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Soundbitefähige Sätze gesucht!


Soundbitefähige Sätze sind bildhafte Aussagen oder Geschichten, die sowohl bei Medienschaffenden als auch bei Publikum Anklang finden. Da das Zusammenspiel zwischen Journalisten, Akteuren und Publikum eine Symbiose ist, profitieren alle von klaren und gut verkauften, medientauglichen Aussagen.

von Marcus Knill



Symbiose zwischen Medien und Akteuren

Im Grunde genommen besteht eine Symbiose zwischen Medien und Akteuren. Die Medien wollen Einschaltquoten und jede Person oder jede Institution kann - dank der Medienpräsenz - die eigene Botschaft "verkaufen". Professionelle Redenschreiber oder Pressesprecher verstehen es, die Chancen eines Auftrittes zu nutzen und vermitteln den Medien bewusst attraktive soundbitefähige Aussagen.




Was sind soundbitefähige Aussagen?

Dies sind Aussagen, welche Journalisten lieben und bevorzugen. Beispiele:
  • "In unsere Kühe gehören nur Wasser, Getreide und Gras" .
  • Zum Bin Laden Video (am 13. Dezember, 2001 veröffentlicht), sagte der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses Bob Graham Tage vor der Veröffentlichung: "Das Video ist ein rauchender Colt" , eine Vormulierung, die später oft zu lesen war.
  • US General Tommy Franks sagte am 15. Dezember, dass die in der Tora Bora Region eingeschlossenen Al Gaeda Streitkräfte "Zwischen Hammer und Amboss" seien. CNN titelt den Artikel dann auch mit "Jets hämmern Tora Bora".

Medienmitarbeiter klopfen in der Regel Texte oder Aussagen sofort nach soundbitefähigen Stellen ab; das sind bildhafte, farbige Sätze oder Geschichten, welche beim Publikum Anklang finden. Gute Geschichten werden von allen Adressaten geschätzt. Das schlimmste für einen Journalisten ist es, wenn sich Leserinnen, Zuhörer und Zuschauer ausklinken oder auf ein anderes Programm ausweichen. Ein noch so wohlformulierter Bericht nützt nichts, wenn er nicht gelesen, angehört oder gesehen wird.
Einschaltquoten sind und bleiben für die elektronischen Medien etwas vom Wichtigsten. Hier besteht ein gemeinsames Interesse zwischen Medienschaffenden und Akteuren: Beide wollen einen möglichst grossen Adressatenkreis.
Die Journalisten suchen attraktive Stellen. Anderseits können die Institutionen und Akteure, diese gewünschten Texte oder Aussagen bewusst produzieren.




Medienrhetorischen Prozesse

Bei der Medienrhetorik müssen alle Beteiligten nicht nur die Wünsche der Medienschaffenden (Korrespondenten, Moderatoren, Filmer) sowie die Wünsche der Beteiligten (Gäste, Interviewte, Institutionen, Akteure) beachten, sondern auch den Sender berücksichtigen (öffentliche/privatrechtliche Organisation) und selbstverständlich die Bedürfnisse des Publikums.
Bei der Medienkommunikation sind die Prozesse vielschichtiger als bei Alltagsgesprächen. Die Rollen der Sender und Empfänger sind bei Medien meist austauschbar. Jede Nachricht, jeder Auftritt, jede Aussage ist ein Produkt der Zusammenarbeit.
Immer wieder stellen wir fest, dass sich Politiker ärgern, wenn beispielsweise bei elektronischen Sendungen Passagen herausgeschnitten werden und letzlich nur noch ein kerniger Satz als soundbiteträchtige Aussage übrig bleibt. Sie sind sich dabei kaum bewusst, dass sie den gewählten Satz nur so nebenbei eingebracht hatten. Weil die Medien soundbitefähige Stellen schätzen, wählen sie genau diese Passage aus. Die Auswahl oder Selektion ist kein böswilliger Akt.
Erfahrende Ghostwriter und Kommunikationschefs nutzen diese Tatsache. Sie packen ihre Kernaussagen bewusst in bildhafte, mediengerechte, einleuchtende soundbitefähige Texte.




Botschaften verändern sich

Ob es uns passt oder nicht: Bei der Medienkommunikation lässt sich kaum eine Botschaft unverändert durch die Medien transportieren. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wo dies möglich ist. - Wenn beispielsweise der Bundespräsident seine Neujahrsansprache ungekürzt vorlesen darf. Selbst bei solchen Ausnahmesituationen kann es jedoch noch zu Veränderungen kommen: Beispiel: Die Neujahrsansprache von Bundeskanzler Kohl vom Jahre 1986 brachte der Sender ARD ungekürzt - allerdings die Ansprache vom Vorjahr - ob versehentlich oder absichtlich konnte nie ermittelt werden.




Fazit

Quintessenz: Wenn wir wissen, wie ausgewählt wird, können wir die Konsequenzen ziehen. Verpacken wir unsere Botschaften in die richtige Form ohne den Inhalt zu verfälschen. Wir machen in verschiedenen Beiträgen auf www.rhetorik.ch bewusst, dass bei allen Medienprozessen mehrere Beteiligte im Spiel sind.
Akteure sind nicht machtlos und können mit mediengerechten Auftritten oder Texten einiges dazu beitragen, dass Aussagen effektiv vermittelt werden. Die Macht ist nicht - wie leider oft behauptet - einseitig verteilt (siehe dazu den Beitrag Macht der Medien).
Medienrhetorik befasst sich vor allem mit der Interaktion zwischen Medienschaffenden, Akteuren und Rezipienten. Medienrhetorik hilft allen Beteiligten weiter. Alle profitieren von professionellen Verhaltensweisen und mediengerechten Auftritten und Inhalten.
Die Medien sind deshalb an mediengeschulten Bürgerinnen und Bürgern interessiert. Medien schätzen professionelle Pressestellen, die soundbitefähige Aussagen liefern können und Leute abordnen, die medientauglich sprechen können.




Erkenntnis: Die Wahrscheinlichkeit, sich vor Mikrofon und Kamara äussern zu können oder zu müssen, ist heute mit zahlreichen Lokalstationen grösser denn je. Deshalb lohnt sich ein kurzes Coaching im Mediensimulator immer. In wenigen Stunden kann gelernt werden, soundbitefähige Aussagen zu machen.
Mediengerechtes Verhalten ist lernbar. Sie müssen die wichtigsten Spielregeln kennen, die vor Mikrofon und Kamara gelten. Ohne Training geht es leider nicht. Siehe Training bringt Qualität.





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