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www.rhetorik.ch aktuell: (10. Juni, 2006)

Zum Start der Fussball WM



Die Fussball WM wird die Medien für Wochen in Atem halten. Es gab schon Warnungen, dass die Erreichbarkeit der Videos auf Webseiten wie der BBC, das Internet in England zusammenbrechen werde. Auf jeden Fall lässt sich die WM bequem per Internet verfolgen. Zum Beispiel auf der Spiegel-Übersicht, auf google (mit Videos), oder Seite der FIFA


Präsenz in den Medien Medienwissenschaftler stellten fest: Das Thema Fussball hat noch nie eine so hohe Präsenz in den Medien gefunden wie bei der jetzigen Weltmeisterschaft. In der der Schweiz dominiert die Thematik in allen Ressorts der Medien. Wirtschaft, Mode, Inneneinrichtung, Assessoires, Nahrungsmittel, Politik Ueberall treffen wir auf das Thema "Fussballweltmeisterschaft". Der Grund könnte darin liegen, weil das Ereignis in unserem nördlichen Nachbarland stattfindet und die Schweiz ebenfalls mit einer Mannschaft mit dabei ist. Doch ist auch in anderen Ländern der Fussball Thema Nummer Eins. Die Beiträge über den Grossanlass haben in den Medien um 100 bis 200 Prozent zugenommen. Es ist bereits von einem Werbeoverkill die Rede:

  • In der Berliner Zeitung haben wir gelesen:
    "Sicherlich hat diese Weltmeisterschaft ernst zu nehmende Gesichtspunkte. Beispielsweise wirtschaftliche, wenn das Geld der Gäste in den Kassen klingelt und den Unternehmen neue Kräfte verleiht. Oder politische, wenn sich das Land als guter Gastgeber präsentiert und ausnahmsweise nicht andersfarbige Menschen hetzt. Auch könnte das Turnier das Selbstwertgefühl der Nation bessern - etwa gegenüber Dritte-Welt-Ländern, die den schlaffen Industriegiganten technisch abhängen." Das Phänomen "Expansion der Fussballthematik" veranschaulicht uns im Grunde genommen, wie die Medien generell funktionieren. Dank dem Dominoeffekt übernehmen viele Journalisten die Thematik. Überall wird von der WM gesprochen. Nun sind die Medien erst recht gezwungen, diese Thematik erneut zu aktualisieren. Damit kommt es gleichsam zu einer Eigendynamik. Der Fussball besetzt alle Bereiche. Niemand kann sich mehr dem Thema entziehen. Ob Politiker, Werber oder "Otto Normalverbraucher": Das Thema ist überall präsent. Das Thema ist zementiert und kann weder überhört noch übersehen werden. Es kommt zu einem Synergieeffekt Medien - Thema Was uns interessiert: Wann könnte es einem Overkill kommen? Wann wird die Ueberfütterung kontraproduktiv? Unsere Prognose: Spätestens dann, wenn die eigenen Mannschaft versagt, werden die kritische Töne einsetzen. Noch lassen sich die Masse von den emotional besetzten Wogen tragen.
  • Die "Frankfurter Presse" skizziert das Mega Medienereignis wie folgt:
    "Mit einem noch nie dagewesenen Aufwand an Technik, Personal und Sendezeit wollen die Fernseh-Rechteinhaber ARD, ZDF, RTL und Premiere den deutschen Fussball-Fans über die 64 WM-Spiele hinaus möglichst viele Facetten des Megaspektakels präsentieren. Am fussballerischen Ausnahmezustand auf dem Bildschirm ob Free- oder Pay-TV lässt WM-Direktor Nikolaus Brender vom ZDF keinen Zweifel: Vier Wochen Fussball das ist Hardcore. Damit den Zuschauern nichts aus den Lagern der deutschen Nationalelf und der übrigen 31 WM-Teilnehmer sowie von der Atmosphäre im Land entgeht, haben die vier WM-Sender ausser den Kosten für die TV-Rechte in Höhe von insgesamt rund 280 Millionen Euro auch keine Mühen gescheut. ARD/ZDF setzen bis zu 350 Mitarbeiter in Redaktionen und Technik ein, um ihre Zuschauer fortlaufend auf dem neuesten Stand zu halten, bei RTL soll sich der personelle Aufwand an seinen drei Super-Sonntagen auf 150 bis 200 Mitarbeiter belaufen. Jeweils 25 Kameras des TV-Produzenten HBS fangen das WM-Geschehen in den zwölf Stadien ein insgesamt also 300 Kameras. Bei der ersten WM in Deutschland vor 32 Jahren standen gerade einmal acht Kameras in den Arenen. Der Rechtevermarkter Infront rechnet für den gesamten WM-Zeitraum weltweit mit einer Gesamt-Zuschauer-Zahl von 32 Milliarden gut das Fünffache der momentanen Erdbevölkerung. Eine Rundumversorgung mit Informationen ist für das TV-Ereignis des Jahrzehnts das erklärte Ziel aller. Bei den 64 Spielen soll der Zuschauer ausser durch die moderne HDTV-Technik und das 16:9-Format besonders bei ZDF und RTL mittels innovativer Darstellungsformen in den Analysen den Durchblick behalten. Dabei soll die Nutzung von Computer-Animationen bei allem Reiz nicht übertrieben werden. Wir wollen keinen technischen Overkill, kündigte RTL-Sportchef Manfred Loppe einen massvollen Einsatz der modernen Hilfsmittel an und darüber hinaus auch Nähe zu den Fans an: Wir sind mit denen auf Augenhöhe, die die WM feiern werden. Sendeausfälle sind übrigens kaum zu befürchten. Für den Fall von Beschädigungen des Leitungsnetzes für die Übertragung der Bilder, das kreuz und quer unter der Republik verläuft, existieren zur Absicherung der notwendigen Datenübermittlung Parallel-Leitungen mit anderen Verläufen.


Beschwörung des Teamgeists

Viele Trainer versuchen noch während der letzten Wochen vor der WM ihren Mannschaften den Teamgeist gewaltsam einzutrichtern. Wir sahen im Fernsehen einen Trainer der stand inmitten seiner Kollegen. Die Mannschaft bildet um ihn einen Kreis. Dazu strecken alle die Hände zusammen und riefen:

"Wir sind ein-Team!"


Drei Mal wurde das Ritual skandiert. Durch das "Auf den Putz hauen" glaubte der Trainer, das Selbsbewusstsein seiner Sportler zu stärken. Nach der Devise: Das Spiel wird nicht auf dem Platz, sondern im Kopf entschieden.

Genügt es, eine Mannschaft nur durch prägnante Rhetorik zu einem Team zusammen zu schweissen? Genügen euphorisierende Worte, um das Team zum Sieg zu bringen? Das Heraufbeschwören des Teamgeistes allein genügt sicher nicht. Ohne Fitness und Technik nützen die schönsten Rituale wenig.

Wir kennen Teams, die trotz "psychologischer" Betreuung und trotz qualifizierten Mentaltrainern nicht weiter kamen. Schwächen und technisches Ungenügen können nicht mit Schreien von "Erfolgsformeln" kompensiert werden. Der Einzelne ist und bleibt letztlich trotz Teamformeln einer der wichtigsten Faktoren einer Mannschaft. Mängel dürfen nie übertüncht oder beschönigt werden. Erfahrende Sportler sind fähig - unter den angeblichen Motivationsgurus - jene Etikettenschwindler zu erkennen, die nicht erkannt haben, dass bei Siegsteams die Balance zwischen ich und team, zwischen geistiger und körperlicher Fitness gesucht werden muss. Wir zweifeln daran, dass der besagte Trainer der Trainer der zukünftigen Weltmeister sein wird. Wir halten wenig von inszenierter Euphorie, von verordnetem Optimismus. Teamgeist kann nicht verordnet werden.


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