Nachtrag vom 21. Mai, 2010: Zur überraschenden Wahl Roger de Wecks: Quo vadis SRG?
Mit Roger de Weck ist kein Superdirektor gewählt worden, dafür
wird ein sachbezogener intellektueller Medienmann das Szepter bei der
SRG übernehmen. Eine Persönlichkeit, die sich eindeutig und
unmissverständlich positioniert hatte und dadurch zwangsläufig
polarisiert. Eigentlich müssten wir froh sein, dass sich der
neue Chef des grössten elektronischen Unternehmens präzise
ausdrückt und nicht so schwammig formuliert, wie zahlreiche
Weichspülpolitiker.
Auch der Medienspiegel bestätigt nach der überraschenden
Wahl, dass der Zeitungsjournalist alter Schule die öffentliche
Meinung spaltet. Dem neuen Generaldirektor attestieren zwar alle, er sei
intelligent, angesehen und rhetorisch brillant. Dennoch befürchtete
die Rechte ein rotes Staatsfernsehen, dass Führung der elektronischen
Medien nun in europafreundliche linke Hände geraten werde. CVP, SP
und Grüne sind über die Wahl begeistert. Den ersten Medienechos
entnehme ich folgende Fragen:
Wird der neuen SRG Chef mehr Geld einfordern oder wird er eher sparen?
Bockt er - wie einst bei der Tagi Sparübung - falls unpopuläre
Entscheide anstehen? Wie meistert ein Vollblutjournalist und unerfahrener
Manager den trockenen Verwaltungsjob? Kann der neue Medienkapitän
tatsächlich Qualität und Quote unter einen Hut bringen?
Dem Zweifel an seinen Führungkompetenzen begegnet de Weck
mit konkreten Beispielen, die belegen, dass er früher bereits
geführt hat.
Den Bedenken der Kritiker, mit der Wahl des europafreundlichen, linken SRG
Chefs könnte es zu einem roten Staatsfernsehen kommen, nahm Denker
de Weck den Wind aus den Segeln, indem er auf den SRG Programmauftrag
hinwies, dem er verpflichtet sei.
Zu den laufenden Sparprozessen wollte sich de Weck nicht äussern,
bevor er sich nicht eingearbeitet habe. In keinem Interview liess er
sich aufs Glatteis führen. Es gelang in keinem Gespräch, den
bedachten Analytiker zu einer unbedachten Bemerkung hinzureissen. Bei
heiklen Fragen wies er darauf hin, dass er sich zuerst ein Bild von einer
Sendung machen müsse und alle Fakten zu berücksichtigen habe,
bevor er urteile.
Seinem Hinweis, es gehe ihm um eine VerSACHlichung der Diskussion,
entnehme ich, dass es dem parteilosen liberalen Denker tatsächlich
um die SACHE geht. SACHpolitik scheint ihm wichtiger zu sein, als
Parteipolitik.
Bei der Quotenfrage stelle ich fest, dass der neue Generaldirektor
ein Mann des "Sowohl als auch" und nicht des "entweder-oder" ist. Er
will Beides unter einen Hut bringen: Qualität und Quote. Ob dieser
Balanceakt gelingen wird?
Angesprochen auf die enge "DU - Beziehung" zu vielen Verlegern, kehrt
de Weck diesen verstecken Vorwurf ins Positive: In der globalisierten
Medienwelt sei es ein Vorteil, den Verlegern nahe zu stehen. Man
könne es sich nicht mehr leisten, sich zu bekämpfen.
FAZIT: De Wecks Antworten überzeugen mich, weil jedes Wort sitzt,
weil er das Dialogische, das Vermittelnde, betont und sich auf den
SACHbezogenen Auftrag bezieht, dem er verpflichtet sei. Ich bin sicher,
dass unter der neuen Führung der SRG die Medienfragen verSACHlicht
werden. Rhetorisch überzeugte mich de Weck immer als scharfer
Denker und Analytiker. Nun muss er sich nur noch als sachbezogener
Manager bewähren. De Wecks These "Zuerst arbeiten und dann reden"
wird ihm bei der neuen Tätigkeit ebenso so hilfreich sein, wie sein
bisheriges Kommunikationsprinzip: :Zuerst denken, dann reden!"
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