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www.rhetorik.ch aktuell: (22. Mai, 2008)

Blick berichtet über Zickenkrieg

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Der "Blick" vom 22. Mai wusste zu berichten, dass die Brundsräte Leuthard und Calmy-Rey einen "Zicken-Krieg" führen.



Immer wieder stellt sich die Frage: Weshalb werden Auseinandersetzungen bei Frauen besonders genüsslich ausgewalzt? Es kommt zwar auch vor - aber seltener- dass Missstimmungen zwischen Männern publiziert werden. Doch sehen wir dies seltener. Es ist erstaunlich, dass "Blick", der bis anhin Micheline Calmy-Rey sehr wohlwollend behandelt hatte, nun die angebliche Rivalität zu einer Kollegin so gross aufgemacht hat. Hat das Sommerloch begonnen? Bei anderen Medien findet man die Geschichte nicht. Wer den Text genauer liest, erfährt dann im Beitrag "Spieglein, Spieglein an der Wand..." lediglich, dass die beiden Frauen Mühe miteinander haben. Das wird dann als "leidenschaftlicher Zickenkrieg" ähnlich dem Hahnenkampf Couchepin- Blocher aufgemacht. Wer Konkreteres wissen möchte, erfährt nur, dass die Genfer Sozialdemokratin Leuthard wenige Wochen nach Amtsantritt den "Fedehandschuh" hingeworfen habe. Damals wollte Calmy Rey angeblich den Sitz als Gouverneurin bei der Weltbank. Ein Prestigeposten, der in der Schweiz traditionell der Wirtschaftsminister zusteht. Den Posten erhielt dann auch Leuthard. Später sei es immer wieder zu heftigen, halböffentlichen Auseinandersetzungen gekommen: Der "Blick" wärmt alte Geschichten auf:
  • Gegen Calmy-Reys Wille wurden im Oktober 06 die Imageorganisationen "Präsenz Schweiz" und "Schweiz Tourismus" in Leuthards EVD zusammengelegt.
  • Im Januar 07 habe Calmy-Rey den Bundesrat dazu bringen wollen, auf diese Zusammenlegung zurückzukommen.
  • Im Mai 07 habe der Bundesrat die beiden Frauen gezwungen, gemeinsam die Neuordnung von Entwicklungshilfe und Aussenwirtschaft vorzubereiten. Doch die beiden Frauen hätten sich nicht einigen können.
  • Im Juli 07 habe dann Leuthard im Alleingang ein Konzept für den Totalumbau der Entwicklungszusammenarbeit vorgelegt. Calmy-Rey sollte sich nur noch um die armen Länder kümmern. Calmy Rey-habe sich darauf erfolgreich gewehrt.
  • Dann folgt eine neuere Geschichte (Februar 08): Leuthard habe vorgeschlagen, dass PC- 9 Flugzeuge der Pilatuswerke nicht mehr an Länder - die Entwicklungshilfe beziehen - geliefert werden dürften. Calmy-Rey habe darauf erfolgreich protestiert. Leuthard sei in diesem Fall aufgelaufen.
Die beiden Bundesrätin sollen kaum mehr miteinander reden. Beide Politikerinnen seien machtbewusst und hätten Erfolg. Beiden gehe es vor allem um die Gunst in der Bevölkerung. Das bringe vor allem Probleme.

Kommentar: Diese Frontgeschichte der Boulevard Press hat nichts mit echten politischen Sachverhalten zu tun. Sie ist ein Musterbeispiel, welche Bedingungen des Boulevardjournalismus erfüllt sein müssen, dass die Story gross aufgemacht werden kann: Es geht um
  • Personalisierung (zwei bekannte Persönlichkeiten sind die Akteure)
  • Emotionen (Eifersucht, Streit)
  • etwas Aussergewöhnliches
  • latente Vorurteile: Frauen haben Probleme im Team zu arbeiten (Zickenkrieg)
  • Unerwartetes (in diesem Fall weniger um Neues)
  • Klatsch
  • Simplifizierung
  • Polarisierung
  • Schadenfreude
Wenn sich eine derartige Geschichte gut verkaufen lässt, ist man bereit, auch eine favorisierte Person zu opfern.



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