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Offiziell hatte die Türkei offiziell die Ausladung von Calmy-Rey
vorerst damit begründet, dass das Waadtländer Kantonsparlament den türkischen
Völkermord von 1915 an den Armeniern anerkannt hatte.
Laut
"Tages-Anzeiger" ist diese Begründung jedoch vorgeschoben:
Der Grund der Ausladung seien Kontakte Calmy-Reys mit verbotenen
Kurdenorganisationen. Unter anderem habe
sie sich mit einem Kurdenführer in Lausanne getroffen.
Stimmen die Angaben des "Tagi", dann wurde die von der Türkei
angeschwärzte Calmy-Rey sehr spät mit den Vorwürfen
konfrontiert. Zuerst erfuhr ihre Bundesratkollegin Ruth Metzer von
den türkischen Aktivitäten. Diese leitete diese Information
unverzüglich an Bundespräsident Pascal Couchepin weiter.
Calmy-Rey konnte erst an der Sondersitzung des Bundesrates am
3. Oktober zu den Vorwürfen Stellung nehmen: Sie sei zwar bei einer
Veranstaltung in Lausanne angesprochen worden, doch habe sie den Kurden
sofort weiter verwiesen.
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Im Sonntagblick vom 26. Oktober wird Bundesrat
Couchepin und und Bundesrätin Metzler vorgeworfen, sie hätten
mit Hilfe des türkischen Geheimdienstes die Kollegin Calmy-Rey
ausschalten wollen. Es war von einem "Schmierenstück"
die Rede. Im Hauptteil der Sonntagsblickbeiträge wird
die Aussenministerin gelobt.
Ruth Metzler nimmt in der Öffentlichkeit vorerst keine
Stellung zu diesen Vorwürfen.
Falls die Intrigengeschichte zutrifft, wäre das
Schweigen der Justizministerin kontraproduktiv.
(Am 28. Oktober weist sie Kritik an ihrem Vorgehen zurück.)
Nach dem Debakel der CVP liegt es in der Luft, dass
Bundesrätin Metzler oder Bundesrat Joseph Deiss den Sitz
zugunsten der SVP räumen müsste. Deiss nutzt die
Krisensituation mit einer geschickten Wirtschaftsoffensive.
Pascal Couchepin führt nach wie vor das Szepter im Bundesrat.
Die Auseinandersetzung mit Micheline Calmy-Rey könnte ihm
ebenfalls geschadet haben.
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Der Zeitpunkt von Villigers Rücktritt ist für die FDP
äusserst ungünstig. Nach den schlechten Wahlresultaten
könnte die FDP ihren Sitz verlieren. Doch kann damit
gerechnet werden, dass die FDP ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin
durchbringt. Auch die Frage, ob die CVP Platz machen
muss, ist heute noch offen.
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Moritz Leuenberger hielt sich bis anhin geschickt aus allen
Bundesratspielen heraus.
Samuel Schmid müsste eigentlich bei der Nichtwahl Blochers
abtreten, denn dann würde die SVP in die Opposition gehen.
Doch hielt er sich alle Wege offen. Schmid hat Übung im
Ausstehen von Drucksituationen.
- Phillipp Stähelin wirkt zur Zeit ziemlich ratlos, nachdem auch
die FDP zu einem zweiten SVP Sitz stehen und die CVP Vertreter nicht
gewillt sind, Platz zu machen.
- Auch Christiane Langenegger steckt in einem Dilemma. Sie ist auf die
SVP angewiesen, um ihren FDP Sitz zu sichern. Die CVP wendet sich als
Partner ab.
- Christiane Brunner spielt ein wichtige Rolle. Sie könnte Blocher
zur Wahl verhelfen aber auch mit einem Support mit der CVP die SVP in
die Opposition zwingen und zusammen mit den Grünen eine
Mitte-links-Regierung erwirken.
- Die Grünen widersetzen sich vehement gegen einen Bundesrat mit
Blocher.
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Das Gerangel um die SVP Sitze ist bereits im Gange. Der SVP scheint
es ernst zu sein. Sie erheben Anrecht auf einen
zweiten Sitz und würden in die Opposition gehen, wenn
die Vorschläge nicht akzeptiert werden.
Die Bundesratswahl wird spannend werden und
bestimmt auch medienrhetorisch noch viel hergeben.
Auch die Geheimdienst-Intrige wird noch genau abgeklärt
werden müssen.
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