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www.rhetorik.ch aktuell: (15. September, 2006)

Silvia Blochers Umgang mit den Medien

Persönlich News Beitrag dazu Aktuell vom 22. April 2005


Für die Boulevardpresse war es ein gefundenes Fressen: Am 14. September konnte nur im Blätterwald gelesen werden:

  • Silvia packte die Wut!
  • Eine Bundesratgattin, die Zensur verlangt!
  • Der Auftritt von Bundesratsgattin war rabiat!
  • Eine aufgebrachte Silvia Blocher!
  • Fehltritt von Silvia Blocher


Es wurde ein Bild einer Frau gezeichnet, die sich vor ihren Mann stellt und sich vorschnell für ihn wehrt, ohne vorher die Kritik mit ihm abgesprochen zu haben.


Was war geschehen?

Während der Diskussionssendung "Infrarouge" des Westschweizer Fernsehens mit dem Justizdirektor, wurde eine Karikatur von Christoph Blocher als Vogelscheuche gezeigt. Als die Aufzeichnung der Sendung fertig war, zeigte sich Bundesrat Christoph Blocher sehr angetan. Er bedankte sich für die faire Gesprächsleitung. Nach "Blick" meinte der Moderator Zendali: "Der Bundesrat bedankte sich bei mir, dass die Sendung sehr gut ablief." Doch der Justizminister rechnete nicht mit seiner Gattin: Silvia Blocher sass wie eine Beraterin während der Aufzeichnung im Nebenraum und verfolgte die Sendung am Monitor. Erregt verlangte sie ohne Absprache mit dem Mann, die Karikaturen müsse entfernt werden. Blocher wurde in der Sendung einige Sekunden als Vogelscheuche und fremdenfeindliche Person karikiert. Silvias Machtwort soll hernach das halbe Justiz- und Polizeidepartement in Marsch gesetzt haben. Christoph Blocher intervenierte nachträglich.


Ein Tag nach der Ausstrahlung, kurz nach Mittag verlangte ein EJPD Anwalt, dass die Karikatur entfernt werden müsste, da sonst mit "Massnahmen" zu rechnen sei. Der Zensurversuch wurde von Fernsehen und vom Zeichner mit Kopfschütteln quittiert. Christoph Blocher mässigte sich darauf und schwächte ab: Er überlege sich eine Klage. Der Bundesrat gab nachträglich zu: dass ihn seine Frau auf das Karikaturenproblem aufmerksam gemacht hätte.

Zu Silvia Blochers unangenehmen Überraschungen

Wir haben Silvia Blocher schon früher beobachtet, wie sie ihren Mann begleitet und vor Auftritten öffentlich eingriff. Ehepartner dürfen gewiss eine Beraterrolle einnehmen - aber nicht auf die Art, wie es Silvia Blocher macht. So rückte Sie ihrem Ehegatten vor laufender Kamera die Kravatte oder die Kleider zurecht und bat den Mann vor den anwesenden Personen, er soll doch noch aufs WC gehen. Solche Szenen zeigen, dass Frau Blocher das ABC der Medienrhetorik nicht beherzigt. Sie nutzte auch schon das Mikrofon und die Kamera, um öffentlich Couchepin lautstark blosszustellen.

  1. Wer kritisiert, sagt viel über sich selbst aus.
  2. Der Umgang mit Medien könnte gelernt werden
  3. Beanstandungen müssten unter den Betroffenen koordiniert werden
  4. Vor Reklamationen und Kritik lohnt es sich, erst nachzudenken


Silvias Karikaturenstreit führte dazu, dass die missliebigen Karikaturen in den meisten Medien nochmals gezeigt wurden. Es kam zu einem Multipikationseffekt. Die Intervention war ungeschickt und unbedacht und führt zu einer perfekten PR Aktion für die Negativbilder. Dank Protesten werden die Negativbotschaften noch multipiziert.

Was Blochers nicht beachtet hatten

Auch der "Tagesanzeiger" vom 14. September bestätigte, dass sich Bundesrat Blocher beim Moderator für die faire Gesprächsleitung im jüngsten Streitgespäch im Welschen Fernsehen persönlich bedankt hat. Erst durch das unglückliche Eingreifen der Bundesratgattin im Nebenraum während der Aufzeichnung der Sendung "Infrarouge" kam es zu einem Karikaturenstreit in der Medienlandschaft. Silvia Blocher soll wutentbrannt darauf beharrt haben, dass eine Karikatur des Mannes, der während der Aufzeichnung einige Sekunden als Vogelscheuche gezeigt wurde, entfernt werden müsse. In der Presse konnte unter verschiedensten Schlagzeilen gelesen werden: "Fehltritt von Silvia Blocher".

Der Umgang mit Medien müsste gelernt werden.

"Beraterin" Silvia Blocher hätte sich vorgängig unbedingt über den Genre des Sendegefässes ins Bild setzen müssen. Wer beispielsweise in die Rundschau auf "den heissen Stuhl" gebeten wird, sollte sich vorher auch einige dieser Sendungen anschauen, damit er das Konzept, die Fragetechnik des Journalisten und den Ablauf kennt.

Vermutlich haben auch Blochers vor der Sendung viel zu wenig Klärungsfragen gestellt: Wer zu einer Sendung eingeladen ist, muss vieles unbedingt klären: Vorgesehene Fragen? Evt. Einstiegsfrage? Dauer? Spielregeln? Themenbereiche? Oder: Gibt es eingespielte Filmsequenzen? Wie werde ich vorgestellt? Zeitdauer? Usw. Wenn nun Silvia und Christoph Blocher nachträglich erklären, sie hätten nicht gewusst, dass in dieser Sendung Bilder und Karikaturen eingeblendet werden, so kommt das Ehepaar Blocher mit dieser Selbstschutzbehauptung nicht weit. Bei "Infrarouge" ist nämlich das Mitwirken des Karikaturisten immer ein fester Bestandteil der Sendung. Der Sprecher des Bundesrates hätte beispielsweise - an Stelle seiner Frau - die wichtigsten Fragen klären müssen. Bei einer Beschwerde würden Blochers gewiss abblitzen. Livio Zadolari der Sprecher von Christoph Blocher hatte immerhin mit dem Fernsehen drei Regeln vereinbart:
  1. Es ist ein Streitgespräch
  2. Es wird sachlich argumentiert
  3. Verbale Angriffe gegen Bundesrat Blocher werden unterlassen
Diese Vereinbarungen wurden alle eingehalten. Es klingt etwas spitzfindig, aber wenn ein Karikaturist den Bundesrat zeichnerisch "angegriffen" hat, so ist dies juristisch keine Spielregelverletzung. Die ganze Geschichte ist eskaliert, weil sich Silvia und Christoph Blocher bei kritischen Verlautbarungen unkoordiniert verhalten haben.

Es lohnt sich immer, klare Vereinbarungen zu treffen. Im Karikaturenstreit hat Silvia Blocher die Nerven verloren. Eine professionelle Vorbereitung ist unterlassen worden.


Selbstverständlich kommt es trotz bester Vorbereitungen immer wieder zu Überraschungen. Der Journalist stellt beispielsweise eine andere Frage, als vereinbart worden ist. Er zeigt eine provozierende Videosequenz, die er vorgängig nicht verraten hatte. Bei Irritationen kann nur derjenige bestehen, der Ruhe bewahren kann, flexibel bleibt und der seine Kernbotschaft kennt. Sich bei Ueberraschungen nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, ist jedoch eine Kunst, die trainiert werden muss.




Nachtrag vom 17. September 2006:

Wir sind nicht allein, die den Übereifer der Frau von Bundesrat Blocher erstaunt hat. Die NZZ am Sonntag vom 17.September bestätigt unserer Analysen. Zu den Überreaktionen von Silvia Blocher lesen wir in der NZZ am Sonntag:

  • die Intervention von Silvia Blocher finden die Vertreter der SVP als unverhältnismässig und kontraproduktiv.
  • Sie stachelt Christoph an.
  • Sie besänftigt den Mann nicht. Sie giesst Öl ins Feuer.
  • Nach der verunglückten Feier zum Jubiläum des Bundesstaates (die Blochers verliessen die Veranstaltung vorzeitig) soll Silvia den Mann angegriffen haben, er sei zu weich. Sie habe ihn gefragt:

    "Warum bist Du nicht auf die Bühne hinauf und hast erklärt, was für ein fertiger Seich dieser Anlass gewesen ist?"


  • Einige Mitarbeiter sprechen von "Königin Silvia"
  • Silvia Blocher reagiert auf Kritk an ihrem Mann empfindlicher als er selbst
  • Die Reaktionen fallen immer heftiger aus. Es sei der Punkt erreicht, an dem ihr aufbrausendes Wesen der Sache schadet
  • Chistoph Blocher wundere sich über so viel Bemutterung. Aber ohne sie ist er angeblich nicht mehr lebensfähig
  • Im Bemühen um Anerkennung habe sie sich jetzt für einmal verrannt und ihr Ehemann hat sich von ihrem Übereifer anstecken lassen.




  • Fazit: Die Beobachtungen im Beitrag der NZZ am Sonntag entsprechen unserer Analyse mit einem Unterschied: Wir haben festgestellt, dass Silvia Blocher sich nicht nur einmal verrannt hat Sie macht immer wieder den gleichen Fehler Die Bundesratsgattin hätte schon längt von den alten Fehlern lernen können. Als Beraterin müsste sie sich auch beraten lassen Der Rat formulieren wir in Frageform: Weshalb sich nicht etwas zurücknehmen? Oder noch besser: Weshalb nicht die Rollen Ehepartnerin und Medienberaterin trennen?


    Weitere Nachlese zu Silvia Blocher aus der "SonntagsZeitung" vom 17. Sept.

    Silvia Blocher versuchte kurz nach dem Medienwirbel ihr unkontrolliertes Verhalten in den Medien schönzureden. Sie behauptete in der "SonntagsZeitung", sie hätte nie Zensur verlangt, obwohl Sie im Studio wütend eingriff und sofort verlangt hatte, dass die Karikaturen gelöscht werden. (Tatsächlich nahm sie das Wort Zensur nicht explizit in den Mund). Es ging damals vor allem um ihr unbedachte Verhalten als "Bundesratsberaterin" und ihr fragwürdiges Eingreifen im Studio. Silvia Blocher liess vor dem Wochenende auch noch verlauten, sie hätte gar nichts gegen Karikaturen über ihren Mann, obwohl gemäss Protokoll im Studio die Sache völlig anders aussah. Dieser jüngste unüberlegte Versuch eines raschen Verteidigungsschlages mit billiger Wortklauberei und peinlichem Schönreden ist wiederum unprofessionell. Silvias nachträgliche Beschönigung bestätigen uns erneut, dass Silvia Blocher das ABC im Umgang mit Medien einfach nicht beherzigen will (oder kann). Öffentlich dürfen Tatsachen und protokollierte Sachverhalte nie so plump zurechtgebogen werden. Schade, damit konnte Silvia Blocher ihre Glaubwürdigkeit nicht zurückgewinnen im Gegenteil! Auch die Sonntagszeitung beleuchtet die "Beraterin Silvia" und "Aufpasserin" des Justizdirektors in einem grösseren Beitrag (mit dem Titel "Wir sind Bundesrat"). Auch in diesem Artikel werden unsere alten Analysen zusätzlich gestützt. Wir zitieren:
    • Silvia wacht darüber, dass Ansehen und Macht ihres Ehemannes nicht beschädigt wird.
    • Sie spielt den Part der Beraterin und Aufpasserin
    • Bei öffentlichen Auftritten gibt sie ihrem Mann nicht nur Tipps in Stilfragen, wie Leute aus dem Umfeld Blochers wissen, sondern auch darin, was er sagen oder besser nicht sagen solle.
    • Sie scheut sich auch nicht, kritischen Journalisten den Kopf zu waschen und ihnen Vorträge über die Vorzüge des Justizministers zu halten.


    Nachtrag vom 3. Oktober 2006: Wie vermutet: Blocher verzichtet auf eine Klage

    Justizminister Christoph Blocher reicht keine Klage wegen den Karikaturen in der Sendung "Infrarouge" des Westschweizer Fernsehens TSR ein. Er will jedoch in Zukunft nicht mehr in Sendungen dieser Art auftreten.

    Seine Forderung, auf die Ausstrahlung der am 11. September aufgezeichneten Sendung zu verzichten, lehnte die TSR ab. Die Sendung ging am 12. September über den Kanal. In der Folge zog Blocher in Betracht, sich an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) oder an den Presserat zu wenden. Darauf verzichtet nun der Justizmininster , wie sein Sprecher Livio Zanolari am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur SDA bekannt gab. Auch wir waren der Meinung, dass auch eine Rüge beim Presserat nichts gebracht hätte.


    Nachtrag vom 22. April 07: Bilder, die mehr sagen als Worte

    In der NZZ am Sonntag vom 22.April 2007 wird die Operation Hannibal (Das strategische Planspiel der Kandidatur Blocher bis zur Wahl analysiert. Auf dieser Seite ist folgende Aufnahme Christoph Blochers mit seiner Frau Silvia zu sehen:



    Das Bild sagt sehr viel aus und bestätigt, was ich seit Jahren bei Blochers beobachten konnte. Silvia Blocher spielt bei unzähligen Auftritten den Kommunikations-Coach des Politikers. Sie nimmt direkt Einfluss und bestimmt, was der Mann sagen soll. Sie bittet den Ehemann noch aufs WC zu gehen und rückt ihm noch vor den Leuten die Kravatte zurecht. Sie mischt sich bei Fernsehauftritten direkt ein. Was mich stets befremdet: Silvia Blocher macht ihre Hofnarrenarbeit vor laufender Kamera oder bei Auftritten in der Öffentlichkeit und nicht diskret im Hintergrund. Deshalb finde ich dieses Bild recht aussagekräftig. Silvia Blocher sagt gleichsam als persönliche Beraterin: "Christoph Kopf hoch, wir schaffen es schon!" Die analysierten Aussagen Silvia Blochers bestätigen, dass sie meist in der Wir-Form spricht, so als ob Blochers gemeinsam die Schweiz vor allfälligen Gefahren bewahren müssten. Was mich am meisten gestört hat: Dass Silvia Blocher selbst auch politische Aussagen macht und sogar Christophs Kollegen vor laufender Kamera kritisiert. Wir haben verschiedene Beispiele auf unseren Seiten. Was mich stets gewundert hat: Dass sich Christoph Blocher dies alles gefallen lässt.


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