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Plagiat

von Marcus Knill


Plagiat ist geistiger Diebstahl. Die Neuveröffentlichung von fremden Geistesgutes unter einem neuem Autorennamen ist im Informationszeitalter viel leichter geworden.

Apropos: Sie können diesen Beitrag gerne verwenden, zum Beispiel an Schüler abgeben, natürlich mit Quellenangabe.

Was ist ein Plagiat?

Wer veröffentlicht und sich mit Kommunikation und Medien auseinandersetzt, wird immer wieder mit dem Problem des Kopierens und mit allen Möglichkeiten des Missbrauchs des geistigen Eigentums konfrontiert. Wer Text-, Musik- oder Film- Beiträge veröffentlicht, muss damit rechnen, dass der Inhalt gestohlen werden kann. Diese Gefahr besteht bei Büchern oder Zeitschriften, beim Film, Malerei, Design, Technik oder der Musik.
Im Internetzeitalter sind diese Fragen noch aktueller geworden. Während ein Buch füher kopiert werden musste, ist es heute zum Beispiel möglich, Texte einzuscannen, mittels spezieller Software in elektronische Form zu bringen und dann neu zu publizieren. Auf dem Web publizierte Information kann in kürzester Zeit kopiert und neu formatiert publiziert werden.
Eine Definition von Plagiat gibt Karsten Kutschera auf der Seite wie folgt:

"Als Plagiat bezeichnet man allgemein die bewusste Aneignung fremden Geistesgutes. Plagiator ist derjenige, der ein fremdes Werk oder Teile eines fremden Werkes als sein eigenes Werk ausgibt und somit "geistigen Diebstahl" begeht. Der Plagiator begeht eine zivilrechtlich unerlaubte und zum Schadensersatz an den Autor verpflichtende Handlung, die gleichzeitig auch noch strafbar ist. Der Plagiator ist also derjenige, der seinen Text wörtlich bei einem anderen Urheber abschreibt, ohne ihn korrekterweise zu zitieren, um anschliessend dieses Werk als sein eigenes geistiges Eigentum wieder herauszugeben."


Das Wort "Plagiat" hat Lateinischen Urspung, ein "Plagiarus" war ein Kidnapper. Piraten, die auch Kinder entführten wurden "Plagiarii" genannt. (Quelle). Das Lateinische "Plagium" ist "Menschenraub" (geistiger Diebstahl). Quelle.


Arten des Kopierens

Die folgende Übersicht ist nur ein Schema.

Kopie zu Lernzwecken Teile eines Buches wird zu Studienzwiecken kopiert, Teile einer Internetseite wird lokal auf dem Computer gespeichert. Ein übendder Pianist klimpert zum Vergnügen und Training die Melodie eines Schlagers. Ein Malschüler zeichnet einen Picasso ab.
Weiterverarbeitung Bearbeitung und Umgestaltung. Gelerntes wird neu formuliert. Ein Pianist improvisiert über ein Musikthema. ohne die Melodie des Musikwerkes erkennbar zu übernehmen. Walt Disney nimmt ein Thema der Gebrüder Grimm (z.B. Schneewittchen) und verarbeitet es neu. Auch Parodien gehören dazu.
Neupublikation Teile einer Webseite wird zwar mit Autorenangabe aber illegal neu angeboten. Ein Buch eines anderen Autors wird illegal neu verlegt. Eine MusikCD wird vervielfätigt und neu verkauft.
Plagiat Ein Artikel oder Teile einer Webseite werden ohne Autorenangabe neu aufgelegt. Eine Student kopiert einen Text vom Web oder einem Buch und gibt sie als eigenen Aufsatz aus. Ein Autor kopiert Teile eines anderen Buches ohne Quellenangabe. Ein Komponist "klaut" eine Melodie von einem anderen Komponisten.


Natürlich ist diese Unterteilung fliessend. Die Sache kann kompliziert werden und ist zum Teil auch umstritten. Was passiert zum Beispiel mit Werken wie den Gebrüder Grimm Märchen, die im "public domain" sind? Darf ein Verlag neue Urheberrechte darüber erheben? Darf ein Musikstück auf dem eigenen Computer als MP3 file gespeichert werden? Darf ein Film auf einem DVD auf den Computer kopiert werden? Wie lange hat ein Autor recht auf einen Schutz? Heute werden im Musik und Filmberereich sogar Kopien zu privaten Zwecken untersagt. Leute wie Prof. Lawrence Lessig kämpfen gegen solche Einschränkungen und argumentieren, dass darunter die Kreativität, die Innovationskraft und die Konsumentenrechte leiden. Die Leichtigkeit, mit der elektronische Inhalte heute verbreitet werden können (z.B. durch online Tauschbörsen), geben den Proponenten von strengeren Gesetzen wie dem DMCA (Digital Millenium Copy right Act) Munition.

Während beim Plagiat die Sache eindeutig ist, müssen sich die Gesetze beim Tausch und Weiterverwenden von Informationen erst noch bewären und eventuell adaptiert werden.


Beispiele



1) Als Autoren des Internetbuches hatten wir einen krassen Verstoss gegen das Urheberrecht erlebt: Ein grosser Teil dieser Webseite wurden kopiert und ohne Links, Quellen oder Autorenangabe auf einem anderen Ort wieder neu angeboten. Der "Autor" der neuen Seiten, übrigens ein begeisterter Leser der Seiten, hat auf Anfrage die Seiten heruntergenommen.




2) Ein Leser dieser Internetseiten möchte eine lokale Kopie auf seinem Computer machen um die Seiten nicht immer per Internet herunterladen zu müssen. Das ist "fair use" und legal. Natürlich sollten auch auf der lokalen Kopie die Autorenangaben angegeben sein. Nicht in Ordnung wäre, eine Kopie der Seiten auf einem eigenen Webserver anzubieten. Zu einem Plagiat wird die Sache, wenn die Autorenangaben entfernt werden.




3) Ein Leser dieser Internetseiten findet einen Abschnitt besonders gut und zitiert ihn in einem eigenen Artikel. Auch das gilt als "fairer Gebrauch", wenn die Quelle zitiert wird. Ein Beispiel für einen solchen Gebrauch ist unsere Definition des Wortes "Plagiat" am Anfang dieses Textes.




Wie erkennt man Plagiate?

Im Allgemeinen werden Plagiate schnell erkannt. Subtilere Abschreibeübungen können aber auch lange verborgen bleiben. Auf dem Web finden Suchmachinen im Allgemeinen die Sünder schnell. Wie erkennt man ein Plagiat?
  • Die Quelle ist so bekannt, dass die Kopie von vielen sofort als Kopie erkannt wird.
  • In der Ausbildung wird Lehrern empfohlen, Teile von verdächtigen Aufsätzen in eine Suchmaschine wie Google einzugeben.
  • Dilettantische Aufmachung. z.B. von Webseiten. Schlechte Qualität bei Musik.
Um dem Problem des Plagiats im Studienbereich entgegenzutreten: (Datenbanken wie www.hausarbeite.de haben sich als Schlaraffenland für faule Jungakademiker erwiesen), gibt es Webseiten wie www.turnitin.com auf denen Hausarbeiten mit im Internet veröffentlichen Texten verglichen werden. Die Schwierigkeiten mit der Plagiatentdeckung ist,
  • dass Internetsuchmaschinen nur einen Bruchteil des Internets indizieren.
  • dass clevere Paraphrasierungen, Wortumstellungen und Wortänderungen ein Plagiat unentdeckbar gemacht werden können.
  • dass viele Textdokumente nicht online sind. Heute ist durch OCR (Optische Charakter Recognition) auch Abschreiben nicht mehr nötig.


Wie wehrt man sich gegen Plagiate?

  • Zuerst den Autor des Plagiats benachrichtigen und auf den Verstoss aufmerksam machen.
  • Den Internetprovider oder Verlag des Schummlers benachrichtigen und auf das Plagiat hinweisen.
  • Eventuell rechtliche Schritte unternehmen.
Prophylaktische Massnahmen haben meist nur Nachteile online:
  • Texte nur in Binärformat (z.B. PDF) anzubieten. Dies ist jedoch meist nur eine Hürde, kein Hindernis, denn es gibt Programme, die Texte aus PDF wieder extrahieren können. Auch standard OCR Software kann den Text aus dem PDF rausbekommen.
  • Texte nur registrierten Besuchern anzubieten. Gilt als tödlich, wenn das Ziel ist, eine möglichst grosse Leserschaft zu bekommen. Registrierte Texte werden Suchmaschinen nicht mehr indiziert.


Zum Schluss etwas zynisch humoristische Zitate zum Thema "Plagiat":

"Von einem Autor abzuschreiben ist Plagiat, von mehreren abzuschreiben ist Forschung"

- Wilson Mizner, (1876-1933)



"Aus einem Buch abschreiben = Plagiat;
aus zwei Büchern abschreiben = Essay;
aus drei = Kompilation;
aus vier = Dissertation."

- Frei nach Mizner, von Debora Weber-Wulff.



Links zum Thema





17. August, 2002



Quelle: 20 Minuten vom 18. Februar 2008
Nachtrag: Auch Universitäten haben mit Plagiaten zu kämpfen. Seminar, Diplom und Lizenziatsarbeiten werden zum Teil abgeschrieben. In Zukunft sollen sämtliche an der Uni abgegebenen Arbeiten mit im Internet veröffentlichten Arbeiten abgeglichen werden.


Nachtrag vom 13. November 2010: Ein Heise Artikel hat das Plagiat in Schulen zum Thema:

Verlässliche Untersuchungen darüber, wie häufig Studenten ihre Prüfer mit Plagiaten hinters Licht führen wollen, gibt es zwar nicht. Schimmel findet an seinem Lehrstuhl aber zumindest in einem einstelligen Prozentbereich der abgegebenen Arbeiten heimlich kopierte Passagen. "Mal sind es nur ein paar Absätze, mal wird die Hälfte einer 60-seitigen Arbeit aus dem Internet übernommen." Vielen Studenten fehle dabei jedes Unrechtsbewusstsein, hat Prof. Debora Weber-Wulff der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin beobachtet. "Die laden ihre Musik und ihre Filme aus dem Netz runter und sind dann der Meinung, dass man auch seine Hausarbeit runterladen könne", so die Expertin, die sich auf das Thema Plagiate spezialisiert hat. "Manchmal fragen Studenten auch: 'Wie viele Wörter muss ich umstellen, damit es kein Plagiat mehr ist?'", erzählt Weber-Wulff. "Die haben gar nicht verstanden, worum es beim wissenschaftlichen Arbeiten überhaupt geht." Das Forschen und Streben nach neuen Erkenntnissen bleibe beim Copy-und-Paste-Verfahren völlig auf der Strecke. Nur in den wenigsten Fällen habe man aber das Gefühl, dass Studenten aus bösem Willen ein Plagiat abliefern. "Oft kommt die Ausrede, dass die Zeit bis zum Abgabetermin knapp geworden ist. Ein Vorsatz steckt in den wenigsten Fällen dahinter - eher ein Desinteresse an den Standards wissenschaftlichen Arbeitens."








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