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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Mai 2003)

Der Propagandakrieg geht auf Kurzwelle weiter



Fotoquelle: NZZ am Sonntag vom 18. Mai. Das Bild zeigt eine Reparaturwerkstatt für Radios in Bagdad.
Im Zweiten Irakkrieg hatte die psychologische Kriegsführung durch Radio, Emails oder Internet eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt. Im Falle der Kurzwellenradiostation "Tikrit" gelang die Täuschung. Siehe dazu auch "Radio Tikrit" ist ein Beispiel einer "psyops", einer "Psychlogischen Operation", die auch schon in Afghanistan mit Hilfe von "Commando Solo" Flüge eingesetzt worden sind.


Medien sind und bleiben ein wichtiges Machtinstrument

Im zweiten Irakkrieg als einem "Krieg im Informationszeitalter" spielte die Kontrolle der Medien eine wichtige Rolle:

  • Die Kontrolle der Medien des Gegners erfolgte durch Ausschalten von Fernseh- und Radiosendern und deren Ersetzung durch mobile eigene Sender.
  • Die Information des Gegners wurde nur noch zu Unterhaltungszwecken ernst genommen.
  • Emails, Flugblätter, Radio und Telefon riefen den Gegner zum desertieren auf.
  • Das Ausschalten der gegnerischen Kommandokommunikationslinien desorientierte die Armee.
  • Dank Berichterstattung durch eingebettete Reporter wurde der Informationsfluss gesteuert.


Commando Solo. Fotoquelle: http://www.fas.org/ Commando Solo. Fotoquelle: http://www.fas.org/ Commando Solo. Fotoquelle: http://www.defenselink.mil/


Radio Tikrit

Auch Kurzwellensender wie Radio "Tikrit" wurden zu Propagandazwecken eingesetzt, wie Mitte Mai bekannt wurde. Tikrit ist die Geburtsstadt Saddam Husseins. Der Sender "Radio Tikrit" hatte im Dezember 2002 jeweils am Abend auf 1584 kHz gesendet. Die Frequenz liegt in der Nähe der zwei Radiostationen "Radio Zweistromland" (Twin Rivers Radio auf 1566 kHz) und "Radio Zukunft" (Al-Mustaqbal auf 1575.3 kHz), die beide ein Sprachrohr der irakischen oppositionellen Gruppe INA sind.
Im "Radio Tikrit" wurde vor allem der Koran zitiert, sowie eine Übersicht von Neuigkeiten aus Arabischen Zeitschriften verbreitet. Der Sender galt als regimefreundlich.
Interessant wurde es vom 15.-19. Februar 2003, als der Inhalt des Senders zu ändern begann. Berichte über Armut im Irak und Kritik an Husseins Republikanischen Garde und Sicherheitsapparat wurden geäussert. Mitglieder der Republikanischen Garde wurden aufgefordert, ihre Positionen zu verlassen bevor es zu spät sei. Am 19. Februrar wurden Sicherheitsoffiziere aufgefordert, die Befehle Husseins zu verweigern.

"Warum sollen die tapferen Soldaten kämpfen und ihr wertvolles Leben opfern, während Saddam weiter leben kann?"


Hörfunkspezialisten wurde klar: "Radio Tikrit" wurde vom CIA unterstützt. Der Sender konnte die selben Studios benützen wie "Voice of America": Aus einem NZZ Artikel vom 18. Mai: "Radio Tikrit verriet sich schliesslich selbst, als sie in ihrer Antwort auf eine der interessierten Email-Anfragen darauf verwiesen, diese doch bitte in Zukunft direkt an die Adresse des INA zu schicken. Den Hörfunkspezialisten war damit klar, dass "Radio Tikrit" vom CIA unterstützt wurde. Dazu fand Radio Niederlande heraus, dass "Radio Tikrit" dieselben Studios in Kuwait benutzte wie die "Voice of America", das staatliche US-Radioprogramm."

Der psychologische Krieg ist noch im Gange

Nach dem offiziellen Ende des Krieges geht der Kampf um die Meinung weiter. Die irakische Bevölkerung soll zur Demokratie erzogen werden. Von Flugzeugen aus werden TV- Programme ausgestrahlt, zum Beispiel Filme mit arabischen Untertiteln.

Uwe Hasebrink Medienexperte Uwe Hasebrink vom Hans-Bredow Institut der Uni Hamburg meint dazu:

"Auf Dauer kann dies keine Lösung sein. Diese Programme können der Bevölkerung nicht glaubhaft machen: Wir senden für Euch!"


Das berücksichtigt die amerikanische Regierung. Sie beabsichtigt deshalb den Aufbau eines irakischen Mediennetzwerkes, in dem zurückkehrende Exilanten und ehemaligen Angestellten des irakischen Staatsfernsehens die "Stimme des Neuen Iraks" bilden sollen. Der Radiosender ist bereits seit dem 17. April zu hören. Bisher wurde jedoch nur Popmusik gespielt. Es fehlt an einer unabhängigen Berichterstattung.

Am 21. April 2003 hatte BBC einen neuen Sender "Radio Sumer" am alten Platz von Radio Tikrit entdeckt. Radio Tikrit konnte am 20. April noch gehört werden. "Sumer" ist der alte Name für die frühe Zivilisation in der Region des heutigen Irak zwischen Euphrat und Tigris. Da das Programm von "Radio Sumer" dem Programm von "Radio Tikrit" ähnelt, scheint "Radio Sumer" der Nachfolger von "Radio Tikrit" zu sein.

Mit dem Zerfall des Husseinregimes ist es nun zu einer Auseinandersetzung zwischen den verschiedensten politischen Strömungen gekommen. Das momentane Machtvakuum im Irak ist ein ideales Terrain, um Stimmungen zu schüren. Der Propagandakrieg im Kurzwellenbereich muss hier eingeordnet werden.


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