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www.rhetorik.ch aktuell: (4. Juni, 2004)

Interne Protokolle werden publik



Willy Brandt Kürzlich veröffentlichte Gesprächsprotokolle vom Ex-Aussenministers Henry Kissinger geben einen Eindruck, was Politiker denken und sagen, wenn sie kein Mikrophon vor der Nase haben. Die Kissinger Tapes geben Einblick in die Beziehungen von Nixon und Kissinger während einer turbulenten Zeit wie Kambodscha 1970, Yom Kippur 1973. Sie zeigen auch, dass Kissinger nicht gerade zimperlich über deutsche Politiker wie Willy Brandt oder Egon Bahr sprach. Egon Bahr


Kissinger über Brandt:

Brandt ist "nicht der hellste Kopf"


Henry Kissinger war seinerzeit Sicherheitsberater von US-Präsident Richard Nixon. Er liess seit Ende der sechziger Jahre Telefonprotokolle anfertigen. So schmähte Kissinger nach "Spiegel" etwa Egon Bahr, den Chefplaner der Ostpolitik von SPD-Bundeskanzler Willy Brandt, gegenüber Dritten als

"Aalglatten Burschen", "Reptil" oder "Scheisskerl".


Bahr selbst hatte in seinen Memoiren das Verhältnis zum berühmten US-Kollegen als "fast herzlich" geschildert. Die Protokolle geben auch Einsicht ins Denken Nixons während dieser Zeit. Nach "Washington Post" soll Nixon am 20. März 1974 gewitzelt haben,

man soll eine Atombombe auf dem Capitol Hill abwerfen


nachdem ihm im Jahre 1974 während der Watergateaffaire das Wasser zum Hals stand. In einem anderen Protokoll vom Dezember 1970 ist zu lesen, wie Nixon Bombardierungen in Kambodscha befahl.

"Die Leistungen [unserer Piloten] sind eine Schande. Ich will mehr Feuerkraft. Das heisst bewaffnete Helikopter, DC-3. Was auch immer potentielle Piloten am Boden zerstören kann. Ich will das gemacht haben!! Sie sollen ihren Arsch bewegen."




Guido Goldman Die Dokumente liefern auch Details zum Machtwechsels in Deutschland vom Jahre 1969. So setzte der SPD-Kandidat Brandt die sozial-liberale Koalition offenbar weit weniger nervenstark durch als bisher angenommen. Spiegel: "Kissinger erkundigte sich jedenfalls wenige Tage nach der Bundestagswahl beim Deutschlandkenner und Harvard-Kollegen Guido Goldman, ob sich der designierte Bonner Regent "wieder etwas beruhigt habe". Der sei, wurde ihm bestätigt, gesundheitlich angeschlagen und "vorübergehend aus dem Rennen" gewesen; wenige Tage später ging Wahlsieger Brandt tatsächlich erst einmal in Urlaub".

Nach dem Willen Kissingers sollten die delikaten Telefonmitschriften der Öffentlichkeit erst fünf Jahre nach seinem Tod zugänglich gemacht werden. Doch nach jahrzehntelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen musste der heute 81-Jährige kapitulieren. Etwa 20'000 Seiten der Aufzeichnungen, die seit Februar 2002 im US-Nationalarchiv gelegen sind, sind nun freigegeben worden.


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