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Medien wünschen Kürze Medienauftritt mit Erfolg

Das Mikrofon unter der Nase oder die Kamera im Gesicht. Wenn
Medienleute auftreten, verstossen viele gegen die einfachsten Regeln der
Kommunikation. Training bringt Routine.  

Von Marcus Knill, k-k@bluewin.ch, 13.09.2003

Das Grundsätzliche bei Medienauftritten klingt so einfach: Sei kurz
und trotzdem konkret! Sprich strassengängig, sodass die Zuhörer
Dich verstehen können. Konzentriere Dich auf einen Gedanken, auf
ein Votum oder eine Antwort. Sei Du selbst, bleibe natürlich und
sei kein Schauspieler.

Medienverhalten überprüfen Wenn das Mikrofon unter die Nase
gehalten wird oder ein Journalist auftaucht, verstossen viele gegen die
einfachsten Prinzipien. Die Theorie ist zwar bekannt, doch in der Praxis
machen die Befragten Grundsätzliches falsch: Es wird zu trocken
oder zu lang-atmig geredet.  Man spricht nichtssagend, wie es viele
Politiker tun. Anstatt bildhaft oder konkret, wird abstrakt oder allgemein
formuliert. Beispiele fehlen, Details werden ausgeklammert. Ängste
blockieren die Natürlichkeit.  Fazit: Das anscheifend Einfache
ist in der Praxis nicht mehr einfach.  Wie beim Sport, geht es
im Umgang mit Medien nicht ohne "learning by doing". Piloten
können fliegen, trotzdem üben sie regelmässig im
Simulator. Führungskräfte können reden, trotzdem lohnt es
sich, im Mediensimulator das eigene Verhalten vor Mikrofon und Kamera
immer wieder zu überprüfen. Die konkrete Auseinandersetzung
mit den Medienphänomenen in der Praxis macht sich bezahlt.

Theorie alleine genügt nicht Kein Boxpromotor würde seine
Schützlinge unvorbereitet in den Ring schicken. Erstaunlich,
dass es immer wieder Topleute gibt, die glauben, Medienkommunikation
sei eine Frage des Talentes. Sportler wissen, dass Talent zwar eine
wichtige Voraussetzung für den Erfolg ist, es ohne Training aber
keine Spitzenleistungen gibt. Medientraining ist nicht dazu da, Ihre
Persönlichkeit zu verfremden. Im Gegenteil: Fachgerechtes Training
hilft - trotz Scheinwerfer und Extremsituationen - die Natürlichkeit
zu bewahren. Obwohl theoretische und rhetorische Kenntnisse nützlich
sein können, genügt das Lesen theoretischer Erkenntnisse
alleine nie. Beim Training stellten wir immer wieder fest, dass ohne
Training das Wissen nicht umgesetzt werden kann.

Mangel in vier Bereichen Vorbereitungen. Es gilt Informationen
zu sammeln und Situationen zu antizipieren. Journalisten stehen
unter Zeitdruck und schätzen solche Klärungsfragen nicht
besonders. Bleiben Sie hartnäckig. Es lohnt sich!  Uns erstaunt
immer wieder, dass die Wenigsten die möglichen Fragen vorher
überlegt haben. Antizipieren heisst, sich zu fragen: Was sage
ich, wenn...? Die überraschenden Fragen oder Vorwürfe
liegen in der Luft. "Strassengängig reden" heisst, so zu
reden, dass auch "Otto Normalverbraucher" das Fachwissen verstehen
kann. Die Konsumenten schätzen Geschichten, Bilder, Vergleiche
und möchten Details erfahren. Niemand verdaut gerne trockene
und abstrakte Erläuterungen. Bei allen Massenmedien muss uns
die Masse verstehen.  Überlegen, dann reden. Wer ungezügelt
drauflos plaudert, sollte sich bewusst sein, dass 70 Prozent dessen,
was erzählt wird, unter Umständen gegen den Redner verwendet
werden kann. Mit den Antworten pflas-tern wir den Weg des Interviews.
Sprachregelung intern abklären. Bei unseren Übungen stellen wir
immer wieder fest, dass Begriffe aus dem eigenen Bereich ungeklärt
formuliert werden. Es ist nicht gleichgültig, ob jemand vom
"Ausländer", "Gastarbeiter", "Asylant" oder von einem "Fremdarbeiter"
spricht.  Die Medien wünschen immer Kürze. Trotzdem wollen sie
bildhafte, konkrete, prägnante Aussagen. Wer diese beiden paradoxen
Anliegen unter einen Hut bringt, hilft dem Journalisten als auch dem
Medienkonsumenten.  Die Medien wünschen persönliche Geschichten
(gibt Einschaltquoten), und die Konsumenten lassen sich gerne mit einer
Geschichte entzücken. Sie zappen dann seltener weg.  Zuhören ist
oft wichter als reden. Immer wieder erlebe ich es, dass die Befragten
bereits während der Fragestellung ihre Antwort vorbereiten
und gar nicht merken, wie ihnen noch eine Behauptung unterstellt
wird. Nur wer konzentriert zuhört, kann unfaire Bemerkungen sofort
zurückweisen.  Wer sich auf die Kamera oder technische Probleme
konzentriert, belastet sich unnötigerweise. Die volle Konzentration
verdient der Gesprächspartner und das "Sprechdenken" (Denken und
Sprechen) Ausnahme: Beim Douplexverfahren ist der Journalist auf einer
Aussenstation und die Kamera ist das Gegenüber. Jeder kommuniziert
über die Kamera mit dem Partner. Auf dem Bildschirm sind dann beide
Aufnahmen nebeneinander zu sehen (Doppelbild).  Es gehört zum ABC
jeden Medienauftrittes, zu wissen, was sich während zwanzig oder
dreissig Sekunden sagen lässt. Das Zeitgefühl kann leicht
trainiert werden.

Kontrollpunkte Folgende Merkpunkte bieten eine einfache Möglichkeit,
sich selber zu kontrollieren.  * Ist meine Sprache einfach und
verständlich und "strassengängig"?  * Vermittle ich
Vertrauen? Glaubwürdigkeit kann nicht gespielt werden.  * Ich rede
nur über Bereiche, über die ich Auskunft geben kann. Keine
Mutmassungen äussern. Das Publikum spürt die Kompetenz.  *
Antworten heisst, keine Ausflüchte zu suchen. Das Publikum merkt,
wer hinter seiner Aussage steht und erkennt rasch, wer schummelt oder
um den Brei herum redet.  * Wer mit Beispielen sprechen kann, ist
immer konkret. Die Aussagen werden nachhaltiger.  Auf der Webseite
www.rhetorik.ch (Navigation über Aktuelles) werden laufend
aufschlussreiche Analysen aus der Medienwelt veröffentlicht.

Marcus Knill, Kommunikationsberater und Medienpädagoge,
erteilt Hochchuldidaktikseminare, hospitiert Dozenten, coacht
Führungskräfte, Spitzensportler, Bezirksanwälte,
Lehrkräfte und wird für vertrauliche Supervisionen
(Spitäler, Geschäftsleitungen) zugezogen. Er ist Autor von
Fachbüchern und Fachartikeln. (www.knill.com, k-k@bluewin.ch )

Checkliste Interview: 

o Welches Medium?  
o Welches Sendegefäss?
o Welches Thema?  
o Wer wirkt sonst noch mit?  
o Wie wird das Gespräch eingebettet. Was kommt vorher? Was nachher?  
o Welche Sendezeit?  
o Welche Fragen? Welche Startfrage?  
o Wird live gesendet oder wird das Gespräch aufgezeichnet?  
o Was wird gekürzt?
o Wie lange dauert die Sendung?  
o Wo und vor welchem Hintergrund wird die Sendung aufgenommen?  
o Kann ich das Interview nochmals hören?