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Zum Auftreten beim Fernsehen


von Marcus Knill

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Fernsehen ist in erster Linie ein Bildmedium. Das Visuelle dominiert. Äusserlichkeiten, Kleider, Hintergrund, Details beeinflussen die Aussagen enorm. Selbstverständlich ist die Botschaft auch beim Fernsehen das Wichtigste. Wir alle wollen letzlich das Publikum überzeugen. Weil aber das "Wie" die Übermittlung der Botschaft am Bildschirm so stark beeinflusst, hängt sehr viel davon ab, wie wir reden. Mit einem unpassenden "Wie" wird die beste Aussage abgewertet.


Zur Körpersprache:

Sie müssen wissen, dass Sie immer im Bild sein könnten. Deshalb bleiben Sie stets präsent und natürlich. Wenn Sie immer 100%ig präsent sind - das Zuhören, Denken und Sprechen hat stets Priorität - müssen Sie sich nicht um die Körpersprache kümmern. Denn: Der Körper redet automatisch synchron zu ihrer Befindlichkeit. Damit im Stress die Körpersprache nicht reduziert oder gebremst wird, gilt es stets, vor dem Auftritt den Start zu ritualisieren d.h. stabil zu stehen oder zu sitzen (grounding - Bodenverbundenheit - erden), ohne die Hände zu fixieren. Bewusst eine lockere Startposition einnehmen . Langsame Zwerchfellatmung und Startpause nie vergessen. Während der Vorbereitungsphase ist es stets erlaubt, sich gedanklich einzelnen Detailfragen zu widmen (Ist es mir wohl? Wie atme ich? Bin ich mit den Händen verkrampft? Sind zum Beispiel Hände oder Arme fixiert? Sehe ich die Partner? Was ist meine Kernaussage?). Nach dieser kurzen Pause dürfen Sie jedoch nicht mehr an all diese Einzelheiten denken. Nur wer sich beim Auftritt voll auf den Partner konzentriert und sich ganz auf die Adressaten und das Thema einstellt (Hören und Denken ist - wie erwähnt - jetzt das Zentrale), der hat Erfolg. Es ist enorm entlastend, sich während des Auftrittes nicht mehr zusäzlich um Kamera, Mikrofon, den eigenen Blick, die Gestik (die eigenen Hände) usw. kümmern zu müssen. Grund: Alles stimmt immer, wenn die innere Stimmung stimmt. Lügen oder "so tun als ob" wird vor der Kamera rasch entlarvt, (besonders bei Nahaufnahmen).


Zur Stimme:

Sie reden auch bei Fernsehaufzeichnungen nicht zur ganzen Bevölkerung, obschon unter Umständen Millionen zuschauen und zuhören. Sie reden wie in einem persölichen Gespräch in ungezwungenem "Kammerton" mit einem Partner (analog Partygespräch).
Auch bei der Stimme gilt bei TV Auftritten ebenfalls: während des Auftrittes nie an die Sprechweise, die Satzmelodie oder die Artikulation denken. Das alles dürfen Sie zwar im Labor, im "Medien-Simulator" oder bei Übungen eingehend trainieren. Doch bei den echten Auftritten müssen Sie bereits vorher gelernt haben, nicht in zu langen Gedankenbögen daherzureden. Falls Sie aber während des Auftrittes all die unzähligen Ratschläge bedenken würden, binden Sie unnötigerweise Energie, die Sie fürs Hören und Denken dringender benötigen. Belasten Sie sich deshalb nie wärend der echten Auftritte zusätzlich. (Dies gilt besonders bei Stressinterviews) Kein Sportler will sich erst während des Rennens die Brille, die Handschuhe oder die Skibindung zurechtrücken. Der Check dieser Details erfolgt immer in der Vorbereitungsphase. Leider benehmen sich viele Personen im Fernsehstudio so, als ob sie sich während der ersten 10 Minuten gleichsam warmlaufen müssen. (Sie sitzen sich während der ersten Sätze ein - die Muskein bleiben lange verspannt - die Gestik ist lange blockiert - die Stimme ist während den ersten Minuten kraftlos). Kein Skifahrer könnte es sich erlauben, erst nach dem fünften Tor mit vollem Einsatz skizufahren! Erstaunlich, dass es jedoch Redner gibt, die nachträglich den verpatzten Start mit der Aussage zu begründen versuchen: "Ich brauche eben einige Minuten, bis ich warmgelaufen bin." Übrigens: Wer die Gestik blockiert, wird weniger gut verstanden. Denn die Sprache der Hände ist auch eine Sprache. Es geht nicht um eine fahrige Fuchtelei. Die Körpersprache muss mit der verbalen Aussage übereinstimmen.


Zur Formulierung und zur Sprachebene:

Beachten Sie stets das Zielpublikum. Wenn Sie sich während der Aufnahme einen Durchschnittsbürger vorstellen, werden Sie automatisch auf Fachbegriffe, Abkürzungen verzichten und strassengängiger sprechen (Umgangssprache). Bereiten Sie die Beiträge in Mundart vor - mit Stichworten. Wir reden im Alltag auch nie druckreif. (Siehe Stichwortzettel).




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