Überlegen antworten Gesprächserfolge durch strukturierte
Kommunikation

Gespräche haben ihre eigene Dynamik. Nur wer sich vorbereitet,
zuhört und reflektiert hat die Möglichkeit, auch mit Antworten
die Gesprächsführung zu beeinflussen. Der Fragende ist nicht
"allmächtig", auch wenn er im Frageprozess die Führung inne
hat. Praktischen Übungen können helfen, das überlegene
Antworten zu erlernen.  

Von Marcus Knill / Rupert Lay, , 23.12.2000


"Wer fragt, führt". Diese Erkenntnis hat sich heute unter
Führungskräften - vielleicht auch dank zahlreicher Seminare
- vielerorts durchgesetzt. Die Vorgesetzten können selbst die
verschiedenen Fragearten unterscheiden: * Informationsfragen ("Wo haben
Sie den Abschluss gemacht?"); * Alternativfragen ("Wünschen Sie
Rotwein oder ein Bier?"); * Motivierungsfragen ("Wie haben Sie dieses
gute Resultat geschafft?"); * oder Klärungsfragen ("Was meinen
Sie mit...?").  Auch ist den meisten der Unterschied zwischen einer
Suggestivfrage ("Sie sind doch auch der Meinung, dass..?") und einer
Fangfrage geläufig ("Haben Sie einen Parkplatz gefunden?". Der
Personalchef möchte mit dieser Frage nicht erfahren, ob ein Parkplatz
gefunden wurde, sondern ob Heinz Huber ein Auto fährt. Was die
wenigsten jedoch wissen: Auch wer antwortet, kann führen. Die
Kenntnis all dieser Fragearten genügt noch nicht, um beim Antworten
ebenfalls zu führen. Um beim Antworten lenken zu können,
bedarf es mehr.

Konzentriert zuhören Wie bei jedem Gespräch muss vor der
Befragung überlegt werden: Welches ist meine Kernbotschaft? Diese
Aussage ist gleichsam der rote Faden beim Antworten. Zur Vorbereitung
gehört stets die Überlegung: Was könnte gefragt
werden? (Dazu www.rhetorik.ch zum Stichwort "Antizipieren"). Wer nicht
vorgängig bedenkt, welche Vorwürfe, welche Unterstellungen oder
Behauptungen in der Luft liegen, der verliert wertvolle Denkzeit und kann
böse Überraschungen erleben. Wir erwerben die Schlagfertigkeit
nicht mit raschem Zurückschlagen, sondern in erster Linie dank
guter Vorbereitung. Ohne konzentriertes Zuhören können wir
beim Antworten nicht lenken. Während des ganzen Frageprozesses
gilt es, voll und ganz zuzuhören, auf jedes einzelne Wort zu
achten. Hört jemand kurzfristig weg, (vielfach wird sogar bereits
während der Zuhörphase die Antwort gedanklich vorformuliert),
so merkt der Befragte nicht, dass der Interviewer unter Umständen
nebenbei noch Reizwörter, Begriffe oder Behauptungen unterbringt und
diese Aussagen unkorrigiert stehen bleiben.  Deshalb: Während der
Fragende redet, dürfen wir nie in Gedanken wegsurfen.  Ferner ist
es ohne 100-prozentiges Zuhören unmöglich, allfällige
Behauptungen rasch zu stoppen mit Signalen wie: "Stimmt nicht!";
"Im Gegenteil"; "Das habe ich nicht gesagt!", "Überhaupt nicht!",
"Aber bitte!", "Sagen Sie!", "Nein!".  Nur wer überlegt, bleibt
beim Antworten überlegen. Denken heisst auch: Vordenken, Fragen
klären, Fragen reflektieren, bevor geantwortet wird.  Stets gilt: *
Denken - dann sprechen. Ein bekannter Spruch lautet: Vor Inbetriebnahme
des Mundwerkes immer zuerst das Gehirn einschalten!  * Ruhe bewahren.
* Denkzeit gewinnen mit: Klärungsfragen, Differenzieren, Definieren
eines Begriffes, Pausen (Warten), Paraphrasieren (Frage umschreiben),
lautem Denken (Gedanken ordnen), ev. mit Wiederholungen oder Gegenfragen.
Vor allem wenn Druck ausgeübt wird (z.B. mit Zeitdruck, erhöhtem
Sprechtempo oder bei Unterbrechungen), dann lohnt sich das antizyklische
Verhalten nach dem Motto "Taxifahrer, fahre langsam, ich habe es eilig!"
(siehe im Stichwortverzeichnis unter www.rhetorik.ch - "antizyklisches
Verhalten").

Echt Antwort geben Antworten heisst: Tatsächlich eine echte Antwort
geben. Keine plumpen Ausweichmanöver oder billige nichtssagende
Phrasen mit Quasiantworten!  Wir nutzen bei den Antwortphasen unsere
Chance dann, wenn wir uns nicht ablenken lassen. Wer sich durch
Irritationstechniken, Provokationen oder Destabilisierungsversuchen
vom roten Faden, d.h. von der eigenen Antwort, ablenken lässt,
der wird vom Fragenden geführt und lenkt selbst das Gespräch
nicht mehr selbst mit. Dieses Lenken - zurück zum roten Faden -
muss uns zuerst einmal bewusst werden. Übrigens: Flunkerer und
Personen, die nur "schön" daherreden und glauben, mit billigen
Ausweichmanövern über die Runden zu kommen, die werden in
der Regel rasch entlarvt. Vor allem dann, wenn wir selbst von den
eigenen Antworten überzeugt sind, oder wenn die kurzen konkreten
Aussagen mit einem Beispiel oder einem Bild aus dem eigenen Alltag
verknüpft überzeugen.  Die echten Antworten sind dadurch viel
greifbarer (begreifbarer), d.h.  die Hörer erfassen die Antwort
rascher. Die Wirkung der Aussage ist zudem nachhaltiger. Wer auf diese
Weise antworten lernt, der nimmt das Zepter selbst in die Hand. Die
Fähigkeit, auch beim Antworten zu lenken, kann mit konkreten
praktischen Übungen verhältnismässig rasch erworben
werden. Denn erfahrungsgemäss sind die meisten Menschen durch
Familie und Schule so stark geprägt, dass sie sich bei Frageprozessen
einseitig lenken lassen.

Marcus Knill ist selbständiger Kommunikationsberater und Coach. Er
ist Inhaber der Kommunikationsfirma Knill+Knill (www.knill.com).

Lenken bei Provokationen

Interview mit Rupert Lay

Alpha: "Herr Lay, Sie werden am 26. Januar in Zürich einiges zu
den Lenkungsmöglichkeiten vortragen, die es uns ermöglichen,
bei Provokationen den roten Faden nicht zu verlieren."

Rupert Lay (Bild): "Zuerst muss ich etwas zu den Typen der Provokationen
sagen. Es wird unterschieden zwischen strategischer Provokation (als
Sonderfall der politischen und sozialen Provokation) einerseits und der
aggressiven Provokation anderseits. Die aktiv strategische Provokation
will einen Menschen oder ein soziales System zu Reaktionen veranlassen,
die ungewollt sind. Die Provozierten machen unbedachte Äusserungen
oder sie verhalten sich nicht so, wie sie es wünschen.
Dazu gehören Grenzverletzungen, taktlose Berührungen,
Beleidigungen. Die sozialen Provokationen inszenieren bewusst
abweichende Verhaltensmuster.  Dies erlebten wir beispielsweise bei den
Jugendunruhen. Die sogenannt reaktiv-aggressiven Provokation lösen
durch Behauptungen oder durch Verletzung politischer, religiöser,
kultureller, sozialer, ökonomischer Überzeugungen und
Gewissheiten (Macht oder Ansehen) etwas aus. Bei einer erhöhten
Aggressionsappetenz kann bereits eine Kleinigkeit zu einem aggressiven
Ausbruch führen."

"Nun werden Sie auch über die lenkenden Reaktionen sprechen. Dabei
geht es um das Lenken bei Provokationen in Gesprächen
oder Interviews. Was können Sie dazu schon heute verraten?"
Rupert Lay: "Vorerst noch ein Wort zu den lenkenden Reaktionen. Um
sinnvoll auf Provokationen reagieren zu können, muss derjenige,
der provoziert wird, über eine begründete Erkenntnistheorie
verfügen. Diese Erkenntnistheorie darf nicht rekonstruvistisch
sein, nach der wir uns selbst oder andere Menschen so erkennen,
wie sie "an sich" sind.  (Abbildtheorie). Alle Abbildtheorien sind
widerlegt worden.  Was wir im eigenen und fremden "Sosein" erkennen, ist
immer ein Konstrukt unserer Grosshirnrinde. (Konstruktivismus). Dieses
Konstrukt wird erzeugt durch unsere Lebenserfahrung oder durch konkrete
Auslöser.  Deshalb wird bei der Thematik "Lenken bei Provokationen"
unsere eigene Lebenserfahrung, wie auch die konkreten Auslöser
von besonderer Bedeutung sein.  Wir müssen wissen, dass sich bei
Provokationsprozessen die hirnphysiologischen Vorgaben unserem Lenken
entziehen. Der Provokateur provoziert demnach stets sein Konstrukt,
das er von einem Menschen gemacht hat."

"Die einzig sinnvolle Frage beim Lenken muss demnach lauten: Was sind die
Signale, die den Provokateur dazu brachten oder bringen, sich provozierend
zu verhalten?"

Rupert Lay: "Wichtig ist vor allem, dass wir den Provozierenden immer
ernst nehmen."

Rupert Lay war ordentlicher Professor an der Jesuitenhochschule
St.  Georgen und lehrte Naturphilosophie, Wissenschaftstheorie und
Sprachphilosophie. Seit 1970 trainiert er Manager und Politiker. Am 26.
Januar 2001 kommt Rupert Lay nach Zürich und widmet sich in einem
Exklusivseminar dem Thema "Wie lenke ich beim Fragen und Antworten?" und
insbesondere dem Themenschwerpunkt "Lenken bei Provokationen".

Informationen zur Veranstaltung erhalten Sie bei ITW Ingenieurunternehmung
AG, Telefon 01/268 35 35 oder bei Knill+Knill, www.knill.com

Das "Institut für Rhetorik und Kommunikation" bietet neben
einem Newsletter und den Seminaren auch einen Rhetorik-Schnellkurs.
www.rhetorik-online.ch Hier finden Sie Links zur antiken Rhetorik und
Stilistik.  www.kl.unibe.ch/sec2/gymint/Stilistiklinks.html Unter dieser
Adresse gibt es diverse Links zum Thema Rhetorik und Kommunikation.