Nachtrag vom 21. Juni, 2004: Dampf ablassen befreit, aber...
Nicht nur Psychologen finden es gut, wenn sich Menschen entstauen,
anstatt zu schweigen. Sie finden: Für das Seelenheil sei es besser,
Dampf abzulassen. Ausbrüche würden "reinigen" und
befreiend wirken. Peinlich könnten
Ausbrüche lediglich hinsichtlich Image sein. Dampf abzulassen ist
gewiss gesünder, als alles in sich hineinzufressen. Für die
Karriere muss ein Blackout nicht immer Absturz bedeuten. Es gibt
Personen, die schlimme Ausrutscher mit einer kurzen Entschuldigung
beseitigen können. Und alles ist in Ordnung.
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Selbst Bundesrat Moritz Leuenberger bewies 2001, dass es sich Luft zu
verschaffen wusste. Im Kontrast zu seiner sonst so feinsinnigen Art,
kommentierte er die Fragen eines Journalisten mit
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und |
"isch doch nid zum ushalte."
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Leuenberger glaubte damals, die Kameras wären schon abgeschaltet.
Der Bundesrat ging trotz Veröffentlichung dieser Sequenz gar nie auf
seinen Ausraster ein. Der Ausrutscher hatte auch keinerlei Nachspiel.
Schawinski verlor einmal vor laufender Kamera die Nerven, als er bei
einer Auseinandersetzung mit Caterine Herriger ihr Buch quer durchs
Studio warf.
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Sich beherrschen oder das Geschirr an die Wand schmeissen?
Beide Thesen stimmen: "Druck ablassen" und "Das sich Beherrschen
können".
Wer sich Luft verschafft, hilft gewiss seiner
Gesundheit. Wer immer alles schluckt, kann krank werden
(Herz, Magen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen). Wer sich jedoch
nicht beherrschen kann und die Wut unkontrolliert "laufen lasst",
schadet sich aber auch. Jähzornartige, unkontrollierte
Ausbrüche können nämlich ebenfalls krank machen.
Letztlich geht es auch hier um das Finden einer Balance - der Balance
zwischen Kontrolle und Aussprechen der Kritik.
Viele Jugendliche können sich nicht mehr
beherrschen und sind nicht fähig, Ungerechtigkeiten kontrolliert
zu regeln. Für eine kurdische
Schülerin genügte lediglich ein längerer Blick, um sich
provoziert zu fühlen. Auf dem Pausenplatz verprügelte die
vierzehnjährige Schülerin eine Mitschülerin. 2Ich habe ihr
zuerst mit den Fäusten ins Gesicht gehauen. Dann zog ich sie an den
Haaren runter und rammte ihr das Knie ins Gesicht - immer wieder. Nachher
tat es mir leid. Das Mädchen hatte ein geschwollenes Gesicht,
ein blaues Auge und ausgerissene Haarbüschel."
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Dieses Beispiel veranschaulicht, wie bei einem Wutausbruch die Kotrolle verloren
gehen kann. Sehr wahrscheinlich muss das "Sich-beherrschen-können"
langfristig trainiert werden. Wer nicht gelernt hat, Frust zu ertragen,
neigt dazu die Nerven zu verlieren und unkontrolliert zu handeln. Dies zeigt
sich tagtäglich gegenüber Autoritätspersonen, wie Eltern,
Lehrern, Polizisten usw.
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Wer sich unkontrolliert Luft verschafft, kann im Umgang mit Menschen
innert weniger Sekunden das Geschirr so zerschlagen, dass ein irreparabler
Schaden zurückbleibt. Vor allem auf der Beziehungsebene können
wir nicht erwarten, dass sich alle Mitmenschen bedanken, wenn man ihnen
"auf der Nase die Zigarette ausdrückt".
In einem Schulhausprojekt
erlebten wir es, dass lediglich ein beleidigendes Wort genügte,
um eine Beziehung "für immer" zu zerstören. Bei jenem Vorfall
(vor 15 Jahren) reden die beiden beteiligten Lehrkräfte immer
noch nicht miteinander. Der unbeherrschte Ausbruch führte zur
Lösung "Stecker raus", das heisst, jedigliche Kontakt wurde abgebrochen.
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Wenn es darum geht, Belastungen auszusprechen, so lohnt es sich bestimmt, bedacht
zu handeln. Wir haben zahlreiche Videobeispiele, die veranschaulichen,
dass unbeherrschtes Verhalten kontraproduktiv ist.
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K+K vermittelt Ihnen Werkzeuge im Umgang mit Beleidigungen. Wir helfen
Ihnen weiter.
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