuenberger vor der Wahl mit seinem Kronfavoriten ein Glas Wein getrunken hatte (nur nicht im Schiffsbau) und immerhin wichtige Kriterien, die für die Öffentlichkeit zum Anforderungsprofil gehören - während des Auswahlverfahrens geändert worden sind.





Sonntagsblick:

Herr Bundesrat, im GPK-Bericht heisst es: Der Landesregierung "scheint es im Krisenfall an den elementarsten Mitteln der Teamarbeit zu mangeln". Stimmt das? Moritz Leuenberger: Die GPK haben immerhin auch gesagt, der Bundesrat habe die Finanzkrise gut gemeistert. Beim Amtshilfeverfahren mit den USA aber ist das Zeugnis zugegebenermassen schlecht.
Zu Recht? Richtig ist, dass der Gesamtbundesrat zu spät informiert worden ist. Die GPK verschweigen aber auch einiges.
Zum Beispiel? Sobald alle Mitglieder des Bundesrats informiert waren, gab es intensive Diskussionen und Vorschläge, wie weiter vorzugehen sei; auch Aufträge wurden erteilt. Der Bundesrat hat dies den GPK schriftlich mitgeteilt, doch leider haben sie es nicht in ihren Bericht aufge-nommen.
Und warum nicht? Es passte wohl nicht zur These der GPK, der Bundesrat sei zu passiv gewesen.
Weiter schreiben die GPK, der Bundesrat habe "das Krisenmanagement nicht gesteuert". Für eine Regierung ist das ein miserabler Befund. Ich kann den Vorwurf, wir seien ein Kuschelgremium, nicht akzeptieren. Es gibt jede Woche Dutzende von Mitberichten. Und zu diesem Thema gab es sehr harte Auseinandersetzungen (überlegt) # Aber sehen Sie: Unser Kollegialsystem basiert darauf, dass alle wichtigen politischen Kräfte in die Regierung eingebunden sind. Nicht eine Mehrheit oder ein Ministerpräsident gibt die Richtung vor, sondern jeder Bundesrat hat eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Rücksichtnahme und Vertrauen auf einen einzelnen Departementschef gehören zu unserem System. Das birgt eine gewisse Gefahr, dass man dem anderen zu sehr vertraut. Wir sind aber darauf angewiesen, dass jedes Mitglied das Kollegium frühzeitig und umfassend in heikle Fragen einbezieht.
Aus Angst vor Indiskretionen wurde auf Geheiss des damaligen Bundespräsidenten Pascal Couchepin kein Protokoll verfasst. Finden Sie das richtig? Die Indiskretionen sind ein gros-ses Übel bei uns. In diese Schelte darf ich übrigens auch die Sonntagsmedien liebevoll miteinbeziehen, die stets eifrig nach Indiskretionen suchen. Doch das gehört zum Geschäft, und wir leben damit - einzelne Departemente sogar ganz gut. Zu wirklich brisanten Fragen gibt es aber nie solche Veröffentlichungen. Mögliche Indiskretionen sind daher kein Grund, die Kollegen nicht zu -orientieren.
Oder auf Protokolle zu ver-zichten? Dass man systematisch ein Geschäft nicht protokolliert hat, war sicher ein Fehler.
Die Indiskretionen aus dem Bundesrat scheinen trotz der Abwahl von Christoph Blocher nicht -weniger geworden zu sein. Ohne Ex-Kollegen einen Vorwurf zu machen, aber bezüglich Indiskretionen ist es eindeutig besser geworden.
Die GPK haben das Klima im Bundesrat heftig bemängelt. Ist es denn in den letzten 15 Jahren schlechter geworden? Nein. Es gibt seit eh und je harte Auseinandersetzungen. Otto Stich soll einmal das ganze Weihnachtsessen lang kein Wort gesagt haben. Und wie Flavio Cotti und Ruth Dreifuss einmal aufeinander losgegangen sind! Ein Kuschelgremium war der Bundesrat nie.
In der öffentlichen Wahrnehmung arbeitet der Bundesrat derzeit so schlecht zusammen wie nie. Das ist eindeutig falsch! Ich habe wirklich schlimmere Zeiten erlebt. Aber die UBS-Geschichte ist wohl kaum die beste Visitenkarte für Teamarbeit. Das stimmt.
Welche politischen Reformen braucht es nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise? Der Schlüssel liegt bei den Personen, nicht beim System. Dieses fordert, was Kollegialität angeht, uns allen viel ab. Daran ändern auch ein zweijähriges Präsidium und mehr Staatssekretäre nichts. Entscheidend ist, welche Leute im Bundesrat sind. Die Bundesversammlung als Wahlgremium hat da eine grosse Verantwortung.
Welche Schlüsse ziehen Sie nun aus dem GPK-Bericht? Man wusste seit langem, dass der Unterschied von Steuerbetrug und -hinterziehung gegenüber dem Ausland nicht zu halten ist. Auch die Banken wussten das. Man -hätte viel früher Alternativen angehen sollen.
Ihre Partei fordert nach wie vor eine PUK. Wie stehen Sie dazu? Dies ist Sache des Parlaments. Das Interesse an der ganzen Wahrheit kann ich jedenfalls verstehen. Immerhin war das Verhalten der UBS Auslöser der Krise und nicht der Bundesrat.
Könnte eine PUK denn mehr Licht ins Dunkel bringen? Ob nun PUK oder GPK - die Fragen zu Finma und UBS sind noch nicht genügend beantwortet.
Apropos Transparenz: Ihren geliebten Sonntagsmedien zufolge haben Sie bei der Wahl Roger de Wecks zum neuen SRG-Generaldirektor still, aber entschieden eingegriffen. Ich bin Medienminister. Natürlich fragt mich da die SRG, was ich vom neuen Generaldirektor erwarte. Zwei Punkte waren mir wichtig: Managereigenschaften und die Garantie für hohe journalistische Qualität. Ich habe während des ganzen Verfahrens aber nie einen Namen in den Mund genommen und bin auch nicht in das Auswahlverfahren miteinbezogen worden.
Aber dass Sie mit Herrn de Weck vor seiner Wahl ein Glas Wein -getrunken haben... Im Zürcher Schiffbau, wird gesagt. Nicht einmal das stimmt. Ich habe es aber nicht dementiert, denn auch wenn es so wäre, könnte ich nicht das geringste Problem darin sehen.
Und weshalb wurde das Anforderungsprofil für den SRG-Direktor im letzten Moment geändert? Auch das ist falsch. Offenbar wurde die Gewichtung der Kriterien etwas verschoben. Über diesen Freiraum muss eine Wahlbehörde verfügen. Aber es wurde nie das Profil derart geändert, dass ein Kandidat aus dem Rennen geflogen wäre.
Sie waren nie über den Stand des Verfahrens informiert? Am Schluss wurde ich über die letzten zwei Kandidaten orientiert.
Sie wollten die beiden nicht zu einem Gespräch treffen, wie berichtet wurde? Wozu auch? Das würde man mir ja auch wieder vorwerfen, denn ich wähle ja nicht. Für die Assessments wurden Headhunter engagiert.
Was erwarten Sie von de Weck? Er hat eine ganz schwierige Auf-gabe: Die SRG hat finanzielle Schwierigkeiten. Zweistellige Millionendefizite gehen nicht.
Bis vor den Sommerferien will der Bundesrat entscheiden. Der Ball liegt bei Ihnen. Für uns kommen Gebührenerhöhungen, mehr Werbeeinnahmen und Sparübungen in Frage.
Trotz Ihrer Begeisterung für Herrn de Weck: Ist es vernünftig, einen Mann mit einer so eindeutigen politischen Haltung zum SRG-Generaldirektor zu machen? Herr de Weck war Publizist, jetzt wird er Generaldirektor der SRG. Das sind doch normale Rollenwechsel, die in der Gesellschaft immer wieder vorkommen - etwa wenn ein Anwalt Richter wird oder ein Oppositionspolitiker in die Regierung wechselt.
Sie erhoffen sich von Roger de Weck eine Qualitätssteigerung des Schweizer Fernsehens. Ich lasse mich jetzt nicht zu einer SRG-Schelte drängen. Es gibt einen Verbrüderungspopulismus zwischen den Printmedien und vielen Politikern, die, um den gedruckten Medien zu gefallen, auch noch auf die SRG eindreschen. So kommt eine Stimmung gegen die SRG zustande, die ich in dieser geballten Form nicht als gerecht empfinde. Ich mache mir aber Sorgen um die SRG und bin deshalb froh um die Wahl Roger de Wecks.
Noch eine Frage zum Schluss: Was wünschen Sie sich für Ihr Präsidialjahr 2011? Es wird ein schwieriges Jahr, denn bei der Gesamterneuerung des Bundesrates werden parteipolitische Verschiebungen angestrebt. Ich hoffe daher, dass der Bundesrat sich dadurch nicht auseinander-dividieren lässt.



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