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www.rhetorik.ch aktuell: (3. Oktober, 2003)

Buch Promotion durch Verkaufsstopp



Im Herbst letzten Jahres landete Dieter Bohlen mit seinem ersten Buch "Nichts als die Wahrheit" auf Anhieb einen Megaseller.
Dieter Bohlen hat es wieder geschafft: Er steht erneut in den Schlagzeilen. Bohlens neues Buch "Hinter den Kulissen" stösst seinen Showbizz-Kameraden so sauer auf, dass sie den Vertrieb des Werkes gerichtlich haben stoppen lassen.
Rädelsführer beim "Angriff" auf Dieters literarische Ergüsse waren Eva Herman (ARD-Tagesschausprecherin), Jenny Elvers (Moderatorin und Schauspielerin) und Jens Riewa (ARD-Tagesschausprecher). "Extrawurst" Thomas Anders hat immerhin eine eigene einstweilige Verfügung in Berlin erwirkt.
Bohlens Verlag "Random House" muss sich nun den richterlichen Entscheiden aus Hamburg und Berlin fügen und hat alle Vertriebsmassnahmen sofort stoppen lassen. Pech für die erbosten Promis: Die erste Auflage in Höhe von mehr als 200'000 Exemplaren ist bereits ausgeliefert worden. Der Wirbel ist damit nur noch weitere Reklame für das Buch.
Es ist unklar, ob die Verfügung auch den Verkauf untersagt. Auf jeden Fall plant der Verlag nun selbst vor Gericht zu gehen und die einstweilige Verfügung anzugreifen. Die Gerichtsverhandlung findet vermutlich nächste Woche statt.
Wenn man Bohlen im Interview (siehe Kasten) zuhört könnte man vermuten, dass die Provokation bewusst war und ihm die "Bücherverbrennung" als Reklame nur recht ist.


Tagesschau-Sprecherin Eva Herman beanstandet einen Dialog mit ihrem Ex-Mann Horst-Wolfgang Bremke: "Mein Bärchen, mein Schnautzi-Pautzi-Hasilein, wärst du mal so lieb, mir das Salz zu reichen?" "Oh, kein Problem. Da, du süßes Mäuschen du! Du kleines Schatzi-Watzi-Knuffel-Wuffel! Bohlen: So ging das in einer Tour, ich hatte das Gefühl, ich bin im Zoo.
Jenny Elvers-Elbertzhagen stößt folgende Passage auf: Als Jenny Elvers vor drei Jahren schwanger und verlassen durch Hamburg rannte, hatte sie trotz ihrer ganzen PR-Aktivitäten keine müde Mark mehr auf der Naht. Michael Ammer... erzählte mir, dass sie nicht gewusst hätte, wovon sie den Kühlschrank voll machen solle.
Tagesschau-Sprecher Jens Riewa gefällt nicht, was Bohlen über den Hubschrauberflug von Sylt nach Hamburg schreibt, bei dem sich plötzlich in der Luft die Tür öffnete: "Eben noch sass Jens genau neben mir. Jetzt hing er halb aus der Helikopter-Tür, das Gesicht total verzerrt, die Augen weit aufgerissen, schlug wild mit den Armen um sich und schrie irgendetwas." Bohlen muss darüber lachen: Okay, vielleicht ist er nicht blass geworden, sondern violett aber ich bin ja kein Farbdesigner.


"Bild": Muss nach den Beschwerden von Eva Herman, Jenny Elvers, Thomas Anders und Jens Riewa Ihr Buch eingestampft werden? "Bohlen": Wer sicher gehen will, dass er noch eines bekommt, sollte heute zugreifen. Die Erstauflage von 200'000 Exemplaren ist seit Mittwoch in den Buchläden, die ist auch heute noch überall zu haben.
"Bild": Darf man das Buch denn jetzt überhaupt noch kaufen? "Bohlen": Ja, solange der Vorrat reicht. Und die unzensierte Erstauflage ist doch jetzt schon eine tolle Geldanlage. Bei e-bay werden bereits über 200 Euro dafür geboten. Und ich denke, die Gerichtsentscheidung ist da noch mal tolle Werbung.
"Bild": Muss man es nicht zurückgeben nach den vielen einstweiligen Verfügungen? "Bohlen": Nein, man muss es anlegen wie eine Aktie. Die Erstausgabe wird bestimmt mal ein echtes Sammlerstück.
"Bild": Müssen Sie denn jetzt alles umschreiben und behaupten, dass Thomas Anders total fleißig, ehrlich und rücksichtsvoll ist? "Bohlen": Nein, ich stehe zu jedem Wort, zu jedem Punkt und Komma und werde da keinen Millimeter abweichen. Ich kann vor Gericht alles beweisen. Deutschland wird erfahren, wer hier die Wahrheit sagt und wer nicht. Wenn ich juristisch gezwungen werde, einige Stellen zu schwärzen, heißt das ja noch lange nicht, dass ich Unrecht habe. Dann gibt es diesmal eben mehrere Bohlen-Editionen. Auch schön.


Nachtrag vom 4. Oktober, 2003: Gottschalk hatte Dieter Bohlenals Gast bei "Wetten dass...". Der ehemalige Popstar musste sich unerwartet harten Fragen über sein Skandalbuch "Hinter den Kulissen" stellen.
Gottschalk plauderte erst locker mit dem Pop-Titan und seiner Freundin Estefania, fragte dann aber ungewohnt kritisch:

"Musste man die Sache mit Thomas Anders eigentlich öffentlich machen? Ich fürchte, du reisst mit dem Arsch gerade ein, was du mühsam mit den Händen aufgebaut hast."




Stefan Schabenberger, der als Bild-Gewinner auf dem Sofa Platz nehmen durfte, nannte das Buch "belanglos" - und bekam donnernden Applaus. Bohlen wehrte sich mit der Erklärung:

"Ich verdien halt gerne Geld."


Vor der Sendung hatte Gottschalk schon im "Bild am Sonntag" gesagt, dass er nicht viel vom neuen Bohlen-Buch hält. Die Leute, die Bohlen im ersten Buch vorgeführt habe, seien ein bisschen selber schuld. (Gottschalk hatte im November 2002 aus dem ersten Buch von Bohlen vorlesen müsssen, um eine verlorene Wette einzulösen). Der Showmaster: "Für mich ist es ein Gesetz der Fairness, dass man nach zwölf gemeinsamen Jahren bei 'Modern Talking' sagt: Wir haben Tolles zusammen erlebt, wir haben Mist zusammen erlebt - aber Schwamm drüber. Aber damit verkauft man wohl keine Bücher."


Nachtrag vom 11. Oktober: Verbale Entgleisungen könnten teuer werden
Bohlen machte sich nicht nur einen Namen mit seiner Exekutionsrhetorik. Im neuen Buch entwickelte Bohlen eine Vermarktungstrategie, die ihm viel Geld kosten kann. Als Diplomkaufmann ist er ein Meister der Kalkulation. Es spricht viel von "mega" und von "Kohle". Sein Input beim Buchprojekt ist "Spott und Häme" Gepaart mit einer verletzenden Dosis an Verrat und Schonungslosigkeit. Das bringt Umsatz. Er erwartet dafür als Output. Aufmerksamkeit und Medienpräsenz.
Bohlens Devise ist, die Leute aufschrecken. Nur dann steigt der Umsatz. Jedes Mittel ist gut. Wenn nur die Kasse klingelt. Bohlens Ex-Frau Erika sagte einmal. "Dieter liebt niemanden - ausser sich selbst." Diesmal könnte es teuer werden. Denn nach den verschiedenen Gerichtsurteilen ist es dankbar, dass sich die Summe an Schmerzensgelder letztlich auf eine sechstellige Zahl beläuft.
Dann würde es nicht nur heissen. Reden ist Gold. Bohlen könnte erkennen, dass "Schreiben Geld kosten kann". Einige Muster, die veranschaulichen, dass Dieter ubers eigene Maul stolpern könnte:

Über Anders: "Mit seinen kleine Graggelfingern erwischte ich ihn in der Haushaltkasse, wie er sich auf meine kosten fleissig bediente."


Über Elvers: "Sie trinkt ohne zu saufen. Diszipliniert bis einskommazwei Promille. Und der grosste Vorteil ... Sie darf ganz offiziell kein Auto mehr fahren. "


Moderatorin Hermann sagt:

"Dieter Bohlen hat seine Freunde verraten und die Unwahrheit gesagt. Er verstösst sowohl gegen Persönlichkeitsrechte als auch gegen Moral und Ethik."




Auch das Hamburger Landgericht beschäftigt sich mit Bohlen-Buch "Hinter den Kulissen". Es geht um die Frage, ob Bohlen die Wahrheit über Eva Herman,Jens Riewa und Jenny Elvers-Elbertzhagen sagt und wenn ja, ob er das überhaupt darf. Alle Kontrahenten waren durch Anwälte vertreten, dem Gericht Eidesstattliche Versicherungen vorlegen. Bohlen hatte in seinem Buch geschrieben, dass Michael Bischoff, der Lebensgefährte von TV-Moderatorin Eva Herman, seine Estefania belästigt hätte. Ein weiterer Augenzeuge bestätigte das per Eidesstattlicher Versicherung. Plötzlich gibt es eine Popo-Affäre um den Freund von Eva Herman! Der Hotelier bestreitet den Vorfall. Die Verhandlung dauerte eineinhalb Stunden. Das Gericht bestätigete alle einstweiligen Verfügungen. Die umstrittenen Passagen in Bohlens Bestseller, der über 200'000 mal verkauft wurde, seien zum Teil als Eingriffe in die Privatsphäre und als ehrenrührige Tatsachenbehauptungen zu bewerten.
Trotz allem erschien ein lachender Dieter Bohlen auf der Frankfurter Buchmesse. Er hat sein Ziel erreicht: Alle Kameras waren auf ihn gerichtet. Bohlen: "Nur weil ein Landgericht so urteilt und ich ein paar Passagen streichen muss, heißt das ja nicht, dass ich die Unwahrheit gesagt habe."




Nachtrag vom 25. Oktober: Neuauflage von Bohlens Skandalbuch "Hinter den Kulissen"
Der Hamburger Anwalt Matthias Prinz hat auch gegen die zweite, entschärfte Ausgabe der Biografie fünf neue einstweilige Verfügungen erwirkt. Wie der "Spiegel" berichtet, habe das Landgericht Hamburg die Verfügungen bewilligt.
Doch die Auslieferung der zweiten Auflage wird anscheinend nicht gestoppt. Justiziar Rainer Dresen vom Verlag Random House meinte zu "Bild" : "Diese Verfügungen sind wirkungslos. Denn die betreffenden Stellen existieren in der kritisierten Form nicht mehr."
Der Verlag schwärzte nicht nur die bereits angemahnten Stellen, gegen die Thomas Anders, Eva Herrman und Jenny Elvers, sondern entfernte vorsorglich auch weitere Passagen "um einen neuen juristischen Streit vermeiden". Dresen: "Außer den gerichtlich bereits beanstandeten Passagen haben wir 15 weitere Stellen verändert oder ganz herausgenommen." So wurde zum Beispiel eine Passage über Dieter Thomas Heck und dessen Frau "Hildchen" vorbeugend abgemildert.


Chris von Rohr Nachtrag vom 19. Februar 2004: Vergleich Chris von Rohr und Dieter Bohlen.
Arabella Kiesbauer meinte, Chris von Rohr sei gleich hart wie Dieter Bohlen im Kritisieren. Wir sind anderer Meinung. Chris von Rohr ist kein Fertigmacher-Rhetoriker. Er kann kritisieren, ohne zu verletzen. Positive Kritik hat nichts mit Exekutionsrhetorik zu tun. Wir könnten uns die mangelnde Fähigkeit Kiesbauers, Kommunikationsprozesse zu analysieren, nur damit erklären, dass sie sich nicht mit Dieter Bohlen anlegen will. Möglicherweise hat Arabella Kiesbauer auch durch jahrlange Moderation mit Jugendlichen im Sumpf übelster Auseinandersetzung die Killerkommunikation Bohlens bereits als normal empfunden.


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