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Erziehungsprobleme und Kommunikation


von Marcus Knill

Das Problem

Jede dritte Familie kommt in Deutschland mit ihren Kindern nicht mehr zurecht. Lehrkräfte klagen über aggressive, schlagende oder hyperaktive Jugendliche. 35% der "Kindergartenkids" sollen bereits psychische Störungen haben. Dr. Nina Heinrichs von der Universität Braunschweig bringt es auf den Punkt:

"Die Ursachen liegen oft bei den Eltern."

Die Gründe:
  • Es herrscht in vielen Familien chronischer Zeitmangel
  • Die Zahl der alleinerziehenden berufstätigen Mütter steigt
  • Der Erwartungsdruck an die Kinder wächst
  • Das perfekte Kind wird zum Statussymbol (Es muss Tennis spielen können wie Boris Becker und sollte in den unterschiedlichsten Bereichen Spitzenleistungen bringen)
Es gibt viele neue Angebote für Eltern und Erzieher, sich in wenigen Stunden mit dem Mix zwischen autoritärer und antiautoritärer Erziehung vertraut zu machen. Experte Hurrelmann bezeichnet das Programm als das "Liebevoll Grenzen setzen lernen". Bei diesem Programmen spielt das Kommunkationsverhalten eine zentrale Rolle. Deshalb stellen wir hier die wichtigsten Strategien vor, die mit Kommunikation zu tun haben.


1. Klare, verständliche, eindeutige Anweisungen geben

Kinder müssen verstehen, worum es geht. Deshalb ist vor allem bei kleinen Kindern wichtig, Anweisungen mit ruhiger aber bestimmter Stimme zu geben. Möchten sie, dass das Kind mit etwas aufhört, darf nicht immer wiederholt werden:

"Hör jetzt auf herumzuzappeln!"

Oder:

"Ich wäre froh, wenn Du nicht mehr so herumzappelst."

Das Kind hat bei dieser Aussage, das Wort zappeln im Kopf. Besser ist es, klar und deutlich (trotzdem freundlich) zu sagen, was es tun soll:

"Nimm die Gabel und iss den Salat!"



2. Loben

Erzieher haben kaum Probleme mit Tadel und Kritik. Beanstandungen können sie problemlos weitergeben. Läuft jedoch etwas gut, so wird es übergangen. Das Gute scheint selbstverständlich zu sein. Schade. Denn es ist das, das unsere Selbstvertrauen stärkt. Beim Lob sollten wir nicht Negatives mit dem Lob verbinden:

"Es ist gut, dass Du mich nicht während des Telefonierens dauernd gestört hast."

Besser:

"Danke, das ich in Ruhe mit Frau Huber telefonieren konnte."



3. Vorbild sein

Kinder lernen durch Vorbilder - durch schlechte wie gute. Psychologieprofessor Kurt Hahlweg von der Uni Braunschweig meint:

"Herrscht bei den Eltern ein Chaos, werden sie von ihrem Kind kaum verlangen können, dass es das Zimmer schön aufräumt."



"Auch fördert vor Kindern ausgetragen Aggressivität später ihre Gewaltbereitschaft".



4. Grenzen setzen

Nur mit logischen, konsequent gesetzten Grenzen gewöhnen sich Jugendliche an, ihre Freiräume abzustecken. Werden Vereinbarungen gebrochen, sind Konsequenzen notwendig. Doch müssen sie logisch sein. Wer das Spielzeug in der Wohnung herumschmeisst, sieht das Kinoverbot als unlogische Massnahme. Tatsächlich hat das Kinoverbot nichts mit der Unordnung zu tun. Die logische Massnahme wäre in diesem Fall: "Bitte räum die Sachen auf! Kommt das wieder vor, so packe ich alles in einen Sack und schliesse die Spielsachen ein Woche lang weg!" Bessert sich das Verhalten nicht, müsste die Drohung auch wahr gemacht werden.


Das wichtigste Wort heisst: Konsequenz

Ein Fussballspieler kennt die Spielregeln und wird trotzdem ab und zu gegen diese Regeln verstossen. Doch akzeptiert er als Massnahme die gelbe oder rote Karte. Die Konsequenzen waren ihm bestens bekannt. Auch bei Jugendlichen ist es wichtig, dass Ankündigungen in die Tat umgesetzt werden.




Wer dreimal "Nein" sagt und dann doch nachgibt, hat schon verloren.

Bei vielen Eltern und Lehrkräften ist das Drohen und das endlose Mahnen an der Tagesordnung.

5. Vorwürfe vermeiden

Trudi Kühn rät:

"Wenn Sie wollen, dass Ihnen das Kind zuhört, formulieren Sie eigene Gefühle, statt Vorwürfe zu machen."

Anstatt:

"Nie kommst Du pünktlich aus der Schule!"

Sagen Sie:

"Wenn du nicht anrufst, bin ich besorgt, weil ich nicht weiss, wo du bist!"

Anstatt:

"Immer hast Du eine Unordnung!"

Besser:

"Es ärgert mich, wenn die Aufräumarbeit immer an mir hängen bleibt."



6. Kinder wollen beachtet werden

Nur wenn Kinder respektiert werden, fühlen sie sich dazugehörig. Nur wenn Kinder spüren, dass sie geliebt werden, bekommen sie ein gesundes Selbstvertrauen. Suchen Sie mit offenen Fragen nach Problemlösungen.

"Was macht die Hausaufgaben so schwierig?"

Nicht:

"Findest du nicht, du solltes jetzt die Aufgaben machen?"

Ebenso wichtig ist, die Gefühle der Kinder zu reflektieren. Wenn die Tochter vergeblich auf den Anruf der Freundin wartet, sagen Sie nicht:

"Das ist nicht so schlimm."

Für das Kind ist es schlimm. Die Stimmung erst nehmen und reflektieren heisst:

"Du bist jetzt bestimmt traurig. Das kann ich verstehen!"

Es ist auch bei Jugendlichen möglich, dass man sie fragt, wie sie selbst das Problem X lösen möchten. Eine Lösung die vielleicht aus unserer Sicht ein Umweg ist, wird eher akzeptiert, als eine fremdbestimmte Anordnung. Kommt ein Kind dauernd zu spät, sagen wir nicht.

"Du musst halt...."

sondern fragen das Kind, wie es das Problem lösen will. Wichtig ist, dass wir in der Sache hart bleiben und das Kind künftig pünktlich ist. Doch erabeiten wir zusammen mit dem Kind, seine Problemlösungvorschläge.
Ziel ist es, das Problem zu lösen. Wir nehmen die Vorschläge des Kindes stets ernst. Dadurch fühlt es sich auch ernst genommen. Das Prinzip ist bei Kommunikationsprozessen als Harvard Prinzip bekannt und lautet: Stets mit der Person freundlich sein aber immer hart in der Sache bleiben.


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20. April, 2002




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