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Toxische Kommunikation erkennen

von Marcus Knill

Gift in der Sprache

Toxische Kommunikation ist Gift für die Seele und schädigt das Selbstbewusstsein. Um Gegenstrategien entwickeln zu können, gilt es toxische Aussagen und Verhaltensweisen zu erkennen, die das Kommunikationsklima vergiften. In Shakespeares Troilus und Cressida heisst es: "Worte, Worte, nichts als Worte." Sind aber Worte tatsächlich so belanglos? Wir alle haben schon die Erfahrung gemacht, welch zerstörerische Wirkung hässliche Worte und gemeine Handlungen haben können. Menschen sind verletzliche Wesen. Ein Schüler vergisst das ganze Leben nicht mehr, wenn ihn ein Lehrer ungerechtfertigt vor der Klasse bloss gestellt hat: "Diesen Aufsatz kannst Du nicht geschrieben haben. Wer hat für Dich diese Arbeit geschrieben?" Es ist erstaunlich, wie stark toxische Botschaften in unserer Psyche Wurzeln schlagen können. Es gibt Psychologen, die finden, Menschen könnten von negativen Erlebnissen viel lernen. Menschen könnten sogar an negativen Erlebnissen erstarken.
Anderseits gibt es auch die Empfehlung, sich von toxischen Menschen zu lösen. Man solle die Türe bewusst zuschlagen und den Kontakt zu ihnen abbrechen, um unbeeinträchtigt weiterleben zu können.
Auf hilfreiche Verhaltensmuster verweisen wir in anderen Beiträgen. Es geht uns in diesem Beitrag darum, toxische Verhaltensmuster und Aussagen zu erkennen, die das Kommunikationsklima vergiften können. Immerhin: Wenn wir das Gift erkennen, ist es nicht mehr so schwer, die richtige Abwehrstrategie zu entwickeln.


Symptome

Emotionale Symptome
  • Ich fühle mich wie betäubt, bin sprachlos
  • Ich fühle mich klein
  • Trauer oder Wut packt mich
Verhaltenssymptome
  • Der Appetit schwindet oder ich esse oder trinke zu viel
  • Möchte ich mich von der betreffenden Person entfernen?
  • Verhalte ich mich aggressiv oder untypisch unterwürfig?
Körperliche Symptome
  • Kopfschmerzen
  • Muskeln spannen sich
  • Atemprobleme
  • Herz schlägt schneller
  • Schweissausbruch
Kommunikationssymptome
  • Empfinde ich die Stimme des Gegenübers unangenehm?
  • Fühle ich mich durch seine Gesten, Mimik, Körperhaltung abgestossen?


Toxische Sprache

Negative Wörter und Kommentare können verletzen. Wir sind alle sicherlich schon in ein Fettnäpfchen getreten. Unbeabsichtigt und ohne absichtlich bösartig sein zu wollen, haben wir selbst schon jemanden mit einer taktlosen Bemerkung verletzt.
  • Es kann ein Kompliment sein, gekoppelt mit einer entwertenden Aussage (in der Meinung: Wir wollen doch offen und ehrlich sein!) "Sie sind so schick gekleidet, aber ihr Haar sieht unordentlich aus. Warum stecken Sie die Haare nicht hoch?"
  • Kommentare, die uns selbst vergiften. Sätze, die wir uns selbst sagen, welche aber langfristig vergiften. Beispiele von "vergiftetem Gehirnfutter":
    • "Das kann ich nicht."
    • "Ich werde nie eine gute Beziehung haben."
    • "Ich werde nie einen guten Job finden!" Selbstkritik ist gut. Wer sich aber ständig kritisiert, um bescheiden zu wirken, läuft Gefahr, persönliche und geschäftliche Beziehungen zu beeinträchtigen.
  • Das "Ich habe es ja nicht so gemeint!" -Syndrom. Leute, die etwas Boshaftes sagen, um nachher zu behaupten, man habe nur "Spass gemacht" sagen sehr viel über sich selbst aus. Sie zeigen, dass sie Ihnen gegenüber negative Gefühle haben. Leute, die provozieren, möchten vielleicht nur Aufmerksamkeit gewinnen oder bewusst eine Reaktion auslösen. Boshafte Bemerkungen, gefolgt von der Bemerkung "Ich hab nur Spass gemacht" spiegelt im Grunde genommen Abneigung. Wer diese verbale Spiel nicht zulässt, wird zum Spielverderber gestempelt. Sagt jemand, er habe nur Spass gemacht, so signalisiert er: "Ich mache keinen Spass, ich bin voller Ressentiments, fühle mich unsicher" oder: "Ich bin wütend auf Dich."


Ernst nehmen

Nehmen wir toxische Kommentare ernst! Toxische Wörter sind nie belanglos. Worte haben Macht. Es lohnt sich deshalb genau zuzuhören und die Wahrnehmungsfähigkeit zu schulen. Es ist erstaunlich, wie verborgene Absichten - dank Training - herausgehört und sofort angesprochen werden können. Verletzende Worte bleiben im Gedächtnis und können nicht mehr zurückgenommen werden.
Toxische Bemerkungen werden oft subtil eingeleitet
  • "Du solltest ..."
  • "Warum hast Du nicht ...?"
  • "Das ist nicht wahr!"
Nicht nur Provokationen oder Beleidigungen können Gesprächssituationen vergiften. Selbst feine, versteckte Sticheleien können Aggressionen auslösen oder Mitmenschen seelisch schädigen. Man kann nicht Personen ein Leben lang ärgern oder herabwürdigen und dann erwarten, dass sie dies stillschweigend akzeptieren. Betroffene werden oft nur depressiv reagieren. Plötzlich kann jedoch ein Tropfen das Fass zum Ueberlaufen bringen, die Person verliert die Beherrschung und lässt die Wut unkontrolliert nach aussen.

Was bringt Menschen dazu, toxisch zu kommunizieren?

In der Regel ist vor allem Neid und Eifersucht die Wurzel des zwischenmenschlichen Giftes. Ein toxischer Mensch ist jemand, der versucht, den missliebigen Partner zu zerstören. Am meisten Erfolg hat er, wenn er die Selbstachtung und Würde des Gegenübers rauben und den Kern seiner Persönlichkeit vergiften kann. Toxische Menschen gibt es überall. In der Familie, im Beruf und Bekanntenkreis. Schon Konfuzius sagte:

"Wenn unsere Freunde anmassend und falsch oder opportunistisch sind, dann schaden sie uns."



Toxische Stimmungen sind ansteckend

In Amerika sagt man:

"Wer mit Hunden ins Bett geht, kriegt Flöhe."

Dasselbe gilt sinngemäss bei negativen Stimmungen. Wenn wir uns mit Menschen umgeben, die schlecht gelaunt sind, überträgt sich deren Laune langfristig auf unsere eigene Befindlichkeit. Wir können uns anstecken, indem wir die eigenen negativen Gefühle pflegen. Dies lässt sich in einem Selbstversuch testen. Angenommen, Sie sind in guter positiver Stimmung. Plötzlich müssen Sie mit einer toxischen Persönlichkeit zusammenarbeiten. Es dauert nicht lange und das Gift beeinflusst Ihre Befindlichkeit.


Wer hat ein toxische Wirkung auf mich?

Es lohnt sich zu überlegen und konkret aufzuschreiben, welche Eigenschaften Personen haben, die auf mich toxisch wirken.
Nachfolgend als Vorlage eine kleine Auswahl von Begriffen, die viele als negativ oder eben toxisch empfinden:

A abstossend, anklagend, anklammernd, arrogant, ausweichend
B bösartig, beherrschend, beschränkt
D distanziert, doppelzüngig dumm
E egoistisch, ermüdend, einzelgängerisch, exaltiert
F feige, fluchend, fordernd, furchterregend
G gefühlsduselig, gemein, geschwätzig, gleichgültig, grob
H harsch, hasserfüllt, heuchlerisch, hinterhältig, honigsüss, hyperaktiv
I ignorant, illoyal, indirekt, instabil, intrigant
K kalt, klatschsüchtig, kleinlich, kritisch
L langweilig, leblos, leer
M machohaft, misstrauisch, mürrisch
N negativ, neidisch, neugierig
O obszön, ordinär
P passiv, peinlich, genau, perfektionistisch, provokativ, prüde
R rebellisch, reizbar, rücksichtslos, rückgratlos
S sadistisch, sarkastisch, schamlos, scharfzüngig, schlampig, schlagfertig, schrill, schüchtern, spiessig, spöttisch, streitsüchtig
T taktlos, trotzig
U überempfindlich, überschwänglich, undankbar, unehrlich, unberechenbar, uneinsichtig, unfreundlich, ungehobelt, ungepflegt, unordentlich
V verklemmt, vulgär
W weinerlich, witzelnd
Z zänkisch, zudringlich, zwielichtig


Wenn Sie die typischen Eigenschaften der toxischen Verhaltensweisen identifiziert haben, können Sie überprüfen, ob sie mit diesen Menschen zusammenarbeiten möchten. Konfuzius sagte schon:

Tun Sie sich nicht mit Menschen zusammen, die nicht so gut sind wie Sie selbst.

Es lohnt sich deshalb, sich mit Menschen zu umgeben, die gut für uns sind. Wenn Sie trotzdem mit einzelnen Typen zusammenarbeiten müssen, die zu den toxischen gehören, lohnt es sich, einige hilfreiche Werkzeuge anzueignen.


Verhaltensregeln, die sich bewährt haben:

  • Beschuldigen Sie das Gegenüber nicht.
  • Beschreiben Sie die Sachverhalte konkret, wiederholen Sie die Aussage.
  • Klären sie den Sachverhalt.
  • Stellen Sie Fragen: "Wie haben sie das gemeint?"
  • Vermeiden sie es, den anderen verbal anzugreifen.
  • Drohen oder beleidigen Sie das Gegenüber nie!
  • Bleiben Sie beim Thema, auch wenn der andere ausweicht.
  • Achten Sie auf Ihre Stimme, Sie beinflusst die Stimmung.
  • Bleiben Sie sich selbst treu.


Techniken, die im Umgang mit toxischen Menschen helfen können:

  • Humor
  • Spiegeln, Konfrontation, Ruhiges Nachfragen
  • Stecker raus, Kontakt abbrechen
  • Spannung ausatmen
    • drei Sekunden durch Mund einatmen
    • während Sie an die toxische Situation denken, den Atem drei Sekunden lang anhalten.
    • die Luft kraftvoll ausatmen - und dabei an den Betreffende Person denken
    • zwei Sekunden den Atem anhalten
    Die Schritte wiederholen, bis die toxische Person aus dem Körper ist.
  • Das Gute sehen: Konfuzius (128. Lunyu 16.5,Kapitel Ji Shi):

    Es ist auch gut, wenn man Freude daran hat, das Gute an anderen Menschen hervorzuheben.

  • Gedankenstopp
    • schweigen
    • sich sagen: Stopp
    • sich in ein positives Bild versetzen
  • Direkte Konfrontation. Zeigen, dass man das Spiel durchschaut hat. Das Gegenüber wird dadurch gezwungen, Farbe zu bekennen. Die Konfrontation ist hilfreich, wenn etwas Hässliches gesagt wird. Ich sage direkt ins Gesicht, was für Gefühle in mir hochkommen.




Literatur:


11. Januar, 2004
Leserkommentar: 2019:
Hab schon öfters auf ihrer Website rumgestöbert und bin
immer wieder überrascht, dass da so viele Informationen über
Manipulation und toxische Beziehungen drin steht. Da ich selbst ab
Kindheit immer wieder mit narzisstischen und anderen toxischen Menschen
zu tun habe, interessiert mich das Thema immer wieder und schreib in
einem Psychologie-Forum darüber. Momentan beschäftige ich mit
den Red Flags, den Alarmzeichen für Cluster B Persönlichkeiten
(Narzisst, Borderliner, Histrionische Persönlichkeit und Menschen
mit einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung) 


Ich war bis heute auch immer wieder in dysfunktionalen Beziehungen drin
und bin das am ändern. Ich bin sehr wach, was das Thema betrifft,
kommuniziere bei Schwierigkeiten mehr auf der Sachebene, lasse mich
weniger einlullen, bin kritischer geworden und auch bereit, Konsequenzen
zu ziehen. #

Im Kapitel "Toxische Kommunikation erkennen" schreiben sie über
bewährte Verhaltensregeln:

        - Beschuldigen Sie das Gegenüber nicht.
        - Beschreiben Sie die Sachverhalte konkret, wiederholen Sie die Aussage.
        - Klären sie den Sachverhalt.
        - Stellen Sie Fragen: "Wie haben sie das gemeint?"
        - Vermeiden sie es, den anderen verbal anzugreifen.
        - Drohen oder beleidigen Sie das Gegenüber nie!
        - Bleiben Sie beim Thema, auch wenn der andere ausweicht.
        - Achten Sie auf Ihre Stimme, Sie beinflusst die Stimmung.
        - Bleiben Sie sich selbst treu.

Im Prinzip sind das auch gute Tipps für ein Streitgespräch,
eine Auseinandersetzung in ganz normalen Beziehungen. Am wichtigsten finde
ich, eine gewisse Distanz zu wahren, auf der Sachebene zu bleiben und
wenig Persönliches bzw. Intimes in die Kommunikation einfliessen
zu lassen. Wissen ist Macht und zwar positive wie negativ. Wenn der
'bösartige' Mensch, meine Schwächen und Stärken kennt,
hat er freie Bahn. Er kann dies zu manipulativen Zwecken verwenden, indem
er gnadenlos auf meine Schwächen schiesst oder meine Stärken
zu untergraben versucht. Wenn z.B. meine Stärke im meiner Empathie
liegt, wird er immer wieder genau diese bedienen, um z.B. Mitleid bei
mir zu erzeugen, sich für Fehltritte zu entschuldigen, usw.

Die paradoxe Kommunikation ist ein der faszinierendsten Gebiete und doch
so grausam in der Wirklichkeit.






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